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LSG Sachsen, Urteil vom 28.02.2017 - 5 KN 305/16
Rückwirkende Aufhebung einer Erwerbsminderungsrente Bezug von Arbeitslosengeld Vorliegen eines Atypischen Falls Unverhältnismäßige Härte
1. Das Wort "soll" in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X bedeutet, dass der Leistungsträger in der Regel den Verwaltungsakt rückwirkend aufheben muss, er jedoch in atypischen Fällen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann.
2. Dabei ist die Entscheidung, ob ein atypischer Fall vorliegt, nicht Teil der Ermessensentscheidung, sondern dieser vorgelagert und damit von den Gerichten in vollem Umfang nachprüfbar; die Gerichte dürfen deshalb den angefochtenen Bescheid wegen fehlender Ermessensausübung aufheben, wenn die Prüfung ergibt, dass ein atypischer Fall gegeben ist.
3. Ob ein atypischer Fall vorliegt, hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab; es kommt darauf an, ob der Einzelfall auf Grund seiner besonderen Umstände von dem Regelfall der Tatbestände nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, die die Aufhebung des Verwaltungsakts für die Vergangenheit gerade rechtfertigen, signifikant abweicht und die vorgesehene Rechtsfolge für den Betroffenen eine unverhältnismäßige Härte darstellen würde.
4. Die eine rückwirkende vollständige Aufhebung rechtfertigende Vorschrift des § 48 SGB X soll weder unmittelbar noch zwingend sicherstellen, "dass der Versicherte im Ergebnis jedenfalls den Betrag erhält, der ihm aufgrund seines Anspruchs auf Rente wegen voller Erwerbsminderung zustand".
5. Die Norm verfolgt dieses Ziel nur dann, wenn der konkrete Sachverhalt typischerweise diese rückwirkende vollständige Aufhebung verlangt; Umstände die außerhalb des Einfluss- und Verantwortungsbereichs des Rentenbeziehers liegen und in die Risikosphäre der Rentenversicherung fallen, können ein anderes Ergebnis im Einzelfall erfordern.
Normenkette:
SGB X § 48 Abs. 1 S. 2
Vorinstanzen: SG Dresden 23.03.2016 S 24 KN 784/13
I. Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 23. März 2016 und der Erstattungsbescheid der Beklagten vom 12. Oktober 2012 in der Fassung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 16. Oktober 2012 in der Fassung des Erstattungsbescheides vom 15. November 2012 in der Fassung der Korrekturmitteilung vom 27. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2013 aufgehoben.
II. Die Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

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