Anspruch auf Zahlung einer höheren Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch die Rückübertragung von Rentenanwartschaften
aus einem Versorgungsausgleich; Verfassungsmäßigkeit von § 37 Abs. 2 VersAusglG
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung einer höheren Rente durch die Rückübertragung von Rentenanwartschaften aus
einem Versorgungsausgleich.
Die Ehe des Klägers wurde im Jahr 2000 geschieden. Im Rahmen des Versorgungsausgleiches wurden für die Ehezeit vom ... 1993
bis zum ... 1999 2,1224 Entgeltpunkte von seinem Rentenkonto auf das seiner geschiedenen Ehefrau übertragen. Sie bezog seit
dem 01. Mai 2001 eine Altersrente unter Berücksichtigung des Versorgungsausgleiches. Dem Kläger wurde mit Rentenbescheid vom
06. August 2008 ab dem 01. Oktober 2008 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit in Höhe von 747,41
Euro bewilligt. Am 23. August 2011 verstarb seine geschiedene Ehefrau.
Am 21. September 2011 beantragte der Kläger die Rückübertragung von Rentenanwartschaften mit der Begründung, dass seine geschiedene
Ehefrau zwischenzeitlich verstorben sei. Mit Bescheid vom 24. Oktober 2011 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung
ab, dass nach § 37 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) eine ungeminderte Rentenzahlung nicht möglich sei, da die geschiedene Ehefrau des Klägers die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich
erworbenen Anrecht länger als 36 Monate bezogen habe. Hiergegen legte der Kläger am 28. Oktober 2011 Widerspruch ein, den
die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2012 als unbegründet zurückwies.
Der Kläger hat am 05. März 2012 Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhoben. Die von ihm erarbeiteten Rentenpunkte würden ihm nach dem Versterben seiner geschiedenen Ehefrau wieder zustehen.
Die ihm noch verbleibende Rente lasse nur ein Leben am Existenzminimum zu. Er habe sein ganzes Leben gearbeitet und denke,
dass es nur rechtens sei, wenn ihm seine erarbeitete Rente wieder zugesprochen werde. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 11. Oktober 2012 abgewiesen. Nach § 37 Abs. 2 VersAusglG könne ein Versorgungsausgleich nur dann angepasst werden, wenn die ausgleichsberechtigte Person die Versorgung aus dem im
Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht nicht mehr als 36 Monate bezogen habe. Die verstorbene geschiedene Ehefrau des Klägers
habe die Rente allerdings mehr als 10 Jahre bezogen. Eine Anpassung des Versorgungsausgleiches könne demnach nicht erfolgen.
Eine Verfassungswidrigkeit des § 37 VersAusglG sei nicht erkennbar.
Gegen das am 14. November 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03. Dezember 2012 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt
eingelegt. In dem Urteil des SG sehe er eine Ungleichbehandlung gegenüber geschiedenen Personen, deren geschiedene Ehepartner innerhalb von 36 Monaten nach
der Scheidung verstorben seien. Diese unterschiedliche Behandlung nach dem Zufallsprinzip sei nicht hinnehmbar.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 11. Oktober 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 2011 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01. Oktober
2011 eine höhere Rente ohne Berücksichtigung des Versorgungsausgleiches zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 11. Oktober 2012 zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf das Vorbringen in der ersten Instanz sowie die Entscheidungsgründe des Urteils des SG.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und
Entscheidungsfindung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird
auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §
143 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, weil der ablehnende
Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2012 rechtmäßig ist
und den Kläger nicht im Sinne der §§
157,
54 Abs.
2 Satz 1
SGG beschwert. Das SG hat die dagegen gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente ohne Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs. Nach §
76 Abs.
1 des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - wird ein zu Gunsten oder zu Lasten von Versicherten durchgeführter Versorgungsausgleich
durch einen Zuschlag oder Abschlag an Entgeltpunkten berücksichtigt. Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG wird ein Anrecht der ausgleichspflichtigen Personen auf Antrag nicht länger aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzt, wenn
die ausgleichsberechtigte Person gestorben ist. Die Anpassung findet nach § 37 Abs. 2 VersAusglG nur statt, wenn die ausgleichsberechtigte Person die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht nicht
länger als 36 Monate bezogen hat. Die geschiedene und verstorbene Ehefrau des Klägers bezog ab dem 01. Mai 2001 eine Altersrente
unter Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs. Da sie am 23. August 2011 verstorben ist, hat sie die Frist von 36 Monaten
nach § 37 Abs. 2 VersAusglG überschritten. Eine ungekürzte Auszahlung der Rente zu Gunsten des Klägers ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut mithin
nicht möglich.
Der Senat konnte sich auch nicht davon überzeugen, dass die Regelung in § 37 Abs. 2 VersAusglG verfassungswidrig ist. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seiner Entscheidung vom 05. Juli 1989 - 1 BVR 1/87 -,
1 BVR 1053/87 -, -1 BVR 556/88 - zur vergleichbaren Regelung des § 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) entschieden, dass es nicht gegen Art.
14 Abs.
1 Satz 1 oder Art.
33 Abs.
5 Grundgesetz verstößt, dass beim Vorversterben des ausgleichsberechtigten Ehegatten die Kürzung der Versorgung des Ausgleichsverpflichteten
nur dann entfällt, wenn die aufgrund des Versorgungsausgleichs gewährten Leistungen innerhalb der von § 4 Abs. 2 VAHRG bestimmten Grenzen liegen. Nach § 4 Abs. 2 VAHRG wurden nach einem Versorgungsaugleich ungekürzte Leistungen gewährt, wenn der Berechtigte gestorben ist und aus dem im Versorgungsausgleich
erworbenen Anrecht Leistungen gewährt worden sind oder werden, die insgesamt Zweijahresbeträge einer auf das Ende des Leistungsbezuges
berechneten Rente aus dem erworbenen Anrecht nicht übersteigen. Demnach ist es nicht verfassungswidrig, dass die zur Prüfung
gestellte Vorschrift ohne gleitenden Übergang einen "Rückfall" der im Versorgungsausgleich abgegebenen Anrechte an den Ausgleichsverpflichteten
nur dann vorsieht, wenn der Ausgleichsberechtigte Leistungen bezogen hat, die Zweijahresbeträge einer auf das Ende des Leistungsbezugs
berechneten Rente nicht übersteigen. Da es von Verfassung wegen nicht geboten war, dass der Gesetzgeber eine einzelfallbezogene
Härteregelung traf, kann es ihm grundsätzlich auch nicht verwehrt sein, für sie feste zeitliche Grenzen zu setzen. Der Gesetzgeber
ist nach Art.
3 Abs.
1 Grundgesetz nicht daran gehindert, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl das unvermeidlich gewisse
Härten mit sich bringt (Urteil des BVerfG vom 05. Juli 1989, aaO.). Es ist dabei zu prüfen, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden
Gestaltungsraum in sachgerechter Weise genutzt, ob er die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend
gewürdigt hat und ob sich die gefundene Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung
durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt oder als willkürlich erscheint (Urteil des BVerfG vom 05. Juli 1989, aaO.). Bei
der Ausgestaltung der Härteregelung brauchte der Gesetzgeber nicht auf die absolute Höhe der übertragenen Versorgungsanwartschaften
abzustellen. Es war vielmehr sachgerecht, dass er von der statistisch ermittelten durchschnittlichen Rentenbezugsdauer ausgegangen
ist und auf dieser Grundlage bestimmt hat, in welchen Grenzen die Rückgängigmachung des Versorgungsausgleichs unter Berücksichtigung
der bereits vom Versicherungsträger erbrachten Gegenleistung noch vertretbar erscheint. Anhaltspunkte dafür, dass der in §
4 Abs. 2 VAHRG als unschädlich festgesetzte Leistungszeitraum willkürlich sein könnte, liegen nicht vor. Die Härtefallregelung ist auch
nicht unverhältnismäßig (Urteil des BVerfG vom 05. Juli 1989, aaO.). Die vergleichbare Regelung in § 37 Abs. 2 VersAusglG ist unter Berücksichtigung dieser Kriterien verfassungsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden (so auch Urteil des Verwaltungsgerichts
Ansbach vom 01. Februar 2001 - AN 1 K 10.02237 -; juris). Im Falle des Klägers sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, die
eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, zumal die geschiedene verstorbene Ehefrau des Klägers die Altersrente
unter Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs über 10 Jahre lang bezogen hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.