Grundsicherung für Arbeitsuchende; Leistungsberechtigung; strafbare Tätigkeit;, Unionsbürger; Selbständigkeit; Haft;, (nicht
zu vertretende) objektive Unmöglichkeit der Ausübung des Freizügigkeitsrechts; Schulbesuch; Günstigkeitsregelung; rumänischer
Staatsangehöriger; frühere Erwerbstätigkeit; Altmetallhandel; einstweiliger Rechtsschutz; einstweilige Anordnung; Anordnungsanspruch;
Beschwerde; begleitende oder nachziehende Familienangehörige; Aufenthaltsgrund; Aufenthaltsrecht; Fortwirkung; abgeleitetes
Recht; entfallene Arbeitnehmereigenschaft; Wanderarbeitnehmer; längerfristige Bleibeperspektive; Strafhaft; Erstattungsanspruch;
zuständiger Leistungsträger; Beigeladener; Beiladung; vorläufige Leistungserbringung
Gründe:
I.
Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Halle, das ihn verpflichtet hat,
den Antragstellern vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit vom 30. November 2015 bis zum 31. März 2016 zu gewähren. In der Sache streiten die Beteiligten darüber, ob
die Antragsteller nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von einem Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen sind.
Die am ... 1967 geborene Antragstellerin ist die Mutter des am ... 1998 geborenen Antragstellers. Beide sind rumänische Staatsbürger.
Ehemann der Antragstellerin und Vater des Antragstellers ist der 1967 geborene T. U. Während sich aus den Verwaltungsakten
ein Umzug von T. U.im Mai 2013 aus M. ergibt, haben die Antragstellerin Anfang Juni 2013 sowie der Antragsteller und ein 1993
geborener weiterer gemeinsamer Sohn der Eheleute U. Ende August 2013 erstmals unter der Anschrift ...-Straße in H. die Anmeldung
eines Wohnsitzes in der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen. Im Oktober 2013 zogen auch die damals 15-jährige Freundin
des 1993 geborenen Sohnes und deren im August 2013 geborenes gemeinsames Kind in die etwa 60 qm große Wohnung.
Für die Wohnung sind ab Januar 2015 monatlich 260,00 EUR Grundmiete sowie Vorauszahlungen auf Betriebskosten in Höhe von 166,00
EUR und Heizkosten in Höhe von 65,00 EUR zu zahlen. Zur Nutzung der Versorgung mit Kabelfernsehen (monatliche Kosten von 19,11
EUR) sind die Antragsteller mietvertraglich nicht verpflichtet.
Der Antragsteller begann unter dem 15. November 2013 mit dem Schulbesuch. Voraussichtliches Ende des Schulbesuchs sollte zunächst
der 31. Juli 2015 sein. Nach einer aktuellen Schulbescheinigung besucht der Antragsteller mindestens bis zum 31. Januar 2016
die Sprachförderklasse einer Sekundarschule und unterliegt danach weiterhin der Schulpflicht.
Für den Antragsteller ist bis November 2016 Kindergeld bewilligt.
T. U. befand sich in der Zeit vom 23. Mai 2014 bis zum 18. Juni 2015 in Untersuchungshaft. Der Untersuchungshaft lag ein Ermittlungsverfahren
wegen schweren Bandendiebstahls zu Taten aus April und Mai 2014 zugrunde. Mitangeklagter im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren
war auch der 1993 geborene Sohn. Weitere Einzelheiten zu diesem Strafverfahren haben die Antragsteller nicht mitgeteilt.
Am 18. September 2013 beantragten die Antragsteller sowie T. U. erstmals die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II durch den Antragsgegner. T. U. gab an, seit dem 18. September 2012 mit dem An- und Verkauf von Altmetallen selbständig tätig
zu sein. Die Betriebsstätte sei in M. Von September 2013 bis Februar 2014 wolle er Betriebseinnahmen in Höhe von insgesamt
3.900,00 EUR erzielen. Nach Abzug von laufenden Betriebskosten und Beratungskosten sollte sich in diesem Zeitraum ein Gewinn
in Höhe von 2.550,00 EUR ergeben. Dem Antrag beigefügt waren betriebswirtschaftliche Berichte der R. Datenverarbeitung GmbH
für Juli bis September 2013. Aus diesen sind Umsatzerlöse in den Monaten April (179,00 EUR), Mai (1.464,00 EUR), Juli (451,00
EUR), August (612,00 EUR) und September (753,00 EUR) 2013 ersichtlich. Jedenfalls die Umsatzerlöse in den Monaten Juli bis
September 2013 entsprechen den Betriebsergebnissen. Der Antragsgegner bewilligte für die Zeit von September 2013 bis Februar
2014 Leistungen nach dem SGB II, wegen der Höhe des anzurechnenden Einkommens zunächst vorläufig. Im Februar 2014 erließ der Antragsgegner einen "endgültigen
Änderungsbescheid".
In der abschließenden Erklärung zu seinem Einkommen aus Selbständigkeit vom 31. Januar 2014 gab T. U. an, er handele weiter
mit Altmetallen. Betriebsstätte sei nunmehr die Wohnanschrift in H. Weiter erklärte T. U. in der abschließenden EKS, er habe
mit seinem Gewerbe im September 2013 einen Gewinn in Höhe von 995,88 EUR, im Oktober 2013 einen Verlust in Höhe von 470,53
EUR, im November 2013 einen Verlust in Höhe von 436,95 EUR und im Dezember 2013 einen Verlust in Höhe von 60,00 EUR erwirtschaftet.
Aus der fortgeführten Jahresübersicht der R. Datenverarbeitung GmbH ergeben sich Umsatzerlöse in den Monaten September (1.369,00
EUR), Oktober (0,00 EUR), November (63,00 EUR) und Dezember (0,00 EUR). Nach Abzug von Kfz-Kosten ergeben sich Betriebsergebnisse
von 1.055,00 EUR für September, -395,00 EUR für Oktober und -357,00 EUR für November 2013. Im Dezember 2013 sind keine Kfz-Kosten,
aber sonstige betriebliche Aufwendungen in Höhe von 50,00 EUR angesetzt. Trotz der Erklärung zur fortbestehenden Selbständigkeit
legte T. U. neben einer (sich auf einen Beginn der angemeldeten Tätigkeit am 6. Mai 2013 beziehenden) Gewerbe-Anmeldung vom
30. Januar 2014 eine Gewerbe-Abmeldung vom selben Tag mit der Erklärung der Betriebsaufgabe am 31. Dezember 2013 vor.
Auf den Fortzahlungsantrag der Antragsteller vom 31. Januar 2014 bewilligte der Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II für März bis Juni 2014. Für die Zeit ab Juli 2014 lehnte er die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ab. Im deswegen geführten Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Sozialgericht Halle (S 28 AS 3251/14 ER) den Antragsgegner zur vorläufigen Zahlung von Leistungen nach dem SGB II bis Dezember 2014 verpflichtet.
Auf den Fortzahlungsantrag der Antragsteller vom 12. Dezember 2014 lehnte der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen
nach dem SGB II ab, weil die Antragstellerin ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland allein zum Zwecke der Arbeitsuche habe.
Im deswegen geführten Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Sozialgericht Halle (S 19 AS 286/15 ER) den Antragsgegner zur vorläufigen Zahlung von Leistungen nach dem SGB II bis Juni 2015 verpflichtet. Diese Entscheidung hat der Senat mit Beschluss vom 23. März 2015 (L 2 AS 99/15 B ER) im Hinblick auf einen berücksichtigten Mehrbedarf wegen Alleinerziehung abgeändert.
Auf den Fortzahlungsantrag der Antragsteller vom 4. Juni 2015 lehnte der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen nach
dem SGB II ab, weil die Antragstellerin ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland allein zum Zwecke der Arbeitsuche habe.
Auf den Fortzahlungsantrag der Antragsteller vom 11. September 2015 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 12. November
2015 die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab, weil die Antragstellerin ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland allein zum Zwecke der Arbeitsuche habe.
Den gegen diese Entscheidung eingelegten Widerspruch vom 19. November 2015 wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid
vom 26. November 2015 zurück. Am 1. Dezember 2015 haben die Antragsteller Klage beim Sozialgericht Halle gegen den Bescheid
vom 12. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. November 2015 erhoben.
Bereits am 30. November 2015 haben die Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Sozialgericht Halle
beantragt.
Die Antragsteller haben vorgetragen, T. U. sei von Januar 2013 bis Mai 2014 selbständig tätig gewesen und habe hieraus nicht
nur unwesentliche Einkünfte in Höhe von etwa 500,00 EUR/Monat erzielt.
Das Sozialgericht Halle hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 21. Dezember 2015 verpflichtet, den Antragstellern vorläufig
unter dem Vorbehalt der Rückforderung Leistungen für November 2015 in Höhe von 16,09 EUR für die Antragstellerin und 6,59
EUR für den Antragsteller, für Dezember 2015 in Höhe von 482,82 EUR für die Antragstellerin und 197,82 EUR für den Antragsteller
sowie von Januar bis längstens zum 31. März 2016 in Höhe von 487,82 EUR für die Antragstellerin und 201,82 EUR für den Antragsteller
zu zahlen. Die Frage, ob der generelle Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II greife, könne dahinstehen. Ein Aufenthaltsrecht des Antragstellers könne sich aufgrund des Schulbesuchs und der früheren
Erwerbstätigkeit von T. U. aus Art 10 VO/EG 492/2011 ergeben. Möglich sei auch ein Aufenthaltsrecht der Antragsteller aus
§ 3 Abs. 4 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern - Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU), wenn die Inhaftierung von T. U. dem "Wegzug" gleichstehe. Ob die Tätigkeit von T. U. rechtmäßig gewesen und tatsächlich
in der Zeit von Januar 2013 bis Mai 2014 ausgeübt worden sei, könne im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes insbesondere
wegen der Inhaftierung von T. U. nicht geklärt werden. Offen bleibe daher eine Ableitung des Aufenthaltsrechts der Antragsteller
als Familienangehörige von T. U. und § 2 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FreizügG/EU.
Gegen den ihm am 23. Dezember 2015 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 22. Januar 2016 Beschwerde beim Landessozialgericht
Sachsen-Anhalt eingelegt. Der Senat hat den örtlichen Träger der Sozialhilfe mit Beschluss vom 18. Februar 2016 notwendig
beigeladen.
Der Antragsgegner ist der Ansicht, der Leistungsausschluss aus § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II greife ein, weil die Antragsteller einzig über ein Aufenthaltsrecht zum Zwecke der Arbeitsuche verfügten. T. U. habe sein
Gewerbe nicht für ein Jahr ausgeübt. Der Antragsteller sei kein Kind eines Wanderarbeitnehmers, weil die Wanderarbeitnehmerschaft
nicht mit einer selbständigen Tätigkeit gleichgesetzt werden könne.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 21. Dezember 2015 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen
hilfsweise wörtlich
die Beigeladene zu verpflichten, ihnen vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen.
Die Antragsteller wiederholen ihren Vortrag zur Erwerbstätigkeit von T. U. in der Zeit von Januar 2013 bis Mai 2014. Sie meinen
weiter, weil T. U. inhaftiert sei, ergebe sich ein Aufenthaltsrecht auch aus humanitären Gründen gemäß § 11 Abs. 1 FreizügG/EU und Verbindung mit § 25 Abs. 4, §§ 27 ff. des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet - Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
Die Beigeladene erklärt, die Antragsteller gehörten nicht zum vom SGB XII erfassten Personenkreis, weil die Antragstellerin erwerbsfähig sei.
Die Antragsteller haben Wägescheine der M. Recycling GmbH vom 16. September 2013 über Schrottankauf zu einem Betrag von 144,00
EUR und vom 28. Oktober 2013 über Schrottankauf zu einem Betrag von 89,50 EUR vorgelegt. Auf Anfrage der Berichterstatterin
haben die Antragsteller erklärt, weitere Nachweise zur selbständigen Tätigkeit von T. U. nicht vorlegen zu können. Auf den
Hinweis zur Möglichkeit der Beschaffung über die R. Datenverarbeitung GmbH haben sie nicht reagiert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von Blatt 1 Band 1 bis Blatt
26 Band 2 aus der 19. Kammer des Sozialgerichts Halle beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners ergänzend Bezug
genommen.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 21. Dezember 2015 ist zulässig. Sie ist nicht nach §
172 Abs.
3 Nr.
2b Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ausgeschlossen. Denn in der Hauptsache bedürfte die Berufung keiner Zulassung, weil der Wert des Beschwerdegegenstands den
Betrag von 750,00 EUR übersteigt, §§
143,
144 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGG. Der Antragsgegner ist durch das Sozialgericht Halle zur (vorläufigen) Zahlung von insgesamt 2.772,24 EUR verpflichtet worden.
Die Entscheidung des Sozialgerichts Halle ist nach der Ansicht des Senats fehlerhaft. Denn nicht der Antragsgegner, sondern
die Beigeladene ist aller Voraussicht nach zur Gewährung existenzsichernder Leistungen an die Antragsteller verpflichtet.
Verfahrensrechtliche Grundlage für eine Verpflichtung des Antragsgegners oder der Beigeladenen ist in Verfahren des vorläufigen
Rechtschutzes, in denen es - wie hier - nicht um die Geltendmachung einer bereits gewährten, zwischenzeitlich aber aberkannten
Rechtsposition geht, der Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Gemäß §
86b Abs.
2 Satz 2 und
4 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig,
wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die §§ 920, 921, 923, 926,
928,
929 Absatz
1 und
3, die §§
930 bis
932,
938,
939 und
945 Zivilprozessordnung (
ZPO) gelten entsprechend. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß §
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 ZPO stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens eines Anordnungsanspruchs (der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache
gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) und eines Anordnungsgrunds (der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile).
Das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs haben die Antragsteller nur in Bezug auf in Zuständigkeit der Beigeladenen zu erbringende
Leistungen glaubhaft gemacht.
Ein Anordnungsanspruch ist dann gegeben, wenn eine Vorausbeurteilung der Hauptsache nach summarischer Prüfung ergibt, dass
das Obsiegen eines Antragstellers in der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist. Art.
19 Abs.
4 Grundgesetz (
GG) stellt aber besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht
mehr zu beseitigen wären. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - juris) dürfen Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren für Anfechtungs- und (wie hier) Vornahmesachen daher
auch auf eine Folgenabwägung gestützt werden.
Vorliegend entscheidet das Gericht nach summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache. Als Ergebnis dieser Prüfung
besteht nach dem bisherigen Sach- und Streitstand keine materielle Freizügigkeitsberechtigung im Sinne des FreizügG/EU und auch kein anderes materielles Aufenthaltsrecht für die Antragsteller, auf das es im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ankäme.
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende Personen, die
1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2. erwerbsfähig sind,
3. hilfebedürftig sind und
4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.
Die Antragsteller erfüllen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Sie sind indes nicht zum Bezug von Leistungen nach dem SGB II berechtigt, weil aller Voraussicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II greift. Nach dieser Vorschrift sind ausgeschlossen vom Bezug von Leistungen nach dem SGB II Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen.
Darüber hinaus sind im Wege des "Erst-Recht-Schlusses" nicht zum Bezug von Leistungen nach dem SGB II berechtigt Unionsbürger oder Ausländer, die über keine Freizügigkeitsberechtigung oder kein anderes materielles, eine längerfristige
Bleibeperspektive vermittelndes Aufenthaltsrecht verfügen (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 3. Dezember 2015 - B 4 AS 44/15 R - juris, Rn. 19 ff.; konkretisierend: BSG, Urteil vom 20. Januar 2016 - B 14 AS 35/15 R - juris).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II zur Umsetzung des Willens des Gesetzgebers bei Unionsbürgern regelmäßig eine "fiktive Prüfung" des Grundes beziehungsweise
der Gründe ihrer Aufenthaltsberechtigung. Bereits das Vorhandensein der Voraussetzungen eines Aufenthaltsrechts aus einem
anderen Grund als dem Zweck der Arbeitsuche hindert die positive Feststellung eines Aufenthaltsrechts "allein aus dem Zweck
der Arbeitsuche" im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2013 - B 4 AS 54/12 R - juris, Rn. 23; Urteil vom 25. Januar 2012 - B 14 AS 138/11 R - juris, Rn. 20; vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 1. November 2013 - L 2 AS 841/13 B ER - juris, Rn. 29).
Als mögliches Aufenthaltsrecht- beziehungsweise Freizügigkeitsrecht kommt hier wegen fehlender Anhaltspunkte für eine unionsbürgerrechtliche
Freizügigkeitsberechtigung der Antragsteller nach § 2 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 sowie Nr. 7 FreizügG/EU das Freizügigkeitsrecht aus § 2 Abs. 2 Nr. 6 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 FreizügG/EU in Betracht. Bei diesem Freizügigkeitsrecht handelt es sich indes um ein abgeleitetes Recht der Antragsteller aus der unionsbürgerrechtlichen
Freizügigkeitsberechtigung von T. U. Zu diesem steht die Antragstellerin in der in § 3 Abs. 2 Nr. 1 Variante 1 FreizügG/EU benannten Rechtsbeziehung einer Ehegattin. Der Antragsteller ist als Sohn von T. U. Verwandter in gerader absteigender Linie,
der noch nicht 21 Jahre alt ist, § 3 Abs. 2 Nr. 1 Variante 3 FreizügG/EU.
Beide Antragsteller hätten gemäß § 3 Abs. 1 FreizügG/EU das Recht nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU als begleitende oder nachziehende Familienangehörige der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 FreizügG/EU genannten Unionsbürger. T. U. erfüllt nach den bisherigen Darlegungen der Antragsteller - diese haben den Anordnungsanspruch
glaubhaft zu machen - nicht über eine unionsbürgerrechtliche Freizügigkeitsberechtigung nach den § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 FreizügG/EU. Die vorliegend allein in Betracht kommende unionsbürgerrechtliche Freizügigkeitsberechtigung als niedergelassener selbständiger
Erwerbstätiger gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU ist entfallen.
Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU sind unionsbürgerrechtlich freizügigkeitsberechtigt Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit
berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige). Nachweise für die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit als
Schrotthändler durch T. U. seit Oktober 2013 haben die Antragsteller nicht erbracht. Anhand der eingereichten Unterlagen ist
daher eine Tätigkeit für die Zeit von April bis Oktober 2013, mithin sieben Monate, belegt.
Eine "Fortwirkung" der Freizügigkeitsberechtigung von T. U. als niedergelassener selbständiger Erwerbstätiger nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU kommt aller Voraussicht nach über den Zeitraum von sechs Monaten hinaus nicht in Betracht. Das Recht nach § 1 Abs. 1 FreizügG/EU auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe des FreizügG/EU bleibt gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FreizügG/EU unter anderem für selbständig Erwerbstätige unberührt bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter
Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss
hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit. Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit
nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das Recht aus Absatz 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt. § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU gilt trotz der Verwendung des Begriffs der Beschäftigung, der auf eine Arbeitnehmertätigkeit deuten würden, auch für selbständig
Erwerbstätige (vgl. Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG vom 29. April 2004, Amtsblatt der Europäischen Union L 158, 77; im Folgenden: UBRL). Maßgeblich ist der Erhalt der Erwerbstätigeneigenschaft
(vgl. Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 10. Aufl., § 2 FreizügG/EU Rn. 98).
Wie bereits ausgeführt, haben die Antragsteller bislang nur Belege für eine selbständige Erwerbstätigkeit von T. U. zuletzt
im Monat Oktober 2013 nach siebenmonatiger Tätigkeit eingereicht. Weitere (nachfolgende) Tätigkeiten von T. U. stehen wohl
im Zusammenhang mit der Verurteilung aus Juni 2015. In Anbetracht des Untersuchungshaftbefehls wegen des Diebstahls von Buntmetall-Baumaterial
und der nachfolgenden Verurteilung von T. U., die sich ausweislich der verwendeten Aktenzeichen auf ein entsprechendes Ermittlungsverfahren
bezieht, kann zwar angenommen werden, dass sich T. U. weiterhin mit dem Vertrieb von Metall beschäftigt hat. Eine strafbare
Tätigkeit unterfällt jedoch nicht dem Schutz der unionsbürgerrechtlichen Freizügigkeitsberechtigung (vgl. Europäischer Gerichtshof
(EuGH), Urteil vom 24. März 1994 in der Rechtssache Schindler (Her Majesty's) - C-275/92 - NJW 1994, 2013; zu strafbaren Arbeitnehmertätigkeiten: Hailbronner, AuslR, Kommentar, Stand Einzellieferung April 2013, § 2 FreizügG/EU, Rn. 35).
Weil eine unionsbürgerrechtliche Freizügigkeitsberechtigung von T. U. für den hier verfahrensgegenständlichen Zeitraum nach
Einstellung der im Rahmen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU anzuerkennenden Tätigkeit (Oktober 2013) aufgrund des Ablaufs von sechs Monaten gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU nicht mehr in Betracht kommt, kann offen bleiben, ob die selbständige Tätigkeit infolge von Umständen aufgegeben worden ist,
auf die T. U. als Selbständiger keinen Einfluss hatte.
Aufgrund des entfallenen Ableitungstatbestandes kommt ein unionsbürgerrechtliches Freizügigkeitsrecht der Antragsteller als
Familienangehörige von T. U. damit nicht mehr in Betracht.
Entgegen der Rechtsansicht des Sozialgerichts Halle scheiden nach der vorläufigen Rechtsauffassung des Senats auch eigenständige
Aufenthaltsrechte der Antragsteller aufgrund des Schulbesuchs des Antragstellers gemäß § 3 Abs. 4 FreizügG/EU aus. Nach dieser Vorschrift behalten die Kinder eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers und der Elternteil, der die
elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich ausübt, auch nach dem Tod oder Wegzug des Unionsbürgers, von dem sie ihr Aufenthaltsrecht
ableiten, bis zum Abschluss einer Ausbildung ihr Aufenthaltsrecht, wenn sich die Kinder im Bundesgebiet aufhalten und eine
Ausbildungseinrichtung besuchen.
Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes auf Fälle des Todes oder Wegzugs des
(vormals) freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers beschränkt. Es besteht auch kein Anlass für eine erweiternde Auslegung
der Vorschrift. Denn § 3 Abs. 4 FreizügG/EU entspricht im Wesentlichen den Vorgaben aus Art. 12 UBRL. Ein Vergleich mit der deutschsprachigen Fassung von Art. 12 UBRL deutet nicht auf eine (unzureichende) Umsetzung der
Richtlinienvorgaben durch den deutschen Gesetzgeber hin. Denn nach Art. 12 Abs. 3 UBRL führt der Wegzug des Unionsbürgers
aus dem Aufnahmemitgliedstaat oder sein Tod weder für seine Kinder noch für den Elternteil, der die elterliche Sorge für die
Kinder tatsächlich wahrnimmt, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, bis zum Abschluss der Ausbildung zum Verlust des Aufenthaltsrechts,
wenn sich die Kinder im Aufnahmemitgliedstaat aufhalten und in einer Bildungseinrichtung zu Ausbildungszwecken eingeschrieben
sind. Deutlich wird in diesem Zusammenhang der Bezug zum Wegfall des unionsbürgerrechtlichen Freizügigkeitsrechts des (ursprünglich
nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigten) Unionsbürgers in dem Mitgliedsstaat, in dem das Kind nach Begleitung oder Nachzug des Unionsbürgers
eine Ausbildung aufgenommen hat aufgrund (nicht zu vertretender) objektiver Unmöglichkeit. Denn bei Tod oder Wegzug aus dem
Aufnahmemitgliedsstaat kann der Unionsbürger, von dessen Freizügigkeitsrecht sich die Freizügigkeitsberechtigung des in Ausbildung
befindlichen Kindes ableitet, den Ableitungstatbestand nicht mehr erfüllen, weil er sich nicht mehr im Mitgliedsstaat der
Ausbildung aufhält. In beiden Fällen ist dieser Wegfall einer Ableitungsmöglichkeit nicht vorwerfbar; insbesondere scheidet
der Vorhalt der Inanspruchnahme der unionsbürgerrechtlichen Freizügigkeitsberechtigung in einem anderen Mitgliedsstaat durch
einen Unionsbürger aus.
Nicht geschützt sind demgegenüber andere Wegfallgründe der unionsbürgerlichen Freizügigkeitsberechtigung bei einem Verbleib
des Unionsbürgers innerhalb des Ausbildungsmitgliedsstaats, zum Beispiel nach Zeitablauf im Rahmen des § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU, wenn der Unionsbürger nicht nachweisen kann, dass er weiterhin Arbeit sucht und begründete Aussicht hat, eingestellt zu
werden. Nur klarstellend ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass bei entfallener Arbeitnehmereigenschaft (§ 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU) das Aufenthaltsrecht des Kindes unmittelbar aus Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 abzuleiten sein kann (vgl. BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015 - B 4 AS 43/15 R - juris). In diesem Zusammenhang muss der Senat vorliegend nicht entscheiden, ob ein Beginn des Schulbesuchs vor der Beendigung
einer Arbeitnehmertätigkeit des Unionsbürgers erfolgt sein muss (so wohl BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015 - B 4 AS 43/15 R - juris, Rn. 34; anders zu VO Nr. 1612/68: EuGH, Urteil in der Rechtssache Teixeira vom 23. Februar 2010 - C-480/08 - Rn. 45, 49, 72 - juris: Maßgeblichkeit der Wohnungsnahme im Zeitpunkt des Aufenthaltsrechts des Elternteils als Wanderarbeitnehmer,
nicht der Ausbildungsaufnahme).
Gleichwohl verfügt der Antragsteller trotz seines Schulbesuchs vorliegend nicht über ein materielles Aufenthaltsrecht aus
Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit
der Arbeitnehmer innerhalb der Union Text von Bedeutung für den EWR (ABl. L 141 vom 27. Mai 2011, S. 1), das wegen der Regelung
über den Rechtssetzungsakt einer Verordnung nicht umsetzungsbedürftigen ist. Denn die VO (EU) Nr. 492/2011 gilt nur für Wanderarbeitnehmer
und nicht für selbständig Erwerbstätige (vgl. zur Vorgängerreglung in VO Nr. 1612/68 und der auch in Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011
verwendeten Formulierung: "beschäftigt ist oder beschäftigt gewesen ist": EuGH, Urteil vom 6. September 2012 - C-147/11 ua - Rn. 30, 33, juris,).
Entgegen der Ansicht der Antragsteller folgt aus der Inhaftierung von T. U. aller Voraussicht nach keine Aufenthaltsrechte
aus humanitären Gründen oder anderen Gründen, die zu einem Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II führen könnten.
Zwar findet gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) Anwendung, wenn es eine günstigere Rechtsstellung vermittelt als das FreizügG/EU. Solche Rechtspositionen sind hier aber entweder nicht erkennbar oder nicht geeignet, eine Ausnahme vom Leistungsausschluss
nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II zu rechtfertigen.
Hinsichtlich des von den Antragstellern benannten § 25 Abs. 4 AufenthG ist auszuführen, dass nach der weiteren Lebensplanung der Antragsteller von dem Willen zum zeitlich unbegrenzten Aufenthalt
in der Bundesrepublik Deutschland auszugehen sein dürfte. § 25 Abs. 4 AufenthG, nach dem einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann, solange dringende
humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet
erfordern, bezieht sich hingegen auf einen vorübergehenden Aufenthalt. Nur ein Aufenthaltsrecht, das eine längerfristige Bleibeperspektive
vermittelt und das deshalb auch einer Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht entgegensteht, ist aber geeignet als Ausnahme
zu § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II den Zugang zu Leistungen nach dem SGB II zu eröffnen. Das ist bei dem zeitlich auf einen vorübergehenden Aufenthalt beschränkten Aufenthaltserlaubnissen aus § 25 Abs. 4 AufenthG nicht der Fall (vgl. BSG, Urteil vom 20. Januar 2016 - B 14 AS 35/15 R - juris, Rn. 29).
Im Übrigen dürfte die Regelvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG dazu führen, dass bei fehlender unionsbürgerlicher Freizügigkeitsberechtigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 Alternative 1 und Nr. 7 FreizügG/EU das AufenthG keine günstigere Rechtsstellung vermittelt als § 2 Abs. 2 Nr. 5 und Nr. 6 Alternative 2 FreizügG/EU, jeweils in Verbindung mit § 4 FreizügG/EU. Denn gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist. Demgegenüber verlangt
§ 4 Satz 1 FreizügG/EU für das Recht nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU nur ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel. In diesem Rahmen können unter anderem die Höhe
und die Regelmäßigkeit der verfügbaren Einkünfte und der Zeitraum zu berücksichtigen, in dem mögliche Sozialhilfeleistungen
voraussichtlich gezahlt werden, zu berücksichtigen sein (vgl. zu Art 7 Abs. 1b UBRL: EuGH, Urteil in der Rechtssache Brey
vom 19. September 2013 - C-140/12 - Rn. 78, juris; vgl. auch Erwägungsgrund 16 der UBRL).
Dass Ausnahmen von der Regelvoraussetzung aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG wegen Art.
6 Abs.
1 GG ermöglicht werden können, anerkennt auch der Senat. Allerdings gewährt Art.
6 GG keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt. Mit der Pflicht des Staates zum Schutz der Familie einher geht ein Anspruch
darauf, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über Aufenthaltsbegehren die familiären Bindungen
des Ausländers an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen. Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des
Einzelfalles geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen zu berücksichtigen sind, auf der anderen Seite
aber auch die sonstigen Umstände des Einzelfalles (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Januar 2009 - 2 BvR 1064/08 - juris, Rn. 14).
Die Antragstellerin und der Antragsteller haben weitere Informationen zur Haft von T. U. nicht beigebracht. Aus den überreichten
Kontoauszügen für September 2015 bis Februar 2016 lässt sich die einmalige Überweisung eines Betrags von 50,00 EUR an die
Justizkasse C., JVA W. entnehmen. Angesichts der Absicherung des Lebensunterhalts durch Leistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII sieht der Senat davon ab, weitere Ermittlungen zu einer trotz der Haft beabsichtigten oder tatsächlich weiterhin gelebten
ehelichen Beziehung oder Eltern-Kind-Beziehung im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzustellen. Solche Ermittlungen
sind wegen eines fehlenden konkreten Vortrags zu Aufenthaltsrechten aus familiären oder humanitären Gründen auch nicht veranlasst.
Eine gemeinsame Lebensgestaltung nach dem Ende der Haft in der Bunderepublik Deutschland, wird ebenfalls nicht durch Art.
6 Abs.
1 GG garantiert. Insbesondere ist für alle Familienmitglieder offen, ob eine Verlustfeststellung nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU beziehungsweise für T. U. eine solche nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU erfolgen wird.
Obwohl nach alledem im Verhältnis der Antragsteller zum Antragsgegner ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II aller Voraussicht nach zu verneinen ist, ist die vom Sozialgericht Halle ausgesprochene Verpflichtung des Antragsgegners
zur vorläufigen Leistungserbringung nicht aufzuheben.
Zwar ist insofern infolge des Ablaufs des Zeitraums, für den Leistungen zu erbringen waren, keine Erledigung in der Hauptsache
eingetreten (anders wohl LSG Hamburg, Beschluss vom 29. Mai 2007 - L 5 B 591/06 AS ER - juris, Rn. 2). Der Antragsgegner ist als aller Voraussicht nach unzuständiger Leistungsträger aber auf die Realisierung
seines Erstattungsanspruchs gegen den zuständigen Leistungsträger - hier die Beigeladene - nach § 105 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) zu verweisen (vgl. Senatsbeschluss vom 17. April 2013 - L 2 AS 951/12 B ER - juris, Rn. 27). Aus diesem Grund und wegen der im Ermessen der Beigeladenen stehenden Leistungserbringung (vgl. auch
§ 105 Abs. 2 SGB X) sieht sich der Senat nicht gehalten, die Beigeladene für den streitigen Zeitraum zur vorläufigen Leistungserbringung zu
verpflichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
183 SGG. Der Senat berücksichtigt, dass das Sozialgericht Halle den Antragsgegner im Ergebnis wohl zu Unrecht zur Leistungserbringung
verpflichtet hat und der Rechtsschutzantrag gegen einen unzuständigen Leistungsträger gerichtet war. Die Kostentragung der
Beigeladenen bezüglich der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens ist aufgrund der absehbaren materiellen Leistungsverpflichtung
der Beigeladenen gerechtfertigt. §
197a Abs.
2 Satz 1
SGG und §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
154 Abs.
3 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) sind im vorliegenden Verfahren nicht anzuwenden.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden, §
177 SGG.