Vergütung von beigeordneten Rechtsanwälten im sozialgerichtlichen Verfahren
Anforderungen an den Anfall einer Erledigungsgebühr im Hinblick auf die Mitwirkung des Rechtsanwalts am konkreten Klagebegehren
Keine Erledigungsgebühr bei vollem Anerkenntnis
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer begehrt eine höhere, aus der Staatskasse aufzubringende Vergütung für seine anwaltliche Tätigkeit als
beigeordneter Rechtsanwalt auf Grund der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Verfahren S 39 AS 88/13 vor dem Sozialgericht (SG) Dessau-Roßlau.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das beklagte Jobcenter (im Folgenden: Beklagter) erließ in einem Widerspruchsverfahren
(W 11201/12) einen Abhilfebescheid vom 29. Oktober 2012 und verfügte, dass die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen
auf Antrag erstattet werden. Gegen die Kostenentscheidung erhob der Kläger durch den Beschwerdeführer Widerspruch und rügte
die fehlende Entscheidung über die Notwenigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten. Die Kostenentscheidung sei insoweit
fehlerhaft bzw. unvollständig. Der Beklagte wies den Widerspruch (W 11647/12) mit der Begründung, dass im Regelfall von der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten in sozialgerichtlichen
Verfahren auszugehen sei, zurück. Mit der hiergegen am 15. Januar 2013 erhobenen Klage begehrte der Kläger die Feststellung
bzw. den Ausspruch, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes im Vorverfahren 11201/12 vollständig erforderlich war und die
notwendigen Aufwendungen des Klägers (RA-Kosten) auf Antrag erstattet werden. Er begründete die Klage mit einseitigem Schriftsatz
und rügte zugleich die nunmehr im gesonderten Widerspruchsverfahren W 11647/12 getroffene ablehnende Kostengrundentscheidung. Unter dem 11. März 2013 erwiderte der Beschwerdeführer mit einem halbseitigen
Schriftsatz auf die Klageerwiderung des Beklagten. Mit Schreiben vom 18. März 2013 wies das SG unter Verweis auf bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung auf die fehlende Erfolgsaussicht der Klage hin. Nachvollziehbar
sei jedoch, dass Widerspruch gegen den Abhilfebescheid mit der Bitte um Klarstellung zur Notwendigkeit der Hinzuziehung erhoben
worden sei. Für die Widerspruchseinlegung erscheine eine Kostenerstattung des Beklagten am untersten Gebührenrand gerechtfertigt.
Der Beklagte erklärte sich mit einer dahingehenden vergleichsweisen Einigung nicht einverstanden. Der Beschwerdeführer erwiderte
auf den richterlichen Hinweis in einem einseitigen Schriftsatz, dass die Widerspruchserhebung wegen der falschen Kostenentscheidung
zulässig gewesen sei und ein Rechtsschutzbedürfnis bestanden habe. Im Verfahren sei zunächst nur die Kostenentscheidung dem
Grunde nach streitig, die Kostenfestsetzung sei dem Kostenfestsetzungsverfahrens vorbehalten. Am 27. März 2014 fand in diesem
Verfahren, zusammen mit zwei weiteren Verfahren des Klägers, ein 65-minütiger Erörterungstermin statt. Im Termin erklärte
die Bevollmächtigte der Beklagten ausdrücklich, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren W 11201/12 notwendig war. Hinsichtlich der Höhe der Kosten im Widerspruchsverfahren (W 11647/12) erklärte sich der Beschwerdeführer mit einer vom SG angeregten vergleichsweisen Einigung einverstanden und übersandte im Nachfolgenden eine Kostenrechnung iHv 89,25 €. Nachdem
der Beklagte die geltend gemachten Aufwendungen anerkannt hat, erklärte der Beschwerdeführer den Rechtsstreit für erledigt.
Bereits mit Beschluss vom 23. Juli 2014 bewilligte das SG PKH für das Klageverfahren und ordnete den Beschwerdeführer bei.
Der Beschwerdeführer beantragte mit einem beim SG am 7. Mai 2015 eingegangenen Schreiben die Festsetzung seiner Vergütung aus dem Prozesskostenhilfeverfahren wie folgt:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG – Mittelgebühr 170,00 €
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG – Mittelgebühr 200,00 €
Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG – Mittelgebühr 190,00 €
Fahrtkosten (Halle-Dessau-Halle) Nr. 7003 VV RVG (0,30 € je km) 37,80 €
Abwesenheitsgeld Nr. 7005 Nr. 1 VV RVG 20,00 €
Post- und Telekommunikationspauschale 20,00 €
Zwischensumme 637,80 €
19% Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 121,18 €
Gesamtbetrag 758,98 €
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG (UdG) wies mit Schreiben vom 12. Mai 2015 darauf hin, dass das Verfahren durch Klagerücknahme beendet worden sei und dadurch
nicht die Gebührentatbestände der Nr. 1005, 1006 VV RVG ausgelöst werde. Mit Schreiben vom 12. Juni 2015 vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, dass ein „Vergleichsabschluss“
in der durch den Beklagten angenommenen Kostenaufstellung liege, auch wenn dieser nicht förmlich protokolliert worden sei.
Mit Beschluss vom 5. Juli 2016 setzte die UdG den aus der Landeskasse zu erstattenden Betrag auf insgesamt 528,88 € und im
Einzelnen wie folgt fest:
Verfahrensgebühr Nr. 3103, 3102 VV RVG 170,00 €
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 €
Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 €
Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG (126 km) 37,80 €
Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 Nr. 1 VV RVG 20,00 €
Zwischensumme 447,80 €
19% Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 85,08 €
Gesamtsumme brutto 532,88 €
Zur Begründung verwies die UdG auf die Gründe der Zwischenverfügung vom 12. Mai 2015. Die Kosten iHv 532,88 € wurden an den
Beschwerdeführer ausgezahlt.
Dagegen legte zunächst der Beschwerdeführer am 21. Juli 2016 Erinnerung ein: Die Einigungsgebühr sei angefallen. Der gerichtliche
Vorschlag zur Erledigung des Rechtsstreits sei zwischen den Beteiligten erörtert worden. Eine ausdrückliche Protokollierung
als Vergleich sei nicht erforderlich, wenn die Erledigung durch „einen geschlossenen Vergleich“ erfolge.
Der Beschwerdegegner erhob am 25. Oktober 2015 gleichfalls Erinnerung: Die Verfahrensgebühr sei lediglich in Höhe von einem
Viertel der Mittelgebühr sowie die Terminsgebühr nur in Höhe der hälftigen Mittelgebühr gerechtfertigt. Im Streit haben keine
Leistungen des soziokulturellen Existenzminimums, sondern die Feststellung eines Anspruches auf Kosten innerhalb eines Widerspruchsverfahrens
gestanden. Die Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommensverhältnisse des Klägers seien unterdurchschnittlich. Es liege
ein einfacher Sachverhalt vor, der weder eine komplexe Einarbeitung noch eine besondere Auseinandersetzung mit Rechtsmaterial
durch den Beschwerdeführer erfordert habe. Die Verhandlungsdauer sei mit 20 Minuten pro Verfahren als unterdurchschnittlich
zu werten. Besondere Schwierigkeiten des Verfahrens seien dem Protokoll nicht zu entnehmen. Eine Einigungsgebühr sei nicht
entstanden. Ein Vergütungsanspruch bestünde in Höhe von 262,16 €.
Dem ist der Beschwerdeführer entgegengetreten und hat ausgeführt: Aufgrund der geltend gemachten Kosten von 89,25 € sei die
wirtschaftliche Bedeutung für den Kläger erheblich gewesen. Es sei vorher nicht klar gewesen, dass lediglich ¼ der Geschäftsgebühr
im Widerspruchsverfahren erstattet werden würde. Da er grundsätzlich die volle Kostenerstattung für das Widerspruchsverfahren
begehrt habe, haben Kosten von mehr als 300 € im Streit gestanden. Aufgrund seiner schlechten Vermögens- und Einkommensverhältnisse
sei von einer überdurchschnittlichen Bedeutung auszugehen. Da er ferner bereits zur geladenen Zeit um 10 Uhr verhandlungsbereit
gewesen sei, sei im Durchschnitt von einer Terminsdauer von mehr als 20 Minuten auszugehen. Es sei unsachgemäß Wartezeiten
von zwei Stunden bis zum Beginn des Termins bei der Festsetzung der Terminsgebühr unberücksichtigt zu lassen.
Auf die Erinnerung des Beschwerdegegners hat das SG mit Beschluss vom 30. April 2019 die aus der Staatskasse zu gewährende Prozesskostenhilfevergütung auf einen Betrag in Höhe
von 262,16 € festgesetzt und die Erinnerung des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Verfahrensgebühr
sei allenfalls in Höhe von einem Viertel der Mittelgebühr und die Terminsgebühr in Höhe der hälftigen Mittelgebühr entstanden.
Der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit erreiche nicht das in durchschnittlichen sozialrechtlichen bzw.
sozialgerichtlichen Verfahren erforderliche Maß mit den dort typischen Verfahrens- bzw. Streitgegenständen (z.B. der Geltendmachung
von Grundsicherungs- oder Rentenleistungen oder der Abwehr von Erstattungsansprüchen). Klagegegenstand sei allein die Feststellung
gewesen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes im Widerspruchsverfahren W 11201/12 notwendig gewesen sei. Nachdem der Beklagte bereits im Widerspruchsbescheid (W 11647/12) ausdrücklich erklärt habe, die durch die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten entstandenen notwendigen Kosten auf Antrag
zu erstatten, habe bereits kein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage bestanden. Die Einreichung der Kostenaufstellung bei dem
Beklagten habe gegenüber der kostenauslösenden Klage als einfacherer Weg zur Verfügung gestanden. Die Angelegenheit habe für
den Kläger nach bereits erklärter Kostenübernahmeerklärung zudem nur eine geringe Bedeutung gehabt. Dessen Einkommens- und
Vermögensverhältnisse seien als deutlich unterdurchschnittlich zu bewerten. Da im Erörterungstermin drei Verfahren verhandelt
worden seien, seien Synergieeffekte zu berücksichtigen. Eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr sei nicht entstanden. Eine
hierfür erforderliche qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung des Beschwerdeführers liege nicht vor. Nachdem der Beklagte
im Termin nochmals die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für notwendig erklärt habe, habe der Beschwerdeführer das Klageverfahren
weitergeführt und zunächst noch die konkrete Übernahme seiner Kosten abgewartet. Eine überobligatorische Mitwirkungshandlung
sei hierdurch nicht erfolgt. Da die Klage ausdrücklich auf die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für ein
Widerspruchsverfahren gerichtet war, sei eine Einigungsgebühr durch dessen Zuwarten nicht entstanden. Für die aus der Staatskasse
zu gewährende Prozesskostenhilfevergütung ergebe sich folgende Berechnung:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 42,50 €
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 100,00 €
Post- und Telekom.Pauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 €
Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG 37,80 €
Abwesenheitsgeld Nr. 7002 VV RVG 20,00 € 220,30 €
19% Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 41,86 €
Gesamtbetrag 262,16 €
Da der Beschwerdeführer bereits 532,88 € erhalten habe, sei ein Betrag von 270,72 € von ihm zu erstatten.
Gegen den am 23. Mai 2019 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 6. Juni 2019 beim SG Beschwerde erhoben, der das SG nicht abgeholfen hat. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass Widerspruch und Klage gegen die getroffene Kostengrundentscheidung
erforderlich waren. Im Klageverfahren seien mehrere Schriftsätze verfasst worden. Es sei von einer durchschnittlich anwaltlichen
Tätigkeit und Schwierigkeit und – aufgrund der möglichen Kostenlast für das streitige Widerspruchsverfahren – von einer durchschnittlichen
Bedeutung für den Kläger auszugehen. Bei einer durchschnittlichen Terminsdauer von 21,6 Minuten sei – ausgehend von einer
vorzunehmenden Abstufung – 2/3 der Mittelgebühr in Ansatz zu bringen. Bezüglich der Einigungsgebühr hat der Beschwerdeführer
sei bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend vorgetragen: Der Vergleich sei zwar über das ursprüngliche Klagebegehren
hinausgegangen, jedoch seien dadurch zukünftige Rechtsstreitigkeiten in der Sache vermieden worden.
Der Beschwerdegegner hält die Erinnerungsentscheidung des SG für rechtmäßig und verweist auf die dortigen Ausführungen. Eine Einigungsgebühr sei nicht entstanden, da über den Klagegenstand
kein Vergleich im Sinne eines gegenseitigen Nachgebens geschlossen worden ist. Der Beklagte habe den Klageanspruch anerkannt.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Gegen die Entscheidung des SG über die Erinnerung ist abweichend von §
178a Sozialgerichtsgesetz (
SGG) der weitere Rechtsbehelf der Beschwerde zum Landessozialgericht eröffnet (§
73a Abs.
1 SGG; § 1 Abs. 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), § 56 Abs. 2 RVG, § 33 Abs. 3 bis 8 RVG; vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 3. März 2017 – L 4 AS 141/16 B – zitiert nach juris). Zuständig für die Entscheidung ist die Berichterstatterin als Einzelrichterin gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind nicht die Festsetzungen einzelner Gebührentatbestände, sondern die gesamte Kostenfestsetzung
des UdG vom 5. Juli 2016 in der Fassung des Beschlusses des SG vom 30. April 2019. Aufgrund der Rechtsbehelfe des Beschwerdeführers ist die gesamte Kostenfestsetzung noch nicht rechtskräftig.
Selbst wenn der Beschwerdeführer nur einzelne Berechnungselemente der Kostenfestsetzung bemängelt, ist eine Begrenzung der
Beschwerde auf die Festsetzung einzelner Gebührentatbestände nicht zulässig. Denn die Gebührentatbestände sind lediglich Elemente
der einheitlichen Kostenfestsetzungsentscheidung. Der Rechtsanwalt begrenzt den Umfang der Prüfung und Entscheidung nur durch
seinen summenmäßigen Antrag. Erhebt nur der Rechtsanwalt Beschwerde, darf zu seinen Ungunsten nicht von der Kostenfestsetzung
des SG abgewichen werden (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Oktober 2016 – L 19 AS 646/19 B – Juris Rn. 57 m.w.N.). Anders liegt es nur, wenn auch die Landeskasse mit der Beschwerde gegen die Kostenfestsetzung vorgeht,
was hier nicht der Fall ist.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 € übersteigt (§
56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Die Beschwerde ist auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist aus § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG auf die Erinnerung des Beschwerdegegners den Beschluss der UdG vom 5. Juli 2016 abgeändert, die aus der Landeskasse zu zahlende
Vergütung niedriger festgesetzt und die Erinnerung des Beschwerdeführers zurückgewiesen.
Der Umfang der Rechtsanwaltsvergütung bzw. deren Erstattung durch die Landeskasse bemisst sich nicht nach dem Wert bzw. der
Bedeutung des Klagebegehrens (Streitwert), sondern nach Betragsrahmengebühren. Die geltend gemachten Betragsrahmengebühren
waren durch den Beschwerdeführer nicht nach den maßgeblichen Kriterien des § 14 RVG angemessen bestimmt worden und daher herabzusetzen.
Grundlage des Erstattungsbegehrens des Beschwerdeführers ist § 45 Abs. 1 RVG. Danach sind einem – wie hier – im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalt die gesetzlichen Gebühren aus der Landeskasse
zu erstatten. Jene richten sich nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG, wonach in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren entstehen.
Das GKG ist gemäß §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG nicht anzuwenden. Der Kläger war Beteiligter iSv §
183 Satz 1
SGG, und es handelt sich nicht um ein Verfahren wegen überlangem Gerichtsverfahren (§
202 Satz 2
SGG), so dass das Gerichtsverfahren für ihn kostenfrei war. Anzuwenden ist das RVG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung, denn die Beauftragung des Beschwerdeführers mit der Klage vor diesem Zeitpunkt
erfolgt. Die Klage ist am 14. Januar 2013 beim SG eingegangen.
Im Einzelnen bestimmt sich die Vergütung, d.h. die Gebührentatbestände, die Spannwerte der Betragsrahmengebühren usw. aus
dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG. Die Bemessung der Betragsrahmengebühren ist nach Maßgabe des § 14 Abs. 1 RVG vorzunehmen. Hiernach steht es dem Rechtsanwalt zu, eine solche Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände,
vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie die Einkommens-
und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen zu bestimme (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG). Bei Rahmengebühren, die sich – wie hier – nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen
(§ 14 Abs. 1 Satz 3 RVG). Aus dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG folgt, dass auch weitere im Einzelfall vorliegende Kriterien zur Bemessung herangezogen werden können. Aus der Aufzählung
der benannten Kriterien kann nicht auf ein vorgegebenes abstraktes Rangverhältnis geschlossen werden. Es ist Aufgabe des Rechtsanwalts,
jedenfalls die in § 14 RVG genannten und gegebenenfalls noch weiteren relevanten Kriterien im Einzelfall zu gewichten.
Ist die Gebühr von einem Dritten (hier: der Landeskasse) zu ersetze, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht
verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Bei der Bestimmung der im Einzelfall zutreffenden Rahmengebühr ist dem Rechtsanwalt ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht
eingeräumt. Eine Unbilligkeit kann allenfalls angenommen werden, wenn die vom Rechtsanwalt angesetzte Gebühr die nach den
gesetzlichen Kriterien angemessene Gebühr um mehr als 20% übersteigt (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 21/09 R – Rn. 19, zitiert nach juris). Ist die Bestimmung unbillig, erfolgt die Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren.
Die Verfahrensgebühr ist hier nach Anlage 1 RVG, Teil 3, Vorbemerkung 3.1 Abs. 2 iVm Nr. 3103 VV RVG entstanden, da dem Klageverfahren eine Tätigkeit des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist. Sie ist
jedoch in der Höhe der Mittelgebühr gemäß den aus Nr. 3103 VV RVG folgenden Spannwerten (20 bis 320 €) unbillig, wie das SG zutreffend ausgeführt hat.
Aus der Vorgabe von Spannwerten folgt, dass die Mittelgebühr – rechnerisch die Hälfte der Summe aus Mindest- und Höchstgebühr
– nicht der Regelfall der Vergütung ist. Sie ist vielmehr nur für einen Regel- bzw. Durchschnittsfall die angemessene Vergütung.
Die Mittelgebühr bietet dann die Bestimmung der konkret angemessenen Gebühr einen Richtwert, wenn es sich um eine in jeder
Hinsicht durchschnittliche Angelegenheit handelt. Das ist nicht der Fall, wenn teilweise über- oder unterdurchschnittlich
zu bewertende Einzelkriterien vorliegen. Dann sind Zu- oder Abschläge vom Richtwert vorzunehmen. Die Mittelgebühr kann sich
aber auch daraus ergeben, dass die Überdurchschnittlichkeit einzelner Kriterien die Unterdurchschnittlichkeit anderer Kriterien
kompensiert.
Der Beschwerdeführer hat Anspruch auf eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG maximal in Höhe eines Viertels der Mittelgebühr (42,50 €). Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger war unterdurchschnittlich.
Dabei ist auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den
Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit abzustellen (BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, a.a.O., zitiert nach juris). Klagegegenstand war nicht eine Leistung, die das soziokulturelle Existenzminimum
des Klägers sicherte, sondern ausschließlich der fehlende Ausspruch der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten
bei bereits erklärtem Kostengrundanerkenntnis in einem Abhilfebescheid des Beklagten. Diesen Streitgegenstand beachtend, war
die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit vorliegend weit unterdurchschnittlich. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit
meint die Intensität der Arbeit. Ausgehend von einem objektiven Maßstab ist auf einen Rechtsanwalt abzustellen, der sich bei
der Wahrnehmung des Mandats darauf beschränken kann und darf, den Fall mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, gegebenenfalls
unter Heranziehung von Rechtsprechung und Kommentarliteratur, zu bearbeiten. Eine spezielle oder tiefgreifende Einarbeitung
war hier nicht erforderlich, da sich die Frage zum Erfordernis des Ausspruchs der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten
unmittelbar aus dem Gesetz, namentlich § 63 Abs. 3 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X), ergibt. Ebenso unterdurchschnittlich war der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im Klageverfahren. Abgestellt wird auf den
zeitlichen Aufwand, den Rechtsanwalt im Vergleich mit dem übrigen beim Sozialgericht anhängigen Verfahren tatsächlich in der
Sache betrieben hat und objektiv auf die Sache verwenden musste (BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, a.a.O., zitiert nach juris). Mit einseitiger Klagebegründung führte der Beschwerdeführer neben
der Darstellung des Streitstandes in drei Sätzen zur rechtlichen Problematik aus. Im Nachfolgenden erwiderte der Beschwerdeführer
mit zwei einseitigen Schriftsätzen auf eine Stellungnahme des Beklagten und einen gerichtlichen Hinweis. Die Einkommens- und
Vermögensverhältnisse des Klägers sind als weit unterdurchschnittlich anzusehen, weil er die persönlichen Voraussetzungen
für PKH erfüllte. Ein besonderes Haftungsrisiko des Beschwerdeführers ist nicht erkennbar.
Bei der Gesamtabwägung der vorstehenden Kriterien und ihrer Bewertung ist die Zumessung einer Verfahrensgebühr durch das SG in Höhe von 1/4 der Mittelgebühr nicht zu beanstanden.
Auch die vom SG angesetzte Terminsgebühr in Höhe der hälftigen Mittelgebühr ist nicht zu beanstanden. Bei der Beurteilung des Umfangs der
anwaltlichen Tätigkeit ist auf den tatsächlichen Arbeits- und Zeitaufwand für die Terminsteilnahme, der wesentlich durch die
Anzahl und Dauer der anberaumten Termine bestimmt wird, abzustellen (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 29. Januar 2016 –
L 15 SF 386/13 E – zitiert nach juris). Hierbei ist der Zeitaufwand für die Vorbereitung nicht zu berücksichtigen. Bei der Verfahrensdauer
handelt es sich nur ein Kriterium für die Bemessung der zutreffenden Terminsgebühr. Die Mittelgebühr kann sich auch hier daraus
ergeben, dass die Überdurchschnittlichkeit eines Kriteriums (z.B. Terminsdauer) durch die Unterdurchschnittlichkeit anderer
Kriterien kompensiert wird.
Der Erörterungstermin am 27. März 2014 mit drei Verfahren des Klägers dauerte insgesamt 65 Minuten. Daraus ergibt sich eine
anteilige Terminsdauer pro Verfahren von 21,6 Minuten, welche als leicht unterdurchschnittlich zu bewerten ist. Die im Vorfeld
des Termins entstandene 7-minütige Wartezeit ist bei der Bestimmung der Höhe der Terminsgebühr nicht zu berücksichtigen (vgl.
hierzu LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3. Juni 2019 – L 4 AS 5/17 B -, Rn. 24 m.w.N., zitiert nach juris). Soweit der Beschwerdeführer auf eine zweistündige Wartezeit verwiesen hat, kann
dies nach der Ladungsverfügung (Termin auf 10 Uhr bestimmt) und der Sitzungsniederschrift (Beginn der Sitzung um 10.07 Uhr)
nicht nachvollzogen werden. Bezüglich der weiteren Kriterien (Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung
der Angelegenheit für den Kläger sowie dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse) wird auf die obigen Ausführungen zur
Verfahrensgebühr verwiesen, die bei der Bemessung der Terminsgebühr entsprechend zu bewerten sind. Bei der Gesamtabwägung
dieser Kriterien wäre die Terminsgebühr maximal in Höhe von 1/3 der Mittelgebühr (66,66 €) anzusetzen gewesen. Durch die Festsetzung
des SG in Höhe der hälftigen Mittelgebühr ist der Beschwerdeführer insoweit nicht beschwert.
Eine Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr ist – wie die UdG in der angegriffenen Festsetzung sowie das SG im Beschluss vom 30. April 2019 zutreffend ausgeführt haben – nicht entstanden. Das Klageverfahren hat durch das Anerkenntnis
des Beklagten im Erörterungstermin am 27. März 2014 seine Erledigung gefunden. Ein (angenommenes) Anerkenntnis löst indessen
nicht die Gebührentatbestände der Nr. 1005, 1006 VV RVG aus, sondern ist bereits durch die Verfahrensgebühr abgegolten (Thüringer LSG, Beschluss vom 5. Mai 2020 – L 1 SF 179/20 B -, zitiert nach juris). Eine Erledigungsgebühr kann der Beschwerdeführer auch nicht unter Berücksichtigung der von ihm
vorgetragenen Einigung mit dem Beklagten bezüglich der Kostenerstattung im Widerspruchsverfahren W 11647/12 beanspruchen. Die für den Anfall einer Erledigungsgebühr erforderliche qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung eines
Rechtsanwaltes muss sich auf das konkrete Verfahren (hier: das auf „die Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines
Rechtsanwaltes in einem Widerspruchsverfahren“ gerichtete Klageverfahren) beziehen. Die (alleinige) Einigung über einen weiteren,
nicht streitgegenständlichen, Anspruch (hier: Kostenfestsetzungsverfahren) genügt dafür nicht (vgl. hierzu LSG Sachsen-Anhalt,
Beschluss vom 17. Oktober 2013 – L 2 AS 36/11 - Rn. 26 , zitiert nach juris). Dieses Verständnis für den Anfall der Erledigungsgebühr lässt sich bereits dem Wortlaut der
Nr. 1006 VV RVG entnehmen, wonach die Gebühr dann entsteht, wenn „über den Gegenstand ein gerichtliches Verfahren anhängig ist“. Nach Nr.
1006 Abs. 1. VV RVG bestimmt sich die Gebühr „auch dann einheitlich nach dieser Vorschrift, wenn in die Einigung Ansprüche einbezogen werden,
die nicht in diesem Verfahren rechtshängig sind“. Danach ist es grundsätzlich möglich, in eine Einigung über den eigentlichen
Streitgegenstand weitere Ansprüche einzubeziehen. Allerdings genügt die bloße Einigung über weitere Ansprüche nicht, um den
Anfall der Erledigungsgebühr im Rahmen der Abrechnung zu begründen. Vielmehr muss eine Einigung durch qualifizierte Mitwirkung
des Rechtsanwaltes zumindest auch über den eigentlichen Streitgegenstand des Klageverfahrens erzielt worden sein. Das war
hier gerade nicht der Fall. Das Klageverfahren endete durch Anerkenntnis des Beklagten. Die Höhe der Kosten des Widerspruchsverfahrens
W 11647/12 stand ausweislich des Klageantrages nicht im Streit. Dies hat der Beschwerdeführer im Klageverfahren auf einen richterlichen
Hinweis auch nochmals ausdrücklich klargestellt.
Im Übrigen lässt sich der in das Klageverfahren einbezogenen Kostenfestsetzungsentscheidung keine Einigung im Sinne der Nr.
1006 VV RVG entnehmen. Der Beschwerdeführer hat, der Anregung des SG folgend, eine Gebührenrechnung am untersten Gebührenrand eingereicht, welche der Beklagte akzeptiert hat. Allein die Erstellung
der Gebührenaufstellung stellt indessen keine qualifizierte Mitwirkungshandlung dar.
Die durch das SG antragsgemäß zuerkannten weiteren Gebührenpositionen Fahrtkosten (37,80 €) und Abwesenheitsgeld (20 €) hätte der Beschwerdeführer
nur zu je einem Drittel (12,60 € und 6,66 €) beanspruchen können. Denn diese Auslagen sind entsprechend der Vorbemerkung 7
Abs. 3 VV RVG prozentual auf die in dem Termin verhandelten drei Streitsachen umzulegen (vgl. hierzu LSG NRW, Beschluss vom 02.02.2018,
Az. L 19 AS 1472/17 B -, Rn. 64 m.w.N., zitiert nach juris).
Unter Zugrundelegung dieser Gebührenpositionen sowie der Post- und Telekommunikationspauschale von 20 € zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer
ergibt sich ein Gesamtbetrag der anwaltlichen Vergütung von 176,62 €. Auf die vom SG festgesetzte Vergütung von 262,16 €, von der zu Lasten des Beschwerdeführers nicht abgewichen werden kann, wurde schon eine
Zahlung in Höhe von 532,88 € geleistet, sodass vom Beschwerdeführer ein Betrag von 270,72 € an die Landeskasse zurückzuzahlen
ist.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar; eine Beschwerde zum Bundessozialgericht ist nicht gegeben (§56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).