Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Divergenz - Abweichung des Urteils des Sozialgerichts von einer
Entscheidung des BSG - sozialrechtliches Verwaltungsverfahren - Erstattung von Kosten im Vorverfahren - Erfolg des Widerspruchs
Gründe
I.
Die Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Kläger) begehren die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts
Dessau-Roßlau (S 35 AS 631/17), das ihre Klage auf vollständige Kostenerstattung für das durchgeführte Widerspruchsverfahren W-02320/15 abgewiesen hat.
Der am ... 1955 geborene Kläger und die am ... 1963 geborene Klägerin sind verheiratet. Sie bewohnten im Jahr 2015 ein in
K. gelegenes Eigenheim gemeinsam mit zwei volljährigen Töchtern. Der Kläger bezog von der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland
eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, welche zuletzt mit Rentenanpassungsbescheid zum 1. Juli 2015 auf den Zahlbetrag
von 399,86 Euro erhöht wurde. Die Klägerin bezog Arbeitslosengeld I (Alg I), das die Bundesagentur für Arbeit (BfA) mit Bescheid
vom 25. August 2015 aufgrund des Endes der Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall mit Wirkung zum 26. August 2015 aufhob.
Am 3. September 2015 beantragte die Klägerin die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten
Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) beim Beklagten und Beschwerdegegner (im Folgenden: Beklagter). Dem Antrag waren zwei Verzichtsschreiben der Töchter, der
Rentenanpassungsbescheid des Klägers, der Aufhebungsbescheid der BfA und Unterlagen für die Kosten der Unterkunft und Heizung
(Grundsteuer, Trinkwasser, Schornsteinfeger, Wartung der Kläranlage, Abfallgebühren, Stromkosten, Schuldzinsen, Wohngebäudeversicherung)
beigefügt.
Mit Bescheid vom 30. September 2015 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für
den Zeitraum vom 1. September 2015 bis zum 29. Februar 2016 in monatlich unterschiedlicher Höhe und lehnte den Antrag des
Klägers auf Leistungsgewährung ab. Der Kläger sei von einem Leistungsbezug ausgeschlossen, da er eine Altersrente erhalte.
Die Kosten der Unterkunft berücksichtigte der Beklagte bei der Klägerin zu einem Viertel. Ein Einkommen aus der Rentenzahlung
des Klägers rechnete er bei der Klägerin nicht an.
Hiergegen legten die Kläger, anwaltlich vertreten, mit Schreiben vom 14. Oktober 2015 Widerspruch ein. Zur Begründung führten
sie aus: Der Kläger sei Teil der Bedarfsgemeinschaft, da er lediglich eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beziehe.
Auch seien nicht alle anfallenden Kosten für die Unterkunft berücksichtigt worden. Es seien keine Stromkosten für den Betrieb
der Heizungsanlage sowie weitere zu leistende Raten für die Bezahlung der Kläranlage nicht berücksichtigt worden.
Mit Schreiben vom 6. November 2015 teilte die BfA dem Beklagten mit, dass die Klägerin einen Anspruch auf Alg I im Zeitraum
vom 26. August 2015 bis 9. Oktober 2016 habe. Die Leistungen für den Zeitraum vom 26. August 2015 bis 30. November 2015 werde
für die Erfüllung eines Erstattungsanspruches einbehalten. Ab 1. Dezember 2015 werde die laufende Auszahlung an die Klägerin
erfolgen. Daraufhin hob der Beklagte mit Bescheid vom 23. November 2015 den Bescheid vom 30. September 2015 ab 1. Dezember
2015 wegen Wegfall der Hilfebedürftigkeit vollständig auf.
Mit Änderungsbescheid vom 28. Februar 2017 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum vom 1. September 2015 bis zum 30. November
2015 nunmehr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung des Klägers als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft
und höherer Hausnebenkosten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. März 2017 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Nach Erlass des Änderungsbescheides vom
28. Februar 2017 sei die Leistungsberechnung nicht mehr zu beanstanden. Ein Leistungsanspruch bestehe jedoch nur bis zum 30.
November 2015. Die Kosten des Widerspruchverfahrens seien nach § 63 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) zur Hälfte zu erstatten. Der Widerspruch sei für den gesamten Leistungszeitraum von sechs Monaten erhoben worden. Ein Erfolg
nach dieser Norm sei jedoch nur für drei Monate gegeben. Ebenfalls sei die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes nicht nötig gewesen.
Am 4. April 2017 haben die Kläger eine auf die im Widerspruchsbescheid vom 7. März 2017 getroffene Kostengrundentscheidung
und Ablehnung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes beschränkte Klage beim Sozialgericht (SG) Dessau Roßlau erhoben. Zur Begründung führen sie aus: Der Beklagte habe die vollständigen Kosten des Widerspruchverfahrens
zu tragen. Der Widerspruch sei vollumfänglich erfolgreich gewesen. Die geltend gemachten Punkte seien im Änderungsbescheid
vom 28. Februar 2017 vollständig zu Gunsten der Kläger geändert worden. Dass sich während des Widerspruchverfahrens die tatsächlichen
Verhältnisse durch den Einkommensbezug der Klägerin geändert haben, könne nicht zu ihren Lasten gehen. Dies dürfe nicht berücksichtigt
werden.
Mit Schreiben vom 11. Juli 2017 hat der Beklagte die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes anerkannt. Darüber
hinaus hat er sich bereit erklärt, die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens zu tragen. Weitere
Kosten für das Widerspruchsverfahren seien jedoch nicht zu erstatten. Die Kläger haben das Teilanerkenntnis am 12. Dezember
2019 angenommen.
Das SG D. hat mit Urteil vom 12. Dezember 2019 die Klage abgewiesen: Weitere Kosten des Widerspruchverfahrens seien vom Beklagten
nicht zu tragen. „Erfolg“ liege nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X nur vor, wenn die Behörde dem Widerspruch stattgibt. Bei teilweisem Erfolg sei eine Kostenquote zu bilden. Diese richte sich
nach dem Verhältnis des erreichten Erfolgs zum angestrebten Erfolg. Es sei unerheblich aus welchen Gründen der Widerspruch
Erfolg gehabt habe, da bei einer Kostenentscheidung eine formale Betrachtung geboten sei. Es komme daher nicht darauf an,
ob der Erfolg aufgrund einer Änderung der Sach- und Rechtslage nach Widerspruchserhebung eintrete oder gerade der Erfolg des
Widerspruchs aufgrund einer nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage nicht eintrete. Es sei unerheblich, dass die
Kläger als vollständigen Erfolg allein die Berücksichtigung der gerügten Gesichtspunkte ansehen, ohne das es auf tatsächlich
höhere Leistungen ankäme. Denn einem Widerspruch, welcher nur zur Änderung von Berechnungselementen erhoben werde, ohne dass
es zu einem individuell höheren Leistungsanspruch für ein Bedarfsgemeinschaftsmitglied komme, fehle das Rechtschutzbedürfnis.
In der vorliegenden Konstellation eines Höhenstreits bezüglich der Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II sei der Erfolg allein anhand des Verhältnisses der begehrten höheren Leistungen im Vergleich zu den tatsächlich bewilligten
höheren Leistungen zu bemessen. Da der Widerspruch für den gesamten Leistungszeitraum erhoben wurde und für die Monate Dezember
bis Februar 2016 kein Leistungsanspruch mangels Hilfebedürftigkeit gegeben ist, sei die ausgesprochene Kostenquote nicht zu
niedrig angesetzt. Eine höhere Kostenbeteiligung könne unter keinen Gesichtspunkten geltend gemacht werden. Die Berufung hat
das SG D. nicht zugelassen.
Nach Zustellung des Urteils am 17. Januar 2020 haben die Kläger am 17. Februar 2020 Nichtzulassungsbeschwerde beim Landessozialgericht
(LSG) Sachsen-Anhalt erhoben und eine Divergenz geltend gemacht und zur Begründung ausgeführt: Das Urteil des SG D. verstoße gegen das Urteil des Bundessozialgericht (BSG) vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 68/12 R. Es komme gerade nicht auf den Zuwachs von Leistungen an, sondern darauf inwieweit der Widerspruchsführer mit seinem sachlichen
Begehren durchdringe. Das sachliche Begehren sei Richtigstellung der Zugehörigkeit des Klägers zur Bedarfsgemeinschaft und
die Berücksichtigung von weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung im Rahmen des Bedarfs zum Lebensunterhaltes und nicht,
dass es nach Berücksichtigung des Einkommens tatsächlich zu einer höheren Leistungsgewährung komme. Mit diesem sachlichen
Begehren seien die Kläger vollumfänglich durchgedrungen.
Die Kläger beantragen nach ihrem schriftlichen Vorbringen
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgericht Dessau-Roßlau vom 12. Dezember 2017 zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass der ausschließlich geltend gemachte Zulassungsgrund nach §
144 Abs.
2 2 Nr.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) nicht vorliege. Das SG habe keinen von der Rechtsprechung des BSG abweichenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt. Vielmehr sei die Entscheidung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung
deckungsgleich.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen,
welche vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung des Senats gewesen sind.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß §
145 SGG eingelegt worden.
Sie ist jedoch unbegründet. Nachdem die Berufung aufgrund des Streitgegenstands nicht bereits gesetzlich eröffnet ist (hierzu
unter 1.), hat das SG die Berufung zu Recht nicht zugelassen, weil keiner der gesetzlichen Zulassungsgründe vorliegt (hierzu unter 2.).
1. Ohne Zulassung ist die Berufung nur bei wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr statthaft (§
144 Abs.
1 Satz 2
SGG), was bei einer Kostenentscheidung im Widerspruchsverfahren nicht der Fall ist. Das Begehren der Beschwerdeführer überschreitet
zudem nicht den Wert von 750 Euro, ab dem bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten
Verwaltungsakt betrifft, eine Berufung ohne Zulassung eröffnet ist (§
144 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGG).
2. Ist die Berufung nicht bereits gesetzlich eröffnet, ist sie gemäß §
144 Abs.
2 SGG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr.
1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten
Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der
Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung
beruhen kann (Nr.3).
a) Der Entscheidung in der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG zu. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die das SG auf der Grundlage der gesetzlichen Vorschriften und unter Anwendung der dazu ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung
getroffen hat. Eine grundsätzliche Bedeutung liegt vor, wenn ein Verfahren bisher nicht geklärte, aber klärungsbedürftige
und -fähige Rechtsfragen aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die
Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig u.a.,
SGG, 12. Auflage, zu §
144, Rn. 28). Ungeklärte und rechtserhebliche Rechtsfragen sind weder von den Beteiligten aufgeworfen worden noch aus dem Inhalt
der Verfahrensakten für den Senat ersichtlich. Hinsichtlich der geltend gemachten Problematik existiert hinreichende obergerichtliche
Rechtsprechung (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 68/12 R, juris).
b) Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz gemäß §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG liegt nicht vor. Eine Divergenz im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass das SG in der angefochtenen Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz des
LSG, des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellt hat. Eine Abweichung
liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung nicht den Kriterien entspricht, die diese Gerichte aufgestellt
haben, sondern erst dann, wenn es diesen Kriterien widersprochen, also objektiv andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
Eine eventuelle Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, wie eine fehlerhafte Subsumtion oder eine unzutreffende Beurteilung
oder das Übersehen einer Rechtsfrage, begründet keine Divergenz i.S.v. §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG; es handelt sich dabei lediglich um einen unbeachtlichen Rechtsanwendungsfehler (vgl. BSG, Beschluss vom 05. Oktober 2010 – B 8 SO 61/10 B – zum gleichlautenden §
160 Abs.
2 Nr.
3 SGG – Rn. 11, juris). Dementsprechend handelt es sich nicht um eine nach §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG beachtliche Abweichung, wenn das SG einem vom BSG aufgestellten Rechtssatz folgen will, diesen aber missversteht, in seiner Tragweite verkennt oder sonst Vorgaben der höchstrichterlichen
Rechtsprechung im Einzelfall nicht übernimmt ( LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Januar 2016 – L 4 AS 8/15 NZB –, Rn. 21 , juris). Vorliegend hat das SG keinen von der Rechtsprechung der genannten Gerichte abweichenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt. Vielmehr führt das SG im Urteil aus, dass es den Grundsätzen des BSG zu den Voraussetzungen bzw. Bedingungen einer Kostenerstattung folgt. Ob es diese Grundsätze auch richtig interpretiert und
angewendet hat, kann keine Zulassung begründen.
Außerdem weicht das angefochtene Urteil - entgegen der Auffassung der Kläger - auch nicht vom Urteil des BSG vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 68/12 R (juris) ab. In dieser Entscheidung führt das BSG wörtlich aus:
„Aus welchen Gründen der Widerspruch Erfolg hatte oder nicht, ist unerheblich. Bei der Kostenentscheidung ist eine formale
Betrachtungsweise geboten (Becker in Hauck/Noftz, SGB X, K § 63 RdNr 27, Stand: 12/2010). Sie soll nicht mit "schwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen" belastet werden (vgl BVerwG Urteil
vom 25.9.1992 - 8 C 16/90 - RdNr 15, Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr 33; BT-Drucks 8/2034, S 36; Beschlussempfehlung und Bericht BT-Drucks 8/4022, S 36, 83). Maßgebend für die Beantwortung
der Frage, ob und inwieweit der Widerspruch erfolgreich oder erfolglos war, ist ein Vergleich des mit dem Widerspruch Begehrten
und des Inhalts der das Vorverfahren abschließenden Sachentscheidung. (Rn. 21).
Entgegen der Auffassung des SG kommt es nicht auf den "Zuwachs" von Leistungen aufgrund des durchgeführten Widerspruchsverfahrens im Verhältnis zu den ursprünglich
bewilligten Leistungen an. Hierbei würden nämlich nicht Erfolg und angestrebter Erfolg miteinander in ein Verhältnis gesetzt,
sondern die bereits insoweit bestandskräftig bewilligten Leistungen mit den durch das Widerspruchsverfahren erlangten Leistungen.
Wenn - wie hier - bereits Leistungen bewilligt worden sind und sich der Widerspruch ersichtlich nur gegen die insoweit belastende
Entscheidung des Leistungsträgers richtet, jedenfalls nicht mehr als den bewilligten Betrag zu gewähren (sog Höchstwertfestsetzung;
vgl hierzu zuletzt BSG Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 26/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 50 Nr 1 vorgesehen, RdNr 9, 15), hat der bereits durch die angegriffenen Verwaltungsentscheidungen
bewilligte Betrag bei der Ermittlung der Kostenquote von vornherein außer Betracht zu bleiben. Denn es geht nur um das Verhältnis
von tatsächlichem Erfolg zu dem durch die Erhebung des Widerspruchs angestrebten Erfolg“ (Rn. 22).
Aus diesen Ausführungen leiten die Kläger die irrige Annahme ab, dass grundsätzlich ein Zuwachs von Leistungen für einen erfolgreichen
Widerspruch entbehrlich sei. Dass dieser jedoch auch bei der Höchstwertfestsetzung nicht entbehrlich ist, zeigen die weiteren
Ausführungen des BSG bei der Anwendung der aufgestellten Grundsätze auf dem zugrundeliegenden Sachverhalt. Wörtlich führt es aus:
„Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben hat die Klägerin jedenfalls keinen Anspruch auf eine höhere Kostenquote als die 30
v. H., die der Beklagte in seinem Widerspruchsbescheid bereits verfügt hat. Denn ihre Erfolgsquote lag bei unter 10 vH, weil
als Widerspruchsbegehren von einem Betrag von monatlich circa 220 bis 260 Euro auszugehen ist (dazu a) und der Erfolg der
Klägerin aufgrund der von ihr akzeptierten nachfolgenden Bescheide bei einem Betrag in Höhe von 10,60 Euro für Dezember 2011
und von 33,48 Euro für Januar 2012 lag, während ihr für Februar 2012 sogar ein niedriger Betrag bewilligt wurde (dazu b) (Rn.
25).
a) Als Widerspruchsbegehren ist von einem Betrag von monatlich circa 220 bis 260 Euro auszugehen, weil der Klägerin mit dem
ersten - von ihr nicht mit einem Widerspruch angegriffenen - Änderungsbescheid vom 27.10.2011 für den Monat Oktober 2011 etwa
500 Euro und für den Monat November 2011 540 Euro als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bewilligt worden waren,
während ihr mit dem angegriffenen Änderungsbescheid vom gleichen Tage für den Folgezeitraum von Dezember 2011 bis Februar
2012 lediglich noch vorläufig 281 Euro monatliche Leistungen bewilligt wurden. Legt man das Widerspruchsbegehren anhand dieser
Änderungsbescheide aus, kommt nur ein auf die Gewährung der Differenz zwischen den bewilligten Leistungen gerichtetes Begehren
in Betracht (Rn. 26).
b) Die aufgezeigten geringfügigen Erfolge der Klägerin ergeben sich aus einem Vergleich der erzielten Mehrbeträge gegenüber
der mit dem angegriffenen Änderungsbescheid bereits bewilligten Leistungen in Höhe von monatlich vorläufig 281 Euro: Nach
Abschluss des Widerspruchsverfahrens wurden ihr bewilligt für Dezember 2011 insgesamt 291,60 Euro, dies führt zu einem Mehrbetrag
in Höhe von 10,60 Euro, für Januar 2012 insgesamt 314,48 Euro, also einem Mehrbetrag von 33,48 Euro. Für den Monat Februar
2012 ergibt sich eine Differenz zu Ungunsten der Klägerin in Höhe von 0,12 Euro“ (Rn. 27).
Damit stellt das BSG klar, dass es nicht – wie die Kläger meinen – um einen abstrakten Erfolg der Argumente in einem Widerspruchsverfahren gehen
kann. Mit den „ursprünglich bewilligten Leistungen“ war der frühere Änderungsbescheid gemeint (Punkt a, Rn. 26). Hierauf kann
kein „Zuwachs“ für den möglichen Erfolg angenommen werden, da auch der geänderte Bescheid im Widerspruchsverfahren hinter
diesem Betrag (500/540 Euro zu 291,60/314,48 Euro) zurückblieb, jedoch geringfügig mehr als der angegriffene Änderungsbescheid
gewährte (10,60/33,48 Euro, Punkt b Rn. 27).
Erkennbar ist eine solche Situation im vorliegenden Rechtsstreit nicht gegeben. Es liegt keine negativ abändernde Entscheidung
einer bereits bewilligten Leistung seitens des Beklagten vor. Vielmehr begehrten die Kläger nach einer erstmaligen Leistungsgewährung
mit ihrem Widerspruch höhere Leistungen durch eine Berücksichtigung weiterer Unterkunftskosten und eine Berücksichtigung des
Klägers bei der Leistungsgewährung, mithin eine Leistungsverbesserung des status quo. Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat,
die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch
erfolgreich ist. Die Kostenerstattungspflicht besteht daher ausdrücklich nur, "soweit" der Widerspruch erfolgreich ist. Ein
Widerspruch ist in dem Umfang erfolgreich, in welchem ihm (abgeholfen oder) stattgegeben worden ist (vgl. LSG Sachsen-Anhalt,
Beschluss vom 13. Januar 2016 - L 4 AS 8/15 NZB , juris). Tatsächlich wurde dem Widerspruch der Kläger nur bis zum 30. November 2015 stattgegeben, für den Zeitraum danach
wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Mithin liegt nur für die Hälfte des angegriffenen Zeitraums eine Abänderung
vor. Der Erfolg kann sich daher auch nur auf diesen Zeitraum beziehen.
Die abstrakte Einarbeitung von Berechnungselementen, welche sich nicht in der bewilligten Leistungshöhe bzw. in einer Abhilfeentscheidung
niederschlagen, kann nicht für den kostenrechtlichen Erfolg herangezogen werden. Besteht das Interesse des Widerspruchsführers
erkennbar allein in der Abänderung von eingestellten Berechnungselementen ohne das hieraus annähernd ein Leistungsanspruch
– z.B. aufgrund existenzsicherndem Einkommens – erwachsen kann, fehlt es – wie das SG zu Recht ausführt – bereits an einem Rechtschutzbedürfnis.
c) Einen Verfahrensmangel gemäß §
144 Abs.
2 Nr.
3 SGG haben die Kläger nicht geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§
177 SGG).