Kosten der Unterkunft und Heizung; KdU; Mietvertrag; Rechtsbindungswillen; Verwandtenmietverhältnis; Zahlungsverpflichtung;
sog. Kopfteilprinzip; Nebenkosten; Nutzungsvereinbarung; Mietschulden; Quittungen; Verjährung; Mietzinsforderung; kopfanteilig;
widersprüchliches Vorbringen; Steuererklärung; Mieteinnahmen
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) im Rahmen der Bewilligung von
Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Der Kläger bezog vor seinem (Rück-)Umzug nach Z. Leistungen nach dem SGB II beim Jobcenter H ... Er beantragte am 10. September 2011 beim Jobcenter H. die Erteilung einer Zustimmung zum Umzug von H.
nach Z.
Er meldete seinen Hauptwohnsitz mit Wirkung vom 1. Oktober 2011 unter der Anschrift des elterlichen Grundstücks in der Straße
... in Z. an. Hierzu reichte er bei dem Beklagten ein Schriftstück über eine zwischen ihm und seinem Vater, F. K., geschlossene
"Nutzungsvereinbarung" ein. Darin berechnete F. K. seinem Sohn für die Nutzung von Wohnraum/Schlafraum, Küche und Bad (Gesamtfläche:
40,5 m²) ab dem 1. September 2011 "eine Pauschale von 230,00 EUR" zuzüglich Nebenkosten "für Wasser, Abwasser, anteilig Versicherung
und Steuern, Öl und Müllgebühren" in Höhe von 95,57 EUR. Die "Nutzungsvereinbarung" enthielt einen Passus, wonach bei einem
Verzug von einem Monat der Vertrag aufgehoben werde und der Nutzer die Wohnung unverzüglich zu räumen habe. In einer undatierten
Mietbescheinigung bestätigte F. K. die Vermietung von drei beheizbaren Räumen mit einer Wohnfläche von 40,5 m² für eine Gesamtmiete
in Höhe von 325,57 EUR.
Mit Bescheid vom 11. Oktober 2011 lehnte das Jobcenter H. "die Zustimmung zur Anmietung der neuen Wohnung" ab: Der Kläger
sei bereits am 1. Oktober 2011 umgezogen, habe aber erst am 11. Oktober 2011 ein Mietangebot vorgelegt.
Nach dem erfolgten Umzug bezog der Kläger Leistungen nach dem SGB II bei dem Beklagten. In diesem Zusammenhang führten zwei Mitarbeiter des Beklagten am 19. Oktober, 24. Oktober, 8. November
und 10. November 2011 Hausbesuche in der Straße ... durch. Gemäß dem Ermittlungsbericht vom 11. November 2011 befinde sich
die angemietete Wohnung des Klägers in einem Nebengebäude auf dem Grundstück des Vaters. Es handele sich um eine Ein-Raum-Wohnung,
welche sich auf drei verschiedene Eingänge verteile, die wiederum über einen Hof erreichbar seien. Eine eigene Klingel sei
noch nicht angebracht worden. Dem Kläger stehe ein Zimmer als Wohn- und Schlafzimmer zur Verfügung. Hierin befänden sich eine
Couch mit Schlaffunktion, ein Tisch, ein Fernsehgerät, ein kleiner Kleiderschrank, ein Kühlschrank und eine Bar. Von diesem
Raum gehe ein kleines Zimmer ab, welches zum Bad mit Dusche ausgebaut werden solle. Die vorhandene Bar sei (nach Angaben des
Klägers) nur für seinen Geburtstag aufgebaut worden und werde demnächst wieder abgebaut. Das Zimmer habe "bewohnt" ausgesehen,
aber - nach Einschätzung des Außendienstes - "eher einen Eindruck von einem Partyzimmer" gemacht. Die Küche sei nicht über
das Wohn- und Schlafzimmer erreichbar. Um dorthin zu gelangen, müsse man über den Hof in einen Nebeneingang gehen. Sie sei
zweckmäßig eingerichtet. Es befinde sich dort auch eine Waschmaschine. Eine Heizung sei nicht vorhanden.
Der Kläger habe erklärt, zwecks Verbindung der Küche mit dem Wohn- und Schlafzimmer sei ein Durchbruch geplant. Der Außendienst
habe den Eindruck gewonnen, es handele sich um eine "Sommerküche". Es sei sehr viel Geschirr vorhanden gewesen sowie ein Vorratsschrank
mit Kaffeepäckchen, Putzmitteln und Waschmittel. Es hätten "keine weiteren Lebensmittel gesichtet" werden können. Der Kläger
habe dazu erklärt, seine Lebensmittel seien im Kühlschrank untergebracht.
Der Kläger nutze derzeit das Badezimmer im Haupthaus. Es sei vollständig eingerichtet und werde nur vom Kläger genutzt. Der
Zugang könne nur über den Hof erfolgen. Der Kläger habe mitgeteilt, auf dem Grundstück befänden sich insgesamt vier eigene
Wohnungen. Drei Wohnungen würden von Vater und Oma, Mutter und Bruder bewohnt. Weiterhin habe der Kläger erklärt, der Umzug
von H. sei sehr schnell erfolgt, weshalb die Wohnung noch nicht richtig ausgebaut sei. Der Ausbau des Bades und der Durchbruch
zur Küche würden noch erfolgen. Der Abschluss dieser Umbauarbeiten sei jedoch noch nicht absehbar.
Zum Zwecke der Feststellung des Fortschritts der vom Kläger angekündigten Umbauarbeiten erfolgte am 19. April 2012 ein weiterer
Hausbesuch. Dabei habe der Kläger mitgeteilt, bisher seien keine baulichen Veränderungen seiner Wohnung vorgenommen worden.
Hierfür stünden ihm keine finanziellen Mittel zur Verfügung.
Mit Bescheid vom 13. April 2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2012 monatliche
Leistungen in Höhe der Regelleistung von 374,00 EUR. Leistungen für KdU wurden nicht gewährt.
Hiergegen erhob der Kläger am 23. April 2012 Widerspruch und wandte sich gegen die Nichtberücksichtigung von KdU.
Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens erbat der Beklagte die Nachreichung geeigneter Nachweise (Kontoauszüge, Quittungen o.
Ä.) für die regelmäßige Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Nutzungsvertrag mit seinem Vater (Mietzahlung in Höhe von 325,57
EUR monatlich). Der Kläger reichte mit Schreiben vom 26. Juli 2012 Quittungen vom 14. Dezember 2011, 1. Januar 2012 und 1.
Februar 2012 über je 325,57 EUR für "Miete Dezember 2011", "Miete Januar 2012" bzw. "Miete für Februar 2012" ein. Im Übrigen
teilte der Kläger mit, er könne keine Nachweise vorlegen für Zeiten seiner Arbeitslosigkeit. In diesen Zeiträumen sei es ihm
nicht möglich gewesen, diese Summe aufzubringen. Die Mietschulden seien immer noch offen. Ihm werde das Wasser abgestellt
und die Wohnung gekündigt, wenn er nicht zeitnah bezahle. Mit Schreiben vom 9. August 2012 reichte er sodann eine Erklärung
seines Vaters ein. Hierin bestätigte F. K., dass "der Mieter" verpflichtet sei, "seine Nutzungsgebühr und seine Nebenkosten
am ersten jedes Monats zu entrichten". Es bestünden noch Rückstände für die Monate Oktober und November 2011 sowie die Monate
März bis August. Die Schulden beliefen sich bereits auf 2.604,56 EUR und seien bis spätestens 15. September 2012 zu zahlen.
Andernfalls werde "das Nutzungsrecht aufgehoben".
Mit Bescheid vom 12. Juni 2012 verfügte der Beklagte gemäß § 31a SGB II für den Kläger für den Zeitraum vom 1. Juli bis 30. September 2012 eine monatliche Absenkung der Leistungen für den Regelbedarf
um 30 % (112,20 EUR monatlich). Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, dass der Kläger nach Auskunft des Arbeitgebers
R. ab April 2012 ein Arbeitsverhältnis hätte aufnehmen können. Dies habe der Kläger indes mit der Begründung abgelehnt, dass
er nach dem Himmelfahrtswochenende 14 Tage zum Hochseeangeln (nach Norwegen) fahren möchte. Durch dieses Verhalten habe er
das Zustandekommen der Beschäftigung vereitelt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2012 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 13. April 2012 (bezüglich
des Bewilligungszeitraums von April bis September 2012) als unbegründet zurück: Die Nutzungsvereinbarung werde nicht als wirksam
anerkannt. Es bestünden bereits ernsthafte Zweifel daran, ob der Kläger die angegebenen Wohnräume überhaupt bewohne. Außerdem
falle für den Wohnraum eine "Grundnutzungsgebühr von umgerechnet 5,67 EUR/qm an", was weder dem ortsüblichen Mietzins entspreche
noch angesichts der Wohnverhältnisse als angemessen erscheine. Vielmehr bestehe ein auffälliges Missverhältnis, zumal der
Ausbau eines eigenen Badezimmers erst noch beabsichtigt, aber durch den Kläger selbst zu finanzieren sei. Im Rahmen der Prüfung
durch den Außendienst habe der Wohn- bzw. Schlafraum eher den Eindruck eines Partyraumes gemacht. Der Kläger benutze das Badezimmer
seiner Mutter im Haupthaus mit. In der Küche hätten sich weder Lebensmittel noch eine Heizung befunden. Auch bei der erneuten
Besichtigung am 19. April 2012 hätten keinerlei Veränderungen festgestellt werden können. Es habe auch weiterhin eine eigene
Klingel gefehlt. Der Beklagte zweifle den "Vollzug dieses Nutzungsverhältnisses" an. Die Aktenlage spreche für ein "Scheingeschäft".
Gemäß der Nutzungsvereinbarung hätten bereits die vom Kläger selbst vorgetragenen Mietrückstände die Aufhebung des Vertrages
zur Folge haben müssen. Entsprechende Mahnschreiben lägen indes nicht vor. Soweit der Kläger nach den vorgelegten Quittungen
für Dezember 2011 bis Februar 2012 Mietzahlungen in bar geleistet habe, seien auf den eingereichten Kontoauszügen keine Barabhebungen
in entsprechender Höhe ersichtlich. Da der Kläger derzeit kein Einkommen erziele, verbleibe es bei der Regelleistung in Höhe
von 374,00 EUR monatlich. Für den Zeitraum von Juli bis September 2012 sei darüber hinaus die Absenkung des Leistungsanspruchs
um monatlich 112,20 EUR aufgrund bestandskräftigen Sanktionsbescheides vom 12. Juni 2012 zu berücksichtigen.
Hiergegen hat der Kläger am 28. September 2012 beim Sozialgericht (SG) Dessau-Roßlau Klage erhoben (Aktenzeichen: S 27 AS 2378/12) mit dem Ziel der Berücksichtigung der sich aus der Nutzungsvereinbarung ergebenden KdU. Während des sozialgerichtlichen
Verfahrens hat der Beklagte mit Bescheid vom 15. März 2013 die Leistungsbewilligung für September 2012 - wegen Einkommenserzielung
- ganz aufgehoben und die Leistungen auf 0,00 EUR neu festgesetzt. Er hat darauf hingewiesen, dass dieser Bescheid gemäß §
96 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden ist.
Am 6. November 2012 ging beim Beklagten ein auf den 5. November 2012 datierter schriftlicher Weiterbewilligungsantrag des
Klägers ein. Zuvor hatte der Kläger am 2. November 2012 bei einer persönlichen Vorsprache einen entsprechenden Weiterbewilligungsantrag
gestellt. Mit Bescheid vom 27. November 2012 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum von November 2012 bis April 2013 Leistungen
in Höhe des jeweiligen monatlichen Regelbedarfs in Höhe von 374,00 bzw. 382,00 EUR.
Dagegen erhob der Kläger am 17. Dezember 2012 Widerspruch: KdU seien nicht berücksichtigt und im Übrigen für September und
Oktober 2012 gar keine Leistungen bewilligt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 2013 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Er wiederholte zur Nichtberücksichtigung
von KdU im Wesentlichen die Begründung aus dem Widerspruchsbescheid vom 28. August 2012. Darüber hinaus sei die Antragstellung
auf Fortzahlung der zunächst bis 30. September 2012 bewilligten Leistungen erstmals im Rahmen einer persönlichen Vorsprache
am 2. November 2012 erfolgt.
Hiergegen hat der Kläger am 2. April 2013 vor dem SG Klage erhoben (Aktenzeichen: S 27 AS 770/13), mit welcher er wiederum die Übernahme von KdU begehrt: Die Zweifel, ob die Wohnräume tatsächlich bewohnt würden, seien
nicht nachvollziehbar. Der Ausbau des eigenen Badezimmers solle nicht vom Kläger selbst finanziert, lediglich der zu entrichtende
Mietzins hierfür vom Eigentümer verwandt werden. Die Bar sei beim Einzug nicht entfernt worden, weil diese auch anderweitig
nutzbar sei. Dahinter befinde sich ein Kühlschrank, in dem sich auch die Lebensmittel befänden, welche der Außendienst "vermisst"
habe. Die Beheizung erfolge übergangsweise elektrisch bzw. - alternativ - mit einem mobilen Heizgerät. Ein eigener Briefkasten
sei vorhanden. Eine Klingel würde nicht benötigt. Seit Februar 2012 habe der Kläger keine Zahlungen mehr geleistet, da keine
Rücklagen vorhanden seien und er lediglich die Regelleistung vom Beklagten erhalten habe. Nunmehr sei die Kündigung des Mietverhältnisses
erfolgt. Die Kündigung sei bis zur Entscheidung der sozialgerichtlichen Auseinandersetzung zurückgestellt worden.
Das SG hat die Verfahren S 27 AS 2378/12 und S 27 AS 770/13 mit Beschluss vom 18. April 2013 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des Verfahrens S 27 AS 2378/12 verbunden.
Mit Urteil vom 9. Juli 2013 hat das SG die Klage abgewiesen: Es erscheine lebensfremd, eine Wohnung ohne Bad und ohne Heizung anzumieten. Die Prüfungen des Außendienstes
hätten jedoch ergeben, dass weder Heizung noch Badezimmer im Wohngebäude vorhanden seien. Die Küche könne nur über den Hof
erreicht werden. Der noch im November 2011 angekündigte Durchbruch einer Wand in die Küche sei auch im April 2012 noch nicht
erfolgt. Für den Zeitraum von September bis November 2011 und nach Februar 2012 sei keine Miete gezahlt worden. Die behaupteten
Mietzahlungen für Dezember 2011 bis Februar 2012 seien nicht (etwa durch Bankunterlagen) belegt worden. Nach alldem sei nicht
von einem rechtswirksam geschlossenen Mietvertrag bzw. Nutzungsverhältnis auszugehen. Es ergäben sich mithin keine erstattungsfähigen
KdU.
Gegen das ihm am 12. Juli 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. August 2013 Berufung beim Landessozialgericht (LSG)
Sachsen-Anhalt eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Es seien für die gesamten streitgegenständlichen Zeiträume zu Unrecht
keine KdU berücksichtigt worden. Die Zweifel des Beklagten, ob die Wohnräume tatsächlich bewohnt würden, seien nicht nachvollziehbar.
Der Ausbau des Badezimmers solle nicht vom Kläger finanziert werden. Vielmehr habe der Eigentümer hierfür den zu entrichtenden
Mietzins verwenden wollen. Da jedoch keine Miete gezahlt werde, habe mit dem Umbau noch nicht begonnen werden können. Zu Beginn
des Mietverhältnisses sei der Mietzins auch tatsächlich entrichtet worden. Die Zahlungen seien durch Überweisungen erfolgt,
wenn auch mit einem unzutreffenden Verwendungszweck (z. B. "Strom"). Nach Februar 2012 seien indes keine Rücklagen mehr vorhanden
gewesen, so dass der Kläger keine Zahlungen mehr habe leisten können. Die Kündigung des Mietverhältnisses sei ausgesprochen
und bis zur (sozial-) gerichtlichen Entscheidung zurückgestellt worden. Der Kläger hat "schriftliche Zeugenaussagen" von I.
K., K. K., D. K., E. K., T. E. und J. E. eingereicht, die jeweils bestätigt haben, dass der Kläger eine eigenständige Wohnung
auf dem Grundstück genutzt habe. Außerdem hat der Kläger mit Anwaltsschriftsatz vom 13. November 2014 mitgeteilt, "bis zur
Erledigung des Rechtsstreits in den Haushalt der Mutter I. K. [Haushaltsgemeinschaft] gezogen" zu sein, da sein Bruder ausgezogen
und der Wohnraum frei geworden sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 9. Juli 2013 aufzuheben, die Bescheide des Beklagten 13. April 2012 in der
Fassung des Bescheides vom 12. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2012 und vom 27. November
2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2013 sowie den Bescheid vom 15. März 2013 abzuändern und dem Kläger
für die Zeiträume vom 1. April bis 30. September 2012 sowie vom 1. November 2012 bis 30. April 2013 weitere Leistungen unter
Berücksichtigung von KdU in Höhe von monatlich je 325,57 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, es könne nicht von einem rechtswirksam geschlossenen Mietvertrag ausgegangen werden. Das Vorbringen
zu Mietzahlungen im Zeitraum Dezember 2011 bis Februar 2012 sei im Übrigen widersprüchlich. Einerseits sollen diese in bar
erfolgt, andererseits sollen sie per Überweisung (wenn auch mit einem falschen Verwendungszweck ("Strom") geleistet worden
sein.
Am 15. Januar 2016 hat eine nichtöffentliche Sitzung des Senats stattgefunden, an welcher der Kläger teilgenommen hat. Er
hat sich in der Sitzung zu den Wohnverhältnissen geäußert. Er habe insgesamt ca. 40 m² bewohnt (ein Raum, eine Küche sowie
das allein von ihm genutzte und über den Hof erreichbare Bad im Haus des Vaters). Die Verbrauchskosten zahle die - vom Vater
getrennt lebende - Mutter I. K ... Inwieweit dies zwischen den Eltern ausgeglichen werde, wisse er nicht. Sein Vater verlange
von ihm Mietzahlungen. Es sei ein Mahnbescheid im Gespräch gewesen, aber dann nichts passiert. Ob ein Verjährungsverzicht
vereinbart worden sei, wisse er nicht. Er sei zur Mutter gezogen, damit nicht noch weitere Schulden aufliefen.
In dem Termin hat der Senat darüber hinaus Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen I. K., J. E., D. K., K. K., T. E. und
E. K ... Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15. Januar 2016 (Blatt 146 bis 152
der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2016 hat der Kläger die Betriebskostenabrechnungen der Jahre 2011 bis 2014 für das Grundstück
eingereicht. Daraus haben sich für die streitgegenständlichen Zeiträume folgende "kalten" Nebenkosten (für Wasser, Abwasser
und Müllgebühren) ergeben:
April 2012: 113,98 EUR, Mai 2012: 144,98 EUR, Juni 2012: 54,00 EUR, Juli 2012: 199,97 EUR, August 2012 54,00 EUR, September
2012: 125,00 EUR, November 2012: 125,00 EUR, Dezember 2012: 0, Januar 2013: 74,97 EUR, Februar 2013: 25,80 EUR, März 2013:
426,10 EUR, April 2013: 134,97 EUR.
Außerdem ist eine Abrechnung über Heizöl in Höhe von monatlich je 400,00 EUR vorgelegt worden.
Am 23. November 2016 hat eine weitere nichtöffentliche Sitzung des Senats stattgefunden. In dieser ist der Vater F. K. als
Zeuge vernommen worden (vgl. Blatt 212 bis 214 der Gerichtsakte).
Im Nachgang zu diesem Termin, in dem der Zeuge K. unter anderem ausgesagt hatte, die Mieteinnahmen würden im Rahmen der jährlichen
Steuererklärungen gegenüber dem Finanzamt angegeben, hat der Beklagte eine Mitteilung des Finanzamts B. vom 15. Dezember 2016
übermittelt, nach der F. K. für die Veranlagungszeiträume 2012/2013 keine Mieteinkünfte erklärt habe. Hierzu hat der Kläger
wiederum vorgetragen, dass die Mieteinnahmen seit 2009 in der entsprechenden Anlage zur Steuererklärung immer angegeben worden
seien, in den Steuerbescheiden aber mangels positiver Bilanz zwischen Einnahmen und Ausgaben keine Ausweisung von Mieteinnahmen
erfolgt sei.
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat nochmals die Zeugin I. K. als Zeugin vernommen und den Kläger informatorisch angehört.
Hierzu wird auf die Niederschrift vom 9. März 2017 (Blatt 266 bis 268 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen
der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und
der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §
143 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen für die Bewilligungszeiträume
April bis September 2012 sowie November 2012 bis April 2013 sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht im Sinne der §§
157,
54 Abs.
2 Satz 2
SGG. Er hat keinen Anspruch auf die Berücksichtigung von KdU im Rahmen der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II.
Der Kläger hat mit seiner Antragstellung den Streitgegenstand zulässigerweise auf die KdU beschränkt. Auch nach der seit 1.
Januar 2011 geltenden Rechtslage handelt es sich bei einem Begehren auf höhere Leistungen für KdU um einen abtrennbaren Streitgegenstand,
auf den der Verfahrensgegenstand zulässigerweise begrenzt werden kann (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Februar
2016 - 4 AS 12/15 R, juris).
1. Der Kläger ist dem Grunde nach leistungsberechtigt nach §§ 7 ff. SGB II. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich
der angemessenen KdU. Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erhalten, sind nach § 7 Abs. 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik
Deutschland haben. Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen
Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder
Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer
Sozialleistungen, erhält.
Der Kläger hatte im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet, die Altersgrenze noch nicht erreicht und seinen gewöhnlichen
Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Er war auch erwerbsfähig und verfügte - abgesehen von September 2012 - nicht
über zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 11 SGB II und einzusetzendes Vermögen im Sinne von § 12 SGB II.
2. Gemäß § 22 Abs. 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.
a) Der Kläger macht tatsächliche Aufwendungen aus der mit seinem Vater als Vermieter abgeschlossenen "Nutzungsvereinbarung"
geltend, nach welcher er verpflichtet sei, für die Nutzung einer Gesamtfläche von ca. 40 m² (ein kombinierter Wohn- und Schlafraum,
eine - ohne Durchbruch - daneben befindliche Küche sowie ein über den Hof erreichbares Bad) eine Gesamtmiete in Höhe von 325,57
EUR monatlich zu zahlen. Im Ergebnis der hierzu vom Senat geführten Ermittlungen (einschließlich der Vernehmung von Zeugen)
ist jedoch ein sich aus dem Mietvertrag ergebender Anspruch des Klägers auf die Gewährung von KdU nicht gegeben, ohne dass
es noch auf den - zunächst vom Beklagten geltend gemachten - Gesichtspunkt ankäme, ob der Kläger die Räumlichkeiten überhaupt
als Unterkunft im Sinne von § 22 Abs. 1 SGB II genutzt hat.
aa) Dies folgt jedoch noch nicht aus dem Umstand, dass das Jobcenter H. (Saale) keine Zustimmung "zum Umzug" (bzw. zur Berücksichtigung
der Aufwendungen für die neue Unterkunft) erteilt hatte. Denn die diesbezügliche Regelung gemäß § 22 Abs. 4 Satz 1 SGB II ist nach erfolgtem Umzug keine Voraussetzung für die Erbringung von Leistungen in Höhe der angemessenen Unterkunftskosten,
auch dann nicht, wenn die Zustimmung bestandskräftig abgelehnt worden war. Das Zusicherungsverfahren hat allein eine Aufklärungs-
und Warnfunktion (Berlit in: LPK-SGB II, 4. Auflage, § 22 Rn. 117, 119 m. w. N.). Die grundsätzliche Verpflichtung des nunmehr zuständigen Leistungsträgers zur Übernahme von tatsächlich
entstandenen (angemessenen) Unterkunftskosten wird mithin durch eine fehlende Zusicherung im Sinne von § 22 Abs. 4 Satz 1 SGB II nicht berührt.
bb) Bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass der Grundsicherungsträger nur solche Kosten zu übernehmen hat, die
dem Hilfebedürftigen tatsächlich entstanden sind und für deren Deckung ein Bedarf entsteht. Dies sind in erster Linie Kosten,
die durch einen Mietvertrag begründet sind, wie sie der Kläger vorliegend geltend macht. Bei der als "Nutzungsvereinbarung"
bezeichneten Abrede handelt es sich jedenfalls - unabhängig von der Bezeichnung durch juristische Laien - um einen Mietvertrag
im Sinne der §§
535,
549 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (
BGB). Es reicht aus, dass der Leistungsempfänger im jeweiligen Bewilligungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten
Mietzinsforderung ausgesetzt ist (vgl. BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 - B 14 AS 31/07 R, juris). Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung vorliegt, ist primär der Mietvertrag, mit
dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist. Entscheidend ist der entsprechende rechtliche Bindungswille
der beteiligten Vertragsparteien. So ist ein Mietverhältnis auch dann anzunehmen, wenn nur eine geringfügige "Gefälligkeitsmiete"
vereinbart ist oder wenn der Mieter etwa lediglich die Betriebskosten oder sonstige Lasten zu tragen hat. Die Umstände des
behaupteten Mietverhältnisses sind im Einzelnen zu ermitteln und zu würdigen. Bei dieser Gesamtwürdigung und bei der Auslegung
der Vereinbarungen muss jedoch die tatsächliche Übung der Parteien, mithin der tatsächliche Vollzug des Vertragsinhalts, berücksichtigt
werden. Im Übrigen sind die Kriterien, die der Bundesfinanzhof im Hinblick auf den so genannten Fremdvergleich entwickelt
hat, nach der Rechtsprechung des BSG im Grundsicherungsrecht nicht anwendbar (BSG, a. a. O.).
Der Senat geht von einem Rechtsbindungswillen aus, wenn die vertragsbegründenden Erklärungen beider Vertragsparteien aus Sicht
eines verständigen Adressaten den Willen des Erklärenden erkennen lassen, mit der Erklärung jeweils eine rechtliche Bindung
zu bewirken. Dies führt dazu, dass die Erklärung nicht mehr einseitig widerrufen oder geändert werden kann. Beiden Willenserklärungen
muss also ein Geltungswille ("sic volo sic iubeo" = "So will ich, so befehle ich") entnommen werden können. Sie sind insoweit
abzugrenzen von der bloßen Erklärung der Vertragsbereitschaft, die als solche unverbindlich ist. Hierbei ist für den Fall
des Mietvertrags unter nahen Angehörigen im Grundsicherungsrecht zu berücksichtigen, dass einem Missbrauch auch dann vorgebeugt
werden muss, wenn die Vertragsparteien Mietpreise unterhalb der Angemessenheitsgrenze vereinbaren oder diese ausschöpfen (LSG
Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. Juni 2012 - L 5 AS 67/09, juris).
cc) Nach diesen Grundsätzen hat sich zur Überzeugung des Senats eine rechtliche Verpflichtung des Klägers zur Zahlung des
Mietzinses aus der mit seinem Vater geschlossenen "Vereinbarung" nicht ergeben.
Dagegen, dass der Kläger einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt gewesen ist, spricht bereits der Umstand, dass sein
Vater trotz erheblicher (deutlich vierstelliger) Mietrückstände an die Nichteinhaltung der vertraglichen Pflichten des Mieters
keine "spürbaren" juristischen Konsequenzen geknüpft hat. Der Vater hat zwar unter Hinweis auf die Mietschulden formal eine
Kündigung des behaupteten Vertrages erklärt. Diese bloße Erklärung blieb aber ohne jede rechtlich relevante Konsequenz, da
weder zur Durchsetzung der Mietforderungen noch zur Geltendmachung einer Räumung konkrete (prozessuale) Schritte eingeleitet
worden sind. Es ist also in keiner Weise erkennbar, dass der Vater die Geltendmachung der ihm aus dem "Vertrag" zustehenden
Ansprüche auch ernsthaft hätte durchsetzen wollen. Denn hierzu hätte er - über die bloße schriftliche Aufforderung hinaus
- ein justizförmiges Verfahren einleiten müssen, etwa durch Beantragung eines Mahnbescheides als verhältnismäßig kostengünstiger
Möglichkeit zur Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen.
Schon allein der Umstand, dass der "Vermieter" dies nicht getan hat, widerlegt das Vorliegen eines ernsthaften Mietvertrages
und eines diesbezüglichen Rechtsbindungswillens. Denn ein Mietvertrag wird auf Vermieterseite primär gerade deshalb eingegangen,
um hieraus Mieteinnahmen zu erzielen. Wenn dann aber trotz bestehender Mietschulden in Höhe von mehr als 2.600,00 EUR schon
im August 2012 keine Maßnahmen zur Durchsetzung dieser Forderungen ergriffen werden, widerspricht dies offenkundig dem grundlegenden
zivilrechtlich-wirtschaftlichen Charakter eines Mietvertrages. Jeder "ernsthaft vermietende" Vermieter würde jedenfalls die
erforderlichen rechtlichen Schritte zur Durchsetzung seiner Ansprüche einleiten.
Dies gilt umso mehr, wenn - wie hier - inzwischen sämtliche Mietzinsansprüche aus den streitgegenständlichen Bewilligungszeiträumen
gemäß §§
195,
199 Abs.
1 BGB (zum 31. Dezember 2015 bzw. 31. Dezember 2016) verjährt sind, so dass der Vater sich - durch den Verzicht auf formelle juristische
Schritte - selbst der Möglichkeit begeben hat, seine (behaupteten) Forderungen überhaupt noch durchsetzen zu können. Dem steht
zur Überzeugung des Senats nicht der vom Kläger vorgetragene Verjährungsverzicht entgegen. Unabhängig davon, ob den in Bezug
genommenen Erklärungen bezüglich der "Zurückstellung" einer Kündigung bis zum Ende des (landes-)sozialgerichtlichen Verfahrens
für sich gesehen überhaupt eine Willenserklärung des Klägers bezüglich eines Verjährungsverzichts entnommen werden könnte,
ist das Vorliegen eines solchen Verzichts jedenfalls durch die eigenen Äußerungen des Klägers im Termin vom 15. Januar 2016
widerlegt worden. Dort hat er nämlich angegeben, er wisse nicht, ob ein Verjährungsverzicht vereinbart worden sei. Ein solcher
hätte aber von ihm selbst erklärt werden müssen. Schon deshalb folgt aus seiner Unkenntnis hierüber, dass er eine entsprechende
Willenserklärung nicht abgegeben hat. Die von Klägerseite schon im Verfahren vor dem SG dargelegten "Vereinbarungen" hat er also selbst nicht etwa im Sinne eines Verjährungsverzichts verstanden wissen wollen.
Andernfalls hätte er auf die hierzu ergangene konkrete Nachfrage des Senats auf eben diese Einrede hingewiesen und keine fehlende
Kenntnis geltend gemacht. An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts durch den Umstand, dass der Kläger ein juristischer
Laie ist. Denn die grundsätzliche Bedeutung der Verjährung von Ansprüchen sowie eines Verzichts auf die Geltendmachung dieses
Umstandes war für ihn auf Grundlage einer sog. "Parallelwertung in der Laiensphäre" ohne weiteres erkennbar, ohne dass es
dazu detaillierter Rechtskenntnisse zum Ersten (Allgemeiner Teil) oder Zweiten Buch (Recht der Schuldverhältnisse) des
BGB bedurft hätte.
Aus der vom Kläger angegebenen Unkenntnis über einen Verjährungsverzicht resultiert zur Überzeugung des Senats darüber hinaus
noch ein weiterer gegen einen ernstlichen Mietvertrag sprechender Gesichtspunkt: Wenn nämlich der Kläger angibt, er wisse
nicht, ob ein Verjährungsverzicht vereinbart worden sei, geht er offenkundig davon aus, dass eine solche Vereinbarung seitens
des Vaters als "Vermieter" nicht mit ihm, sondern mit dem Beklagten zu treffen gewesen wäre. Dies lässt wiederum erkennen,
dass der Kläger letztlich nicht sich selbst, sondern den Beklagten als den aus dem Mietvertrag Verpflichteten ansieht. Daraus
folgt wiederum, dass es den "Parteien" des Mietvertrages - im Sinne eines "Vertrages zu Lasten Dritter" - im Ergebnis darauf
ankam, nicht eine Verpflichtung des Klägers, sondern des Beklagten zu begründen.
Diese Einschätzung wird im Übrigen dadurch bestätigt, dass der Vater - nach dem eigenen Vorbringen des Klägers - mit der Durchsetzung
seiner Mietvertragsansprüche bis zur Beendigung des vorliegenden Verfahrens gegen den Beklagten habe zuwarten wollen. Im Rahmen
eines "normalen Mietvertrages", dem ein wirklicher Rechtsbindungswille und die ernsthafte Begründung von gegenseitigen Rechten
und Pflichten zu Grunde liegen, wäre es letztlich nicht Sache des Vermieters, wie der Mieter seine internen finanziellen Auseinandersetzungen
mit Dritten betreibt. Sein Anspruchsgegner wäre allein der Mieter. Auf welche Weise dieser seine finanzielle Leistungsfähigkeit
zwecks Erfüllung der übernommenen Pflichten sicherstellt, ist keine Angelegenheit des Vermieters. Er hat sich grundsätzlich
allein an den Mieter als seinen Vertragspartner zu halten. Die gleichwohl hergestellte Verknüpfung mit dem grundsicherungsrechtlichen
Verfahren gegen den Beklagten beinhaltet mithin einen weiteren wesentlichen Anhaltspunkt dafür, dass es letztlich allein um
das "Verhältnis" sowohl des Klägers als auch seines Vaters gegenüber dem Beklagten und dessen finanzielle Verpflichtung gegangen
ist.
Gegen die Glaubhaftigkeit der vorgetragenen Mietvertragskonstruktion sprechen darüber hinaus erhebliche Widersprüche im Vorbringen
des Klägers. So hat der Kläger einerseits vorgetragen, in den (vor den streitgegenständlichen Bewilligungszeiträumen liegenden)
Monaten Dezember 2011 bis Februar 2012 habe er auf den "Nutzungsvertrag" Mietzahlungen in Höhe von je 325,57 EUR in Form von
Überweisungen (wenn auch unter Angabe eines falschen Verwendungszwecks) geleistet, während er andererseits handschriftliche
Kopien von Quittungen über Barzahlungen in der maßgeblichen Höhe vorgelegt hat. Das Vorbringen des Klägers im Verlauf der
gerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Beklagten zur tatsächlichen Umsetzung des Mietvertrages ist also mindestens zum Teil
offenkundig unrichtig, da allenfalls eine der beiden vorgetragenen Sachverhaltsvarianten zutreffend sein kann. Aus solchen
evidenten Unstimmigkeiten im eigenen Vortrag folgt in einer Gesamtbetrachtung zur Überzeugung des Senats insgesamt die Unglaubhaftigkeit
der Ausführungen zum behaupteten Mietvertrag.
dd) Aber nicht nur die Angaben des Klägers, sondern auch diejenigen seines Vaters, des Zeugen F. K. (als der anderen "Mietvertragspartei")
stehen der Überzeugung des Senats, es sei ein ernsthaft gewollter Mietvertrag abgeschlossen worden, entgegen.
(1) In diesem Zusammenhang kann auch die Aussage des Vaters im Erörterungstermin des Berichterstatters vom 23. November 2016
verwertet werden. Insoweit kommt es im Ergebnis nicht mehr darauf an, ob er wegen der medizinisch bescheinigten Verhandlungsunfähigkeit
auf unabsehbare Zeit möglicherweise sogar in der Weise "unerreichbar" wäre, dass etwa die Voraussetzungen eines Urkundenbeweises
durch Verlesung von Protokollen richterlicher Vernehmungen entsprechend der strafprozessualen Vorschriften des §
251 Abs.
2 Nr.
1 Strafprozessordnung (
StPO; also z. B. Krankheit dem Erscheinen des Zeugen für eine längere oder ungewisse Zeit entgegensteht) oder sonstiger Niederschriften
bzw. Urkunden im Sinne von §
251 Abs.
1 Nr.
2 StPO (der Zeuge kann in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden) gegeben wären. Denn das sozialgerichtliche Verfahrensrecht
verlangt nicht, ausnahmslos alle unmittelbaren Beweismittel auszuschöpfen. Eine Regelung wie in §
251 StPO, die es den Strafgerichten nur in enumerativ aufgezählten Ausnahmefällen erlaubt, etwa die Verlesung von Niederschriften
als Beweismittel zuzulassen und auf die persönliche Einvernahme zu verzichten, existiert im Sozialprozessrecht nicht. Überdies
gibt es nach herrschender Meinung nicht einmal im Strafprozessrecht einen so weit reichenden Grundsatz, dass allgemein bei
der Beweisaufnahme das sachnächste Beweismittel genutzt werden müsste (Bayerisches Landessozialgericht [LSG], Urteil vom 18.
Mai 2015 - L 15 VG 17/09 ZVW, juris; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 14. Dezember 2016 - L 7 VE 19/13). Entsprechend den Vorschriften des sozialgerichtlichen
Verfahrens ist die Verwertung der Niederschrift über eine Zeugenaussage in einem anderen gerichtlichen Verfahren oder in einem
Verwaltungsverfahren im Wege des Urkundenbeweises möglich. Dies muss dann erst recht gelten für die Niederschrift eines Erörterungstermins
in dem vor dem Senat anhängigen Verfahren selbst. Grundsätzlich hat die Verwertung einer Urkunde in der Regel zwar einen geringeren
Beweiswert als eine unmittelbare Zeugenaussage, weil das Gericht (bzw. der gesamte Senat) keinen unmittelbaren Eindruck vom
Zeugen erhält. Ob das Gericht aber einen Zeugen erneut vernimmt, liegt in seinem Ermessen. Die über §
202 SGG anwendbaren Vorschriften der
Zivilprozessordnung (
ZPO) enthalten keine Regelung, welche die Verwertung von Zeugenaussagen aus anderen Verfahren (bzw. aus anderen Terminen) anstelle
der unmittelbaren Zeugenvernehmung verbieten würde. Vielmehr gilt auch hier, dass Beweisergebnisse aus anderen Verfahren im
Wege des Urkundenbeweises eingeführt werden dürfen (Bayerisches LSG, a. a. O., LSG Sachsen-Anhalt, a. a. O., vgl. auch Greger
in: Zöller,
ZPO, 30. Auflage, §
355 Rn. 4). Da es hier maßgeblich auf den objektiven inhaltlichen Kontext der Aussage des Zeugen ankommt (also nicht auf die
subjektiven Begleitumstände seiner Vernehmung im Erörterungstermin), kann der Senat nach alledem auf die damaligen Angaben
des Zeugen zurückgreifen.
(2) Dabei ist auffällig, dass der Vater auf Nachfragen zu elementaren Umständen des Zustandekommens des Nutzungsverhältnisses
mehrfach Erinnerungslücken geltend gemacht hat. So wisse er selbst nicht mehr, nach welchen Kriterien die Miete berechnet
worden sei, in welcher Weise über die Finanzierung der Miete durch den Kläger gesprochen worden sei oder auf welche Rückstände
gelegentliche Zahlungen von ihm konkret angerechnet worden seien. Eine solche Unwissenheit des "Vermieters" zu grundlegenden
Umständen der Begründung eines von ihm eingegangenen Vertragsverhältnisses, aus denen er regelmäßige monatliche Einnahmen
von mehr als 300,00 EUR erzielt, erscheint nach Auffassung des Senats als unglaubhaft. Gerade unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen
Situation des Vaters, der trotz seines verhältnismäßig jungen Alters (54 Jahre im Zeitpunkt des Erörterungstermins) bereits
Rentner ist, müsste ein Mietverhältnis mit entsprechenden Einnahmen für ihn eine so große wirtschaftliche Bedeutung haben,
dass die ausgeprägte Unkenntnis über dessen wesentliche "Eckpfeiler", wie sie sich aus seiner Aussage ergeben hat, lebensfremd
erscheint.
ee) Des Weiteren hält der Senat die Aussage des Klägers zur konkreten praktischen Umsetzung eines behaupteten "Nutzungsvertrages"
auch deshalb für unglaubhaft, weil seine Angabe, er gebe die Mieteinnahmen in der Steuererklärung gegenüber dem Finanzamt
an, vom zuständigen Finanzamt B. zurückgewiesen worden sind. Das Finanzamt hat mit Schreiben vom 15. Dezember 2015 ausdrücklich
mitgeteilt, dass "F. K. für die Veranlagungszeiträume 2012/2013 keine Mieteinkünfte erklärt hat." Der Einwand des Klägers,
es sei lediglich keine Ausweisung im späteren Steuerbescheid erfolgt, weil im Ergebnis keine zu versteuernden (die Ausgaben
übersteigenden) Einnahmen erzielt worden seien, geht "ins Leere". Denn das Finanzamt hat eben nicht lediglich auf eine fehlende
steuerliche Relevanz etwaig erklärter Einnahmen verwiesen, sondern vielmehr schon die bloße Erklärung von Mieteinkünften durch
den Zeugen selbst (also seine entsprechende Angabe in seiner Steuererklärung) ausdrücklich verneint. In diesem Zusammenhang
spricht einerseits die - rechtlich zwingend gebotene - fehlende Erklärung solcher Einnahmen gegen ihre tatsächliche Erzielung.
Zum anderen steht auch dieser Widerspruch zur konkreten Mitteilung des Finanzamts insgesamt der Glaubhaftigkeit der Ausführungen
des Zeugen entgegen.
Es sei deshalb nur ergänzend noch darauf hingewiesen, dass sich auch Widersprüche der Aussagen des Zeugen F. K. im Verhältnis
zu den Angaben der Zeugin I. K. (Mutter des Klägers und von F. K. getrennt lebende Ehefrau) in der mündlichen Verhandlung
ergeben haben. So wird zur heutigen Wohnsituation (der Kläger ist in die Mietwohnung der Mutter umgezogen) vom Vater angegeben,
er leiste seine sich hieraus ergebenden Zahlungen "an die Mutti", während diese die Zahlungen dann an ihn weiterleite. I.
K. hat indes ausgesagt, der Kläger zahle "die Miete und die Nebenkosten genauso an meinen Ehemann wie ich". Zwar bezieht sich
dies nicht mehr auf die verfahrensgegenständlichen Bewilligungszeiträume. Es wird aber auch hieraus ersichtlich, dass das
Vorbringen und die Erklärungen des Klägers und seiner Eltern zu den Wohnungs- und Finanzierungsangelegenheiten insgesamt von
erheblichen Widersprüchlichkeiten und Unstimmigkeiten geprägt sind.
ff) Schließlich ist offenkundig auch der Kläger selbst nicht davon ausgegangen, ernsthaften Mietforderungen seines Vaters
- mit den sich hieraus ergebenden erheblichen nachteiligen Konsequenzen - ausgesetzt gewesen zu sein. Denn andernfalls ist
nicht erklärlich, dass er nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung innerhalb der hier maßgebenden Bewilligungszeiträume
erhebliche Kosten für eine Reise zum Hochseeangeln nach Norwegen ausgegeben hat, anstatt das ihm hierfür zur Verfügung stehende
Geld für die Tilgung seiner damals bereits erheblichen Mietschulden zu verwenden. Ebenso hätte er ein elementares Interesse
an der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit bei der Firma R. haben müssen, um finanzielle Mittel zur Begleichung der Mietrückstände
erwirtschaften zu können. Wenn er gleichwohl eine Reise zum Hochseeangeln nach Norwegen der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit
vorzieht und es für dringlicher hält, erhebliche finanzielle Mittel für diese Reise statt für die Tilgung seiner Mietverbindlichkeiten
auszugeben, steht auch dies in einem grundlegenden Widerspruch zu seinem Vorbringen bezüglich des Mietvertrages und insbesondere
der vom Vater bereits erklärten bzw. angedrohten Kündigung, also der Gefahr des Wohnungsverlustes.
gg) Selbst wenn - entgegen der Überzeugung des Senats - von dem Abschluss eines Mietvertrages mit einem wirklichen Rechtsbindungswillen
auszugehen wäre, stünde einer Berücksichtigung der KdU entgegen, dass der Kläger keinen durch den Vermieter rechtlich durchsetzbaren
Forderungen aus dem Vertrag mehr ausgesetzt wäre. Denn gemäß §§
195,
199 Abs.
1 BGB wären die 2012 entstandenen Mietforderungen bereits am 31. Dezember 2015 und die aus dem Jahr 2013 am 31. Dezember 2016 verjährt.
Hat aber ein SGB II-Leistungsempfänger Anspruch auf KdU, so ist es ihm zumutbar, sich wie eine wirtschaftlich vernünftig handelnde Person zu
verhalten, die ihre KdU selbst tragen muss. Es ist ihm daher zumutbar, gegen verjährte Mietzinsansprüche die Einrede der Verjährung
zu erheben (so auch Hessisches LSG, Urteil vom 6. April 2016 - L 6 AS 464/13). Damit entfiele dann die Grundlage einer gegen den Kläger gerichteten - durchsetzbaren - Forderung, so dass von einer von
ihm zu erbringenden tatsächlichen Aufwendung nicht (mehr) ausgegangen werden könnte. Dazu, dass zur Überzeugung des Senats
ein wirksamer Verjährungsverzicht nicht vereinbart worden ist, wird auf die obigen Ausführungen unter Doppelbuchst. cc) Bezug
genommen.
b) Obwohl kein wirksamer Mietvertrag vorliegt, nach welchem die dort vereinbarten Mietzahlungen als tatsächliche Aufwendungen
des Klägers anzusehen wären, besteht die grundsätzliche Möglichkeit, dass der Kläger intern, d. h. gegenüber dem Vater, verpflichtet
war, zumindest die auf ihn entfallenden laufenden Betriebs- und Verbrauchskosten zu tragen und daher KdU in (anteiliger) Höhe
der tatsächlich angefallenen Betriebs- und sonstigen Nebenkosten zu gewähren wären. Dies setzt voraus, dass dem Kläger insoweit
Kosten auch tatsächlich entstanden sind.
Denn grundsätzlich sind KdU unabhängig vom Alter der Bewohner und der jeweiligen Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen,
wenn Leistungsempfänger eine Unterkunft (hier: ein Grundstück mit mehreren Gebäuden) gemeinsam mit anderen Personen, insbesondere
anderen Familienangehörigen, nutzen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Personen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind
oder nicht. Hintergrund für dieses sog. "Kopfteilprinzip" sind Gründe der Verwaltungsvereinfachung sowie die Überlegung, dass
die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf dem Grunde nach abdeckt und in aller Regel
einer an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses
des Wohnens nicht zulasse (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2012 - die 14 AS 36/12 R). Etwas anderes kann sich aber etwa dann ergeben, wenn der Nutzung der Unterkunft durch mehrere Personen vertragliche Regelungen
zu Grunde liegen, auf deren Grundlage eine andere Aufteilung bei objektiver Betrachtung angezeigt ist (BSG, a. a. O.).
Nachdem sich der Senat nicht vom Bestehen einer Zahlungsverpflichtung aus Miet- bzw. Nutzungsvertrag überzeugen konnte, war
demnach zu überprüfen, ob daneben bzw. "darunter" eine Vereinbarung zwischen dem Kläger als Nutzer der Räume und dem Vater
als Eigentümer des Anwesens bestand, aufgrund der er verpflichtet war, eigene Beiträge zur Finanzierung der Unterkunftskosten
zu übernehmen. Insoweit hätte eine Forderung des Vaters nahe gelegen, der Kläger müsse zumindest die von ihm verursachten
(zusätzlichen) Kosten (für Wasser, Abwasser, [Heiz-] Strom, ggf. Abfallentsorgung) tragen. Eine solche Abrede oder Forderung
des Vaters ließ sich jedoch ebenfalls nicht zur Überzeugung des Senats feststellen.
Die Beteiligten (also Kläger und sein Vater) hatten sich offensichtlich so auf eine Finanzierung des "Nutzungsentgelts" durch
den Beklagten fokussiert, dass sie keine Absprachen für den Fall des Scheiterns der gewählten Vertragskonstruktion getroffen
haben. Eine wie auch immer ausgestaltete Zahlungspflicht des Klägers für die von ihm durch das Wohnen im Anwesen verursachten
Kosten ließ sich nicht feststellen. Nicht einmal der Umstand, dass der Kläger als einziger der Bewohner des Anwesens mit Strom
heizte (im Übrigen erfolgte die Beheizung des Anwesens über eine Ölzentralheizung) und insofern unterscheidbare "Sonderkosten
verursachte, führte zu einer Absprache hinsichtlich der Kostentragung. So sind vom Vater gegenüber dem Kläger für den streitigen
Zeitraum - außerhalb der aus den oben dargelegten Gründen gescheiterten Konstruktion eines "Nutzungsvertrages" - keine konkreten
Zahlungsforderungen erhoben worden.
Der Umstand, dass der Kläger im verfahrensgegenständlichen Zeitraum eine kostenintensive Reise nach Skandinavien plante, bezahlte
und durchführte, spricht dagegen, dass der Kläger sich einem ernsthaften Zahlungsverlangen ausgesetzt sah.
Darauf, ob der Kläger der Geltendmachung der anteiligen Nebenkosten durch seinen Vater ebenfalls die Einrede der Verjährung
entgegenhalten könnte, kommt es nach alldem nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision nach §
160 SGG liegt nicht vor.