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LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23.06.2016 - 5 AS 20/15
Zugunstenverfahren; Akteneinsicht; Prozessbevollmächtigte; Vorverfahren; sozialrechtlicher Herstellungsanspruch; Überprüfungsantrag; Pflichtverletzung; Konkretisierung; Nachholung; Akteneinsichtsgesuch; Sozialrechtsverhältnis; Antrag auf Akteneinsicht; untunlich; Übersendung in die Geschäftsräume; ursächlicher Zusammenhang; zulässige Amtshandlung; pflichtgemässes Ermessen; Ermessensausübung; eigenständige Beschwer; selbständige Beschwer; isolierte Aufhebung des Widerspruchsbescheids
1. Ein Antrag nach § 44 SGB X muss grundsätzlich bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens hinreichend konkretisiert sein, anderenfalls ist er unzulässig.
2. Ausnahmsweise ist eine Nachholung der Konkretisierung im Klageverfahren unter den Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zulässig. Eine Pflichtverletzung aus einem Sozialrechtsverhältnis kann in der verweigerten Akteneinsichtsgesuch liegen. Erforderlich ist eine Kausalität zwischen der unterbliebenen Konkretisierung des Antrags und der verweigerten Akteneinsicht. Dann ist der Antragssteller so zu stellen, als hätte er den Antrag fristgerecht, also vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens konkretisiert.
3. Mit Beginn des Vorverfahrens durch Einlegung des Widerspruchs gilt für die Akteneinsicht von bevollmächtigten Rechtsanwälten gemäß § 84a iVm § 120 Abs 2 Satz 2 SGG ein anderer Maßstab als in § 25 SGB X. Über das Ersuchen auf Akteneinsicht durch Übersendung in die Geschäftsräume der Rechtsanwälte ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Sofern eine Übersendung der Akten nicht ausnahmsweise untunlich ist, hat die Behörde dem Gesuch zu entsprechen.
4. Enthält der Widerspruchsbescheid nach Ablehnung des Überprüfungsantrags nach § 44 SGB X wegen der erstmals im Widerspruchsverfahren begehrten und nicht gewährten Akteneinsicht eine selbstständige formelle Beschwer, ist die isolierte Aufhebung des Widerspruchsbescheids mit der Verpflichtung der Behörde zur Bescheidung über den Widerspruch im Überprüfungsverfahren möglich.
Normenkette:
SGG § 84a
,
SGG § 120 Abs. 2 S. 2
,
SGB X § 44
,
SGG § 84
,
SGG § 120
,
SGB X § 25
Vorinstanzen: SG Magdeburg 05.12.2014 S 15 AS 1684/12
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 5. Dezember 2014 wird aufgehoben, soweit es gegenüber dem Kläger ergangen ist, und dessen Klage wird als unzulässig verworfen.
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 5. Dezember 2014 wird gegenüber der Klägerin abgeändert.
Der Widerspruchsbescheid vom 18. April 2012 wird aufgehoben und der Beklagte wird verurteilt, den Widerspruch der Klägerin vom 23. August 2011 gegen den Bescheid vom 26. Juli 2011 rechtsbehelfsfähig zu bescheiden.
Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Klage- und Berufungsverfahren und die Kosten des Klägers für das Klageverfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.

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