Rechtmäßigkeit einer Beitragsnachforderung; Voraussetzungen für die Verwirkung eines Beitragsbescheids
Gründe:
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Weiteren nur Antragsteller) wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Ablehnung
von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten. Diesem Beschluss des Sozialgerichts liegt ein Verfahren auf Gewährung von
einstweiligem Rechtschutz zugrunde, in denen sich der Antragsteller gegen die Zwangsvollstreckung aus bestandskräftigen Beitragsbescheiden
der Antragsgegnerin betreffend versicherungspflichtig beschäftige Arbeitnehmer vom 21. April 1997 und 22. Mai 1997 über einen
Betrag von jeweils 6.520 DM bzw. aus einem Bescheid vom 24. Juli 1997 über 5.865,62 DM wendet.
Zur Durchsetzung seiner Forderung hat der Antragsteller am 16. Januar 2013 am Sozialgericht Halle um einstweiligen Rechtsschutz
ersucht. Er verlangt, die Vollstreckung aus den Bescheiden einstweilen einzustellen. Er räumt ein, insgesamt der Antragsgegnerin
noch 8.472,39 Euro inklusive Säumniszuschläge, Mahngebühren und sonstige Kosten zu schulden. Allerdings sehe er sich wirtschaftlich
nicht in der Lage, eine Zahlung vorzunehmen. Darüber hinaus sei die Vollstreckung nach 15 Jahren unzulässig, da die Forderungen
verwirkt seien. Er habe sich in seiner Lebensführung darauf eingerichtet, dass diese nicht mehr gegen ihn geltend gemacht
würden. Für dieses Verfahren hat der Antragsteller die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt.
Die Antragsgegnerin hat darauf hingewiesen, dass in den Jahren 1998, 2000 sowie 2003 Vollstreckungsversuche fruchtlos verlaufen
seien. Aus Kostengründen habe man - auch im Interesse des Antragstellers - von weiteren Vollstreckungsversuchen zunächst Abstand
genommen.
Mit Beschluss vom 29. Mai 2013 hat das Sozialgericht Halle den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
für das Verfahren um einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, eine Verwirkung eines Anspruchs liege
nur vor, wenn der Berechtigte mit seinem Geltendmachen längere Zeit gewartet habe und besondere Umstände hinzugetreten seien,
die die nunmehrige Erhebung des Anspruchs dem Dritten gegenüber als unzulässig erscheinen ließen. Besondere Umstände, die
die Verwirkung eines Rechts auslösten, lägen nur dann vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des
Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage)
und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde. Eine solche Fallgestaltung
sei vorliegend nach dem bisherigen Sachvortrag und dem Inhalt der Verwaltungsakte nicht gegeben. Neben dem bloßen Zeitablauf
fehlten trotz richterlicher Aufforderung Angaben dazu, welche Dispositionen der Antragsteller im Hinblick darauf getätigt
habe, dass die Antragsgegnerin ihre Forderung vermeidlich nicht mehr durchsetzen werde. Der bloße Verweis auf die Umstellung
der allgemeinen Lebensführung sei hierfür nicht ausreichend. Im Hinblick auf die 30-jährige Verjährungsfrist bei Vollstreckung
müssten besondere Gesichtspunkte vorgetragen werden, aus denen sich ein Vertrauen ergeben soll. Allein durch die Untätigkeit
über einen Zeitraum von neun Jahren und drei Monaten habe die Antragsgegnerin keinen Vertrauenstatbestand geschaffen. Die
hier geltende Verjährungsfrist von 30 Jahren rechtfertige nur ausnahmsweise die Bejahung einer Verwirkung. Die Regelverjährung
von 30 Jahren müsse dem Gläubiger grundsätzlich ungekürzt zur Verfügung stehen, so dass hier strenge Anforderungen an die
Schaffung eines Vertrauenstatbestandes zu stellen seien. Das bloße Unterlassen einer Beitragsvollstreckung könne nicht ausreichend
sein, da ansonsten die verlängerten Verjährungsfristen ins Leere gehen würden. Erforderlich sei ein positives Tun des Berechtigten;
ein solches sei hier nicht erkennbar. Eine unbillige Härte sei ebenfalls nicht ersichtlich, nachdem der Antragsteller von
der seitens der Antragsgegnerin eingeräumten Möglichkeit, Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarungen abzuschließen, keinen
Gebrauch gemacht habe.
Gegen den ablehnenden Prozesskostenhilfe-Beschluss hat der Antragsteller noch im gleichen Monat Beschwerde eingelegt und vorgetragen,
das Sozialgericht habe sein Vorbringen tatsächlich und rechtlich unzutreffend gewürdigt. Die Anforderungen an die Erfolgsaussichten
und die Substantiierung seines Vortrages seien überzogen. Diesbezüglich hat er auf seine bisherigen Schriftsätze verwiesen.
Weiter hat er eine Zahlungsaufforderung des Hauptzollamtes Magdeburg vom 10. Juli 2013 vorgelegt, wonach er insgesamt nunmehr
8.799,89 Euro schuldet.
Der Antragsteller beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 29. Mai 2013 - S 16 KR 81/13 ER aufzuheben und ihm für dieses Verfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt R zu gewähren.
Der Beschwerdegegner und die Antragsgegnerin haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte genommen. Diese ist Gegenstand
der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
Die gemäß §§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht
hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt.
Nach §
73a SGG i.V.m. §§
114 ff.
Zivilprozessordnung (
ZPO) ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter
beizuordnen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht
mutwillig erscheint.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Insoweit kann offenbleiben, ob der Antragsteller nach seinen persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aus eigenen Mitteln zu bestreiten; denn
die Klage bietet jedenfalls keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Rechtsuchenden
auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und
in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, Kommentar, 10. Aufl., § 73a Rn. 7a). Das
Grundgesetz (
GG) gebietet dabei eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes.
Dies ergibt sich aus Art.
3 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, das in Art.
20 Abs.
3 GG allgemein niedergelegt ist und für den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt in Art.
19 Abs.
4 GG seinen besonderen Ausdruck findet. Derartige Vorkehrungen sind im Institut der Prozesskostenhilfe (§
73a SGG i.V.m. §§
114 ff.
ZPO) getroffen. Verfassungsrechtlich ist es dabei unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen,
dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint.
Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das
Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das
Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich
machen. Dem genügt das Gesetz in §
114 ZPO, indem es die Gewährung von Prozesskostenhilfe bereits dann vorsieht, wenn nur hinreichende Erfolgsaussichten für den beabsichtigten
Rechtsstreit bestehen, ohne dass der Prozesserfolg schon gewiss sein muss. Die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dürfen dabei nicht überspannt werden (vgl. zu dem vorstehendem BVerfG, 7. Februar
2012, 1 BvR 1263/11, juris).
Als Fallgruppe, bei welcher regelmäßig von einer hinreichenden Aussicht auf Erfolg ausgegangen werden kann, hat das Bundesverfassungsgericht
in seiner Rechtsprechung solche Sachlagen herausgearbeitet, bei denen die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung
einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt. Danach muss Prozesskostenhilfe nicht schon dann gewährt werden,
wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick
auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen
nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint (BVerfG, aaO.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es auf schwierige
Abgrenzungsfragen nicht ankommt, wenn das Verfahren unabhängig von solchen Problemen keine Erfolgsaussichten bietet.
Der Senat kann offen lassen, ob der Antragsteller hier zulässigerweise eine Vollstreckungsabwehrklage nach §
767 ZPO erhoben hat (grundsätzlich die Anwendbarkeit dieser Vorschrift bejahend LSG NRW, 14. September 2011, L 7 B 411/09 AS, juris) oder ob dieses Verfahren zu Gunsten des Antragstellers in ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Sinne
des §
86b Abs.
1 Nr.
2 SGG umzudeuten ist. Selbst dann beständen ungeachtet der dann geringeren Anforderungen immer noch keine Erfolgsaussichten.
Nach §
86b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben,
die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Zwar haben Widerspruch und Anfechtungsklage gemäß §
86a Abs.
1 S. 1
SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Gemäß Abs. 2 Nr. 1 der genannten Vorschrift entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen
Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Hier liegt ein zumindest einer der Anforderung von Beiträgen vergleichbarer
Fall vor.
Die Entscheidung des Gerichts erfolgt dementsprechend nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung
des privaten Aufschub-interesses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes
- hier die Vollstreckung der Beitragsforderung - andererseits. Das Gesetz bringt zum Ausdruck, dass in den Fällen des §
86a Abs.
2 und
4 SGG das Vollzugsinteresse in der Regel vorrangig ist. Die Aussetzung der Vollziehung soll in den Fällen des §
86a Abs.
2 Nr.
1 SGG in der Regel unter den Voraussetzungen des §
86a Abs.
3 Satz 2
SGG erfolgen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl., §
86b Rn. 12b). Daher ist im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Zwangsvollstreckung
aus einer nach der Behauptung des Antragstellers verwirkten Forderung bestehen oder ob die Vollstreckung für den Antragsteller
eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Der Senat hat weder Zweifel
an der Rechtmäßigkeit der Zwangsvollstreckung (dazu unter 1.) noch hat der Antragsteller Anhaltspunkte dafür dargelegt bzw.
glaubhaft gemacht, dass die Vollstreckung aus den Beitragsbescheiden für ihn eine unbillige Härte bedeuten könnte (dazu unter
2.).
1. §
86a Abs.
3 Satz 2 1. Alt.
SGG setzt ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes voraus. Abweichend von §
86a Abs.
2 Nr.
1 SGG soll das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes nur bei solchen Zweifeln an dessen Rechtmäßigkeit
hinter das private Aufschubinteresse des Antragstellers zurücktreten, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs (Widerspruch oder
Klage) überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise
noch ergänzende Tatsachenfeststellungen erforderlich sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt
der Entscheidung im Eilverfahren mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (LSG Sachsen-Anhalt,
27. Januar 2003, L 3 B 31/02 RJ ER; LSG NRW, 24. Juni 2009, L 8 B 4/09 R ER, juris; weiter Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl., §
86a Rn. 27a).
An der Rechtmäßigkeit der Zwangsvollstreckung bestehen keine ernstlichen Zweifel. Diesbezüglich wird auf die umfassenden Ausführungen
im Beschluss des Sozialgerichts Halle verwiesen, in dem die Rechtmäßigkeit der Vollstreckung ausführlich und überzeugend dargestellt
wurde.
Der Anspruch der Antragsgegnerin ist nicht verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes
von Treu und Glauben, §
242 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) auch für das Sozialversicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung für zurückliegende
Zeiten anerkannt. Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, setzt die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung
voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraumes unterlassen hat und weitere besondere
Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalles und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete
Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche die Verwirkung
auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten
(Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage)
sowie der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und
sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete
Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (ständige Rechtsprechung, grundlegend BSG, 30. November 1978, 12 RK 6/76, juris).
Ein solches Verhalten hat der Antragsteller nicht vorgetragen. Es ist auch sonst kein Verwirkungsverhalten ersichtlich. Ob
der Antragsteller irrtümlich meinte, die Antragsgegnerin werde von weiteren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen absehen, ist rechtlich
unerheblich.
Zutreffend hat das Sozialgericht bereits darauf hingewiesen, dass hier nach §
25 Abs.
1 Satz 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (
SGB IV) die 30-jährige Verjährungsfrist Anwendung findet. Dies stellt der Antragsteller auch nicht in Abrede. Darüber hinaus stellen
die jeweils bestandskräftigen Bescheide unanfechtbare Verwaltungsakte dar; derart festgestellte Ansprüche verjähren gemäß
§ 52 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) ebenfalls in 30 Jahren. Diese lange Verjährungsfrist würde ausgehebelt werden, wenn jahrelanges Unterlassen von Zwangsvoll-streckungsmaßnahmen
zu einer Verwirkung führen würde; auch insoweit wird auf die ausführlichen Darlegungen des Sozialgerichts Bezug genommen.
Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerin bereits in den Jahren 1998, 2000 sowie 2003 (erfolglos) Maßnahmen der Zwangsvollstreckung
eingeleitet hat und damit zu erkennen gegeben hat, ihren Anspruch durchsetzen zu wollen.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist hier für die Vollstreckung das Hauptzollamt zuständig. Für die Vollstreckung zugunsten
der Behörden des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt gemäß
§ 66 SGB X das
Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz (
VwVG). Nach §
4 VwVG sind im Allgemeinen die Vollstreckungsbehörden der Bundesfinanzverwaltung zuständig, es sei denn, es ist insofern von einer
obersten Bundesbehörde eine besondere Bestimmung getroffen worden. Mangels spezieller Regelung bedienen sich daher die bundesunmittelbaren
Sozialversicherungsträger der Hauptzollämter als Vollstreckungsbehörden der Bundesfinanzverwaltung (KassKomm/Mutschler, SGB X § 66 Rn. 19). Eine Vollstreckungsklausel ist - wie schon das Sozialgericht auf S. 3 unten der angefochtenen Entscheidung zutreffend
ausgeführt hat - bei einer Vollstreckung nach § 66 Abs. 1 SGB X nicht vorgesehen (anders bei der daneben möglichen Vollstreckung nach § 66 Abs. 4 S. 1 SGB X in Verbindung mit §
704 Abs.
1 ZPO, vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - I ZB 19/07 -, juris; KassKomm/Mutschler SGB X § 66 Rn. 28).
Andere Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zwangsvollstreckung sind nicht erkennbar oder vorgetragen.
2. Eine unbillige Härte i. S. v. §
86a Abs.
3 Satz 2
SGG liegt vor, wenn dem Betroffenen durch die Vollziehung bzw. hier die Vollstreckung Nachteile entstehen, die über die eigentliche
Zahlung hinaus gehen und nur schwer wieder gut gemacht werden können (Keller, aaO., § 86a Rn. 27b m.w.N.). Dabei sind die
beiden Kriterien des §
86a Abs.
3 Satz 2
SGG (Erfolgsausichten in der Hauptsache und Härte) nicht völlig getrennt zu bewerten. Sind Erfolgsaussichten - wie hier - nicht
ersichtlich, kommt eine Aussetzung wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte nur in besonders gelagerten Fällen überhaupt
noch in Betracht.
Der Antragsteller hat keine Anhaltspunkte dafür dargelegt, dass die Vollstreckung der Beitragsforderung für ihn mit Nachteilen
verbunden sein könnte, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und schwer wieder gut gemacht werden können. Er hat lediglich
unsubstantiiert behauptet, er sehe sich wirtschaftlich nicht in der Lage, eine Zahlung vorzunehmen. Bereits das Sozialgericht
hatte jedoch zutreffend darauf aufmerksam gemacht, dass der Kläger anderweitige Verbindlichkeiten laufend tilgt. Warum ihm
dies nicht auch hier möglich ist, hat er auch im Beschwerdeverfahren nicht dargelegt. Die Antragsgegnerin hatte ihm ausdrücklich
Ratenzahlung angeboten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73a
SGG i.V.m. §
127 Abs.
4 ZPO sowie § 197a, § 3 Abs 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Anlage 1 GKG Nr. 1812.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).