Anerkennung einer Borreliose als Berufskrankheit in der gesetzlichen Unfallversicherung
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Neuroborreliose beim Kläger eine Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage 1 zur
Berufskrankheitenverordnung ist.
Der 1947 geborene Kläger war bei der S ... M. mbH als Leiter des Regionalbüros W./H, beschäftigt. Dort befasste er sich mit
Vorhaben des Rohrleitungsbaus. Nachdem der Kläger über Jahre mit Beschwerden in Behandlung gewesen war, die diagnostisch dem
Wirbelsäulenbereich zugeordnet worden waren, war er seit dem 12. Juli 2004 erneut arbeitsunfähig erkrankt und wurde am 31.
Juli 2004 in die stationäre Behandlung der Klinik für Neurologie des Klinikums B. S. aufgenommen. Die dortigen Ärzte diagnostizierten
u.a. eine schwere Neuroborreliose mit Hirnnervenbeteiligung.
Der Kläger beantragte bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte) mit Eingangsdatum vom 10.
November 2004 die Anerkennung der Berufskrankheit. Dazu machte er geltend, sein Aufgabengebiet umfasse u. a. die Bauabwicklung
von Gashochdruckleitungen. Im August 2003 habe er an dem Auftrag der Fa. M.-GmbH gearbeitet, eine solche Rohrleitung durch
ein ca. zwei Kilometer langes Naturschutzgebiet zu verlegen, das mit höherem Gras bewachsen gewesen sei. Dabei habe er einen
Zeckenbiss erhalten, der sich schleichend zu der Borrelioseerkrankung entwickelt habe.
Dazu führte die stellvertretende Amtsärztin des Landkreises Q. unter dem 16. Februar 2005 aus, Zecken seien jedes Jahr von
März bis Oktober aktiv und könnten in allen Gegenden auftreten. In den vom Kläger genannten Gebieten sei das Unterholz nicht
sehr dicht; es gebe aber reichlich Büsche und auch hohe Gräser, auf denen sich Zecken regelmäßig aufhalten könnten.
Mit Schreiben vom 21. April 2005 teilte die Arbeitgeberin des Klägers mit, die Arbeitsaufgaben des Klägers als Regionalbüroleiter
umfassten die Anleitung der ihm unterstellten Monteure, die Akquisition von Aufträgen, die Kommunikation mit Kunden, die Aussteuerung
der Subunternehmer, die Sicherung einer ordnungsgemäßen Aufmaßerstellung und die Abrechnung der Leistungen. Arbeitsorte seien
vorrangig Büros und das Dienstfahrzeug; ab und zu erfolgten eine Baustellenbegehung mit Kunden und/oder Subunternehmern sowie
Baustellenkontrollen. Begehungen durch dicht bewachsenes Unterholz seien in der Branche unüblich.
Am 11. Mai 2005 äußerte sich die Präventionsabteilung der Beklagten zur Gefährdung des Klägers. Sie fasste zusammen, der Kläger
sei als Regionalbüroleiter auch regelmäßig auf den Baustellen des erdverlegten Rohrleitungsbaues im Freien unmittelbar an
den Arbeitsstellen seiner Mitarbeiter unterwegs gewesen. Der Anteil solcher Aufenthalte werde vom Kläger selbst auf 50 bis
60 % der Gesamtarbeitszeit geschätzt. Besonders in der ersten Bauphase seien Begehungen auch durch bewachsenes Gelände und
buschige Wald- und Wegränder durchzuführen. Die Gefahr einen Zeckenbiss zu erleiden sei bei diesen Tätigkeiten in gewissem
Maße höher als für den Normalbürger. Im Einzelnen wird wiedergegeben, der Kläger sei an bis zu 150 Arbeitstagen im Jahr auf
solchen Baustellen zu Besichtigungen, Absprachen, Kontrollen oder Materiallieferungen anwesend gewesen. Die Rohrleitungen
seien zu etwa 90 % auf freien, unversiegelten Flächen wie Feldern, Wiesen, Wäldern und unbefestigten Wegen verlegt worden.
Die Trassen seien mit dem Fahrzeug befahren und in schwierigem Gelände abgelaufen worden. In der Phase der Angebotserstellung
sei eine Begehung noch in unberührtem Gelände erfolgt. Später seien vier bis sechs Meter breite und zum großen Teil von Bewuchs
befreite Trassen für den Erdbau angelegt worden. Auf der vom Kläger benannten Baustelle habe nach Auskunft des Bauleiters
M. von der Auftraggeberin absolute Wildnis geherrscht.
Nach ergänzender telefonischer Auskunft der Arbeitgeberin (Herr L.) werde auch nach der Angebotsvorbereitung zu Anfang der
Durchführung noch zur Koordinierung mit den Subunternehmern mal eine Trassenbegehung durch Buschland durchgeführt. Spätere
Kontrollgänge erfolgten auf geräumten Trassen. Auch die Anfahrtswege seien geräumt, damit überhaupt Maschinentechnik an die
Trasse gelangen könne. Der Anteil an Begehungen ins unberäumte Busch- oder Wiesenland an der Gesamtarbeitszeit sei sehr gering.
Dieser Darstellung widersprach der Kläger unter Hinweis darauf, auch eine Abrechnung mit Aufmaßerstellung sei ohne Baustellenbegehung
nicht möglich.
Mit Stellungnahme vom 23. Juni 2005 vertrat die Gewerbeärztin die Auffassung, die angezeigte Krankheit erfülle nicht die Voraussetzungen
der Berufskrankheit. Der Aufenthalt im bewachsenen Freigelände werde auf die Zeit der ersten Bauphasen eingeschränkt. Somit
könne keine höhere Ansteckungsgefahr bezüglich einer Borreliose als bei der Normalbevölkerung gesehen werden. Ein zeitlicher
Zusammenhang zwischen dem Zeckenbiss vom August 2003 und der Neuroborreliose sei zudem unwahrscheinlich.
Mit Bescheid vom 24. August 2005 lehnte die Beklagte die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage zur
Berufskrankheiten-Verordnung ab: Der Kläger sei während seiner Berufstätigkeit keinen Einwirkungen ausgesetzt gewesen, die zur Verursachung der Berufskrankheit
geeignet seien. Die berufliche Tätigkeit eines Regionalbüroleiters, auch mit einer kurzzeitigen Baustellenleitertätigkeit
in Vertretung sei nicht einer berufstypisch exponierten Risikogruppe zuzuordnen. Es habe keine besondere, erheblich über das
normale Maß hinausgehende Ansteckungsgefahr durch Zecken gegenüber der Allgemeinbevölkerung vorgelegen.
Mit dem am 14. September 2005 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe nicht nur kurzzeitig
die Vertretung des Baustellenleiters übernehmen müssen. Vielmehr sei dies während seiner Tätigkeit als Niederlassungsleiter
durchgehend der Fall gewesen. Auch der zeitliche Umfang sei nicht angemessen berücksichtigt. Die Mitteilungen seiner Arbeitgeberin
dazu seien falsch. Die Krankheit habe schon im Jahr 2003 begonnen. Im Zeitraum bis Dezember 2003 sei eine Lichtwellenleitertrasse
von T. bis an den Rand von L. verlegt worden. Dieser Großauftrag habe zu 100 % in bewachsenem Freigelände durchgeführt werden
müssen. Er sei hier für die Angebotserstellung zuständig und auch als Projektleiter für die Bauabwicklung durch den Auftraggeber
berufen worden. Auch bei verschiedenen Kleinaufträgen mit dem Austausch von Dükern im Raum B., C. und Qu. und dem Austausch
diverser Schiebergruppen seien die Arbeiten zu 100 % in bewachsenem Freigelände ausgeführt worden.
Die Präventionsabteilung der Beklagten gab eine weitere Stellungnahme vom 3. Januar 2006 ab. Dazu überprüfte sie für das Jahr
2003 anhand der Dienstreiseabrechnungen die Angaben des Klägers und befand diese für richtig. Danach sei er im Jahr 2003 geschätzt
an mehr als 180 Tagen auf Baustellen des Unternehmens tätig gewesen. Ein typischer Außendiensttag habe mit einer Abfahrt am
frühen Morgen in H., von zuhause oder vom Regionalbüro aus, begonnen. Nach Ankunft auf der Baustelle seien die Bereiche der
Rohrleitungsbaustelle vom Kläger begangen worden, etwa die Bereiche im Vorfeld, die verschiedenen Arbeitsstellen bei Vermessung,
Pflug, Bagger, Schweißtrupps und Bohrgeräten und Bereiche schon verlegter Leitungen zu Abnahmen und Kontrollen mit Auftraggebern
und Grundstückseignern. Unterkünfte oder Container habe es auf den Baustellen nicht gegeben. Die Tätigkeiten seien im Gelände,
teilweise auch im PKW ausgeführt worden. Nach Angabe eines Bauleiters habe sich der Kläger typischerweise schätzungsweise
fünf bis sechs Stunden dort aufgehalten. Dann sei er wieder in das Regionalbüro H. zurückgefahren.
Der Rohrleitungsbau sei in folgenden Arbeitsschritten verlaufen: Für die Trassenführung seien meist vorhandene Rohrleitungstrassen
genutzt worden. Diese verliefen quer über das Gelände mit möglichst wenigen Straßen- und Bachquerungen. Trassen im Bereich
landwirtschaftlich genutzter Flächen würden bewirtschaftet, in Wäldern aber abgeholzt und nach dem Bau der Leitung nicht mehr
bepflanzt, so dass sich dort Wild- und Niederwuchs ausbilde, wie sich aus einem Bildanhang ergebe. In der Phase der Planung
und der Angebotserstellung seien solche Bereiche regelmäßig durch den Versicherten begangen oder befahren worden. Zu Baubeginn
sei er ebenfalls auf der Baustelle gewesen. Zunächst sei in regelmäßigen Abständen von ca. 50 Metern durch die Tiefbauer die
evtl. vorhandene Leitung mittels Bagger oder Handschachtung gesucht worden. Dann sei der Verlauf der neuen Trasse festgelegt
worden, wobei er ebenfalls vor Ort gewesen sei. Nach dem Abstecken der neuen Trasse durch die Vermesser sei das Material vor
Ort verteilt worden. Die Stahlrohrleitungen würden auf Holzgestelle aufgestellt und in noch vom Erdbau unberührtem Gelände
verschweißt. Danach sei der Aushub des Rohrleitungsgrabens mit entsprechenden Maschinen erfolgt. Die Rohrleitung sei in den
Graben abgesenkt oder eingelegt und der Graben sofort verschlossen worden. Zum Teil seien noch Prüf- und Korrosionsschutzarbeiten
im noch nicht verschlossenen Graben zu erledigen gewesen. An größeren Baustellen, z. B. Einbauorten von Schiebern, Regelstationen
oder Durchörterungen seien umfangreichere Montage- und Schweißarbeiten auf dem Gelände und in Gruben und Gräben erfolgt. Dann
sei die Rohrleitung in Betrieb genommen und die Erdoberfläche wieder hergestellt worden. Zu Einweisung, Überwachung und Kontrolle
dieser Arbeiten habe der Kläger sich auf dem Baustellengelände aufgehalten. Zur Ermittlung der Geländebeschaffenheit bei solchen
Rohrleitungsbauvorhaben sei die Lichtwellenleitertrasse von T. nach L. in einem Abschnitt befahren worden. Gasleitungen verliefen
soweit wie möglich außerhalb von Ortschaften und bebautem Gelände. Es gebe kaum Baustellen, an denen für längere Zeit an aufgegrabenen
Stellen gearbeitet werde. Vielmehr sei hier die Leitung zu etwa 80 % eingepflügt worden, um einen schnellen Verlegefortschritt
zu erreichen. Nach der Befahrung und Kartenstudium sei die Leitung zu jeweils 45 % durch Wald und durch Feld- und Wegrain
verlaufen. Insgesamt sei der Kläger regelmäßig auf den Baustellen unterwegs gewesen und habe Begehungen durch bewachsenes
Gelände und buschige Wald- und Wegränder durchgeführt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2005 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück und führte
aus, die Berufskrankheit Nr. 3102 erfasse insbesondere Personengruppen mit einem direkten Umgang mit Tieren oder einem Aufenthalt
in Bereichen, in denen ein Infektionsrisiko durch Tiere anzutreffen sei, wie z. B. im Veterinärwesen, der Land- und der Forstwirtschaft.
Der Kläger habe erhebliche Fahrzeiten im PKW angegeben, wozu auch entsprechende Fahrstrecken von 80.000 km pro Jahr festzustellen
seien. Auf den Baustellen habe sich der Anteil des Aufenthaltes im bewachsenen unerschlossenen Gelände auf die Anfangsphase
der Projekte beschränkt. Anschließend seien die Trassen für den Erdbau bereitet und befahren worden. Danach betrage der Aufenthalt
im Freien maximal 50 % der Arbeitszeit, davon im bewachsenen unerschlossenen Gelände höchstens 20 % der Arbeitszeit. Es bestehe
ein natürliches Risiko eines Zeckenstichs auch für die Allgemeinbevölkerung. Einer demgegenüber besonderen Gefährdung sei
der Kläger nicht ausgesetzt gewesen.
Mit der noch im Erlassmonat beim Sozialgericht Dessau erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er sei in einem um 50
% höheren Maße gegenüber der Allgemeinbevölkerung dem Risiko von Zeckenbissen ausgesetzt gewesen, weil er sich den größten
Teil seiner Arbeitszeit in Bereichen mit entsprechenden Infektionsrisiko aufgehalten habe. Dies ergebe sich auch aus den Ermittlungen
des technischen Aufsichtsbeamten vom 3. Januar 2006. Er, der Kläger, habe mehr als 50 % seiner Arbeitszeit mit Begehungen
in bewachsenem Gelände zugebracht. Von den im Jahr 2003 mit dem PKW zurückgelegten 80.000 Kilometern entfalle annährend die
Hälfte auf private Fahrten. Dazu hat der Kläger einen von seinen früheren Mitarbeitern U., J. und W. unterzeichnete Erklärung
vorgelegt, wonach er über viele Jahre im täglichen Geschäft Bauleitertätigkeiten ausgeübt habe, die einen stetigen Aufenthalt
in bewachsenem Freigelände von wöchentlich etwa 35 Stunden notwendig gemacht hätten. Die Büroarbeiten habe er nach ihrem Wissen
vorwiegend am Abend erledigt.
Der Kläger hat weiter erklärt, er sei 2003 an etwa 50 Wochenenden von H. nach Z. gefahren, wo seine Ehefrau bereits ihren
Hauptwohnsitz gehabt habe.
In einem Erörterungstermin vom 28. Februar 2007 hat die Vorsitzende dem Kläger vorgehalten, die Schilderung des Tages, an
welchem er den Zeckenbiss erlitten haben wolle, könne nicht zutreffen. Denn er habe für diesen Tag eine dienstliche Abwesenheitszeit
von 5.30 Uhr bis 19.00 Uhr notiert, obwohl er an diesem Tag von 8.30 bis 9.40 Uhr an einem Termin in einer anderen Streitsache
beim Sozialgericht teilgenommen habe. Dies hat der Kläger später damit erklärt, er habe entweder vor dem Gerichtstermin noch
Material aus dem Lager der M. -GmbH in G. abgeholt oder aber vorher schon auf der Baustelle einen Termin wahrgenommen.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, der Arbeitszeitanteil von 20 % in bewachsenem unerschlossenen Gelände basiere auf übereinstimmenden
Aussagen des Klägers und des Betriebes. Damit sei der Kläger keiner besonderen Gefährdung unterlegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 20. März 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Ein Anspruch des Klägers auf Anerkennung
einer Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage zur
BKV bestehe nicht, da der Kläger gegenüber dem Risiko einer Erkrankung im Privatbereich keiner deutlich höheren betrieblichen
Gefahr ausgesetzt gewesen sei. Der Kläger habe sich als Regionalleiter vorwiegend zur Einweisung, Überwachung und Kontrolle
auf Baustellen in Bereichen des Vorfeldes aufgehalten. Der Anteil des Aufent-haltes in bewachsenem unerschlossenen Gelände
habe sich auf die Anfangsphase der Projekte beschränkt. Anschließend seien die Trassen bereitet und befahrbar gewesen. Auch
im privaten Bereich bestehe ein erhebliches Risiko eines Zeckenbisses.
Gegen den ihm am 26. März 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20. April 2007 Berufung eingelegt. Er trägt
vor, das Sozialgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, der Aufenthalt auf Baustellen in bewachsenem unerschlossenen Gelände
sei auf die Anfangsphase von Projekten beschränkt gewesen. Dies habe er bereits mit der Bestätigung seiner Mitarbeiter widerlegt
und zudem deren Vernehmung als Zeugen angeboten. Ihm habe so gut wie nie ein Bauleiter zur Seite gestanden. Er habe bei der
Baustellenleitung durchgehend die Einhaltung technischer Regeln zu kontrollieren gehabt, wozu er vor Ort habe sein müssen.
Demgegenüber habe die Akquisition als Regionalleiter geringe Bedeutung gehabt, da es nur zwei Auftraggeber, nämlich die Firma
M. -GmbH und die Stadtwerke F. gegeben habe. Die entsprechenden Verwaltungsarbeiten habe er in den Abendstunden ausgeführt,
zumal er die Kommunikation mit Kunden auch auf den Baustellen bzw. auch von dort aus habe führen können. Auch die Zusammenarbeit
mit den Subunternehmern und die Aufmaßerstellung mit den Auftraggebern sei auf der Baustelle erfolgt. Dies habe nahezu tägliche
umfangreiche Begehungen durch dicht bewachsenes Unterholz und freies Gelände notwendig gemacht. In einem Neunmonatszeitraum
im Jahre 2003 habe er beispielsweise einen Durchschnittsarbeitstag von 11,6 Stunden zurückgelegt. Damit habe er sich selbst
bei großzügigem Abzug von 3 Stunden Fahrzeit täglich 8,6 Stunden auf der Baustelle aufgehalten. Dies sei später nicht anders
gewesen, wie im Übrigen der Präventionsdienst der Beklagten nach Prüfung auch bestätigt habe. Der medizinische Zusammenhang
hätte schon im Verwaltungsverfahren durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden müssen, zumal in einer beratenden Stellungnahme
von Dr. Z. ein Zusammenhang zwischen dem geschilderten Zeckenbiss und der später diagnostizierten Neuroborreliose nicht ausgeschlossen
worden sei. Das jeweilige Gelände der Trassen habe nicht nur in der ersten Bauphase einen urwüchsigen Zustand aufgewiesen.
So sei beim Bau der Lichtwellenleitertrasse über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren hinweg an keiner Stelle der Oberboden
abgetragen worden, wovon sich der Präventionsdienst der Beklagten überzeugt habe. Der Oberboden werde nur sehr selten zur
Seite aufgeschüttet. Die Begehungen erfolgten dann auch im nicht abgetragenen Bereich, der nach wie vor bewachsen sei.
Die Mitarbeiter und Subunternehmer müssten auch nach entsprechender Einweisung weiter beaufsichtigt und kontrolliert werden.
Dies gehöre zu den Rechtspflichten eines Bauleiters. Beim Bau einer Hochdruckleitung von sechs Kilometern Länge werde mit
mindestens vier Schweißkolonnen und vier bis fünf Tiefbaukolonnen an verschiedenen Abschnitten an der gesamten Trasse gearbeitet.
Er sei sogar nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der M. -GmbH zur Gewährleistung der ständigen Anwesenheit eines Bauleiters
auf der Baustelle verpflichtet. Ein Zeckenbefall auf dem von ihm bewohnten Grundstück sei unwahrscheinlich, weil dort nur
50 Quadratmeter - und zwar mit kurzem Zierrasen - bewachsen seien. Nach dem geschilderten Zeckenbiss sei er bereits vom 17.
September 2003 an erkrankt gewesen, wobei aber zunächst eine falsche Diagnose gestellt worden sei. Anfang 2004 seien unter
seiner Leitung vorwiegend Reparaturen an Gashochdruckleitungen, z. B. der Austausch von Schiebern und Schieberkreuzen ausschließlich
im freien Gelände im Großraum W. durchgeführt worden. Ab April 2004 seien Düker als Querung der Leine (ein kleiner Fluss bei
Bitterfeld) auf einer Wiese verlegt worden. Dabei handele es sich um die Unterführung eines Rohres unter einem anderen Tiefbauobjekt
oder einem Fluss. Die Tätigkeit seiner Firma sei nicht mit der Verlegung erdgebundener Versorgungsleitungen, etwa durch Elektrofirmen,
zu vergleichen. Er habe sogar nach Beginn seiner Arbeitsunfähigkeit am 12. Juli 2004 noch bis zum 15. Juli 2004 Trassenbegehungen
auf Baustellen durchführen müssen. Büroarbeiten habe er in den Abendstunden und an Wochenenden durchgeführt. Er habe sein
Dienstfahrzeug auch für private Fahrten nutzen dürfen. Der Kläger hat eine Aufstellung aus den Abwesenheitsnachweisen für
das Jahr 2004 bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit im Juli vorgelegt, aus der sich im Einzelnen die Aufenthaltszeit und Aufenthaltsorte
der ersten Jahreshälfte 2004 ergeben, die der Kläger für sich geltend macht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 318 - 322
d. A. Bezug genommen. Der Kläger hat Fotos von Baustellen vorgelegt, die in zwei Mappen als Beiakte zu den Akten genommen
worden sind. Der Kläger trägt weiter vor, aus der Vernehmung der Zeugen M. und H. ergebe sich die besondere Gefährdung gegenüber
Zeckenbefall. Er weise auf ein Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 8. Mai 2014 - L 3 U 228/12 - hin, mit dem eine Borreliose als Berufskrankheit anerkannt worden sei. Hilfsweise sei der Sachverständige dazu zu vernehmen,
inwieweit die Infektionsgefahr beim Kläger gegenüber der Gesamtbevölkerung in besonderem Maße erhöht war.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau vom 20. März 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 24. August 2005 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2006 aufzuheben und
bei ihm eine später serologisch ausgeheilte Neuroborreliose mit Wirkung vom 12. Juli 2004 an als Berufskrankheit nach Nr.
3102 der Anlage 1 zur
Berufskrankheiten-Verordnung festzustellen,
hilfsweise den Sachverständigen Prof. Dr. R. zur Erläuterung seines Gutachtens zu hören.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus, eine Borreliose sei eine von Nr. 3102 der Anlage 1 zur
BKV grundsätzlich erfasste Erkrankung. Häufige Infektionsquelle sei dafür ein Zeckenstich. Zecken kämen vor, wo Gräser, Büsche
und Sträucher wüchsen. Daher bestünde auch für die Allgemeinbevölkerung ein erhebliches Erkrankungsrisiko. Eine leitende Tätigkeit
im Leitungsbau sei im Merkblatt zur Berufskrankheit nicht als Merkmal der geschützten Personengruppen aufgeführt. Vergleiche
man sie mit derjenigen eines Forstarbeiters, so sei der Maßstab eine ganzjährige Arbeit in entsprechendem Gelände während
der gesamten Schicht. Nach seinen früheren Angaben habe der Kläger aber nur etwa 50 bis 60 % seiner Arbeitszeit unter solchen
Verhältnissen verbracht. Zudem habe das Gelände nur in der ersten Bauphase einen urwüchsigen Zustand aufgewiesen und sei danach
von Bewuchs weitgehend befreit gewesen. Von der Firma des Klägers seien auch keine weiteren Zeckenstiche von Mitarbeitern
gemeldet worden. Die Annahme sei lebensfremd, dass Fachkräfte von dem Kläger praktisch während ihrer gesamten Arbeitszeit
zusätzlich hätten beaufsichtigt und kontrolliert werden müssen. Zudem bewohne der Kläger ein Einfamilienhaus an der Grenze
zu einem Waldgebiet, wo eine Erkrankung unter privatem Risiko nahe liege. Eine Nachfrage bei zwei anderen Firmen, die sich
mit erdgebundenen Versorgungsleitungen befassten, habe keinen Fall eines Zeckenstiches ergeben. Der Sachverständige Prof.
Dr. R. führe zu dem erhöhten Risiko gegenüber der Allgemeinbevölkerung lediglich aus, beim Kläger habe ein erhöhter Kontakt
zu Habitaten mit Zeckenvorkommen bestanden. Dieser pauschalisierenden Betrachtungsweise könne sich die Beklagte jedoch nicht
anschließen. Den Ermittlungen der Präventionsabteilung sei zu entnehmen, dass die betroffenen Trassen radikal von Bewuchs
befreit worden seien. Der Aufenthalt des Klägers in der unberührten Natur sei demzufolge nur kurzzeitig gewesen. Allein die
Begehung einer unberührten Trasse vor Beginn der eigentlichen Arbeiten stelle ein Risiko von nur ziemlich kurzer Dauer dar.
Insgesamt sei die Gefährdung des Klägers etwa derjenigen von Waldarbeitern nicht annähernd vergleichbar.
Das Gericht hat eine Auskunft der Niederlassung C./D. der S ... GmbH vom 22. Februar 2010, Bl. 244 f. d. A., eingeholt. Dort
ist ausgeführt, Einzelheiten zu Projekten in den Geschäftsjahren 2003/04 seien nicht mehr nachvollziehbar. Die damalige Gesellschaft
sei umstrukturiert und auch drastisch Personal abgebaut worden. Allgemein wäre es nicht ungewöhnlich gewesen, dass diverse
Kernprojekte von den Regionalbüroleitern beaufsichtigt, geführt und überwacht worden seien. Der erbrachte Aufwand des Regionalbüroleiters
neben dem Projektleiter liege ausnahmslos in dessen Ermessen. Teilweise gebe es insoweit sicher Erwartungen der Auftraggeber
auf einen ersten Ansprechpartner bei bestimmten Problemen. Der Kläger habe ein Dienstfahrzeug auch zur privaten Nutzung zur
Verfügung gestellt bekommen.
Das Gericht hat weiterhin eine Auskunft der M. -GmbH vom 6. Oktober 2010, Bl. 252 - 270 d. A., zu den einzelnen Vorhaben in
den Jahren 2003/04 eingeholt. Darin ist ausgeführt, es treffe prinzipiell zu, dass bei Vorhaben für die M. -GmbH Beaufsichtigung
und Begehung von Baustellen praktisch während der gesamten Arbeitszeit des Regionalleiters erforderlich gewesen sei. Die allgemeinen
Geschäftsbedingungen der M. -GmbH für den Bau von Gasleitungen und Gasanlagen forderten dies. Es müsse immer ein qualifizierter
Aufsichtsführer benannt werden. Die Aufsichtspflicht sei auch in Verbindung mit dem Leistungsverzeichnis geregelt. Bei größeren
Baustellen sei die benannte Aufsichtsperson im Normalfall ständig vor Ort oder benenne einen qualifizierten Mitarbeiter während
ihrer Abwesenheit. Nach dortigem Verständnis gelte dies für eine Arbeitszeit von in der Regel acht Stunden, evtl. seitens
des Auftragnehmers auch zehn Stunden. Der Kläger sei wegen Personalengpässen häufig in das operative Tagesgeschäft eingebunden
gewesen und habe Bauleitungstätigkeiten vor Ort wahrgenommen. Inwieweit andere Bauleiter zur Verfügung gestanden hätten, sei
von dort aus nicht ohne aufwändige Recherchen zu beantworten. Beim Bau der 170 km langen Lichtwellenleitertrasse sei der Kläger
aber verantwortlicher Projektleiter gewesen. Ein verantwortlicher Bauleiter habe daneben nicht ständig zur Verfügung gestanden.
Hier sei der Kläger zeitaufwändig in der täglichen Bauabwicklung vor Ort eingebunden gewesen. Das Gleiche habe etwa auch für
die Auswechslung einer Hochdruckleitung im Bereich Rieder/Ballenstedt gegolten. Der Arbeitszeitbedarf ohne An- und Abfahrtszeiten
ergebe sich in der Regel aus den Arbeitszeiten der Bau- und Rohrverlegungstrupps vor Ort in Höhe von 8 bis 10 Stunden. Die
Abtragung von Mutterboden und Schaffung entsprechender Arbeitsstreifen zwischen 6 und 20 m Breite sei je nach Baumaßnahme
sehr unterschiedlich. Die Lichtwellenleitung sei ohne Arbeitsstreifen durch Einpflügen geschaffen worden. Maximal sei der
Bewuchs in Form von Büschen und Sträuchern entfernt und auf bestellten Ackerflächen vorab geerntet worden. Bei Wiesen und
Weiden bzw. Umland sei es auf die Höhe des Bewuchses angekommen. Eventuell habe ein Streifen gemäht werden müssen. Bei punktuellen
Reparaturarbeiten seien nur die betreffenden Bereiche vom Bewuchs befreit worden. In der Regel seien dies zwischen 6 und 20
m². Bei Trassenbegehungen vor Baubeginn, Trassenabsteckungen durch die Vermessungsbereiche und deren Übergabe an den Bauausführenden
sei der vorhandene Bewuchs natürlich noch erhalten.
Das Gericht hat im Erörterungstermin am 22. Mai 2013 Zeugen vernommen. Wegen der Angaben im Einzelnen wird auf Bl. 418 f.
d. A. Bezug genommen. Der bei der M. -GmbH beschäftigte Zeuge M. hat angegeben, er kenne die Tätigkeit des Klägers durch verschiedene
Bauvorhaben. Diese spielten sich meist im Freien in Wald- oder Feldbereichen ab. Der typische Verlauf umfasse Trassenbegehungen
im Vorfeld auf ungeräumtem Gelände in der Phase der Ausschreibung. Bei länger dauernden Projekten sei eine vorherige Besichtigung
erforderlich. Grundsätzlich würden Arbeitsstreifen von 12 bis 18 m Breite angelegt, in Wald- oder Naturschutzgebieten wie
B. nur von fünf bis acht Metern Breite. Die M. -GmbH habe als Auftraggeber keine gesonderte Überwachungstätigkeit vergeben.
Er sei dort als Bauverantwortlicher der Mitgas anwesend gewesen, während die verantwortliche Leitung der Tätigkeit bei dem
Auftragnehmer gelegen habe. Bei einem Projekt wie in B. seien zwischen ein- und dreimal pro Woche Termine angefallen. Bei
diesem Projekt habe er den Kläger von der Vergabe bis zur Übergabe fast ständig getroffen. Der Ablauf sei aber auf fast alle
Projekte der M. unter seiner Mitwirkung, die Hochdruckleitungen zum Gegenstand gehabt hätten, übertragbar. Die Prüfung von
Schweißnähten sei auch außerhalb angelegter Schutzstreifen erfolgt, weil die Verlegung der Leitung erst hinterher erfolgte.
Bei den ihm benannten Projekten des Klägers aus dem Jahr 2004 seien die Verhältnisse weitgehend mit denjenigen in Ballenstedt
vergleichbar. Beim Bau von Dükern werde vor der Verlegung der Dükerrinne das Gelände freigeschnitten. Höheres Gras müsse schon
aus Brandschutzgründen beseitigt werden. Die Sanierung von Schiebern und Schiebergruppen erfolge meist im Bereich von Feldern,
auf denen sie sich fast immer befänden. Der Kläger habe für den Auftragnehmer immer die gesamte Bauleiterfunktion ausgeübt.
Der Aufenthalt eines Bauleiters vor Ort werde in den seltensten Fällen acht Stunden in Anspruch nehmen. Beim Mulchen müsse
er auf die Einhaltung der Trasse achten, während er beim Abschieben des Mutterbodens nicht ständig die Arbeiten überwachen
müsse. Der Kläger sei aber auch als Schweißverantwortlicher immer vor Ort gewesen. Auch die Einhaltung des Brandschutzes sei
Aufgabe des Bauleiters. Er habe auch Druckproben zu überwachen, die aber nur bei Sondervorhaben vorzunehmen seien. Ebenfalls
gehörten Aufmaße zu seinem Aufgabenbereich. Rückzugsort auf solchen Baustellen seien hauptsächlich die jeweiligen Autos. Es
könne auch mal vorkommen, dass Schreiben z.B. in einer Imbissbude gefertigt würden. Nur selten würden Bauwagen gestellt, weil
man wegen Vandalismus möglichst wenig Material auf die Baustelle bringen wolle. Die anfallenden Wege müssten fast immer zu
Fuß zurückgelegt werden. Bei Rohrgräben sei dies ohnehin notwendig. Die Begehung sei gegenüber einer Befahrung mit dem PKW
grundsätzlich vorzuziehen, weil man häufig auf Nässe oder quer verlaufende Hindernisse träfe, die das Befahren stoppten. Bauunterbrechungen
könne es bei Starkregen geben, während bei Schauerwetter eher weiter gearbeitet werde. Bei Termindruck werde auch unter Zelten
geschweißt. Auf dem Arbeitsstreifen gehe der Bauleiter nicht durch höheren Bewuchs, wohl aber um dort hinzukommen. Den erforderlichen
Weg durch Bewuchs schätze er auf ca. 80 %.
Der zeitweilig als Bauleiter im Regionalbüro des Klägers tätige Zeuge H. hat angegeben, zur Zeit seiner Tätigkeit in der zweiten
Jahreshälfte 2003 seien Gesamtarbeitszeiten von 12 bis 14 Stunden arbeitstäglich zusammen gekommen. Es seien zwei bis drei
Mann an eigenen Arbeitskräften beschäftigt worden, dazu aber mehrere Subunternehmer. Diese seien zu koordinieren gewesen.
Auch damals sei der Kläger öfter rausgekommen. Als Aufenthaltsort an der Baustelle sei hauptsächlich der PKW, evtl. auch eine
Gaststätte oder ein Imbiss in Frage gekommen. Normalerweise könne man Wege an den Trassen mit Fahrzeugen zurücklegen. Bei
einem Trassenverlauf außerhalb von Naturschutzgebieten seien Trassen von Bewuchs befreit, auch wenn sie durch Wälder verliefen.
Die Trassenbreiten seien für gute Befahrbarkeit angelegt. Im Vorfeld der Vergabe sei aber noch kein Bewuchs entfernt. Bei
der Übergabe sei auf Feldern Mutterboden aufgeschüttet. In Wäldern könne je nach Witterung auch schon wieder Bewuchs vorhanden
sein. Bei der Tätigkeit als Bauleiter im Außendienst sei er nicht ständig anwesend. Er fahre auch schon einmal weg und müsse
mal telefonieren. Um zur Trasse zu kommen, sei üblicherweise bewachsenes Gelände zu durchqueren.
Das Gericht hat ein Gutachten des Chefarztes der Abteilung Infektiologie/Tropenmedizin am Klinikum St. G. L., Prof. Dr. R.,
vom 9. Juli 2014 eingeholt, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 464 - 477 d. A. Bezug genommen wird. Der Sachverständige
ist im Wesentlichen zu dem Ergebnis gekommen, der vom Kläger vorgetragene Zeckenstich vom 7. August 2003 sei für die im Juni/Juli
2004 klinisch manifest gewordene Neuroborreliose nicht verantwortlich. Es müsse von einer Borrelieninfektion im Frühjahr 2004
ausgegangen werden. Diese sei aufgrund der beruflichen Tätigkeit mit einem erhöhten Kontakt zu Habitaten mit Zeckenvorkommen
als berufsbedingt anzusehen. Der Kläger habe sich mehr als die Normalbevölkerung in mit Zecken befallenen Flächen aufgehalten.
Der maßgebliche Zeckenstich müsse nicht bemerkt worden sein. Er empfehle die Anerkennung der Neuroborreliose als Berufserkrankung
mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v. H.
In der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung haben neben der Gerichtsakte die Akte zum Parallelverfahren L 6 U 50/07, die Verwaltungsakten zum Az. BK 043 14429-4 in zwei Bänden und die Verwaltungsakte zum Aktenzeichen 053-08776-0 in zwei
Bänden vorgelegen, weiterhin zwei Fotosammlungen, die der Kläger dem Gericht in der Streitsache L 6 U 50/07 in der mündlichen Verhandlung und mit Schriftsatz vom 22. Februar 2013 übergeben hat, schließlich drei Aktenordner mit betrieblichen
Unterlagen aus dem Zeitraum, auf den sich der Rechtsstreit bezieht. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung
und Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Bescheid der Beklagten vom 24. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2006 beschwert den Kläger
nicht im Sinne von §§
157,
54 Abs.
2 S. 1
SGG, weil die Beklagte darin zu Recht die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage zur
Berufskrankheiten-Verordnung (
BKV) abgelehnt hat. Danach sind (weiterhin in der jetzigen Fassung durch Anl. 1, VO v. 22.12.2014, BGBl. I S. 2397) von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten unter den allgemeinen Voraussetzungen eine Berufskrankheit. Der Kläger
leidet nachgewiesen und unbestritten unter einer von Tieren ausgehenden Krankheit, weil für die Infektion mit Borrelien nur
eine Übertragung auf dem Weg eines Zeckenstiches in Betracht kommt. Davon geht auch der Sachverständige Prof. Dr. R. aus,
der ausschließlich Zeckenbefall als Ursache der Borreliose erörtert, ungeachtet dessen, ob er selbst bemerkt worden ist.
Die Fassung von Nr. 3102 der Anl. 1
BKV, wonach von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten als Berufskrankheit tauglich sind, ist für die einzelne Krankheit
näher auslegungsbedürftig. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Voraussetzungen für die Bezeichnung einer Berufskrankheit durch
den Verordnungsgeber in §
9 Abs.
1 S. 2 des
Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB VII) kommt es insoweit auf besondere Einwirkungen an, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich
höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Dabei ist zu prüfen, ob die Infektionsgefahr nach der Art, Häufigkeit
und Dauer der vom Versicherten verrichteten gefährdenden Handlungen gegenüber der Gesamtbevölkerung nicht nur geringfügig,
sondern in besonderem Maße erhöht ist (vgl. BSG, Urt. v. 2.4.2009 - B 2 U 30/07 R - zitiert nach Juris, Rdnr. 24), sodass der Gefahr in der versicherten Tätigkeit gegenüber derjenigen im privaten Bereich
ein deutliches Übergewicht zukommt (BSG, Urt. v. 25.10.1989 - 2 BU 82/89 - Juris). Die Besonderheit bei der Feststellung der Infektionsgefahr besteht hier darin, dass sie allein nach den Möglichkeiten
zu bestimmen ist, unter denen Tiere die Krankheitserreger übertragen (LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 8.5.2014 - L 3 U 228/12, zitiert nach Juris, Rdnr. 32).
Diese Möglichkeiten werden hier durch die Wahrscheinlichkeit bestimmt, mit der ein Zeckenbefall nach der Art und Dichte des
Bewuchses vorkommen kann, auf dem sich Zecken aufhalten. Denn Prof. Dr. R. beurteilt die Möglichkeit einer Borrelioseinfektion
allein danach, in welchem Umfang eine Exposition gegenüber Zecken auf Grund der entsprechenden Verhältnisse jeweils besteht.
Dies ist nachvollziehbar, weil die Zahl der Zecken, die Borrelien in sich tragen und durch Stiche übertragen können, sich
in einem gleichmäßigen Anteil zu der Zahl der Zecken verhält, denen jemand in dem jeweiligen Umfeld ausgesetzt ist. Regionale
Unterschiede in der Durchseuchung mit Zecken spielen dabei nachvollziehbar keine Rolle, weil der Kläger im fraglichen Zeitraum
auch seinen privaten Lebensschwerpunkt innerhalb des Bereiches hatte, in dem er seine versicherte Tätigkeit verrichtete und
weil dieser Tätigkeitsbereich räumlich begrenzt war, nämlich im Wesentlichen den Südosten des Bundeslandes Sachsen-Anhalt
und seine Grenzbereiche umfasste. Im Übrigen hat schon die stellvertretende Amtsärztin des Kreises Q. zu einer Unterscheidung
nach regionaler Durchseuchung nachvollziehbar ausgeführt, Zecken könnten in allen Gegenden auftreten, ohne dass es über die
Häufigkeit ihres Auftretens genauere Untersuchungen gäbe; das Übertragungsrisiko bestehe weltweit.
Das Gericht kann hier nicht feststellen, dass der Kläger in seiner Tätigkeit in der Bauleitung eines Rohrleitungsbaubetriebes
einer Risikogruppe angehörte, die allgemein einem besonders erhöhten Risiko eines Zeckenstiches ausgesetzt ist. Das Gericht
hält für erwiesen, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Regionalbüroleiter umfangreich Tätigkeiten eines Bauleiters ausgeübt
hat. Dies hat schon die Präventionsabteilung der Beklagten nicht in Frage gestellt und haben die Zeugen M. und H. bestätigt.
Auch die frühere Arbeitgeberin hat dies im Schreiben vom 22. Februar 2010 nicht mehr abgestritten. Aus dieser Tätigkeit ergibt
sich aber kein besonderes Risiko im vorgenannten Sinne.
Der Senat hält als maßgeblichen Zeitraum für eine mögliche Infektion die Monate April/Mai 2004 für hinreichend gesichert.
Dabei handelt es sich um einen Zeitabstand von etwa, aber auch höchstens drei Monaten vor dem erstmaligen klinischen Nachweis
der Neuroborreliose. Diesen Zeitabstand von bis zu drei Monaten zwischen Zeckenstich und Neuroborreliose benennt der Sachverständige
überzeugend und geht selbst von einem wahrscheinlichen Infektionszeitraum "ca. im April 2004" aus. Dem schließt sich der Senat
an, weil aus der überlassenen Kartei von Dr. P. nach einer Behandlung im Mai 2004, die auch der Sachverständige nicht mit
einer Borreliose in Verbindung bringt, als nächstes Behandlungsdatum der 7. Juli 2004 hervorgeht, ohne dass sich Hinweise
für schon länger bestehende Symptome in dem neuen Krankheitszusammenhang ergeben. Auch aus der Kartei von Dr. V. in der Verwaltungsakte
ergibt sich für den Zeitraum von April bis Juni 2004 kein Hinweis auf Krankheitserscheinungen im Zusammenhang mit einer Borreliose.
Einen Verlauf, in dem die Neuroborreliose erst im Spätstadium auftritt, hat der Sachverständige im Hinblick fehlende Begleitsymptome
nachvollziehbar für unwahrscheinlich erachtet.
Die Bauleitertätigkeiten, die der Kläger im Zeitraum April/Mai 2004 ausgeübt hat, begründen kein Risiko in erforderlichem
Ausmaß. Der Senat folgt dem Kläger in seiner Angabe nach seinen Aufzeichnungen, er habe sich in diesen Monaten an 32 Tagen
in früheren, zukünftigen oder aktuellen Baustellenbereichen im Freien aufgehalten. Der Senat sieht für diese Tage (nur) eine
Aufenthaltszeit in Baustellenbereichen von fünf bis sechs Stunden als feststellbar an. Dies entspricht zunächst der ursprünglichen
Angabe des Klägers anlässlich der Erhebung, die die Beklagte in dem Bericht vom 11. Mai 2005 zusammengefasst hat. Dort ist
als Angabe des Klägers festgehalten, er habe sich zu 50 - 60 % seiner Arbeitszeit an den Arbeitsstellen seiner Mitarbeiter
im Freien aufgehalten. Die aufgeführten Abwesenheitszeiten des Klägers belaufen sich pro Abwesenheitstag auf gut elf Stunden,
woraus sich knapp sechs Stunden als diesen Angaben entsprechende Zeit auf der Baustelle ableiten lassen. Dabei kann dahinstehen,
ob in der Arbeitszeit als Bezugsgröße der Angabe des Klägers noch Arbeiten im Regionalbüro enthalten sind, weil der Kläger
den Zeitanteil dafür selbst auf höchstens 5 % seiner Arbeitszeit (bezogen auf Tage mit Außendienst) geschätzt hat, indem er
in seinem Schreiben vom 31. Mai 2005 an die S ...-M. D. behauptet hat, er habe 95 % seiner Arbeitszeit "nur auf den Baustellen"
zurückgelegt. Dies erscheint dem Gericht zumindest in der Abgrenzung gegenüber dem Außendienst nachvollziehbar, zumal der
Kläger in dem gleichen Schreiben auch behauptet hat, er habe Büroarbeiten auch am Wochenende erledigt. Anhaltspunkte für eine
andere Zeiteinteilung hat das Gericht nicht. Schließlich geht auch aus dem Untersuchungsbericht vom 3. Januar 2006 als Angabe
eines Bauleiters hervor, der Kläger sei typischer Weise fünf bis sechs Stunden auf Baustellen anwesend gewesen. Zwar hat der
Kläger an seiner Angabe später nicht mehr festgehalten, aber auch nicht behauptet, diese Angabe bei dieser Gelegenheit nicht
gemacht zu haben. Umgekehrt hat er sich mit Schriftsatz vom 4. Juli 2006 sogar auf die Angabe im Ermittlungsbericht vom 3.
Januar 2006 bezogen. Der Senat stützt sich darauf, weil die Angabe noch nicht wesentlich durch verfahrenstaktische Überlegungen
geprägt gewesen ist. Denn der Kläger ist zu dieser Zeit noch davon ausgegangen, wesentlich für eine Entschädigung durch die
Beklagte sei der Nachweis eines konkreten Zeckenstiches vom 7. August 2003.
Die Feststellung der Aufenthaltszeit stimmt auch mit den Zeugenaussagen überein. Soweit der Zeuge M. sich nur dahin hat festlegen
wollen, der Aufenthalt eines Bauleiters vor Ort werde in den seltensten Fällen acht Stunden in Anspruch nehmen, widerspricht
dies der ursprünglichen Schätzung des Klägers nicht, sondern begründet schon für sich eine ähnliche Schätzung. Soweit der
Zeuge H. für eine von ihm im Jahr 2003 betreute Baustelle Arbeitszeiten von 12-14 Stunden mit der langen Fahrzeit und der
Notwendigkeit der Beaufsichtigung vieler Nachauftragnehmer begründet, steht auch dies nicht im Widerspruch zu der Schätzung
des Klägers, weil diese Gesichtspunkte ausdrücklich die Begründung für eine höhere Aufenthaltszeit an dieser Baustelle sind.
Die vom Kläger in seiner Aufstellung angegebenen Zeiten lassen sich ohnedies nicht vollständig dem Aufenthalt auf Baustellen
zurechnen. Die Zeiten entsprechen denjenigen, die der Kläger in seine Abwesenheitsnachweise für seinen Arbeitgeber eingetragen
hat und die - wie der Kläger auch selbst vorträgt - Grundlage der Berechnung der zeitgebundenen variablen Lohnanteile sind.
Davon sind Abzüge zu machen, die der Senat vornimmt, weil die Aufzeichnungen jedenfalls nicht lückenlos andere Aufenthaltsorte
ausschließen, für die nur eine Zeckengefahr wie diejenige der Allgemeinbevölkerung besteht. Wie die entsprechenden Behauptungen
für den 7. August 2003 - als Tag des aus ursprünglicher Sicht des Klägers maßgebenden Zeckenstiches - zeigen, sind in den
eingetragenen Zeiträumen auch Zeiten außerhalb von Baustellenaufenthalten inbegriffen. So hat der Kläger, obwohl er für diesen
Tag allein einen Aufenthalt an der Baustelle in B. über eine Zeit von 5 - 19 Uhr verzeichnet hat, an diesem Tag einen Gerichtstermin
in D. wahrgenommen und als Möglichkeit - schließlich als feste Behauptung - vorgetragen, er habe zuvor noch das Lager der
M. -GmbH in G. aufgesucht. Dies legt nahe, dass die angegebenen Zeiten auch an anderen Tagen Abzüge für Fahrten zum Lager
der M. -GmbH, Zeiten für Verhandlungen mit oder Vorsprachen bei Behörden oder andere Verrichtungen enthalten, die mangels
Erwähnung durch den Kläger nicht bekannt sind. Insoweit bedarf es nicht des Gegenbeweises, welche Zeiten angefallen sind;
vielmehr wirken sich hier begründete Zweifel des Gerichts an der Darstellung des feststellungsbelasteten Klägers zu seinem
Nachteil aus.
Abzuziehen sind von den angegebenen Zeiten ohnehin die Fahrzeiten, die nach B. in T. - dort hat sich der Kläger nach seinen
Angaben allein an zehn Tagen aufgehalten - vier Stunden täglich für Hin- und Rückfahrt überschritten haben dürften, wie der
Kläger in der mündlichen Verhandlung auch bestätigt hat. Für die anderen Fahrten in den Raum B. kann für eine Hin- und Rückfahrt
eine kürzere Fahrzeit von etwa zwei Stunden angesetzt werden, wie sich allgemein zugänglichen Routenplanern entnehmen lässt.
Der Senat geht auch davon aus, dass weitere Fahrzeiten in der Aufstellung enthalten sind. So hat der Zeuge H. als typisch
für die Bauleitertätigkeit angegeben, dass man zwischendurch "auch schon einmal wegfährt". Auch diese Möglichkeit hat der
Kläger selbst für den 7. August 2003 eingeräumt, indem er erwogen hat, den Aufenthalt auf der Baustelle in B. durch eine Fahrt
nach Dessau zum Sozialgericht unterbrochen zu haben und danach zurückgekehrt zu sein. Insoweit hat er die Unvollständigkeit
seiner Aufzeichnungen selbst bekundet. Zudem ergäbe einer höherer Anteil an Fahrten eine Erklärung für die hohen Kilometerleistungen
im PKW, die durch 50 Wochenendfahrten nach Zingst in einem Jahr nur schwerlich zu erklären sind, wenn zugleich Büroarbeiten
regelmäßig auch an Wochenenden verrichtet worden sein sollen.
Abzuziehen sind weiterhin Pausenzeiten für die Einnahme von Mahlzeiten, wobei die Erwähnung von Restaurants oder Imbissen
als Aufenthaltsort durch die Zeugen zwanglos auch solchen Verrichtungen zuzuordnen ist. Zudem wurden hier auch einfache Verwaltungsarbeiten
verrichtet, als deren Beispiel der Zeuge M. die Fertigung von Schönschriften angegeben hat.
Soweit die Mitarbeiter des Klägers später schriftlich bestätigt haben, er habe sich etwa 35 Stunden wöchentlich in bewachsenem
Gelände aufgehalten, ist auch diese vorgefertigte Erklärung jedenfalls nicht in diesem Umfang glaubhaft. Dass sie ohne Mühe
um eine möglichst genaue Aussage abgegeben worden ist, zeigt sich bereits an der widerlegten Bezugnahme auf den Aufenthalt
in bewachsenem Gelände. Denn sowohl der Zeuge M. als auch der Zeuge H. haben unwidersprochen geschildert, dass es auf den
Baustellen, insbesondere unmittelbar an den Arbeitsstellen, vielfach von Bewuchs befreites Gelände gab.
Der Senat geht nicht davon aus, dass während des Aufenthalts im Baustellenbereich an entsprechenden Tagen während der gesamten
Zeit eine Gefahr eines Zeckenbefalls vorlag. Grundsätzlich ist es im Rohrleitungsbau so, dass in der Bauphase das eigentliche
Arbeitsgelände freigeschnitten wird. Dies hat der Zeuge M. ebenso wie der Zeuge H. glaubhaft und detailreich angegeben. Diese
Angaben decken sich auch mit den vorgelegten Photos. Eine Photoserie enthält z. B. das Ortsausgangsschild der Gemeinde B.
Wie der Kläger bestätigt hat, dokumentiert es die Situation, in der der Kläger im hier maßgeblichen Zeitraum an zehn Tagen
anwesend war. Die Bilder zeigen ausschließlich Gelände, das in engerer Umgebung des Leitungsverlaufs von Bewuchs befreit ist.
Danach ist zumindest davon auszugehen, dass man bei einem unmittelbaren Aufenthalt an den Arbeitsstellen nicht mit Bäumen,
Büschen oder hohen Gräsern in Berührung kommt, worin - wie dargelegt - die maßgeblichen Gefahrenquellen für den Befall mit
Zecken zu sehen sind. Ähnliche Verhältnisse zeigt teilweise die vorgelegte Photodokumentation von der Baustelle bei B.
In dem fraglichen Zeitraum überwachte der Kläger nach seinen Angaben vor allem Arbeiten, die mit dem Bau von Dükern und der
Verlegung von Rohrleitungen im Zusammenhang standen. Für alle diese Tätigkeiten haben die Zeugen angegeben, grundsätzlich
seien Arbeitsstreifen angelegt bzw. das Gelände freigeschnitten worden. Insofern ist auch für den konkreten Zeitraum mit der
anzunehmenden Zeckeninfektion davon auszugehen, dass eher in geringem Umfang Aufenthalte in unvorbereitetem und bewachsenem
Gelände stattgefunden haben.
Das Gericht folgt den Zeugen in ihrer Angabe, auf dem Weg zu den Baustellen sei bewachsenes Gelände zu durchqueren. Dies ist
auf den Photos des Klägers teilweise erkennbar, aber auch im Übrigen grundsätzlich nachvollziehbar. Umgekehrt sind an mehreren
Stellen - so in der Photodokumentation der Lichtwellenleitertrasse als Anlage zum Bericht vom 3. Januar 2006 - auch Baustellen
bzw. Trassenverläufe in unmittelbarer Nähe von Straßen und ausgebauten Wegen zu erkennen. Soweit der Zeuge M. angegeben hat,
er schätze den erforderlichen Weg durch Bewuchs auf 80 %, mag dies für die zurückgelegte Wegstrecke des Öfteren zutreffen.
Daraus folgt aber keine Einschätzung des zeitlichen Anteils; ggf. wäre diese unschlüssig. Der Kläger stützt seine langwährende
Anwesenheit an den Baustellen insbesondere auf die erforderliche Aufsicht als Bauleiter und Schweißverantwortlicher. Diese
spielt sich nach den geschilderten Verhältnissen notwendiger Weise an den jeweiligen Arbeitsstellen im Sinne unmittelbarer
Kontrolle vorrangig ohne größere Ortsveränderung ab. Insoweit nimmt der Senat die in dem Bericht vom 11. Mai 2005 wiedergegebene
Formulierung des Klägers, er habe sich "unmittelbar an den Arbeitsstellen seiner Mitarbeiter" aufge-halten, durchaus wörtlich.
Zumindest erklärt nur eine solche Arbeitsweise auch die Dauer der Aufenthalte des Klägers im Baustellenbereich. Bewegung vom
unmittelbaren Arbeitsstellenbereich weg bzw. dorthin wird erst erforderlich, wenn der Standort zur Erreichung eines neuen
Ziels gewechselt wird.
Der betrieblichen Gefahr einer Infektion des Klägers ist im Verhältnis zum Risiko, im privaten Bereich zu erkranken, kein
deutliches Übergewicht beizumessen. Die Antwort des Sachverständigen, er empfehle die Anerkennung der Berufskrankheit, weil
die berufliche Exposition gegenüber Zecken über dem Durchschnitt der Allgemeinbevölkerung lag, verfehlt den rechtlichen Ansatz.
Es reicht dazu nämlich nicht aus, dass bei einer Gesamtbetrachtung der maßgeblichen Umstände die Infektionsgefahr nur geringfügig
(überdurchschnittlich) erhöht ist; vielmehr muss diese in besonderem Maße über derjenigen der Gesamtbevölkerung liegen (vgl.
BSG, aaO.). Die für eine Infektion maßgeblichen Umstände bestehen hier nach Einschätzung des Sachverständigen, aber auch schon
der Amtsärztin des Landkreises Q. im Aufenthalt in "Habitaten", die als Quelle von Zeckenbefall bekannt sind und die durch
Bewuchs von Bäumen, Sträuchern und hohen Gräsern gekennzeichnet sind, von denen aus Zecken Menschen durch Herabfallen oder
Abstreifen befallen können. Insofern bedurfte es keiner ergänzenden Befragung des Sachverständigen. Denn die Frage, in welchem
Umfang einerseits der Kläger beruflich und andererseits Menschen allgemein Kontakt zu bestimmten Arten von Bewuchs haben,
ist nicht mit medizinischer Sachkunde zu beantworten. Entscheidend dafür sind die Ermittlungen zu Arbeitsplätzen wie demjenigen
des Klägers und die allgemeine Lebenserfahrung zu Aufenthaltsorten von Menschen allgemein.
Nach den dem Gericht möglichen Feststellungen ist der Kläger in dem betroffenen Zeitraum in etwa der Hälfte der Tage (32 von
61 Kalendertagen im März/April 2004) zu einem Bruchteil eines Zeitraums von knapp sechs Stunden der Gefahr ausgesetzt gewesen,
durch die Berührung oder Unterquerung von Sträuchern, Gräsern oder Bäumen von Zecken befallen zu werden, ohne dass sich der
Anteil genau zeitlich beziffern lässt.
Umgekehrt ist bei der Abwägung, ob es sich um eine besonders erhöhte Gefahr handelt, einzubeziehen, dass es sich bei der Zeckengefahr
der Art nach um eine Gefahr handelt, der auch jeder Mensch im Rahmen der Allgemeinbevölkerung jederzeit begegnen kann. Ein
Risiko des Kontaktes zu Zecken besteht grundsätzlich auch für die Allgemeinbevölkerung beim Aufenthalt in der freien Natur,
in Gärten oder Parks und beim Begehen von Wegen, die von Bewuchs gesäumt sind. Solche Situationen lassen sich auch für die
Allgemeinbevölkerung kaum ausschließen, zumal sie bei der Zurücklegung jeden Weges zu Fuß möglich sind. Zudem setzt sich ein
erheblicher Teil der Allgemeinbevölkerung solchen Gefahren in Kleingartenanlagen oder bei Wanderungen regelmäßig über Stunden
aus, worin auch nach dem Verständnis der übrigen Bevölkerung kein unübliches Verhalten zu sehen ist.
Danach ist in der Gesamtschau von keiner ausreichenden Risikoerhöhung durch die betriebliche Tätigkeit des Klägers auszugehen.
Die Kostenentscheidung gem. §
193 SGG folgt aus dem Unterliegen des Klägers.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1,
2 SGG liegen nicht vor, weil es sich um eine Einzelfallentscheidung auf der Grundlage gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung
handelt.