Unfallversicherung - Wesentlichkeit der Wirkursache; Präklusion; traumatische Genese; Einlassen in die Verhandlung; Ablehnungsgesuch;
Befangenheit; Berufskrankheit; Kniescheibe; spontane Reposition; Patellaluxation; freiwillige Feuerwehr; Hämarthros; wesentliche
Ursache; anlagebedingte Luxation
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob ein Ereignis am 1. Oktober 2010 als Arbeitsunfall mit einer Patellaluxation rechts
anzuerkennen ist.
Der Kläger ist 1980 geboren. Er absolvierte von 1997 bis 2000 eine Ausbildung zum Fliesenleger und übte diese Tätigkeit bis
2003 aus. Im Weiteren schulte er zum Großhandelskaufmann um und war anschließend bis zumindest 2013 in einem Baumarkt tätig.
Dabei fielen auch Hebe- und Tragelasten bis max. 40 kg.
Am 1. Oktober 2010 ereignete sich das umstrittene Ereignis. Der Kläger gab hierzu in seiner Unfallanzeige ein, er habe im
Rahmen des Dienstes bei der Freiwilligen Feuerwehr an einem Fußballtraining teilgenommen. Er habe den Ball links an dem Gegenspieler
vorbei gespielt und sei mit seinem rechten Knie am rechten Knie des Gegenspielers hängen geblieben. Durch das "Hängenbleiben
am Knie des Gegenspielers" sei das Kniegelenk auswärts eingeknickt. Dabei habe sich die Kniescheibe vom rechten Bein nach
außen herausgedreht.
Ähnlich war die Beschreibung des Vorfalles in der Unfallanzeige der Freiwilligen Feuerwehr A. vom 3. Oktober 2010 und in dem
D-Arztbericht von Dipl.-Med. S ... Letztgenannter diagnostizierte eine "habituelle Luxation der Patella". Nach den Angaben
des Klägers sei die Kniescheibe seitlich herausgetreten und habe sich spontan selbst reponiert. Es zeigte sich ein deutlicher
Erguss des Kniegelenkes. Die Kniescheibe befand sich in regelrechter Lage. Die Röntgenuntersuchung ergab keine frische knöcherne
Verletzung, aber eine Patelladysplasie rechts vom Typ III. Nach Einschätzung Dipl.-Med. S. lag kein Unfall im Sinne des Gesetzes
vor.
Unter dem 18. Oktober 2010 berichtete der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. G., er habe am 4. Oktober 2010 ein prall gefülltes,
schmerzhaftes rechtes Knie vorgefunden. In der Sonographie habe sich ein suprapatellarer Erguss mit Verdacht auf Hämarthros
gezeigt. Bei einer Punktion am gleichen Tage habe sich 10 ml Hämarthros ohne Fettaugen entleert.
Am 20. Oktober 2010 berichtete die chirurgische Abteilung des H.klinikums W., der Kläger sei vom 4. bis 9. Oktober 2010 in
ihrer stationären Behandlung gewesen. Die Ärzte hätten eine Patellaluxation mit medialseitigem, knöchernen Abriss des Retinaculums
rechts festgestellt und am 5. Oktober 2010 eine Arthroskopie sowie und eine mediale Raffung durchgeführt. In dem Operationsbericht
vom 5. Oktober 2010 heißt es, klinisch bestehe ein Hämarthros und röntgenologisch eine "diskrete patellare Dysplasie Wiberg
II".
Das beigezogene Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse des Klägers ergab insgesamt mit einer Ausnahme keine Krankschreibung
wegen orthopädischer Leiden und insbesondere nicht wegen einer Erkrankung oder Verletzung der unteren Extremitäten. Lediglich
am 12. April 1998 war es zu einer Patellaluxation links (also am anderen Knie) gekommen.
Nach einem daraufhin beigezogenen Bericht des H.klinikums W. vom
21. April 1998 hatte der Kläger am 12. April 1998 eine Patella-Erstluxation links mit osteochondraler Fraktur der lateralen
Femurkondyle, Knorpelkontusion des medialen Tibiaplateaus sowie eine Ruptur des medialen Retinaculums mit Hämarthros erlitten.
Zur Anamnese heißt es, der Kläger sei beim Osterfeuer auf einer Bierflasche ausgerutscht und habe sich während des Sturzes
das linke Kniegelenk verdreht. Noch am Unfallort sei es zu einer spontanen Reposition gekommen. Bei einer Wiedervorstellung
in dieser Klinik am 13. Mai 1998 gab der Kläger noch eine Wetterfühligkeit von Seiten des linken Kniegelenkes an. Im Übrigen
habe er keine Beschwerden.
Am 9. Dezember 2010 berichtete Dipl.-Med. S. bezüglich der aktuellen Unfalls, aufgrund des Ereignisablaufes und der angeborenen
Fehlbildung der Kniescheibe vom Typ III nach Wiberg und Baumgartl sei er von einer Kniescheibenverrenkung aus innerer Ursache
ausgegangen.
Mit Bescheid vom 3. Januar 2011 lehnte die Beklagte - vertreten durch ihren stellvertretenden Geschäftsführer - die Anerkennung
des Ereignisses vom 1. Oktober 2010 als Versicherungsfall in der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Zur Begründung heißt
es, dass sich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Ereignis vom 2. Oktober 2010 und der Kniescheibenverrenkung nicht
herstellen lasse. Ursächlich seien allein wesentlich die vorbestehenden Veränderungen des rechten Kniegelenkes.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Im Auftrag der Beklagten erstattete sodann am 31. März 2011 der Chefarzt der Klinik
für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des Klinikums S. H. Dr. B. ein Gutachten. Dieser beschrieb ein regelrechtes
Gleiten der Kniescheibe im Kniescheibengleitlager mit regelrechter Beweglichkeit und stabilem Bandapparat. Seiner Auffassung
nach war die traumatische Patellaluxation rechts folgenlos ausgeheilt. Die Patellaluxtion sei durch das angeschuldigte Ereignis
verursacht, Folgen aber nicht verblieben. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit betrage 0 vom Hundert.
Bei der begleitenden radiologischen Beurteilung der Röntgenaufnahmen des Klägers am Untersuchungstag (2. März 2011) zeigte
sich das linke Kniegelenk mit schmalem Kalkfragment an der Tibiahinterkante mit etwas rechts versetzter Mittellinie. Im Übrigen
bestand eine unauffällige Darstellung der Gelenkstrukturen. Die Patella war beidseits achsengerecht ohne degenerative Destruktionen.
In einer beratungsärztlichen Stellungnahme führte der Chirurg Dr. S. aus, grundsätzlich könne das geschilderte Unfallereignis
- auch bei Nachweis einer einschlägigen Schadensanlage in Form einer Patelladysplasie - eine wesentliche Ursache für die Patellaluxation
bilden. Hiergegen spreche aber, dass sich die Kniescheibe spontan wieder reponiert habe und anschließend keine äußeren Verletzungszeichen
zu sehen gewesen seien. Schließlich bestehe eine Anlage zur Kniescheibenverrenkung aufgrund einer entsprechenden Kniescheibenformvariante.
Ein deutliches Indiz für eine habituelle Kniescheibenverrenkung sei die Tatsache, dass ca. 10 Jahre zuvor am linken Kniegelenk
des Klägers offensichtlich ein ähnliches Ereignis aufgetreten sei. Das Gutachten von Dr. B. sei zur Klärung des Sachverhaltes
nicht geeignet. Bei diesem fehle jegliche Begründung. Auch die Röntgendiagnostik sei nicht ausreichend.
Im Weiteren verteidigte Dr. B. sein Gutachten und wies darauf hin, im Bericht des H.klinikums sei eine Patellaluxation mit
medialseitigem knöchernen Ausriss des Retinaculums rechts festgestellt worden. Dies träte im Allgemeinen bei traumatischen
Patellaluxationen auf. Röntgenologisch fänden sich keine prädestinierenden Faktoren für eine Patellaluxation. Die Ganzbeinstandaufnahme
habe eine exakt gerade Beinachse ergeben. Aufgrund der Anamnese des Verletzungsmusters ergebe sich eine traumatische Genese.
Im Weiteren führte Dr. W. in einer beratungsärztlichen Stellungnahme aus, auf den Röntgenbildern vom 2. Oktober 2010 und 2.
März 2011 zeige sich eine Formvariante der rechten Kniescheibe vom Typ Wiberg III. Die bereits 1998 behandelte Kniescheibenverrenkung
links sei ein starker Hinweis auf ein anlagebedingtes Leiden. Die Formvarianten beider Kniescheiben und die stattgehabte Kniescheibenverrenkung
1998 seien unfallunabhängig. Ursächlich für den Körperschaden am 1. Oktober 2010 sei die Verrenkungstendenz auch rechts. Der
geschilderte Unfallhergang sei nicht ausreichend für eine traumatische Verrenkung der Kniescheibe. Diese würde durch feste
Bänder geführt und könne nur durch einen massiven Schlag von innen verrenkt werden. Traumatische Luxationen renkten sich nicht
spontan ein. Auf die einschlägige Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin) werde insoweit Bezug genommen. Den Ausführungen
von Dr. S. sei nichts hinzuzufügen.
Mit Bescheid vom 9. Februar 2012 wies die Beklagte - vertreten wieder durch ihren stellvertretenden Geschäftsführer - den
Widerspruch des Klägers zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 29. Februar 2012 Klage erhoben und sich zur Begründung im Wesentlichen auf das Gutachten von Dr.
B. gestützt. Die Beklagte hat betont, dass der Unfallhergang ungeeignet sei, um eine traumatische Patellaluxation zu verursachen.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. S ... Dort hat der Kläger angegeben,
er habe bezüglich des rechten Kniegelenkes keinerlei Beschwerden. Andere Kniescheibenverrenkungen als 1998 bzw. 2010 hätten
nicht stattgefunden. Bis 1998 habe er aktiv Fußball gespielt. Der Sachverständige hat ausgeführt, der in dem Operationsbericht
bestätigte knöcherne Abriss des Retinaculums Patella mediale bestätige eine sehr erhebliche Gewalteinwirkung auf ein an sich
sehr stabiles, nicht lockeres Kniegelenk. Dieses sei so stabil gewesen, dass die Kniescheibe selbst einen Teil ihrer knöchernen
Struktur, an der das Band befestigt gewesen wäre, ausgerissen habe. Zudem sei im Operationsbericht eine diskrete Patelladysplasie
Wiberg II beschrieben worden. Bei seiner Untersuchung sei die Patella stabil in der Patellagleitbahn gewesen; ein Herausdrücken
sei weder in Streckstellung noch in Beugestellung möglich gewesen.
Seiner Auffassung nach hat sich auf den Röntgenbildern ein Patellatyp Wiberg II gezeigt. Auch spezielle Röntgenaufnahmen erbrächten
keine Hinweise darauf, dass die beiden Kniescheibenverrenkungen durch Fehlformen der knöchernen Strukturen entstanden sein
könnten. Die Röntgenaufnahmen bestätigten auch, dass nunmehr 15 Jahre bzw. drei Jahre nach dem Unfallereignis keine Verschleißerscheinung
in den Kniegelenken aufgetreten seien, die auf Fehlbelastungen hindeuten könnten.
Dr. S. hat weiter dargelegt, eine habituelle Kniescheibenluxation liege schon aufgrund der Definition als gewohnheitsmäßige
Luxation nicht vor. Es habe eine erhebliche Krafteinwirkung vorgelegen, wogegen im alltäglichen Leben häufig auftretende wesentlich
geringere Kraftwirkungen niemals zu einer Kniescheibenverrenkung geführt hätten. In der Literatur werde eine einmalige Patellaluxation
bei adäquatem Trauma selbst dann als unfallbedingt eingeschätzt, wenn sich Abweichungen vom physiologischen anatomischen Bild
einer Kniescheibe oder Kniescheibenlager zeigten. Letzteres sei bei dem Kläger nicht einmal der Fall. Insgesamt liege bei
mehr als der Hälfte der Menschen eine Patella nach Wiberg II vor. Zudem hänge die stabile Führung der Kniescheibe nicht allein
von der knöchernen Form der Patella ab. Die Gewalt der Einwirkung würde auch durch den blutigen Gelenkerguss und den nachgewiesenen
Knochen-Knorpeldefekt belegt. Zusammenfassend hat Dr. S. festgestellt, die Patellaluxation sei auf den Unfall zurückzuführen.
Eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit sei nicht festzustellen.
Zu diesem Gutachten hat der Chirurg und Unfallchirurg Dr. C. im Auftrag der Beklagten eine Stellungnahme nach Aktenlage erstellt.
Er hat betont, dass eine habituelle Kniescheibenverrenkung korrekterweise nicht zur Diskussion stehe. Aber auch eine anlagebedingte
Veränderung manifestiere sich zu irgendeinem Zeitpunkt erstmals. Eine unfallbedingte Verrenkung könne durch eine direkte Gewalteinwirkung
auf die seitliche Knieschiebe ausgelöst werden. Dieser Mechanismus als alleinige Schadensursache sei extrem selten. Die dabei
zwangsläufig auftretenden gröberen äußeren Verletzungsmerkmale würden in solchen Fällen die Kausalitätsbeurteilung erheblich
vereinfachen. Im Schadensfalle hätten weder 1998 noch 2010 äußere Verletzungszeichen nachgewiesen werden können. Damit scheide
eine direkte Gewalteinwirkung als Ursache der Kniescheibenverrenkung aus. Die von Dr. S. beschriebene Verletzung der Knochen
und Knorpel träten bei einer habituellen Verrenkung nicht auf; zeigten sich aber bei der anlage- bzw. konstitutionsbedingten
Luxation. Die Schwere der Begleitverletzung am Knorpel sei kein Indiz für die Ursächlichkeit der Verrenkung. Begleitläsionen
dürften grundsätzlich nicht dazu verleiten, aus dem eingetretenen Körperschaden auf die Kausalität zu schließen. Es entspreche
der klinischen Erfahrung, dass es bei anlagebedingten Kniescheibenverrenkungen im Jugendalter regelhaft zu wiederholten Verrenkungen
komme. Es seien trotz gleichartiger Veränderungen auch nicht immer beide Kniegelenke betroffen. Entscheidend sei hier der
Schadensmechanismus. Bei Betrachtung der Muskelzugkräfte müsse man von einem X-Streck-Außendrehmechanismus mit maximaler Kraftanspannung
der Muskulatur ausgehen. Ob bei dem Kläger anlagebedingte, eine Kniescheibenverrenkung begünstigende Faktoren vorlägen, müsse
aufgrund des aktenkundigen Sachverhaltes offenbleiben. Eine wiederholte Kniescheibenverrenkung lasse sich nicht belegen. Ein
anlagebedingter begünstigender Faktor zur Kniescheibenverrenkung sei aber keine Voraussetzung, die eine traumatische Verursachung
ausschließe. Eine für eine traumatische Verletzung erforderliche gewaltsame Verwindung des Kniegelenkes könne letztlich nur
bei fixiertem Kniegelenk erfolgen. Wenn der Fuß wegrutsche, fehle die direkte Gewalteinwirkung am Knie. Komme es im Rahmen
einer Sturzsituation bei einem nicht fixierten Fuß, also nicht verdrehtem Kniegelenk zu einer Anspannung der Quadricepsmuskulatur
zu einer Verrenkung der Kniescheibe, sei die überwiegende Ursache in anlagebedingten Veränderungen zu sehen. Ein ausreichend
heftiges Ereignis könne im konkreten Schadensfall nicht nachgewiesen werden.
In einer ergänzenden Stellungnahme hat Dr. S. kritisiert, dass Dr. C. allgemein den Begriff einer Dysplasie verwende, aber
zwischen den verschiedenen Formen nicht differenziere. Es bleibe unklar, warum Dr. C. größere äußere Verletzungsmerkmale fordere.
Diese müssten als Folge eines Rotations-/Flexions-/Abduktionsmechanismus nicht zwingend festgestellt werden. Er habe nicht
behauptet, aus der Schwere der Begleitverletzungen sei automatisch auf eine traumatische Läsion zu schließen. Da aber keine
wiederholte und keine willkürliche Patellaluxation vorliege, müsse gefragt werden, warum es dann keine traumatische Patellaluxation
gewesen sein solle. Ein fixiertes Kniegelenk könne nicht einer Verwindung unterliegen. Eine solche könne erfolgen, wenn der
Fuß feststehe. Bei einem wegrutschendem Fuß, also fehlendem festen Bodenkontakt sei eine Kniescheibenverrenkung weniger wahrscheinlich.
Ein solcher Unfallmechanismus sei allerdings vom Kläger nicht geschildert worden. Letztlich unterstelle der von Dr. C. beschriebene
Unfallmechanismus, dass eine Kniescheibenverrenkung überhaupt nicht stattgefunden habe, was aber sämtlichen Unterlagen widerspreche.
Eine weitere Begutachtung aus radiologischer Sicht verspreche keine neuen Erkenntnisse.
Mit Urteil vom 6. Mai 2014 hat das Sozialgericht Magdeburg die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass bei dem
Kläger zum einen eine Fehlform der Kniescheibe vom Typ III nach Wiberg vorliege. Das sofortige Wiedereinrenken der Kniescheibe
spreche gegen einen Unfallzusammenhang. Weiterhin seien auch keine äußeren Verletzungszeichen beschrieben worden. Schließlich
sei der Fuß des Klägers bei dem Anprall der beiden Kniegelenke auch nicht fixiert gewesen. Der Kläger habe sich den Ball links
am Gegenspieler vorbeigelegt. Dabei habe er mit dem rechten Fuß den Ball geführt. Das ballführende Bein stehe jedoch nicht
fest am Boden, sonst könne es den Ball nicht führen. Ein Bein, dessen Fuß nicht fixiert sei, könne jedoch bei einem Anpralltrauma
auf das Kniegelenk ausweichen, so dass die vorliegende Patellaluxation nur bei einem vorgeschädigten Knie geschehen könne.
Gegen das ihm am 19. Mai 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. Juni 2014 Berufung eingelegt und ausgeführt, bei ihm
läge lediglich eine Patelladysplasie Wiberg II vor. Dr. S. und Dr. B. hätten hinreichend überzeugend ausgeführt, dass die
Verletzungen aufgrund des Unfalles entstanden seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 6. Mai 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2011 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 7. September 2016 aufzuheben und den Vorfall vom 1. Oktober 2010 als Arbeitsunfall und die Patellaluxation
mit medialseitigem knöchernen Ausriss des Retinaculums rechts als Schaden dieses Arbeitsunfalls festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Berichterstatter Prof. Dr. U. hat mit Schreiben vom 6. Mai 2015 darauf hingewiesen, dass bisher nicht nachvollzogen werden
könne, warum das angeschuldigte Ereignis hier nicht wesentlich ursächlich für die Patellaluxation geworden sein sollte. Grundsätzlich
sei der Kläger in dem Zustand geschützt, in dem er sich befindet. Der Kläger habe weder vor noch nach dem streitigen Ereignis
an einer Patellaluxation gelitten. Sofern das Ereignis unwesentlich wäre, hätten auch andere Handlungen des Klägers zu einer
Patellaluxation führen müssen. Dies sei nicht der Fall. Es erscheine ausgeschlossen, dass diese Schadensanlage im Verhältnis
zur Unfalleinwirkung derart eindeutig überwiege, dass letztere praktisch belanglos war. Die Seltenheit einer Patellaluxation
bei dem Kläger belege, dass es einer besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkung bedurfte, um eine solche hervorzurufen.
Es könne ausgeschlossen werden, dass die Patellaluxation wahrscheinlich durch einen alltäglichen Vorgang zur etwa selben Zeit
hätte ausgelöst werden können (Hinweis auf die so genannte Gelegenheitsursache; vgl. hierzu etwa BSG, 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 30. Januar 2007 - B 2 U 8/06 R, juris; Urteil vom 27. Oktober 1987 - 2 RU 35/87 - BSGE 62, 220). Eine weitere medizinische Sachaufklärung sei angesichts eines so eindeutigen Falles seiner vorläufigen Ansicht nach nicht
erforderlich. Ein Anerkenntnis liege seiner Ansicht nach nahe.
Hierauf hat die Beklagte mit Schreiben vom 13. Juni 2015 eingewandt, es handele sich nach dem D-Arztbericht um eine habituelle
Luxation. Dies hat sie weiter begründet und insbesondere ausgeführt, dass der Hergang nicht geeignet sei, eine Luxation zu
verursachen. Abschließend bat sie den Berichterstatter, seine Auffassung nochmals zu überdenken.
Ein für den 10. September 2015 und 26. November 2015 anberaumter Erörterungstermin konnte wegen Verhinderung des Prozessbevollmächtigten
des Klägers bzw. der Beklagten nicht durchgeführt werden. Mit Schreiben vom 2. August 2016 hat der Berichterstatter darauf
hingewiesen, dass weiterhin ein verfahrensrechtliches Problem im Raume stehe. Über den Widerspruch des Klägers habe nur der
stellvertretende Geschäftsführer entschieden. Nach der Satzung dürfte jedoch eine Entscheidung des Widerspruchsausschusses
erforderlich sein. Unter dem 24. August 2016 hat der stellvertretende Senatsvorsitzende den Rechtsstreit zur mündlichen Verhandlung
geladen; das persönliche Erscheinen des Klägers wurde angeordnet. Weiterhin wurden den Beteiligten Kopien aus drei verschiedenen
unfallmedizinischen Standardwerken übersandt (Schiltenwolf/Hollo, Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane, 6. Auflage,
Schönberger/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Ludolph/Schürmann/Gaidzik, Kursbuch der ärztlichen
Begutachtung, VI-1.2.6.1 Kniescheibenverrenkung).
Mit Bescheid vom 7. September 2016 hat der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid
vom 3. Januar 2011 als unbegründet zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der geschilderte Unfallhergang sei nicht
hinreichend für eine unfallbedingte Verrenkung der Kniescheibe. Traumatische Luxationen renkten sich nicht spontan wieder
ein. Die Kniescheibe werde durch feste Bänder geführt und könne nur durch einen massiven Schlag von innen luxieren. Insgesamt
trete die äußere Einwirkung als Ursache völlig in den Hintergrund. Es sei davon auszugehen, dass es auch zeitnah bei einer
normalen Bewegung des täglichen Lebens zur Kniescheibenverrenkung am rechten Bein gekommen wäre.
Mit Schriftsatz vom 8. September 2016 hat die Beklagte Ausführungen zur Zusammenhangsfrage gemacht. Weiterhin hat sie mit
einem weiteren Schreiben vom gleichen Tage dargelegt, das Schreiben des Berichterstatters vom 6. Mai 2015 lasse erkennen,
dass für diesen feststehe, wie das Urteil ausfallen werde. Die übersandten Beispiele einer Patellaluxation als Unfallfolge
ließen sich mit mindestens genauso vielen Gegenbeispielen belegen. Die Ansicht des Berichterstatters widerspreche auch derjenigen
der Vorinstanz. Es handele sich nicht mehr nur um eine vorläufige Rechtsauffassung, die vorbehaltlich eines mündlichen Verhandlungstermins
dargelegt worden sei. Vielmehr habe der Berichterstatter bereits eine Entscheidung in der Sache getroffen. Man sehe die nötige
professionelle Neutralität und Distanz nicht mehr gewahrt und stelle hiermit ein Befangenheitsantrag gemäß §
60 Sozialgerichtsgesetz (
SGG).
Der Vorsitzende des Senats hat in einem Schreiben 20. September 2016 darauf hingewiesen, die Beklagte müsse damit rechnen,
dass der Senat in der mündlichen Verhandlung mit Beteiligung des abgelehnten Berichterstatters über das Befangenheitsgesuch
und auch anschließend in der Sache selbst entscheiden werde. Das Befangenheitsgesuch könnte wegen Verstoßes gegen §
60 Abs.
1 SGG in Verbindung mit §
43 Zivilprozessordnung (
ZPO) offensichtlich unzulässig sein, da sich die Beklagte in der Sache eingelassen habe. Es bestehe Einigkeit darüber, dass im
Rahmen eines schriftlichen Vorverfahrens auch schriftliche Äußerungen dieses Merkmal erfüllen könnten. Hier habe die Beklagte
bereits mit Schriftsatz vom 3. Juni 2015 in der Sache ausführlich Stellung genommen. In einem solchen Fall der Unzulässigkeit
sei weder eine gesonderte Entscheidung erforderlich noch sei der betroffene Richter von der Mitwirkung ausgeschlossen.
Auf Bitten des Senats hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung das Schadensereignis nochmals geschildert. Insoweit wird
auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 2016 Bezug genommen.
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte
und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §
143 SGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (§
151 Abs.
1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung hat Erfolg. Die Klage ist zulässig und begründet. Hierüber konnte der Senat auch angesichts
der angekündigten Abwesenheit der ordnungsgemäß geladenen und insoweit belehrten Beklagten entscheiden.
A. Der Senat konnte die Streitsache trotz des gestellten Ablehnungsgesuchs der Beklagten verhandeln und entscheiden, weil
die Beklagte mit dem geltend gemachten Ablehnungsgesuch offensichtlich präkludiert ist. Dieses ist als rechtsmissbräuchlich
und unzulässig zurückzuweisen (vgl. grundsätzlich dazu BVerfG, 15.6.2015, 1 BvR 1288/14, juris Rn. 17; BSG, 20.1.2016, B 14 AS 193/15 B, Rn. 10, juris).
Nach §
60 Abs.
1 SGG in Verbindung mit §
42 Abs.
2 ZPO findet die Ablehnung gegen einen Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet
ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, 12.7.1986, 1 BvR 713/83, BVerfGE 73, 330, 335; BVerfG, 5.4.1990, 2 BvR 413/88, BVerfGE 82, 30, 37).
Die Beklagte kann die Besorgnis der Befangenheit nicht mehr auf den Inhalt des gerichtlichen Schreibens vom 6. Mai 2015 stützen.
Nach §
60 Abs.
1 SGG in Verbindung mit §
43 ZPO steht einem Beteiligten das Recht, einen Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, nicht mehr zu, wenn er
sich bei ihm, ohne den ihm bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt
hat. Der Zweck der Vorschrift ist es, einen Beteiligten, der an der Unbefangenheit des Richters zweifelt, zu zwingen, dies
alsbald kund zu tun (Bayrisches LSG, 21.2.2002, L 5 AR 187/01 KR, juris). Er soll sich sofort nach Kenntnis eines möglichen Ablehnungsgrundes entscheiden, ob er sich auf diesen berufen
will oder nicht (vgl. Zöller-Vollkommer,
ZPO, 31. Auflage 2016, §
43, Rn. 4). Ein Einlassen in eine Verhandlung im Sinne des §
43 ZPO ist jedes prozessuale, der Erledigung eines Streitpunkts dienende Handeln der Partei unter Mitwirkung des Richters, das der
weiteren Sachbearbeitung und Streiterledigung dient (BGH, 5.2.2008, VIII ZB 56/07, NJW-RR, 2008; 800 mit weiteren Nachweisen; LSG Sachsen-Anhalt, 28.11.2011, L 6 SF 89/11 AB, juris; Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 43, Rn. 4; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 10. Auflage 2014, §
60 SGG Rn. 11a).
Über dieses unzulässige und missbräuchliche Ablehnungsgesuch durfte auch der abgelehnte Richter mit entscheiden, da dies in
solchen Fällen zulässig ist (BVerfG, 20.7.2007, 1 BvR 3084/06, juris). Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass bei strenger Beachtung der Voraussetzungen des Vorliegens
- nur - eines gänzlich untauglichen oder rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuchs eine Selbstentscheidung mit der Verfassungsgarantie
des Art.
101 Abs.
1 Satz 2
Grundgesetz nicht in Konflikt gerät, weil die Prüfung keine Beurteilung des eigenen Verhaltens des abgelehnten Richters voraussetzt und
deshalb keine Entscheidung in eigener Sache ist (siehe auch BVerfG, 2.6.2005, 2 BvR 625/01, 2 BvR 638/01, juris). Die völlige Ungeeignetheit eines Ablehnungsgesuchs ist in diesem Sinne anzunehmen, wenn für eine Verwerfung als
unzulässig jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist. Dies ist hier der Fall.
Einer besonderen Entscheidung über das rechtsmissbräuchliche Ablehnungsgesuch vor Verkündung des Urteils durch einen gesonderten
Beschluss bedurfte es ebenfalls nicht (dazu BVerfG, 22.2.1960, 2 BvR 36/60, BVerfGE 11, 1-6; BVerfG, 2.11.1960, 2 BvR 473/60, BVerfGE 11, 343-351; Bayerisches LSG, 22.7.2010, L 10 AL 81/09, Rn. 13, juris; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10 Auflage, Rn. 10c, d, m.w.N.).
B. Rechtlich erhebliche Verfahrensfehler des Verwaltungs- und Widerspruchverfahrens liegen nicht (mehr) vor.
1) Der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2011 ist nicht schon deshalb formell rechtswidrig, weil hierüber der stellvertretende
Geschäftsführer der Beklagten und nicht der Rentenausschuss entschieden hat. Der Kläger ist nicht in seinen verfahrensmäßigen
Rechten auf Entscheidung durch die funktional und sachlich zuständige Behörde des Leistungsträgers verletzt (§ 42 S. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]; vgl. BSG, 20.7.2010, B 2 U 19/09 R, Rn. 15, juris).
Zwar war der stellvertretende Geschäftsführer der Beklagten nicht berechtigt, über Rentenansprüche zu entscheiden (vgl. BSG, 30.3.2004, B 4 RA 48/01 R, juris; BSG, 18.10.2005, B 4 RA 21/05 R; juris). Gemäß § 16 der Satzung der Beklagten erfolgt die förmliche Feststellung von Leistungen durch den Rentenausschuss, der aus drei Personen
besteht. Ermächtigungsgrundlage ist §
36a Absatz
1 S. 1 Nummer
2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) i.V.m. §
102 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (
SGB VII). Über einen Anspruch auf Leistungen hat die Beklagte jedoch mit Bescheid vom 3. Januar 2011 nicht entschieden, sondern ausschließlich
die Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall abgelehnt. Selbst in den Entscheidungsgründen wird keine Leistungsablehnung
ausgesprochen.
Zwar ist zutreffend, dass im Falle der Bestandskraft des Bescheides vom 3. Januar 2011 Leistungen bereits grundsätzlich nicht
in Betracht gekommen wären. Insoweit handelt es sich jedoch um eine vorgreifliche Frage. Auch in dem vorliegenden Verfahren
begehrt der Kläger keine Leistungen aufgrund dieses Vorfalls. Würde man die Einschränkung auf "Leistungen" nach §
16 der Satzung der Beklagten, §
36a Absatz
1 S. 1 Nummer
2 SGB IV i.V.m. §
102 SGB VII auch auf feststellende Verwaltungsakte anwenden, so wären außer Beitragsstreitigkeiten nahezu alle Erstentscheidungen der
Beklagten durch den Rentenausschuss zu treffen. Denn positiv feststellende Entscheidungen haben ebenso wie ablehnende Entscheidungen
Einfluss auf die Leistungen. Die in der Satzung ausdrücklich genannte Beschränkung auf Leistungen wäre damit im Ergebnis hinfällig.
Eine solche Auslegung verstößt nicht nur gegen den Wortlaut, sondern auch den Sinn und Zweck der Norm.
2) Den Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2012 hat die Beklagte konkludent mit Widerspruchsbescheid vom 7. September 2016
aufgehoben, so dass auch insoweit kein Verfahrensfehler mehr vorliegt.
C. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2016 beschwert
den Kläger insoweit im Sinne der §§
157,
54 Abs.
2 S. 1
SGG als die Beklagte die Anerkennung des Vorfalles vom 1. Oktober 2010 als Arbeitsunfall und die Luxation seiner rechten Kniescheibe
als Folge dieses Arbeitsunfalles abgelehnt hat. Hierauf hat der Kläger einen Anspruch.
Arbeitsunfälle sind nach §
8 Abs.
1 S. 1
SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse,
die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§
8 Abs.
1 S. 2
SGB VII). Für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten
zur Zeit des Unfalls seiner versicherten Haupttätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher bzw. innerer Zusammenhang; dazu unter
1.), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (dazu
bei 2.) und dieses Unfallereignis mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen Gesundheitserstschaden des Versicherten verursacht
hat (dazu unter 3; siehe zu dem vorstehendem BSG, 5.9.2006, B 2 U 24/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 18 m.w.N.; zu allem auch Bultmann, SGb 2016, 143 ff.).
1. Der Kläger war gemäß §
2 Abs.
12 SGB VII unfallversichert. Er war bei der freiwilligen Feuerwehr als einem Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz
ehrenamtlich tätig. Übungen zur Aufrechterhaltung der körperlichen Fitness zählen zu dieser Tätigkeit und sind vom Unfallversicherungsschutz
umfasst. Dazu gehört auch das durchgeführte Fußballspiel.
2. Der Zusammenprall mit einem anderen Mitspieler ist ein von außen auf den Körper einwirkendes Unfallereignis.
3. Die Patellaluxation ist ursächlich auf den Unfall zurückzuführen.
Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung haben Schutz gegen Gefahren zu gewähren, die sich durch den Versicherungsschutz
und das Versichertsein des Verletzten begründende Verrichtung von im jeweiligen Versicherungstatbestand konkret umschriebenen
Tätigkeiten realisieren können. Es muss sich ein Risiko verwirklicht haben, gegen dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung
"allgemein", sondern der jeweils durch die Handlung erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll. Die Einwirkung muss den
Gesundheitserstschaden sowohl objektiv (1. Stufe; dazu bei a.) als auch rechtlich wesentlich (2. Stufe; dazu bei b.) verursacht
haben (vgl. BSG, 13.11.2012, B 2 U 19/11 R, juris, Rn. 32 ff m.w.N.).
a. Auf der ersten Stufe setzt die Zurechnung voraus, dass der Gesundheitserstschaden durch die Einwirkung naturwissenschaftlich
objektiv (mit-)verursacht wurde. Berücksichtigungsfähige Wirkursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die
infrage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. In der gesetzlichen Unfallversicherung muss
eine versicherte Verrichtung, die im Sinne der "conditio-Formel" eine erforderliche Bedingung des Erfolges war, in einer besonderen
tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss Wirkursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn
tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine bloß im Einzelfall nicht wegdenkbare zufällige Randbedingung gewesen
sein. Ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache für die festgestellte Einwirkung war, ist eine rein tatsächliche Frage
(BSG, 17.12.2015, B 2 U 8/14 R, juris, Rn. 25).
Es steht für den Senat nach Würdigung der medizinischen Unterlagen ohne Zweifel fest, dass sich der Kläger die Luxation der
Kniescheibe objektiv (naturwissenschaftlich) ursächlich aufgrund des Zusammenpralls mit dem Mitspieler zugezogen hat (vgl.
BSG, 9.5.2006, B 2 U 1/05 R, juris). Kein Arzt stellt dies ernstlich infrage oder behauptet im Umkehrschluss, die Kniescheibe sei zeitlich rein zufällig
bei dieser Gelegenheit herausgesprungen.
b. Anschließend muss rechtlich geprüft werden, ob die versicherte Verrichtung für den Erfolg wesentlich war. Eine Rechtsvermutung
dafür, dass eine versicherte Verrichtung - wie hier das Fußballspiel - wegen ihrer objektiven (Mit-)Verursachung der Einwirkung
auch rechtlich wesentlich war, besteht nicht. Die Wesentlichkeit der Wirkursache ist vielmehr zusätzlich und eigenständig
nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (vgl. BSG, 13.11.2012, B 2 U 19/11 R, a.a.O., Rn. 33 ff). Unter Berücksichtigung der Auffassung des praktischen Lebens ist abzuwägen, ob der Schaden den versicherten
oder den unversicherten Wirkursachen zuzurechnen ist (BSG, 13.11.2012, B 2 U 19/11 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 46, Rn. 43; kritisch Bultmann, SGb 2016, 147). Ob eine Ursache rechtlich wesentlich ist, ist auch dann zu prüfen, wenn sie als alleinige Ursache festgestellt ist, weil
andere (Mit-) Ursachen nicht erwiesen oder nicht in Betracht zu ziehen sind (BSG, 17.12.2015, B 2 U 8/14 R, juris).
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet:
Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich
war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder
"annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende
Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben)
(BSG, 9.5.2006, B 2 U 1/05 R, BSGE 96, 196 ff, Rn. 15). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung,
so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (BSG, a.a.O. m.w.N.). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich objektiv ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt)
nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts
ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden (BSG, 12.4.2005, B 2 U 27/04 R, BSGE 94, 269 Rn. 11). Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften
Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar
war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen
bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG, 12.4.2005, B 2 U 27/04 R, BSGE 94, 269; LSG Sachsen-Anhalt, 20.11.2013, L 6 U 29/12, juris; ablehnend Angermaier, jurisPR-SozR 18/2015 Anm. 4; siehe wie hier auch BSG, 17.12.2015, B 2 U 8/14 R, juris).
Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten
Ursache bzw. dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache
unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens, weiterhin Rückschlüsse aus dem Verhalten
des Verletzten nach dem Unfall, den Befunden und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie der gesamten Krankengeschichte.
Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein (vgl. BSG, 2.4.2009, B 2 U 9/08 R, BSGE 103, 59 ff.).
Der Unfall ist einer versicherten Tätigkeit i.S. des §
8 Abs.
1 S. 1
SGB VII zuzurechnen, weil sich mit dem Zusammenstoß mit dem Mitspieler eine spezifische Gefahr verwirklicht hat, die in den Schutzbereich
der Unfallversicherung fällt.
Die Beklagte bezweifelt die Wesentlichkeit des Zusammenstoßes mit dem Argument, es habe sich um eine habituelle, also "gewohnheitsmäßig
bzw. öfter auftretende" bzw. anlagebedingte Luxation der Kniescheibe gehandelt. Dies überzeugt weder tatsächlich noch rechtlich.
Zunächst sind nach den unwidersprochenen Darstellungen von Dr. S. mit der Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall
und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 606) drei Arten der Patellaluxation zu unterscheiden: die frische Verrenkung, die rückfällige,
habituelle oder rezidivierende Verrenkung und Dauerluxationen.
Dr. S. und Dr. C. haben überzeugend ausgeführt, dass eine habituelle Luxation schon definitionsgemäß ausgeschlossen sei. Eine
Dauerluxation kommt ebenfalls nicht in Betracht.
Desgleichen muss eine "rückfällige oder wiederholende Verrenkung" angesichts des Umstandes, dass es zu keiner Wiederholung
oder Rückfall gekommen ist, ebenso definitionsgemäß ausgeschlossen werden.
Allerdings könnte auch eine frische Verletzung wesentlich anlagebedingt sein. Die Argumentation von Dr. C., auch eine anlagebedingte
Veränderung manifestiere sich zu irgendeinem Zeitpunkt "erstmals", könnte aber nur überzeugen, wenn es in der Folgezeit zu
weiteren Luxationen gekommen wäre, wovon aber auch Dr. C. nicht ausgeht. Für den Kläger spricht sogar der Hinweis von Dr.
C., nach klinischer Erfahrung komme es bei anlagebedingten Kniescheibenverrenkungen "im Jugendalter regelhaft zu wiederholten
Verrenkungen". Denn hier ist es weder zu Verrenkungen im Jugendalter gekommen noch zu wiederholten Verrenkungen der rechten
Kniescheibe.
Es gibt insbesondere auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kniescheibe nach dem streitigen Ereignis derartig befestigt
worden wäre, dass zukünftig solche Ereignisse nicht mehr vorkommen. Dies wird von keinem einzigen Arzt oder einem Verfahrensbeteiligten
auch nur angedeutet.
Allerdings ist der Verweis von Dr. C. auf Luxationen im Jugendalter zutreffend. Die beigezogene Literatur bestätigt, dass
eine anlagebedingte Luxation bei Erwachsenen sehr selten ist (Ludolph/Schürmann/Gaidzik, Kursbuch der ärztlichen Begutachtung,
VI-1.2.6.1 Kniescheibenverrenkung, Stand 2015, S. 28: "Bis zur Öffnung der Gesetzlichen Unfallversicherung für Kinder, Schüler
und Studenten am 1. April 1971 spielten Kausalitätsprobleme zur Patellaluxation kaum eine Rolle."). Ausdrücklich wird dort
allerdings betont, dass sich eine anlagebedingte Veränderung natürlich zu irgendeinem Zeitpunkt manifestierte - "im Kniescheiben-Oberschenkelgelenk
bevorzugt im zweiten Wachstumsschub." Davon war der Kläger im 30sten Lebensjahr jedoch deutlich entfernt. Damit ist das Alter
des Klägers von 30 Jahren zum Zeitpunkt der "Erstluxation" ein starkes Indiz für eine unfallbedingte Patellaluxation.
Dr. S.s Argumentation gegen eine anlagebedingte Luxation deckt sich mit der weiteren beigezogenen Literatur. Dort wird - wie
von dem Sachverständigen - als Kriterium im Rahmen der Zusammenhangsbegutachtung von Patellaluxationen ausdrücklich das Fehlen
einer vorangegangenen Luxation aufgeführt (Schiltenwolf/Hollo, a.a.O., S. 755). Soweit dort als weiterer Gesichtspunkt das
Fehlen einer Luxation am anderen Kniegelenk angeführt wird, so erscheint dies dem Senat mit Dr. S. bei einem zwölf Jahre zurückliegenden
Ereignis nicht ausschlaggebend.
Eine spontane Reposition der Patella spricht zwar gegen einen Unfallzusammenhang (vgl. Schiltenwolf/Hollo, a.a.O., S. 755).
Jedoch hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben, er habe die Kniescheibe selbst reponiert, so dass die tatsächliche
Grundlage dieses Argumentes ungesichert ist.
Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten eine Spontanreposition unterstellen würde, würde dies kein allein maßgebliches Argument
gegen eine unfallbedingte Verrenkung sein. Die Ansicht von Dr. C., dies spreche klar für eine anlagebedingte Erkrankung, ist
mit Dr. S. nicht nachvollziehbar. In der Literatur wird nur ausgeführt, dass es bei einer Patellaluxation "meist" zu einer
Spontanreposition kommt (Ludolph/Schürmann/Gaidzik, a.a.O., S. 28). Dies bezieht sich nicht nur auf die anlagebedingte Erkrankung.
Soweit Dr. C. die entgegengesetzte Auffassung vertritt, so zieht er aus den Ausführungen bei Schönberger/Mehrtens/Valentin,
dass eine anlagebedingte Luxation reponiere, in unzulässiger Weise den Umkehrschluss, dass dies bei einer traumatischen Kniegelenkluxation
nicht vorkommen könne. Dies ist von der von ihm angegebenen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 605) nicht
gedeckt.
Ausdrücklich heißt es zudem in einem weiteren Fachbuch, dass bei der traumatischen Patellaluxation "häufig" eine Fremd-Reposition
notwendig sei (Schiltenwolf/Hollo, a.a.O., S. 756). Zudem wird dieses Kriterium dort mit weiteren Begleiterscheinungen kombiniert
wie einem serösen bzw. nicht vorliegendem Erguss und einer nur geringen Rissbildung des medialen Retinaculums (vgl. Schiltenwolf/Hollo,
a.a.O., S. 755). In dem Kniegelenk des Klägers wurde jedoch ein Hämarthros (blutiger Gelenkerguss) festgestellt. Im Operationsbefund
zeigte sich eine ausgedehnte Zerreißung des medialen Kapsel-Band-Apparates mit Einblutung im Kontusionsbereich, was ebenfalls
ein Argument für einen wesentlichen Unfalleinfluss darstellt.
Auch der Hergang des Ereignisses spricht eher für einen Unfallzusammenhang. Zur Klärung der Kausalität ist es nicht - wie
Dr. C. nahelegen will - erforderlich, einen "X-Streck-Außendrehmechanismus" zu belegen. Solche Mechanismen werden in der Literatur
ausschließlich für eine indirekte Krafteinwirkung auf die Knie/Kniescheibe als möglicherweise notwendig beschrieben (dazu
Ludolph/Schürmann/Gaidzik, a.a.O., S. 25 "Luxationsmechanismus" einleitend, auch dabei skeptisch mit der Forderung nach praktikablen
Kausalitätskriterien; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 604 mit speziellen Ausführungen zu direkten, auf die Innenseite
der Patella erfolgenden Krafteinwirkungen). Eine stattdessen direkte Einwirkung durch Zusammenprall des Knies mit demjenigen
des Gegenspielers unter "Verhaken" mit Zug nach außen hat der Kläger von Beginn an geschildert. Dies ist umso nachvollziehbarer,
als dies nicht zum Zeitpunkt des Abspielens des Balles links um den Gegner, sondern beim nachfolgenden Antritt zum Vorbeilaufen
an dieser Seite geschah. Der Unfallhergang passt auch zu den Ausführungen von Dr. W., wonach die Patella durch feste Bänder
geführt werde und nur durch einen massiven Schlag von innen verrenkt werden könne. Einen solchen Schlag hat der Kläger in
der mündlichen Verhandlung beschrieben.
Der Senat geht nach langjähriger Erfahrung im Unfallversicherungsrecht davon aus, dass die genaue Rekonstruktion des streitigen
Vorfalles schwierig ist. Dies bestätigt beigezogene Literatur, die zu Recht darauf hinweist, dass der Mechanismus in Sekundenbruchteilen
ablaufe und realistischerweise nur selten exakt nachgestellt bzw. ermittelt werden könne (Ludolph/Schürmann/Gaidzik, a.a.O.,
S. 28). Danach lässt sich jedenfalls gegen eine unfallbedingte Luxation nicht einwenden, der Vorgang, so wie er bekannt ist,
sei für einen wesentlichen Einfluss auf eine Luxation ungeeignet.
Eine anlagebedingte Luxation setzt zudem eine entsprechende Anlage voraus. Es ist schon denklogisch nicht nachvollziehbar,
dass Dr. C. in seiner Stellungnahme zwar eine anlagebedingte Luxation bejaht, aber bewusst offen lässt, ob eine entsprechende
Anlage vorliegt.
Eine entsprechende Anlage müsste zudem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Kann eine Ursache
dagegen nicht sicher festgestellt werden, stellt sich nicht einmal die Frage, ob sie im konkreten Einzelfall auch nur als
Ursache im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn in Betracht zu ziehen ist (vgl. BSG, 6.12.1989, 2 RU 7/89, Rn. 3, juris; BSG, 20.1.1987 2 RU 27/86; BSGE 61, 127 ff, 130). Bezüglich einer Anlage gilt insoweit nichts anderes als bezüglich anderer Merkmale wie "versicherte Tätigkeit",
"Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden", die ebenfalls
im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen.
Fraglich ist für den Senat bereits, ob man allein von einer angeblichen röntgenologischen Fehlform der Kniescheibe auf eine
(rechtlich erhebliche) Anlage zu einer Patella-Luxation schließen darf. Auffällig ist, dass beide ambulant untersuchende Gutachter
auch klinisch jede Auffälligkeit verneint haben, worauf die Beratungsärzte der Beklagten nicht eingegangen sind.
Angesichts des offenen Meinungsstreits der Ärzte über die röntgenologisch vorliegende Kniescheibenform kann sich der Senat
zumindest vom Vorliegen einer Schadensanlage keine sichere Überzeugung bilden. Beeindruckend sind besonders die widersprüchlichen
Angaben von Dipl.-Med. S ... Während er einerseits am 9. Dezember 2010 von einer Fehlbildung Typ III berichtet, liegt nach
dem Operationsbericht (geschrieben am 16. Dezember 2010; Operateur Dipl.-Med. S.) eine "diskrete patellare Dysplasie Wiberg
II" vor.
Soweit feststellbar besteht bei dem Kläger eine Patella-Dysplasie im Grenzbereich von Wiberg II und III. Diese liegt aber
nach der Darstellung von Dr. S. bei der Mehrheit der Bevölkerung vor, was von Dr. C. nicht bestritten und durch die beigezogene
Literatur bestätigt wird. Eindeutig ist insoweit die Darstellung bei Ludolph/Schürmann/Gaidzik, a.a.O., S. 6: Dort werden
die Kniescheibentypen Wiberg I bis einschließlich III der Normalform zugerechnet, während nur der Typ Wiberg IV als Dysplasie
bezeichnet wird. Auch dort wird bestätigt, dass 10 % der Kniescheiben zum Typ Wiberg I und 65 % zum Typ II und II/III gehören.
Ähnlich heißt es bei Schiltenwolf/Hollo (Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane, 6. Auflage, S. 756), dass der Wiberg
Typ I-III häufig anzutreffende "Normvarianten" sind. Selbst wenn man also in tatsächlicher Hinsicht zu Gunsten der Beklagten
von einer Patellaform Wiberg Typ III ausginge, wäre dies nach der nachvollziehbaren und überzeugenden Darstellung von Dr.
S. noch eine Normalform.
Auch wenn man zu Gunsten der Beklagten nochmals unterstellen würde, dass eine deutliche Anlage bei dem Kläger vorhanden ist,
die eine Luxation der Kniescheibe begünstigt oder sogar erst ermöglicht hat, wäre eine solche Anlage bei der rechtlichen Wertung
mit der äußeren Einwirkung abzuwägen. Schließlich ist ohnehin zu prüfen, ob eine Ursache - hier der Zusammenprall - rechtlich
wesentlich ist, auch wenn sie als alleinige Ursache festgestellt ist, weil andere (Mit-)Ursachen nicht erwiesen oder nicht
in Betracht zu ziehen sind (BSG, 17.12.2015, B 2 U 8/14 R, juris).
Ausdrücklich wird in der beigezogenen Literatur aber betont, dass auch eine traumatische Kniescheibenverrenkung ohne eine
entsprechende Disposition unwahrscheinlich sei. Als Disposition wird in diesem Zusammenhang auch eine Patelladysplasie aufgeführt
(Ludolph/Schürmann/Gaidzik, a.a.O., S. 6, 27); diese kann der Senat aber wie dargelegt nicht feststellen. Es wird zudem von
diesen Autoren ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Feststellung einer Disposition kein Freibrief zur Ablehnung der Kausalität
sei (a.a.O., S. 6, 27). Dies ist rechtlich zutreffend, denn jeder Versicherte ist in dem Zustand einschließlich eventueller
schwerer Vorschäden versichert, in dem er sich befindet (BSG, 30.1.2007, B 2 U 8/06 R, juris; eingehend Becker, SGb 2012, 696).
Hier ist zumindest keine Schadensanlage zu erkennen, die so leicht ansprechbar ist, dass sie jederzeit zu einem Schaden führen
kann. Der Senat vermag nicht zu erkennen, welches alltäglich vorkommende Ereignis hier die Luxation der Kniescheibe rechts
auslösen soll, wenn feststeht, dass solche alltäglich vorkommenden Ereignisse hier offenbar über Jahre weder vor dem Unfall
noch danach eine Luxation der Kniescheibe rechts ausgelöst haben.
Das langjährige Fußballspiel des Klägers, seine zumindest immer wieder körperlich schwere berufliche Tätigkeit in einem Baumarkt
und zuvor als Fliesenleger zeigen, dass sogar kniebelastende Bewegungen in Beugestellung mit Muskelanspannung ohne Patellaluxation
möglich waren. Die Aufgabe der jahrelangen Tätigkeit als Fliesenleger erfolgte nach den unbestrittenen Feststellungen von
Dr. S. wegen einer Muskeldystrophie und kann daher nicht als Indiz für eine Knieschädigung angeführt werden. Alltäglich vorkommendende
Ereignisse, die über Jahre nicht vorkommen, sind nicht denkbar (LSG Sachsen-Anhalt, 20.11.2013, L 6 U 29/12, juris).
D. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Widerspruchs-, das Klage- und Berufungsverfahren
zu tragen. Dies folgt aus §
193 SGG und richtet sich nach dem Verhältnis des Prozesserfolges.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1,
2 SGG liegen nicht vor. Die Rechtslage ist durch die angeführte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geklärt.