Verfahren zur Feststellung der Behinderung nach SGB IX - Grad der Behinderung; GdB; Bewegungseinschränkung; Bandscheibenvorfall; Dauerschmerzsyndrom; chronisches Schmerzsyndrom;
Bestätigungsanliegen; psychiatrische Überlagerung; somatoforme Schmerzstörung; Schmerzmittelmissbrauch; funktionelle Parese;
manifeste Traumafolge; Abhängigkeitssyndrom; subjektive Beschwerden; objektive Befunde; deutliche Diskrepanz; Somatisierungsstörung;
Aggravation; psychotherapeutische Behandlung; nachweisbare objektivierte Befunde; Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche;
Alltagsverhalten; Vermeidungshaltung; stärker behindernde Störung; Alltagskompetenz; psychische funktionelle Ursache; Gesamtbehinderungsgrad;
schwere psychische Störung; Funktionseinschränkung; Schwerbehinderteneigenschaft
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Grades der Behinderung (GdB).
Bereits am 21. November 2000 beantragte der am ... 1966 geborene Kläger die Feststellung nach dem Schwerbehindertengesetz und begründete dies mit einem Bandscheibenvorfall sowie einer Knochenmarkverletzung nach einem Unfallereignis am 8. Juli
1999 auf einer Sommerrodelbahn. Nach dem Befundschein des Rehabilitationszentrums O. P. vom 6. Dezember 2000 (stationärer
Aufenthalt vom 1. bis 25. November 2000) bestünden beim Kläger chronische Rückenschmerzen nach einer Wirbelsäulenkontusion
und eine dissoziierte Sensibilitätsstörung ab dem 10. Brustwirbelkörper rechts (TH 10). Die schmerzfreie Gehstrecke betrage
maximal 1 km. In einem Arztbrief vom 11. Januar 2001 hielt der Chefarzt der Klinik f. Neurologie Dr. C. (Klinikum E. v. B.,
P.) eine unfallbedingte Invalidität von 30 % wegen einer inkompletten Brustmarkschädigung mit einer ausgeprägten dissoziierten
Sensibilitätsstörung unterhalb TH 10 rechts sowie einer Dranginkontinenz für gegeben. Die neurologische Untersuchung habe
eine Rückenmarksläsion ergeben. Der Orthopäde MR Dr. M. vom O. P. stellte mit Gutachten vom 16. Januar 2001 chronische Lumbalgien
fest und gab an, er habe keine Fraktur im Wirbelsäulenbereich und auch keine Veränderung in der Wirbelsäulenstatik nachweisen
können. Nach dem Ergebnis einer MRT-Untersuchung bestehe eine Bandscheibenprotrusion L4/5 ohne wesentliche Kompressionseffekte.
Aus orthopädischer Sicht sei der Schaden mit 10 % zu bewerten, was zusammenfassend zu einem Unfallschaden von 40 % führe.
Der Facharzt für Anästhesiologie Dr. G. diagnostizierte unter dem 8. Februar 2001 eine chronische Schmerzkrankheit. Nach dem
Befund der M.-L.-U., H.-W. vom 1. März 2011 liege beim Kläger eine Lumboischialgie rechts ohne neurologisches Defizit und
ein thorakales Schmerzsyndrom vor. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Z. berichtete unter dem 4. März 2001 über ein zunehmend
schlechteres Gangbild. Der Kläger nutze nunmehr Unterarmstützen. In Auswertung dieser Befunde schlug der Versorgungsarzt des
Beklagten Dr. B. einen GdB von 40 wegen einer Funktionseinschränkung der Wirbelsäule mit Sensibilitätsstörung im rechten Bein,
einem Dauerschmerzsyndrom und einer Drangharninkontinenz in Folge eines Unfalls vor. Dem folgend stellte der Beklagte mit
Bescheid vom 18. April 2001 einen GdB von 40 fest. Aufgrund des Widerspruchs des Klägers, den er mit einer wesentlichen Verschlechterung
seines Gesundheitszustandes und der Notwendigkeit der Benutzung eines Rollstuhls begründete, holte der Beklagte weitere Befundunterlagen
ein. Dr. Z. berichtete unter dem 29. Mai 2001, dass er die Verordnung eines Rollstuhls zur Teilnahme am öffentlichen Leben
für notwendig erachte. In einem Arztbrief vom 30. März 2001 berichtete Oberarzt Dr. L. (H.-U.-Kliniken., S.) über einen stationären
Aufenthalt des Klägers vom 26. März bis 2. April 2001. Hiernach habe ein psychologisches Konzil vom 29. März 2001 keine psychopathologischen
Auffälligkeiten ergeben. Beim Kläger bestehe angesichts der laufenden Gerichtsverfahren ein Bestätigungsanliegen. Wegen der
Schmerzhaftigkeit liege ein sehr hoher Leidensdruck vor und es seien psychologische Gespräche zu empfehlen. Außerdem sei eine
subtile neurologische Abklärung zu empfehlen. Nach der Epikrise des Krankenhauses R. (Abteilung für Neurologie und Schmerztherapie)
vom 11. April 2001 leide der Kläger an einer chronifizierten Schmerzkrankheit, einer funktionellen Lähmung des rechten Beines
und einer medialen Bandscheibenprotrusion ohne Zeichen der Wurzelkompression. Direkt mit dem Beschwerdebild korrespondierende
bildgebende Befunde lägen nicht vor. Die Bewegungsstörung des Beines sei auf funktionelle Faktoren zurückzuführen, da weitergehende
Untersuchungen eine gravierende Läsion im Bereich des ersten und zweiten motorischen Neurons hätten ausschließen können. Dafür
spreche der seitengleiche Reflexstatus, das Fehlen von Pyramidenbahnzeichen sowie das normale EMG/NLG und MEP. Der Kläger
habe derzeit eine ungünstige und zu hohe Schmerzmitteldosierung. Nach Beteiligung seines ärztlichen Dienstes, der auf eine
zwischenzeitliche psychiatrische Überlagerung der somatischen Befunde aufmerksam machte, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 27. November 2001 den Widerspruch zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 20. Dezember 2001 beim Sozialgericht (SG) Dessau (S 5 SB 116/01 bzw. S 5 SB 164/04) Klage. Nach dem dort beigezogenen Arztbrief der Fachärztin für Diagnostische Radiologie Dr. L. über eine MRT der BWS/Lendenwirbelsäule
(LWS) vom 19. November 2001 bestehe kein Nachweis für eine Spinalnervenkompression. Posttraumatische Wirbelkörperschäden oder
ein posttraumatisches Knochenmarksödem seien nicht festzustellen. Wegen eines Verfahrens auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung,
das der Kläger unter dem Aktenzeichen S 4 U 48/02 (SG D.) bzw. L 6 U 167/02 Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt geführt hatte, wurde das Verfahren mit Zustimmung der Beteiligten zunächst ruhend
gestellt und am 26. November 2004 auf Antrag des Klägers unter dem Aktenzeichen S 5 SB 164/04 wieder aufgenommen. Das SG hat neuere Befundberichte von Dr. G. vom 13. Mai 2005 und von Dr. Z. vom 12. Mai 2005 eingeholt. In einem beigefügten fachorthopädischem
Gutachten vom 22. März 2004 für den Rentenversicherungsträger hat der Privatdozent (PD) Dr. W. beim Kläger ein Wirbelsäulenschmerzsyndrom
mit Muskelinsuffizienz, eine krankhafte Veränderung der Psyche sowie einen Morbus Dupuytren beider Hände diagnostiziert. Zur
Untersuchung hat er angegeben: Das Ent- und Bekleiden sei mit Hilfe der sehr besorgten Lebensgefährtin erfolgt, die ihn auch
während der Untersuchung festgehalten und darauf geachtet habe, dass bei der Bewegungsprüfung keine zusätzlichen Schmerzen
aufgetreten seien. Die Schmerzen seien jeweils "theatralisch" geäußert worden. Nach Einschätzung von PD Dr. W. lasse sich
kein organisches Substrat für die Beschwerden finden. Es handele sich am ehesten um ein chronisches somatoformes Schmerzsyndrom.
In den prüfärztlichen Stellungnahmen vom 21. Juni 2005 und 20. Oktober 2005 hat die Versorgungsärztin des Beklagten Dr. W.
die bisherige Einschätzung eines GdB von 40 verteidigt. Es sei für die Einschätzung nicht bedeutsam, ob eine Aggravation oder
eine Somatisierungsstörung vorliege. Bei einer Aggravation dürfte gar keine Bewertung erfolgen, während im Falle einer Somatisierungsstörung
jedenfalls kein höherer GdB als 40 vertretbar sei. Hierbei seien die nicht objektivierbaren Schmerzen bereits berücksichtigt.
Im laufenden Gerichtsverfahren stellte der Kläger mehrere Neufeststellungsanträge, da Magenbeschwerden durch Medikamenteneinnahme,
Verschleißschäden der Kniegelenke sowie Stoffwechselstörungen hinzugetreten seien. Nach dem beigezogenen MDK-Gutachten zur
Feststellung der Pflegebedürftigkeit lägen die Voraussetzungen der Pflegestufe I ab dem Januar 2004 vor. Wegen der Diskrepanz
zwischen den geschilderten Beschwerden und der objektiven Befunde lehnte der Beklagte die Neufeststellungsanträge des Klägers
ab. Mit rechtskräftigem Urteil vom 13. Dezember 2005 wies das SG (S 5 SB 164/04) die Klage ab. Einen Neufeststellungsantrag des Klägers wegen einer Zyste in der Nasennebenhöhle und damit verbundene starke
Kopfschmerzen lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 2. Februar 2006 ab.
Einen erneuten Antrag stellte der Kläger am 8. Februar 2006 wegen einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustandes.
Nach dem Befundschein des Dr. Z. von April 2006 seien eine weitere Therapie wegen Schmerzmittelmissbrauchs, eine Entzugsbehandlung
sowie eine psychologische Betreuung vorgesehen. In einem beigefügten Arztbrief der Universitätsklinikum C. G. C., Klinik und
Poliklinik für Neurologie in D., berichtete Prof. Dr. S. unter dem 30. Januar 2006 über eine ambulante Vorstellung des Klägers:
Dieser habe sich in einem gutem Allgemeinzustand vorgestellt. Das Geruchsvermögen sei nach einer Nasenoperation subjektiv
beeinträchtigt. Während der Kraftgradprüfung des rechten Beins sei es mehrfach zum Nachlassen der Anspannung gekommen. Kurzzeitig
sei jedoch eine volle Kraftentfaltung erfolgt. Zusammenfassend ergebe sich keine manifeste Traumafolge. Der Befund spreche
eher für eine funktionelle Parese. Therapeutisch sei in erster Linie eine psychosomatische Behandlung wichtig. Die geschilderten
Kreislaufbeschwerden sowie Stuhl- und Harnentleerungsstörungen seien Folgen der Schmerzmedikation. Möglicherweise bestehe
bereits ein Abhängigkeitssyndrom mit intermittierenden Entzugserscheinungen. Die Pflegekasse des Klägers übersandte dem Beklagten
das Pflegegutachten vom 14. Juli 2006. Hiernach seien bei der Demonstration des Toilettengangs sowie des Ein- und Ausstiegs
aus der Dusche die Bewegungen ungeübt und unbeholfen durchgeführt worden. So habe der Kläger das Bad mit dem Rollstuhl falsch
angefahren und es habe eine Korrektur auf dem Flur erfolgen müssen. Beim Toilettengang habe er nach einem gescheiterten Erstversuch
dann die rechte Armlehne entfernt. Auch die Rollstuhlrampe am Hinterausgang habe nicht angelegen. Mit Bescheid vom 2. Oktober
2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Oktober 2006 lehnte der Beklagte die begehrte Neufeststellung ab.
Dagegen erhob der Kläger am 13. November 2006 Klage beim SG und verwies und auf einen Arztbrief über das MRT der Halswirbelsäule (HWS) vom 27. November 2006. Danach hätten sich im Bereich
des Halswirbelkörpers (HWK) 5/6 und HWK 7/BWK1 geringe Protrusionen mit beginnender sekundärer Einengung des Spinalkanals
gezeigt. Im Segment HWK 7/BWK 1 befinde sich zusätzlich ein kleiner Prolapsanteil. Das SG holte ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie, Sportmedizin, Rheumatologie und Physikalische Therapie
L. vom 11. April 2007 ein. Der Sachverständige stellte folgende Diagnosen:
Ständiges Wirbelsäulensyndrom bei schwerer Unterfunktion der Rumpfmuskulatur, funktionelle Parese und Missempfindungen der
gesamten rechten Seite bei voller Kraftentfaltung, regelrechten Eigenreflexen, negativen Pyramidenbahnzeichen und ohne neurogene
Läsionen, Palmarfaszienteilresektion beider Hände bei vorbestehendem Morbus Dupuytren ohne Funktionseinschränkung der Hände,
anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Schmerzsyndrom beider Kniegelenke bei Chondropathie Grad II ohne nennenswerte Funktionseinschränkungen.
Zusammenfassend sei der GdB auf 40 einzuschätzen. Aus den aktuellen Röntgenbefunden vom 4. April 2007 seien im Bereich HWS/BWS/LWS
keine nennenswerten degenerativen Veränderungen feststellbar. Auffallend sei die nach wie vor bestehende erhebliche Diskrepanz
zwischen den subjektiv angegebenen Beschwerden und den objektiv erhobenen Befunden. Die angegebenen Schmerzen, das Schwächegefühl
in den Beinen sowie die Missempfindungen an der gesamten rechten Körperseite sowie die Rollstuhlbedürftigkeit seien bei voller
Kraftentfaltung mit regelrechten Eigenreflexen und negativen Pyramidenzeichen orthopädisch und nach der Aktenlage auch neurologisch
nicht zu erklären. Es sei daher dringend eine psychosomatische Behandlung anzuraten. Dr. Z. erklärte am 5. Juli 2007 in einer
beigefügten Stellungnahme: Für den Krankheitsverlauf spiele sicherlich der schlechte psychische Zustand des Klägers eine entscheidende
Rolle. Eine somatoforme Schmerzstörung sei eindeutig erkennbar.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 17. Oktober 2007 ab und stützte sich im Wesentlichen auf den Sachverständigen L. Im dagegen
gerichteten Berufungsverfahren vor dem LSG rügte der Kläger eine fehlende psychiatrische Begutachtung. Seit dem 1. Oktober
2007 erhalte er die Pflegestufe II. In dem Pflegegutachten der Pflegefachkraft K. vom 30. November 2007 stellte diese als
pflegerelevante Diagnosen Frakturen im Wirbelsäulenbereich fest. Das LSG holte im damaligen Berufungsverfahren Befundberichte
von Dr. Z. (10. März 2010) und Dr. G. (23. April 2010) ein. Außerdem ließ es durch den Chefarzt der Orthopädie Dr. M., B.
S., das orthopädisches Fachgutachten vom 21. Januar 2011 erstatten. Der Sachverständige stellte folgende Diagnosen:
Anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit Wirbelsäulenschmerzsyndrom bei muskulärer Dysbalance der Rumpfmuskulatur,
funktionelle Beinparese (rechts stärker als links), Missempfindungen der gesamten rechten Körperseite ab Brustwarzenhöhe bei
mäßiger Kraftentfaltung und regelrechten Eigenreflexen mit negativen Pyramidenbahnzeichen ohne nachweisbare neurogene Läsion,
Zustand nach Palmarfaszienresektion beider Hände bei vorher bestehendem M. Dupuytren ohne Funktionseinschränkungen der Hände,
leichtes Schmerzsyndrom beider Kniegelenke bei Chondropathie II. Grades ohne wertige Funktionseinschränkungen,
Cervicalsyndrom bei initialen degenerativen Veränderungen mit beginnender sekundärer Einengung des Spinalkanals ohne neurologische
Defizite (laut MRT).
Die durchgeführte Untersuchung habe keine bzw. nur geringe primär pathologische Defekte ergeben. Es bestünden deutliche Diskrepanzen
zwischen den objektiven Befunden und den subjektiven Beschwerden. Dies zeige sich beispielsweise auch bei der schlechten Beweglichkeit
der Hüftgelenke und dem darauf bezogenen Röntgenbild, das keine wertigen degenerativen Veränderungen in dieser Region aufzeige.
Die Untersuchung habe keine neuronale Schädigung bestätigt. So hätten regelrechte Eigenreflexe bestanden, auch die Pyramidenbahnzeichen
seien negativ. Die Prüfung der Kraftgrade der unteren Extremitäten sei schwer zu bewerten und zudem subjektiv beeinflussbar.
Es bestünden keine wertigen Muskelatrophien im Bereich der unteren Extremitäten im Sinne einer kompletten Inaktivität oder
Hinweise für eine fehlende Reizweiterleitung in der Muskulatur. Auch seien keine trophischen Störungen, Hyperpigmentierungen
oder eine erhöhte Schweißneigung in diesem Bereich festzustellen. Die vom Kläger angegebenen Beschwerden seien auch nach den
MRT-Befunden nicht begründbar. Als Funktionssysteme seien die Haltungs- und Bewegungsorgane sowie das Nervensystem und die
Psyche betroffen. Ob eine Aggravation oder eine Somatisierungsstörung vorliege, könne nur durch ein psychiatrisches Gutachten
abgeklärt werden. Im Falle einer Aggravation dürfe überhaupt keine Bewertung erfolgen. Die Annahme einer Somatisierungsstörung
würde keinen höheren GdB als bisher rechtfertigen, da die nicht objektivierbaren Schmerzen in dem hohen GdB von 40 bereits
berücksichtigt seien. Zusammenfassend ergebe sich aus den gestellten Diagnosen wegen des ständigen Wirbelsäulenschmerzsyndroms
ein GdB von 40. Dieses bleibe aber ohne objektiv-neurologische Defizite. Die festgestellten Veränderungen im HWS-, Knie- und
Handbereich seien nicht verstärkend zu berücksichtigen. Die Restharnbildung sei bei der Bildung des Gesamt-GdB bereits berücksichtigt.
Objektiv sei bis auf ein Hämatom im Wirbelsäulenbereich, welches operativ ausgeräumt worden sei, kein Hinweis für einen Knochenbruch
oder eine Nervenschädigung erkennbar. Der klinische Befund sei zusammenfassend ähnlich wie bei PD Dr. W. oder Herrn L. einzuschätzen.
Der Kläger wandte gegen das Gutachten ein: Selbst ein leichtes Wirbelsäulentrauma könne bei einer fehlerhaften Schmerzbehandlung
das Schmerzgeschehen "entkoppeln". Dies führe zur Bildung zusätzlicher Schmerzrezeptoren im Rückenmark, die das Schmerzempfinden
verstärkten. Dies sei durch Bildbefunde nicht nachweisbar. Die Begutachtung hätte daher von einem Neurologen vorgenommen werden
müssen. Auch habe der Radiologe relevante pathologische Veränderungen im Bereich LWS 4/5 festgestellt, die nach dessen Ansicht
die Schmerz- und Bewegungsstörungen erklären könnten. Auch dies habe der Sachverständige nicht berücksichtigt. In seiner ergänzenden
Stellungnahme vom 30. März 2011 führte der Sachverständige Dr. M. dazu aus: Er sei als Orthopäde auch im neurologischen Bereich
ausreichend ausgebildet, um neurologische Störungen der Wirbelsäule einschätzen zu können. Aus den im Gutachten ausführlich
zitierten Vorgutachten auf orthopädischem und neurologischem Gebiet werde deutlich, dass die Gangstörung des Klägers bisher
nicht durch entsprechende objektivierbare Befunde erklärbar sei. Im neurologischen Bereich seien bei der EMG/ENG-Untersuchung
keine Defizite festgestellt worden. Dies gelte auch für die Befunde auf radiologischem Gebiet, die keine Hinweise für eine
posttraumatische Fraktur ergeben hätten. Die dargestellte Entkoppelung des Schmerzgeschehens durch eine falsche Behandlung
sei theoretisch möglich. Nach den vorliegenden Unterlagen auf neurologischem, radiologischem und orthopädischem Gebiet habe
sich dafür aber kein entsprechender Nachweis ergeben. Die im MRT-Befund beschriebene Tangierung der Nervenwurzel L5 links
könne die vorzugsweise auf der rechten Seite bestehenden Beschwerden nicht erklären.
Mit Urteil vom 18. August 2011 wies das LSG Sachsen-Anhalt die Berufung zurück und führte zur Begründung aus: Der Kläger leide
an einer somatoformen Schmerzstörung. Die Bewertung mit einem GdB von 40 bewege sich oberen Bewegungsrahmen. Eine kontinuierliche
psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung habe nie stattgefunden. Es sei auch zu keinen stationären Aufenthalten
gekommen. Dies spreche gegen ein sich laufend verschlimmerndes Erkrankungsbild und einen ständig steigenden Leidensdruck.
Hinweise für eine psychogene Gangstörung habe Dr. M. nicht gefunden. So fehlten ausgeprägte Muskelatrophien, wie sie nach
einer kompletten Inaktivität zu erwarten wären. Auch hätten sich keine Anhaltspunkte für eine gestörte muskuläre Reizweiterleitung
ergeben, die bei einem intensiven Schonverhalten auftrete. Auch hätten beide gerichtlichen Sachverständigen keine Hinweise
für eine schwere psychische Erkrankung ermitteln können. Für das Funktionssystem Rumpf sei wegen eines Zervikalsyndroms und
beginnender degenerativer Veränderungen mit beginnender sekundärer Einengung des Spinalkanals ohne neurologische Defizite
sowie eines schmerzhaften Wirbelsäulensyndroms ein Einzel-GdB von 10 festzustellen. Die Beschwerdeangaben hätten deutlich
von den tatsächlich nachweisbaren objektivierten Befunden im Bereich der Wirbelsäule abgewichen. Die ausgeprägte Schmerzsymptomatik
sei bereits im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche bewertet worden, so dass keine unzulässige Doppelbewertung erfolgen
könne. Aufgrund der Chondropathie Grad II sei bei fehlenden Funktionseinschränkungen eine GdB von 10 anzunehmen. Insgesamt
sei ein GdB von 40 festzustellen, da die Einzel-GdB von 10 den Gesamt-GdB nicht erhöhten. Die Revision des Klägers wurde vom
Bundessozialgericht mit Beschluss vom 16. April 2012 als unzulässig verworfen.
Mit Bescheid vom 7. November 2011 lehnte der Beklagte den während des Berufungsverfahrens gestellten Antrag des Klägers vom
18. März 2008 auf Neufeststellung ab, weil seit den im Klage- und Berufungsverfahren eingeholten Gutachten keine wesentlichen
Änderungen in dem Gesundheitszustand eingetreten seien. Dagegen erhob der Kläger am 12. Dezember 2011 Widerspruch, den der
Beklagte am 8. Mai 2012 mit Widerspruchsbescheid ohne weitere Ermittlungen zurückwies.
Dagegen hat der Kläger am 6. Juni 2012 Klage beim SG erhoben und vorgetragen: Durch die ständigen Schmerzen im Wirbelsäulenbereich habe er ständig Schlafstörungen und könne ohne
Begleitperson das häusliche Umfeld nicht mehr verlassen. Er habe Gefühlsstörungen und einen stark verminderten Geruchs- und
Geschmackssinn. Er müsse bis zu 20mal und mehr am Tag zur Toilette. Mit Gerichtsbescheid vom 17. Januar 2013 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung auf den Bescheid des Beklagten vom 7. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
verwiesen.
Dagegen hat der Kläger am 15. Februar 2013 Berufung beim LSG eingelegt und weitere Ermittlungen auf neurologisch- bzw. psychiatrischem
Sachgebiet angeregt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 17. Januar 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 7. November
2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Mai 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, bei ihm ab 19.
August 2011 einen GdB von mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers eingeholt. Dr. O. (Facharzt für Neurologie, Psychiatrie
und Psychotherapie) hat mit Befundbericht vom 9. November 2014 über die Behandlung des Klägers im Zeitraum vom 14. November
bis 20. Dezember 2012 berichtet. Dieser hat eine spastische Paraparese der Beine, Kraftgrad III/V nach Janda und ein chronisches
Schmerzsyndrom diagnostiziert. Es hätten Zeichen einer dauerhaften, nicht mehr rückbildungsfähigen Querschnittslähmung mit
Paraparese der Beine und Rollstuhlnotwendigkeit vorgelegen. Der Kläger könne nur noch mit zwei Unterarmstützen einige Schritte
laufen. Ob beim Kläger leichtere psychovegetative oder psychische Störungen vorliegen, könne er aktuell nicht einschätzen.
Stärke behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und der Gestaltungsfähigkeit oder schwere
Störungen hätten sich nicht feststellen lassen. Auswirkungen der psychischen Störungen könne er daher auch nicht feststellen.
Ihm sei auch keine Therapie mit Psychopharmaka bekannt. Darüber hinaus hat der Arzt eine neurogene Blase mit einem Restharn
von ca. 40 ml diagnostiziert und zur Behandlung Tamsulosin 0,4mg retard verordnet. Dr. Z. hat mit seinem Befundbericht vom
19. November 2014 über seit Jahren gleichbleibende Schmerzen berichtet. Zusätzlich bestehe seit dem Jahr 2008 eine somatoforme
Schmerzstörung durch die ständigen Schmerzen. Als Anlage übersandte er Facharztberichte seit dem Jahr 2011. Denen hat unter
anderem ein Befund der Schädel-Computertomographie vom 26. Juli 2012 mit unauffälligem Befund beigelegen.
In Auswertung der Befunde hat der Beklagte unter Hinweis auf die prüfärztliche Stellungnahme seiner ärztlichen Gutachterin
Dr. W. vom 17. Dezember 2014 ausgeführt: Die Angaben des Dr. O. seien nicht nachzuvollziehen. Eine bildgebende Diagnostik
oder gezielte Untersuchungen hätten nicht stattgefunden. Vielmehr habe der Arzt die Angaben des Klägers übernommen. Auch aus
dem Bericht des Dr. Z. seien keine Lähmungen der Beine abzuleiten. Organische Korrelate für die schon im Jahr 2010 angegebenen
Beschwerden seien nicht zu erkennen.
Schließlich hat der Senat das Gutachten des Facharztes für Neurologie/Psychiatrie Dr. V. vom 7. August 2015 eingeholt. Danach
habe der Kläger über ständige Schmerzen berichtet. Seit dem Jahr 2006 oder 2007 benutze er den Rollstuhl ständig außerhalb
des Hauses. Er befinde sich in Abständen von sechs bis acht Wochen in schmerztherapeutischer Behandlung. Eine Psychotherapie
habe im Jahr 2008 und nochmals im Jahr 2013 stattgefunden, zuletzt aber nur mit drei Sitzungen. Ein Schmerztagebuch habe er
vorübergehend im Jahr 2012 geführt. Er habe einen guten und großen Freundeskreis. Man besuche sich gegenseitig, unternehme
etwas gemeinsam, gehe gemeinsam essen und telefoniere miteinander. Er habe auch gute Kontakte zur Familie der Ehefrau. Als
Hobbys habe er Computertätigkeiten (unter anderem Website-Entwicklungen), Elektronik, Musik und zwei Katzen angegeben. Er
wohne in einem Einfamilienhaus mit Garten. Die Ehefrau und Freunde kümmerten sich um diesen. Er mache auch die Buchhaltung
für Freunde und Bekannte. In seiner Zusammenfassung hat der Sachverständige ausgeführt: Es stehe fest, dass es keine objektivierbaren
organischen Unfallfolgen gab oder gebe, die das Beschwerdebild über den Zeitverlauf hinweg erklären könnten. Eine Fraktur
durch den Unfall sei zu keiner Zeit nachgewiesen worden. Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, die jeweils nur
in geringem Ausmaß festgestellt worden seien und sich nicht wesentlich verschlimmert hätten, könnten das Beschwerdebild nicht
erklären. Auch die aktuelle Beschwerdekonstellation mit Angaben zu subjektiven Gefühlsstörungen wichen deutlich von einer
solchen kontusionsbedingten Rückenmarksschädigung ab, die zu einer querschnittsförmigen Gefühlsstörung hätte führen können.
Abgrenzbare Rückenveränderungen seien zu keiner Zeit, z. B. mit MRT-Befund, dokumentiert. Auch die Blasenstörungen gingen
über einen ausgeprägten imperativen Drang mit psychogener Komponente nicht hinaus. Sie seien nicht typisch für eine neurogene
Blasenstörung. Insofern bleibe entweder eine schwerwiegende Aggravation oder Simulation oder eine psychische oder psychogene
Verursachung ursächlich zu diskutieren. Der Kläger habe sich von Anfang an darauf festgelegt, dass seine gesundheitlichen
Beschwerden allein durch den Unfall verursacht worden seien und die Folgestörungen der Beschwerden dauerhaft aufrechterhielten.
Dies mit einer destruktiven Abwehr gegenüber jeglicher Interpretation psychischer Verursachung oder Beteiligung, trotz vielfältiger
Befunde und Begutachtungen, die genau in diese Richtung zielten - aber auch mit einer querulatorischen Beharrungstendenz und
fortlaufendem Kampf um vermeintliches Recht. Diese Grundlage begünstige die Entwicklung einer geradezu systematischen Vermeidungstendenz
von Bewegung und Gehen, anfangs mit der Nutzung von Unterarmstützen, tendenziell übergehend auch zur Nutzung des Rollstuhls,
verbunden mit einer psychosozialen Konstellation des persönlichen Umfelds, aber auch medizinischer und sozialer Leistungsträger,
die zu Ausgleich, Anerkennung und Kompensation animiert worden seien. Es lägen eindeutig keine Paresen und keine Zeichen für
Muskelatrophien in den Beinen vor. Auch die normal auslösbaren Muskeleigenreflexe und der Muskeltonus sprächen gegen eine
nervale Verursachung der Beschwerden. Die Nutzung von Rollstuhl und Unterarmstützen sowie die partielle Inanspruchnahme der
Ehefrau beim An- und Auskleiden, Toilettengängen und für hygienische Maßnahmen im Alltag seien ebenso wenig wie die beklagten
schmerzhaften Empfindungen mit einer organischen Verursachung oder Folgen des Unfalls von 1999 erklärbar. Die hier erhobenen
Befunde, sowohl in körperlicher als auch in psychischer Hinsicht, stünden ebenfalls in deutlicher Diskrepanz zu dem subjektiven
Beschwerdebild. Bei dem Kläger seien auch keine krankheitsrelevante Depressionen, keine Angsterkrankung und keine anderweitige
affektive Störungen feststellbar. Allerdings sei ein Teil der Störungen mit einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung
vereinbar, die nicht das Alltagsverhalten erkläre. Es gebe Anzeichen für dissoziative Bewegungs- und Empfindungsstörungen,
die in der Regel Folge einer schwerwiegenden psychosozialen Traumatisierung seien, die teilweise oder überwiegend ins Unterbewusstsein
verdrängt wurden und sich dann durch Bewegungs- und Gefühlsstörungen ausdrückten. Das Verdrängen solcher psychosozialen Auslösefaktoren
sei typisch und könne auch für mögliche Partnerschaftskonflikte in der ersten Ehe des Klägers in Frage kommen. Allerdings
seien auch Tendenzen nicht nur zur Dissimulation, sondern auch zu Simulation oder zumindest auf der Grundlage von Schmerzhaftigkeit
zur ausgeprägter Aggravation unverkennbar, die über eine somatoforme Störung ebenso wie über eine dissoziative Störung hinausgingen
und im Sinne einer Vermeidungshaltung, insbesondere in gutachtlichen Situationen, aber auch in Alltagssituationen das Störungsbild
mitgestalteten. Die anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit Anteilen gemischter dissoziativer Störungen (Konversationsstörungen)
führe insbesondere aufgrund der schmerzhaften Beschwerden zu Minderbelastbarkeiten im Gehen und Stehen, auch mit funktionell
gering eingeschränkter Gehfähigkeit. Betroffen sei das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche. Es handele sich um eine
stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die nur in Kombination
und Überschneidung mit einem GdB von 40 zu bewerten seien. Es handele sich insofern um einen Gesamt-GdB für das gesamte Funktionssystem.
Es lägen Einschränkungen im Bewegungsradius vor, die aber nicht mit den subjektiven Angaben hierzu und der Bewegungsvermeidung
im Alltag identisch seien. Die subjektiven Beschwerden stünden insofern in Diskrepanz zu tatsächlichen und objektivierbar
ableitbaren Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Gebiet, die sich aus psychosomatischen und psychoreaktiven Beeinträchtigungen
ergäben. Weder in den Akten noch bei hiesiger Untersuchung hätten sich Hinweise auf weitere Gesundheitsstörungen auf anderem
medizinischen Fachgebiet ergeben. Plausibel sei lediglich eine schmerzbedingte Einschränkung der Ganggeschwindigkeit. Das
Gangbild sei nicht frei von erheblichen Aggravationstendenzen und sei nur mit dem Hilfsmittel von zwei Unterarmstützen demonstriert
worden. Hiermit sei aber keine Einschränkung zu verzeichnen gewesen. Zum Gehen ohne Hilfsmittel sei der Kläger nicht motivierbar
gewesen. Eine wesentliche Veränderung seit November 2011 sei nicht feststellbar. Die demonstrierten und anamnestischen Angaben
zur Gangstörung seien weder mit der somatoformen Schmerzstörung noch mit den dissoziativen Störungsanteilen erklärbar und
insofern nicht als Bestandteil von objektivierbaren Gesundheitsstörungen einzuschätzen.
Der Kläger hat geltend gemacht, er könne dem Gutachten im Ergebnis nicht folgen, weil keine tiefgreifende Untersuchung stattgefunden
habe. Das Gutachten weise erhebliche Mängel in der Bewertung der einzelnen Leiden, aber auch in der Wiedergabe der verletzungsbedingten
Unfallfolgen auf. So sei schon im Bericht des Reha-Zentrums B. vom 6. Dezember 2000 eine 25tägige Behandlung in Folge der
Wirbelsäulenkontusion sowie eine dissoziierte Sensibilitätsstörung rechts diagnostiziert worden. Dadurch erkläre sich eine
Tangierung des Rückenmarks, wodurch sich wiederum die Parese bzw. median begrenzte Hypaesthesie erkläre. Da er die Blasenentleerungsstörung
auf eine Rückenmarksschädigung zurückführe, sei ein GdB von 60 festzustellen. Aber auch bei einer Einordnung der Beschwerdesymptomatik
in die Rubrik der Wirbelsäulenschäden sei ein GdB von mindestens 50 festzustellen. In Anlage hat der Kläger nochmals den Befund
der Klinik und Poliklinik für Neurologie D. vom 30. Januar 2014 übersandt.
Der Beklagte sieht sich durch das Gutachten bestätigt und verweist auf die prüfärztliche Stellungnahme seiner ärztlichen Gutachterin
S.-S. vom 14. September 2015. Danach erscheine der GdB von 40 großzügig, wenn man die gelungene soziale Einbindung des Klägers
berücksichtige, von der er selbst bei der Begutachtung berichtet habe.
In einer ergänzenden Stellungnahme hat der Sachverständige Dr. V. am 6. November 2011 ausgeführt: Der Befund vom Januar 2006
habe ihm bereits vorgelegen. Die Behauptung, dass eine körperliche Befunderhebung nicht stattgefunden habe, sei nachweislich
unrichtig. Der körperliche und neurologische Befund habe mehr als 1 ½ Gutachtenseiten umfasst. Die Einschätzung der Wegefähigkeit
habe sich hierbei aus den objektiven Befundparametern ergeben. Die Anerkennung der Pflegestufe II sei kein ausreichendes Indiz
für erhebliche Einschränkungen der Alltagskompetenz. Außerdem sei die Bewertung seiner Behinderung unabhängig vom angegebenen
Pflegebedarf einzuschätzen, denn die vermeintliche oder tatsächliche Inanspruchnahme von Pflege oder Unterstützung könne wie
hier, auch psychische funktionelle und nicht gesundheitsbedingte Ursachen haben. Insgesamt gebe sich kein Anlass für eine
Änderung seiner bisherigen Einschätzung.
Ergänzend hat der Kläger am 28. Dezember 2015 vorgetragen: Es bleibe festzustellen, dass die bislang vorliegenden Gutachten
in der Beantwortung wesentlicher Fragen inhaltsgleich seien. Er gehe davon aus, dass die Sachverständigen ohne weitergehende
Urteilsbildung abgeschrieben hätten. Insgesamt fehlten aktuelle Befunde. Es wäre notwendig gewesen, die Nervenleitbahn zu
messen und weitergehende Untersuchungen zu veranlassen. Dem Sachverständigen habe der Bericht der Klinik O. P. offenbar nicht
vorgelegen und hätte zwingend in die Gesamtbegutachtung einbezogen werden müssen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten, die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Akten
in dem Verfahren L 7 SB 106/07 verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §
143 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) auch statthafte Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Die Klage gegen den Bescheid vom Beklagten vom 7. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Mai 2012 ist
als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach §
54 Abs.
1 SGG statthaft. Der Kläger hat aber keinen Anspruch auf die Feststellung eines GdB von mehr als 40.
Der Senat hat mit Urteil vom 18. August 2011 bereits rechtskräftig entschieden, dass bis zu diesem Zeitpunkt kein höherer
GdB als 40 vorlag. Seit diesem Zeitpunkt bis zur Entscheidung des Senates ist keine Veränderung im Gesundheitszustand eingetreten,
die eine höhere Bewertung nach § 48 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) rechtfertigen würde. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in
den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten
ist. Eine wesentliche Änderung ist dann anzunehmen, wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung des Gesundheitszustands
eine Herabsetzung oder Erhöhung des Gesamtbehinderungsgrads um wenigstens 10 ergibt. Die Änderung der Behinderungsbezeichnung
oder das Hinzutreten weiterer Teil-Behinderungen ohne Auswirkung auf den Gesamtbehinderungsgrad allein stellen aber noch keine
wesentliche Änderung dar (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 18/97 R, zitiert nach juris). Für die wesentliche Änderung kommt es weder auf den Inhalt des Vergleichsbescheids noch auf die von
der Behörde bei der Bewilligung oder später angenommenen Verhältnisse, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse und deren
objektive Änderung an (KassKomm-Steinwedel, SGB X, § 48 Rdnr. 14 m.w.N.).
Für den streitgegenständlichen Zeitraum gilt das am 1. Juli 2001 in Kraft getretene Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (
SGB IX) über die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046). Der hier anzuwendende §
69 SGB IX ist durch die Gesetze vom 23. April 2004 (BGBl. I S. 606) und vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904) geändert worden. Rechtsgrundlage für den von dem Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mindestens 50
ist §
69 Abs.
1 und
3 SGB IX.
Nach §
69 Abs.
1 Satz 1
SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Diese Vorschrift
knüpft materiellrechtlich an den in §
2 Abs.
1 Satz 1
SGB IX bestimmten Begriff der Behinderung an. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit
oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand
abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach §
69 Abs.
1 Satz 4
SGB IX sind die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als GdB nach Zehnergraden abgestuft festzustellen. Wenn
mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft vorliegen, wird nach §
69 Abs.
3 Satz 1
SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen
festgestellt.
Nach der Neufassung des §
69 Abs.
1 Satz 5
SGB IX gelten für den GdB die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Nach der damit in Bezug genommenen neuen Fassung des § 30 Abs. 1 BVG richtet sich die Beurteilung des Schweregrades - dort des "Grades der Schädigungsfolgen" (GdS) - nach den allgemeinen Auswirkungen
der Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen. Die hierfür maßgebenden Grundsätze sind in der am 1. Januar 2009
in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) aufgestellt worden, zu deren Erlass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch den dem § 30 BVG durch das Gesetz vom 13. Dezember 2007 angefügten Absatz 17 ermächtigt worden ist.
Nach § 2 VersMedV sind die auch für die Beurteilung des Schweregrades nach § 30 Abs. 1 BVG maßgebenden Grundsätze in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze - VMG" (Anlageband zu BGBl. I Nr. 57 vom 15. Dezember
2008, G 5702) als deren Bestandteil festgelegt und sind damit nunmehr der Beurteilung der erheblichen medizinischen Sachverhalte
mit der rechtlichen Verbindlichkeit einer Rechtsverordnung zugrunde zu legen.
Der hier streitigen Bemessung des GdB ist die GdS (Grad der Schädigung)-Tabelle der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zugrunde
zu legen. Nach den allgemeinen Hinweisen zu der Tabelle (VMG, Teil B, Nr. 1) sind die dort genannten GdS-Sätze Anhaltswerte.
In jedem Einzelfall sind alle leistungsmindernden Störungen auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet zu berücksichtigen
und in der Regel innerhalb der in Teil A, Nr. 2 e VMG genannten Funktionssysteme (Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren;
Atmung; Herz-Kreislauf; Verdauung; Harnorgane; Geschlechtsapparat; Haut; Blut und Immunsystem; innere Sekretion und Stoffwechsel;
Arme; Beine; Rumpf) zusammenfassend zu beurteilen. Die Beurteilungsspannen tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung
(Teil B, Nr. 1 a).
Nach diesem Maßstab kann für die Funktionseinschränkungen des Klägers kein höherer GdB als 40 festgestellt werden. Dabei stützt
sich der Senat auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. V., die versorgungsärztlichen Stellungnahmen des Beklagten und die
eingeholten Befundberichte.
Das Hauptleiden des Klägers ist dem Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche zuzuordnen und maximal mit einem GdB von
40 zu bewerten.
Nach den VMG (Teil B, Nr. 3.7) werden leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 bewertet.
Für stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere
depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen)
ist ein Bewertungsrahmen von 30 bis 40 vorgesehen. Schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen
Anpassungsschwierigkeiten werden mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit 80 bis
100 bewertet. Psychische Anpassungsschwierigkeiten, die einen Behinderungsgrad von 30 bis 40 rechtfertigen, sind nach dem
Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirates (BMA am 18./19.03.1998 - zitiert nach Rohr/Sträßer, Teil B: GdS-Tabelle-19,
96. Lfg. - Stand Dezember 2011) durch Kontaktschwäche und/oder Vitalitätseinbuße gekennzeichnet. Dieses Kriterium ist zur
differenzierenden Einschätzung von Anpassungsschwierigkeiten analog auch dann heranzuziehen, wenn die Symptomatik der psychischen
Störungen ganz unterschiedlich ist (Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirats, BMA am 8./9.11.2000, Rohr/Sträßer, a.a.O.,
GdS-Tabelle-18). Mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten setzen neben den Auswirkungen im Berufsleben erhebliche familiäre
Probleme durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung voraus (Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirats, BMA am
18./19.03.1998 - zitiert nach Rohr/Sträßer, a.a.O., GdS-Tabelle-19).
Der Kläger leidet nach dem Gutachten des Dr. V. an einer somatoformen Schmerzstörung. Auch Dr. Z. hat über eine seit dem Jahr
2008 bestehende somatoforme Schmerzstörung berichtet. Der Senat lässt wiederum - wie bereits in seiner Entscheidung vom 18.
August 2011 - ausdrücklich offen, ob und in welchem Grad beim Kläger Simulations- bzw. Aggravationstendenzen bestehen, die
zu einer eingeschränkten Verwertbarkeit seiner behaupteten Beschwerden hätte führen können. Stattdessen unterstellt der Senat
zu Gunsten des Klägers - entsprechend der zahlreichen und gleich lautenden ärztlichen Diagnosen - das Vorliegen einer ausgeprägten
somatoformen Schmerzstörung.
Der Senat hält unter Berücksichtigung der Auswirkungen dieser Erkrankung bei dem Kläger einen Einzel-GdB von 40 für gegeben
und bewegt sich damit im oberen Bewertungsrahmen für stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der
Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Insoweit folgt der Senat dem Vorschlag des Sachverständigen Dr. V. Angesichts der ausgeprägten
somatoformen Schmerzerkrankung mit erheblichen Bewegungseinschränkungen und einer erheblichen Schmerzmittelmedikation ist
die Ausschöpfung des Bewertungsrahmens von 40 gerechtfertigt. Die anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit Anteilen gemischter
dissoziativer Störungen (Konversationsstörungen) führt insbesondere aufgrund der schmerzhaften Beschwerden zur Minderbelastbarkeiten
beim Gehen und Stehen, auch mit funktionell gering eingeschränkter Gehfähigkeit. Es liegen Einschränkungen im Bewegungsradius
vor, der allerdings nicht identisch mit den subjektiven Angaben hierzu und der Bewegungsvermeidung im Alltag sind.
Darüber hinaus leidet der Kläger an einem Harndrang, der in die Bewertung des GdB mit 40 einbezogen wurde. Dr. V. hat den
ausgeprägten imperativen Drang der psychischen Gesundheitsstörung zugeordnet. Dem hat sich der Senat angeschlossen, weil Dr.
V. ausdrücklich eine neurologische Ursache (insbesondere eine Rückenmarkschädigung) ausgeschlossen hat. Auch aus dem Bericht
des Dr. O. über die Behandlung des Klägers im November und Dezember 2012 lässt sich keine andere Bewertung ableiten. Der Arzt
hatte dem Kläger Medikamente gegen den Harndrang verordnet, sodass von einem Behandlungsleiden auszugehen war. Nachfolgende
insbesondere auch urologische Behandlungen, sind nicht erfolgt, sodass keine weiteren Befunde bezüglich des Harndrangs vorliegen.
Eine andere Bewertung der mit dem Harndrang verbundenen Teilhabebeeinträchtigungen als im Rahmen der psychischen Gesundheitsstörung
kann daher nicht erfolgen.
Die weitergehenden subjektiven Beschwerden stehen nach der Befunderhebung von Dr. V. in Diskrepanz zu tatsächlichen und objektivierbar
ableitbaren Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Gebiet, die sich aus psychosomatischen und psychoreaktiven Beeinträchtigungen
ergeben. Die vom Kläger geltend gemachte neurologische Schädigung, die das Beschwerdebild erklären könnte, hat Dr. V. ausdrücklich
ausgeschlossen. Dabei lagen ihm auch sämtliche medizinische Befunde vor, auf die der Kläger in seinen Stellungnahmen zum Gutachten
hingewiesen hat. Dies betrifft auch den Bericht der Klinik O. P., der sich in der Verwaltungsakte befindet und damit von Dr.
V. bei seiner Begutachtung einbezogen wurde. Im Ergebnis hat auch Dr. V. darüber hinaus auch keine Hinweise für eine psychogene
Gangstörung gefunden, sodass auch weiterhin auf die Ausführungen von Dr. M. zurückgegriffen werden kann. Insoweit wird auf
das Urteil des Senates vom 18. August 2011 Bezug genommen. Nach dem Gutachten des Dr. V. ist somit lediglich eine schmerzbedingte
Einschränkung der Ganggeschwindigkeit plausibel.
Eine höhere Bewertung als 40 im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche kann nicht erfolgen, da keine schwere Störung
mit zumindest mittelgradigen Anpassungsschwierigkeiten vorliegt, die den nächst höheren Bewertungsrahmen von 50 bis 70 eröffnet
hätte. Hinweise für eine schwere psychische Störung haben sich an keiner Stelle ergeben. Trotz seiner Erwerbsunfähigkeit und
seiner Pflegestufe kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger über seine Bewegungseinschränkungen und den Harndrang
hinaus schwerwiegend in der Alltagsbewältigung beeinträchtigt ist. Nach dem Gutachten des Dr. V. hat er einen guten und großen
Freundeskreis. Es erfolgen gegenseitige Besuche, Unternehmungen (wie z.B. gemeinsam Essen gehen) und Telefonate. Der Kläger
hat gute Kontakte zur Familie der Ehefrau geschildert und als Hobbys Computertätigkeiten (unter anderem Website-Entwicklungen),
Elektronik, Musik und zwei Katzen angegeben. Außerdem macht er die Buchhaltung für Freunde und Bekannte. Damit hindern ihn
weder die geltend gemachten Schmerzen noch eine andere psychische Beeinträchtigung an einer aktiven Lebensweise. Ein sozialer
Rückzug ist nicht erkennbar, sodass insgesamt nicht von einer schweren psychischen Störung ausgegangen werden kann.
Im Übrigen hat nie eine kontinuierliche psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung stattgefunden. Auch sind in letzter
Zeit keine stationären Aufenthalte mehr erfolgt. Dies spricht gegen ein sich laufend verschlimmerndes Erkrankungsbild und
einen ständig steigenden Leidensdruck. Das Behandlungsspektrum des Klägers beschränkt sich seit Jahren im Wesentlichen auf
seinen Hausarzt Dr. Z. und den Schmerztherapeuten Dr. G. Die Behandlung bei Dr. O. (Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und
Psychotherapie) ist lediglich im Zeitraum vom 14. November bis 20. Dezember 2012 erfolgt. Dieser Arzt hat nicht einmal stärke
behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und der Gestaltungsfähigkeit und erst recht keine
schwere Störungen feststellen können. Auch dieser Arzt hat weder eine Behandlung mit Psychopharmaka noch eine Psychotherapie
als notwendig gesehen.
Wegen der weiteren Erkrankungen des Klägers wird auf das rechtskräftige Urteil des Senates vom 18. August 2011 verwiesen.
Der Senat hält für den Bereich des Funktionssystems "Rumpf" wegen eines Cervikalsyndroms und beginnender degenerativer Veränderungen
mit beginnender sekundärer Einengung des Spinalkanals ohne neurologische Defizite sowie eines schmerzhaften Wirbelsäulensyndroms
weiterhin einen Einzel-GdB von 10 für angemessen. Seit dem Urteil vom 18. August 2011 sind keine objektiv nachweisbaren Veränderungen
im Gesundheitszustand eingetreten. Weder hat eine fachärztliche orthopädische Behandlung stattgefunden, noch sind in den seit
August 2011 eingeholten medizinischen Unterlagen Hinweise auf eine Veränderung des orthopädischen Gesundheitszustandes zu
finden. Daher wird auf die im Urteil vom 18. August 2011 getroffenen Feststellungen Bezug genommen.
Nach der Einschätzung von Dr. V. liegen auch keine weiteren Funktionseinschränkungen vor, die einen Einzel-GdB begründen können,
sodass es weiterhin bei einem Gesamt-GdB von 40 verbleibt. Denn der GdB von 10 aus dem Funktionssystem Rumpf erhöht nicht
den Einzel-GdB von 40 für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche (dazu VMG, Teil A, Nr. 3 ee). Für einen Ausnahmefall
sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.
Im Übrigen widerspräche die von dem Kläger begehrte Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft dem nach Teil A, Nr. 3 VMG
zu berücksichtigenden Gesamtmaßstab. Die Schwerbehinderteneigenschaft kann nur angenommen werden kann, wenn die zu berücksichtigende
Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsstörungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft so schwer wie etwa die vollständige
Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, der Verlust eines Beins im Unterschenkel oder eine Aphasie (Sprachstörung)
mit deutlicher Kommunikationsstörung beeinträchtigen. Derartig schwere Funktionsstörungen liegen bei dem Kläger, der einen
aktiven Lebensstil mit zahlreichen Teilhabemöglichkeiten pflegt, nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nach §
160 SGG nicht vor.