Anspruch auf Sozialhilfe; Übernahme der Kosten für Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung; Berücksichtigung der Heranziehung
naher Angehöriger
Gründe:
I. Der Antragsteller (Ast.) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von dem Antragsgegner (Ag.) noch die Kostenübernahme
für Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung.
Der ... 1937 geborene Ast. ist im Jahr 2001 mit seiner am ... 1939 geborenen Ehefrau aus der Ukraine, deren Staatsbürgerschaft
er hat, nach Deutschland zugezogen. Er und seine Ehefrau beziehen keine Rente und auch kein sonstiges Einkommen und verfügen
nicht über ein den Schonbetrag übersteigendes Vermögen. Der Ag. gewährt ihnen laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter
und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII), für den Bewilligungsabschnitt ab dem 1. Februar 2011 monatlich insgesamt 1.055,16 EUR. Die Leistungen der Krankenversorgung
werden von einer Krankenkasse nach §
264 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Krankenversicherung -
SGB V) durchgeführt. Der Ast. und seine Ehefrau sind daher nicht nach dem
Elften Buches Sozialgesetzbuch (Soziale Pflegeversicherung -
SGB XI) versichert.
Das Ehepaar hat eine am ... 1970 geborene verheiratete Tochter, deren Wohnung sich in einer Entfernung von 550 m Fußweg zu
der Wohnung der Eltern befindet. Die Tochter hat nach ihren eigenen Angaben zwei inzwischen drei und dreizehn Jahre alte Kinder.
Das noch nicht schulpflichtige Kind besucht vormittags einen Kindergarten. Die Familie der Tochter stockt nach ihren Angaben
das Einkommen des Ehemannes durch laufende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) auf.
Der Ast. beantragte am 22. März 2011 bei dem Sozialamt der Stadt H. Hilfe zur Pflege in Form von Sachleistungen durch den
Pflegedienst "B.B.P.ambulante Pflege".
Dem daraufhin eingeholten amtsärztlichen Erstgutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit, das die Nervenärztin G. für
das Gesundheitsamt der Stadt H. unter dem 28. April 2011 erstattete, ist zu entnehmen, der Ast. lebe mit seiner Ehefrau in
der zweiten Etage eines Mehrfamilienhauses. Er leide unter Bluthochdruck mit hypertensiven Krisen; daneben bestünden ein Glaukom
links, eine Koronare Herzkrankheit, eine Aortenektasie und eine Dyslipidämie. Das Gehen und Stehen sei "ok". Er habe zeitweise
Schwindelattacken bei Lagewechseln (Sitzens-Stehen, Liegen-Stehen) im Sinne von Dreh- bzw. Schwankschwindel. Seit Monaten
bestehe eine zunehmende Sturzgefahr. Einschränkungen bestünden in den sozialen Bereichen des Lebens, die er aber wahrnehmen
könne. Unter den Einzelpunkten zur Bestimmung der Pflegebedürftigkeit sind ein Bedarf von 10 Minuten/Tag drei- bis viermal
wöchentlich im Bereich Grundpflege/Körperpflege/Duschen und ein Bedarf von 13 Minuten/Tag im Bereich Hauswirtschaft, verteilt
auf einmal wöchentlich Einkaufen und zweimal wöchentlich Reinigen der Wohnung, angegeben. Die häusliche Pflege sei in geeigneter
Weise sichergestellt. Eine Pflege durch Angehörige/Bekannte erfolge nicht; geplant sei evtl. die Grundpflege durch eine ambulante
Pflegeeinrichtung.
Die Stadt H. lehnte den Antrag mit Bescheid vom 18. Mai 2011 im Namen des Ag. mit der Begründung ab, die amtsärztliche Untersuchung
am 27. April 2011 habe einen Pflegebedarf des Ast. von 10 Minuten täglich bei der Grundpflege im Bereich Körperpflege (Teilübernahme
bei Schwindel und Unsicherheit) und von 13 Minuten im Bereich hauswirtschaftliche Versorgung (Hilfe beim Einkauf sowie dem
Reinigen der Wohnung) ergeben. Seine Tochter sei arbeitsuchend und wohne in der Nähe. Es bestünden keine Anhaltspunkte, dass
die erforderlichen Leistungen nicht vorrangig durch die Tochter erbracht werden könnten.
Der Ast. legte hiergegen am 20. Juni 2011 Widerspruch ein. Er verfolge die Kostenübernahme für die Leistungen, wie sie der
B.B.P.ambulante Pflegedienst bei ihm erbringe. Seine Tochter habe zwei Kinder (ein Jahr bzw. acht Jahre alt) und übernehme
keine Hilfe zur Pflege. Die Kinderbetreuung sei anderweitig nicht gesichert. Es sei auch nicht als zumutbar anzusehen, dass
seine Tochter an seinem Körper Hilfe zur Pflege (ihn duschen) vornehme. Eine entsprechende Forderung sei als sittenwidrig
anzusehen. Er habe einen Vertrag mit dem Pflegedienst B.B.P.ambulante Pflege abgeschlossen. Dieser beinhalte folgende Leistungskomplexe:
4, 13 (jeweils dreimal wöchentlich), 11 (bis zu einmal monatlich) sowie 14, 16 und 17 (jeweils einmal wöchentlich). Bezüglich
der Einzelheiten wird im Übrigen auf die Vereinbarung vom 28. März 2011, Bl. 38 der Gerichtsakte, Bezug genommen. Auch bei
der bei ihm vorliegenden so genannten "Pflegestufe 0" seien von dem Ag. Kosten von Leistungen auf der Grundlage der ortsüblichen
Entlohnung zu übernehmen. Bei zugelassenen Pflegediensten seien die mit den Pflegekassen vereinbarten Vergütungen auch für
den Sozialhilfeträger maßgebend.
Der Ast. hat mit seinem am 21. Juni 2011 bei dem Sozialgericht Halle eingegangen Antrag die Verpflichtung des Ag. im Wege
der einstweiligen Anordnung begehrt, die Kosten der Hilfe zur Pflege des von ihm herangezogenen ambulanten Pflegedienstes
im Umfang der durch das amtsärztliche Gutachten vom 27. April 2011 bescheinigten Hilfebedürftigkeit zu gewähren. Seine Tochter
übernehme keine Hilfe zur Pflege. Sie habe zwei Kinder (ein Jahr und acht Jahre alt), deren Betreuung nicht gesichert sei.
Es sei für die Tochter auch als unzumutbar und sittenwidrig anzusehen, an seinem Körper die Hilfe zur Pflege (ihn zu duschen)
vorzunehmen. Der Ag. sei auch nicht an seine Tochter bezüglich einer Übernahme der Pflege herangetreten. Der Anspruch auf
Übernahme der im Vorverfahren konkretisierten Kosten des Pflegedienstes B.B.P.ambulante Pflege in voller Höhe ergebe sich
aus § 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Er sei nicht in der Lage, die Kosten der ärztlich verordneten und lebensnotwendigen Leistungen aus eigenen Mitteln zu tragen.
Soweit eine Kostenübernahme durch den Ag. nicht erfolge, sei zu befürchten, dass die ambulante pflegerische Betreuung eingestellt
werde. Er verweist auf eine schriftliche Erklärung seiner Tochter vom 22. Juni 2011, nach der sie aus verschiedenen Gründen
die Pflege ihrer Eltern nicht übernehmen könne. Die Betreuung ihrer Kinder (zwei und zwölf Jahre alt) nehme sie voll und ganz
in Anspruch. Der Ast. verweigere beharrlich jegliche Hilfe bei der Durchführung der Körperpflege durch sie.
Der Ag. hat die Ablehnung des Antrags beantragt. Es sei weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht
worden. Sozialhilfe erhalte auf Grund des in § 2 SGB XII gesetzlich normierten Nachranggrundsatzes nicht, wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere Angehörigen, erhalte.
Insoweit komme es nur auf die Realisierbarkeit von Ansprüchen gegen Dritte an. Der Ast. habe Anspruch auf Unterstützung und
Hilfeleistung in allen Lebenslagen auf Grund von §
1618a Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB). In Bezug auf die Hilfe beim Duschen sei hier nicht die Hilfe bei hygienischen Maßnahmen, sondern nur eine Teilübernahme
bei Schwindel und Unsicherheit erforderlich. In Bezug auf das Einkaufen und Reinigen der Wohnung sei eine Unzumutbarkeit der
Hilfeleistung durch die Tochter nicht nachvollziehbar. Im Übrigen bestehe bei einer Pflegestufe 0, d.h. außerhalb der Leistungsansprüche
nach dem
SGB XI, keine Bindung der Sozialhilfeträger an die Vereinbarungen mit den Pflegekassen nach den §§ 82ff.
SGB XI. Es fehle damit auch an einer Abrechenbarkeit der bei dem Ast. erforderlichen pflegerischen Leistungen nach Leistungskomplexen.
Vorübergehend sei dem Ast. im Übrigen eine alternative Körperpflege möglich.
Das Sozialgericht hat am 30. Juni 2011 einen Erörterungstermin durchgeführt. Im Rahmen der Befragung hat der Ehemann der Tochter
des Ast. angegeben, in einem Beschäftigungsverhältnis auf dem Bau zu stehen. Seine Ehefrau sei derzeit arbeitslos auf Grund
des zweijährigen Sohnes und zu Hause. Sie erhalte jedoch des öfteren Arbeitsangebote durch die Arbeitsagentur und müsse auch
dann dort vorsprechen. Ab August 2011 sei ein Antrag auf einen Kindergartenplatz gestellt. Der Gesundheitszustand des Ast.
habe sich zwischenzeitlich derart verschlechtert, dass er unter hohem Blutdruck leide. Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten
auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung, Bl. 45 bis 47 der Gerichtsakte, Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat den Ag. mit Beschluss vom 12. Juli 2011 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Kosten
für die Heranziehung einer besonderen Pflegekraft ab dem 21. Juni 2011 für die Grundpflege im Bereich Körperpflege (LK 4)
an drei Tagen in der Woche im Umfang von jeweils 10 Minuten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Widerspruchsverfahrens nach
Vorlage entsprechender Leistungsnachweise zu übernehmen und den Antrag im Übrigen abgelehnt. Nur im Umfang des Obsiegens des
Ast. sei sein Antrag zulässig und begründet. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erfülle der Ast. nach den bisher
im Verfahren gewonnenen Erkenntnissen die Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten für die Inanspruchnahme des Pflegedienstes
als besondere Pflegekraft im grundpflegerischen Bereich. Es bestünden vorliegend Zweifel, ob die Tochter des Ast. in der Lage
und bereit sei, zumindest teilweise die Pflege des Ast. sowie dessen Versorgung im hauswirtschaftlichen Bereich zu übernehmen,
und damit ein Anspruch des Ast. insoweit realisierbar sei. Im Rahmen der Folgenabwägung sei es hier vorzuziehen, dem Ast.
zu Unrecht Hilfe zu gewähren, als ihm eine zustehende Hilfe zur Pflege, deren Kosten er nicht begleichen könne, irrtümlich
zu verweigern. Hinsichtlich einer Kostenübernahme für den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung sei ein Anordnungsanspruch
demgegenüber nicht glaubhaft gemacht. Insoweit sei der Ast. bei der vorzunehmenden Folgenabwägung auf die Inanspruchnahme
seiner Tochter zumutbar verweisbar. Die Tochter sei arbeitslos und wohne in der unmittelbaren Nähe der Wohnung des Ast. Insbesondere
könne sie bei dem Einkauf für die eigene Familie auch die Lebensmittel für den Ast. einkaufen. Hinsichtlich der Reinigung
der Wohnung könnten der Ast. und seine Ehefrau oder die Tochter selbst die Beaufsichtigung des Kindes übernehmen.
Der Ast. hat am 15. August 2011 Beschwerde bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt gegen den ihm am 19. Juli 2011 zugestellten
Beschluss des Sozialgerichts eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen den Vortrag aus dem erstinstanzlichen Verfahren
wiederholt. Seine Ehefrau sei ebenfalls pflegebedürftig und auf Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung angewiesen.
Derzeit bemühe sich der Ehemann seiner Tochter bundesweit um eine besser bezahlte Arbeitsstelle. Die Tochter sei nach der
am 5. März 2012 geschlossenen Eingliederungsvereinbarung von dem Träger der Leistungen nach dem SGB II aufgefordert worden, sich eine Beschäftigung zu suchen. Die Betreuung ihres jüngeren Kindes sei nur bis 12 Uhr gesichert.
Seine Tochter sei auch nicht bereit, ihm Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung zu leisten.
Der Ast. beantragt
ausdrücklich, die Beschwerdegegnerin wird verpflichtet, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes dem Beschwerdeführer Hilfe
zur Pflege durch Übernahme der Kosten des von diesem herangezogenen ambulanten Pflegedienstes über den mit Beschluss des Sozialgerichts
Halle vom 12. Juli 2011 im Umfang der durch das amtsärztliche Gutachten vom 27. April 2011 bescheinigten Hilfebedürftigkeit
zu gewähren;
(sinngemäß), ihm Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen und die Verfahrensbevollmächtigte beizuordnen.
Der Ag. beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Ag. hält die Entscheidung des Sozialgerichts, soweit diese angefochten ist, für zutreffend. Es sei nicht nachvollziehbar
begründet, warum die Tochter des Ast. die hauswirtschaftliche Versorgung nicht erbringen könne.
Nach Aufforderung des Berichterstatters hat der Ast. jeweils unter dem 8. März 2012 erstellte Abrechnungen des B.B.P.ambulante
Pflege für die Monate April 2011 bis Januar 2012 vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 108 bis 117 der Gerichtsakte
verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte Bezug genommen, welche Gegenstand
der Beratung des Senats gewesen sind.
II. Die nur von dem Ast. geführte Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 12. Juli 2011 hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft nach §
172 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG), da Ausschlussgründe im Sinne des Absatzes 3 dieser Vorschrift nicht vorliegen.
Das Sozialgericht hat den Antrag des Ast. auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht (teilweise) abgelehnt.
Nach §
86b Abs.
2 Satz 1 und
2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht die isolierte Anfechtungsklage die zutreffende Klageart ist, auf Antrag eine
einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des
bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte;
einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig,
wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach Satz 4 dieser Vorschrift gelten die §§
920,
921,
923,
926,
928 bis
932,
938,
939 und
945 Zivilprozessordnung (
ZPO) entsprechend. Nach §
920 Abs.
2 ZPO sind der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.
Im Rahmen der summarischen Prüfung ist ein Anordnungsanspruch nicht gegeben.
Der Ag. ist sachlich und örtlich zuständig für die begehrten Leistungen der Hilfe zur Pflege (§ 97 Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 3 Nr. 2 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - AG SGB XII - vom 11. Januar 2005, GVBl. LSA 2005, S. 8; § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII).
Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und
regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate,
in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege zu leisten. Nach Absatz 1 Satz 2 dieser Vorschrift ist
Hilfe zur Pflege auch Kranken und behinderten Menschen zu leisten, die voraussichtlich für weniger als sechs Monate der Pflege
bedürfen oder einen geringeren Bedarf als nach Satz 1 haben oder die der Hilfe für andere Verrichtungen als nach Absatz 5
dieser Vorschrift bedürfen. Als Krankheiten und Behinderungen sind in diesem Zusammenhang nach § 61 Abs. 3 Nr. 4 SGB XII auch solche zu berücksichtigen, infolge derer eine Person pflegebedürftig im Sinne des Absatzes 1 sind. Diese gesundheitlichen
Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit können auch erfüllt sein, wenn keine Pflegebedürftigkeit im Sinne der sozialen Pflegeversicherung
(§
14 SGB XI) vorliegt (so genannte Pflegestufe 0, vgl. hierzu z.B. Grube in: Grube/Wahrendorf, Sozialhilfe Kommentar, 3. Aufl. 2010,
§ 61 RdNr. 11).
Nach § 61 Abs. 2 Satz 1 SGB XII kann Hilfe zur Pflege auch in Form der häuslichen Pflege gewährt werden. Diese umfasst nach § 61 Abs. 5 Nr. 4 SGB XII im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung auch das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen
der Wäsche und Kleidung und das Beheizen.
Reicht die häusliche Pflege aus, soll der Träger der Sozialhilfe nach § 63 Satz 1 SGB XII darauf hinwirken, dass die Pflege einschließlich der hauswirtschaftlichen Versorgung durch Personen, die dem Pflegebedürftigen
nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen wird. Das Nähere hierzu wird nach Satz 2 der Vorschrift in den §§ 64 bis 66 SGB XII geregelt. Die angemessenen Kosten einer besonderen Pflegekraft sind nach § 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nur zu erstatten, wenn deren Heranziehung neben oder anstelle der Pflege nach § 63 Satz 1 SGB XII erforderlich oder eine Beratung oder zeitweilige Entlastung der Pflegeperson geboten ist.
Nach Auffassung des Senats ist es überwiegend wahrscheinlich, dass mit der Tochter des Ast. eine nahe Angehörige im Sinne
des § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Übernahme der hauswirtschaftlichen Versorgung zur Verfügung steht. Die von dem Ast. als Ausschlussgrund einer Heranziehung
angeführte unterbliebene Beratung seiner Tochter hat insoweit keine Bedeutung. Zunächst ist die Beratung des Angehörigen nicht
zwingend, soweit der Pflegebedürftige selbst über das notwendige Verständnis zur Erfassung der Sach- und Rechtslage verfügt
(vgl. im Ergebnis z.B. Grube in: Grube/Wahrendorf, aaO., § 64 RdNr. 4). Im Übrigen ist für den Senat das Vorbringen vor dem
Hintergrund der Anwesenheit des Schwiegersohnes des Ast. im Rahmen des Erörterungstermins vor dem Sozialgericht auch nicht
nachvollziehbar. Bei einer bis mittags gesicherten Betreuung beider Kinder seiner Tochter durch Dritte ist auch ein beachtlicher
Hinderungsgrund für die Pflege nicht erkennbar. Der vorgetragene Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung unter dem 5. März
2012 durch die Tochter führt nicht zu einem anderen Ergebnis, sondern bestätigt, dass sie derzeit nicht erwerbstätig ist.
Auch der im Rahmen des Verfahrens über die Kostenübernahme bekundete Wille, dass die Pflege lieber von einem Pflegedienst
entgegen genommen wird, ist insoweit nicht ausreichend.
Der Senat hält im Übrigen die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Tochter des Ast. für nicht hinreichend dargetan, um
auszuschließen, dass die Kosten einer Pflege durch den Pflegedienst nicht ggf. durch sie selbst zu tragen sind. Im Bereich
der Hilfe zur Pflege gilt die Einkommensfreigrenze von Unterhaltspflichtigen bei Leistungen zur Grundsicherung im Alter und
bei Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 SGB XII) nicht.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Der Ast. hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren.
Nach §
114 Satz 1
ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Bei der Prüfung der hinreichenden Aussicht auf Erfolg im Rahmen der Prozesskostenhilfe erfolgt lediglich eine vorläufige Prüfung
vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Rahmens der Art.
3 Abs.
1, 20 Abs.
3 und 19 Abs.
4 Grundgesetz (
GG). Hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers auf Grund seiner Sachverhaltsschilderung
und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit
der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG Kommentar, 9. Aufl. 2008, §
73a RdNr. 7 f. m.w.N.). Aus Gründen der Waffengleichheit zwischen den Beteiligten sind keine überspannten Anforderungen zu stellen
(vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 7. April 2000 - 1 BvR 81/00 - NJW 2000, S. 1936). Prozesskostenhilfe kommt demgegenüber nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Sache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen,
die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17. Februar 1989 - B 13 RJ 83/97 R - SozR 1500, § 72 Nr. 19).
Auch unter Berücksichtigung des für die Frage der Bewilligung von Prozesskostenhilfe zugrunde zu legenden Maßstabs fehlt es
an einer hinreichenden Erfolgsaussicht der Beschwerde, da der Senat in Bezug auf den Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens
im Ergebnis der angefochtenen Entscheidung gefolgt ist und die von dem Ast. vertretene Rechtsmeinung bei dem vorliegenden
Sach- und Streitstand von vornherein nicht geeignet ist, zu einem anderen Ergebnis zu führen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§
177 SGG).