Rechtmäßigkeit einer Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung zur Korrektur eines Bescheides über die Bewilligung einer Rente
wegen teilweiser Erwerbsminderung nach rückwirkender Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung; Vorliegen eines
atypischen Falls mit Ermessensausübung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung.
Die am __. _________ 1956 geborene Klägerin stellte am 8. Februar 2010 gegenüber der Beklagten einen Antrag auf Zuerkennung
einer Rente wegen Erwerbsminderung. Auf Aufforderung der Beklagten brachte sie dabei eine Arbeitgeberauskunft ihres damaligen
Beschäftigungsbetriebes, eines Kfz-Meisterbetriebes, bei. Der Beschäftigungsumfang betrug drei Stunden täglich entsprechend
15 Stunden wöchentlich. Die Arbeitgeberauskunft enthielt den Hinweis, dass das Arbeitsverhältnis bei Rentenbewilligung aufgrund
betriebsbedingter Verhältnisse aufgelöst würde. Ferner gab der Arbeitgeber längere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, u. a. seit
24. August 2009, an. Zur medizinischen Sachverhaltsaufklärung wertete die Beklagte einen Reha-Entlassungsbericht aus der H_____________-Klinik
in N___________ über den dortigen Aufenthalt der Klägerin vom 15. Dezember 2009 bis 26. Januar 2010 aus. Dort war bei Diagnose
einer mittelgradigen depressiven Episode, eines Bluthochdrucks und eines Zustandes nach Brustkrebserkrankung ein quantitatives
Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von drei bis unter sechs Stunden bei Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen
erkannt worden. Mit Bescheid vom 6. Juli 2010 gewährte die Beklagte der Klägerin eine zunächst bis zum 31. August 2011 befristetet
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in Höhe von 108,09 € monatlich ab 1. Februar 2010. Der Bescheid enthielt den Hinweis,
dass ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht bestehe, weil die Klägerin einen dem sozialmedizinisch
ermittelten Leistungsvermögen entsprechenden Teilzeitarbeitsplatz innehabe. Mit ihrem am 30. Juli 2010 eingelegten Widerspruch
begehrte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Anfang 2011 wurde das Arbeitsverhältnis der
Klägerin in dem Kfz-Meisterbetrieb beendet. Die im Widerspruchsverfahren durchgeführten medizinischen Ermittlungen bestätigten
zunächst das Vorliegen eines quantitativen Leistungsvermögens von drei bis unter sechs Stunden bei weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen,
gemäß dem das Gutachten des Internisten Dr. B____ vom 1. März 2011 und dem Gutachten des Neurologen Dr. G______ vom 15. März
2011. Mit Bescheid vom 21. März 2011 berechnete die Beklagte die Teilerwerbsminderungsrente mit Wirkung ab 1. Januar 2011
neu, ermittelte einen monatlichen Zahlbetrag von 107,74 EUR und hielt an der Befristung bis zum 31. August 2011 fest. Mit
Bescheid vom 30. August 2011 erfolgte eine Verlängerung der Teilerwerbsminderungsrente bis zum Ablauf des Monats August 2012.
Vom 17. August 2011 bis 14. September 2011 absolvierte die Klägerin in Kostenträgerschaft der Beklagten eine stationäre Rehabilitation
in der Psychosomatischen Klinik in Bad Na____________. Dort wurde von einem Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
und in der letzten beruflichen Tätigkeit von unter drei Stunden täglich ausgegangen.
Die Beklagte gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 28. November 2011 eine bis Dezember 2012 befristete Rente wegen voller
Erwerbsminderung ab Februar 2010 und ermittelte einen monatlichen Zahlbetrag von 220,57 EUR. Sie wies einen Nachzahlungsbetrag
in Höhe von 5.044,42 EUR für den Zeitraum vom 1. Februar 2010 bis 31. Dezember 2011 aus und erklärte, die Nachzahlung werde
vorläufig nicht ausgezahlt. Zunächst seien Ansprüche anderer Stellen zu klären. Sobald die Höhe der Ansprüche bekannt sei,
werde die Nachzahlung abgerechnet. Der Bescheid enthielt ferner den Hinweis, dass, sofern für den denselben Zeitraum mehrere
Rentenansprüche aus eigener Versicherung beständen, nur die höchste Rente zu leisten sei. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
sei daher nicht zu zahlen.
Die Innungskrankenkasse Nord (IKK) machte gegenüber der Beklagten am 15. Dezember 2011 einen Erstattungsanspruch in Höhe von
1.593,02 EUR wegen des der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Februar 2010 bis 9. Januar 2011 gezahlten Krankengeld geltend.
Die Bundesagentur für Arbeit machte am 8. Dezember 2011 gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch in Höhe von 2.190,19
EUR im Hinblick auf der Klägerin für den Zeitraum vom 12. Januar 2011 bis 9. Dezember 2011 gezahltes Arbeitslosengeld geltend.
Die Beklagte befriedigte die geltend gemachten Erstattungsansprüche, informierte die Klägerin davon mit Schreiben vom 4. Januar
2012 und teilte ihr mit, dass der Restbetrag der Nachzahlung in Höhe von 1.261,21 EUR weiterhin einbehalten werde. Es wurde
angekündigt, dass über die noch einbehaltene Nachzahlung in Kürze eine weitere Nachricht erfolgen werde.
Die Klägerin meldete sich daraufhin am 19. Januar 2012 telefonisch bei der Beklagten und bat um Auszahlung der restlichen
Nachzahlung.
Mit Schreiben vom 19. Januar 2012 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass der weitere Nachzahlungsbetrag zunächst
einbehalten werde, da bei Berechnung der Nachzahlung zunächst nicht berücksichtigt worden sei, dass eine Rente wegen teilweiser
Erwerbsminderung gezahlt worden sei. Wie hinsichtlich der bereits an sie gezahlten Beträge der teilweisen Erwerbsminderungsrente
zu verfahren sei, könne die Beklagte ihr erst zu einem späteren Zeitpunkt mitteilen.
Mit Bescheid vom 15. Mai 2012 hob die Beklagte den Bescheid vom "15.03.2011" über die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
hinsichtlich des Zahlungsanspruches für die Zeit vom 1. Februar 2010 bis 31. Dezember 2011 gestützt auf § 48 SGB X (10. Sozialgesetzbuch- Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz) auf. Zur Begründung führte die Beklagte aus, für
den genannten Zeitraum ergebe sich eine Überzahlung von 2.488,23 EUR. Dieser Betrag sei im Interesse der Klägerin bereits
mit der Rentennachzahlung aus der Rente wegen voller Erwerbsminderung, die nach Abrechnung der Erstattungsansprüche verblieben
sei, verrechnet worden. Die restliche Überzahlung betrage noch 1.666,59 EUR. Diesen Betrag habe die Klägerin zu erstatten.
Eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X sei durch die Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung eingetreten. Diese sei höher als die bisherige Rente wegen
teilweiser Erwerbsminderung. Nach §
89 Abs.
1 SGB VI (6. Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung) sei daher der Anspruch auf die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
weggefallen. Die Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit erfolge aufgrund von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Die mit Bescheid vom 28. November 2011 bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung stelle Einkommen im Sinne dieser Vorschrift
dar. Insoweit verwies die Beklagte auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 7. September 2010 zum Aktenzeichen B 5 KN 4/08 R.
Gegen diesen Bescheid richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 4. Juni 2012. Zur Begründung ihres Widerspruchs wies
diese darauf hin, dass sie keine Nachzahlung erhalten habe und daher auch nicht erstattungspflichtig sein könne. Dem Widerspruch
half die Beklagte mit Bescheid vom 30. August 2012 teilweise ab und korrigierte damit einen Rechenfehler, denn bei Berechnung
der von der Klägerin vorzunehmenden Erstattung im Bescheid vom 15. Mai 2012 hatte sie den Erstattungsanspruch der IKK mit
2.032,59 EUR und nicht mit "lediglich" 1.593,02 EUR berücksichtigt. Hintergrund war der Abzug einer bereits im Hinblick auf
die rückwirkende Gewährung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erfolgten Erstattung in Höhe von 439,57 EUR von dem
Gesamterstattungsbegehren der IKK. Die von der Klägerin geforderte Erstattung reduzierte die Beklagte dadurch auf 1.227,02
EUR.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und hielt an ihrer bisherigen Auffassung
fest. Ausführungen zur Ermessensausübung enthielt der Widerspruchsbescheid nicht.
Mit der am 19. März 2013 beim Sozialgericht Itzehoe erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung
hat sie ausgeführt, der Auffassung der Beklagten wäre allenfalls dann zu folgen, wenn es sich bei der Rente wegen voller Erwerbsminderung
um eine gänzlich andere Rentenart handeln würde als bei der zuvor geleisteten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Dies
erscheine ihr jedoch zweifelhaft. Es handele sich insoweit lediglich um ein "Mehr" gegenüber der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung,
nicht jedoch um eine völlig andere Rentenart. Das dazu ergangene Urteil des Bundessozialgerichts vom 7. September 2010 sei
ihr bekannt. Es sei aber fraglich, ob die darin aufgestellten Grundsätze zur Unterscheidung einer Rente für Bergleute und
der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ohne Weiteres auf den vorliegenden Fall übertragbar seien. Nach ihrer Ansicht handele es
sich nicht zwingend um verschiedene selbstständig bestehende Ansprüche. §
43 SGB VI unterscheide die beiden Rentenarten lediglich hinsichtlich der noch möglichen Arbeitszeit. Ihr Arbeitsverhältnis zum Kfz-Betrieb
habe bis kurz vor dem Antrag auf Arbeitslosengeld am 12. Januar 2011 bestanden. Sie sei jedenfalls mit der Kündigung zum Arbeitsamt
gegangen, um dort Arbeitslosengeld zu beantragen. Seit etwa 30 Jahren sei sie zusätzlich im Hafenamt F_____________ beschäftigt.
Dort arbeite sie etwa zwei Stunden wöchentlich.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 2012 in der Fassung des Bescheides vom 30. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 21. Februar 2013 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, wenn anstelle einer niedrigeren Rente rückwirkend eine höhere gezahlt werde, erstrecke sich der Erstattungsanspruch
nach § 103 SGB X auf die volle - ungekürzte - Rentennachzahlung der höheren Rente. Die Rentennachzahlung der höheren Rente sei nicht um die
im Nachzahlungszeitraum bereits geleisteten Beträge der niedrigeren Rente zu mindern. Das Vorbringen der Klägerin, es handele
sich bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und der Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht um eigenständige Leistungsansprüche,
werde von ihr nicht geteilt. Angesprochen auf das im Aufhebungsbescheid genannte Bescheiddatum vom 15. März 2011, trägt die
Beklagte vor, es stelle sich so dar, dass eine Neuberechnung der Rente für die Zeit ab dem 1. Januar 2011 wohl am 15. März
2011 stattgefunden habe, der Bescheid letztlich dann aber erst am 21. März 2011 freigegeben worden sei.
Mit Urteil vom 24. Februar 2015 hat das Sozialgericht Itzehoe den Bescheid vom 15. Mai 2012 in der Fassung des Bescheides
vom 30. August 2012 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2013 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die angegriffenen Verwaltungsentscheidungen seien in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Insbesondere werde hinreichend
deutlich, dass die Bewilligungsentscheidungen zur teilweisen Erwerbsminderungsrente für den dort angegebenen Zeitraum habe
aufgehoben werden sollen, so dass die Benennung eines - offensichtlich nicht ergangenen - Bescheides vom 15. März 2011 im
Ausgangsbescheid vom 15. Mai 2012 und im Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2013 eine offensichtliche Unrichtigkeit darstelle,
die nicht beachtlich sei. Die Aufhebungsentscheidung sei jedoch materiell rechtswidrig. Die Regelung des § 48 SGB X sei anwendbar. Die Anwendung dieser Norm scheitere nicht an dem Umstand, dass die Bewilligung der teilweisen Erwerbsminderungsrente
bereits durch den Bescheid vom 28. November 2011 konkludent aufgehoben worden sei. Zwar sei der Bescheid vom 28. November
2011 ausdrücklich auch anstelle der bisherigen Rente erlassen worden, allerdings ergebe sich aus der berechneten Nachzahlung,
dass hierbei die geleistete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung unberücksichtigt geblieben sei. In Anwendung der vom Bundessozialgericht
in dem Urteil vom 7. September 2010 aufgestellten Maßstäbe und unter Berücksichtigung von §
89 Abs.
1 SGB VI habe die Beklagte mit Erlass des Bescheides vom 28. November 2011 eine Änderung der Verhältnisse dahingehend herbeigeführt,
dass der Zahlungsanspruch der zuvor bewilligten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung entfallen sei. Der Auffassung der
Klägerin, dass es sich insoweit nicht um andere Renten handele, sei nicht zu folgen. Dies ergebe sich bereits aus der Aufzählung
in §
89 Abs.
1 Satz 2
SGB VI. Auch die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X lägen vor. Denn mit der nachträglich bewilligten Rente wegen voller Erwerbsminderung sei Einkommen erzielt worden, welches
zum Wegfall des Anspruchs auf Zahlung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung geführt habe. Es fehle jedoch an einer ordnungsgemäßen
Ermessensausübung. Es liege ein atypischer Fall vor, so dass die Beklagte Ermessen habe ausüben müssen. Zu berücksichtigen
sei, dass bei Bewilligung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung die Arbeitgeberauskunft bereits vorgelegen habe, in
der mitgeteilt worden sei, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin wegen betriebsbedingter Verhältnisse aufgelöst werde. Dies
sei dann auch später tatsächlich geschehen. In dieser Situation wäre seitens der Beklagten zu prüfen gewesen, ob bzw. ab wann
wegen des nahenden Wegfalls des leistungsgerechten Teilzeitarbeitsplatzes eine volle Erwerbsminderungsrente zu bewilligen
gewesen wäre. Die Beklagte hätte sich jedenfalls veranlasst sehen müssen, nähere Umstände des wegfallenden Arbeitsplatzes
zu erfragen. Dies ergebe sich auch aus einem internen Vermerk vom 17. Juni 2011. Damit sei die Beklagte mitverantwortlich
dafür, dass die Klägerin zunächst Leistungen der Bundesagentur für Arbeit und IKK erhalten habe, die nachträglich im Wege
der Erstattung gegenüber der Beklagten geltend gemacht worden seien und im Ergebnis die Nachzahlungsforderung der Beklagten
gegenüber der Klägerin begründeten. Bei der vor diesem Hintergrund eröffneten Ermessensentscheidung hätte sich die Beklagte
damit auseinandersetzen müssen, ob aufgrund der Einzelumstände in Abwägung mit dem Interesse der Versichertengemeinschaft
möglicherweise die Aufhebung der vormaligen Bewilligungsentscheidung wenigstens teilweise hätte unterbleiben können. Dies
habe die Beklagte aber pflichtwidrig unterlassen.
Gegen das ihr am 7. Juli 2015 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 4. August 2015. Zur Begründung
der Berufung trägt sie vor, der Auffassung des Sozialgerichts zum atypischen Fall könne nicht gefolgt werden. Der Klägerin
sei aus dem Bescheid vom 6. Juli 2010 bekannt gewesen, dass sie einen Anspruch auf Rente nur wegen teilweiser Erwerbsminderung
gehabt habe, weil sie einen entsprechenden Arbeitsplatz inne gehabt habe. Die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung
sei das Ziel der Klägerin gewesen, insoweit müsse sie sich das Handeln ihrer Bevollmächtigten zurechnen lassen. Es wäre für
die Klägerin auch ein Leichtes gewesen, ihr, der Beklagten, Mitteilung über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu machen.
Dies sei jedoch nicht geschehen. Es sei auch nicht erkennbar, dass sie aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift verpflichtet
gewesen sei, bei der Klägerin nachzufragen, ob das Arbeitsverhältnis aufgelöst worden sei. Es sei auch zu bedenken, dass selbst
dann, wenn sie auf Nachfrage von der Klägerin erfahren hätte, dass das Arbeitsverhältnis aufgelöst worden sei, dies nicht
zwingend zur Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung geführt hätte. Denn möglicherweise wäre noch eine Prüfung
des Teilzeitarbeitsmarktes bei der zuständigen Agentur für Arbeit erforderlich gewesen. Arbeitslos sei die Klägerin zudem
erst kurz vor dem 12. Januar 2011 geworden. Der Überzahlungszeitraum erstrecke sich aber auch über den Zeitraum seit 1. Februar
2010. Der verbleibende Zeitraum der Überzahlung trete insoweit in den Hintergrund und könne keine Atypik begründen. Selbst
sie ein Mitverschulden am Entstehen der Höhe der Überzahlung träfe, wäre fraglich, ob dies einen atypischen Fall begründen
würde. Die Beklagte stützt sich insoweit auf mehrere Urteile des Sozialgerichts Reutlingen, des Sozialgerichts Würzburg, des
Sozialgerichts Bayreuth, des Sozialgerichts Schleswig, des Sozialgerichts Kassel und des Sozialgerichts Gießen, die sie auszugsweise
zitiert.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 24. Februar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen und die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Ergänzend wird hinsichtlich des Sach- und Streitstandes auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der
Gerichtsakte und der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht eingelegt worden.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Zu Recht und mit -auch- zutreffender Begründung hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben.
Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen waren rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten. Sie waren daher
aufzuheben.
Die Beklagte stützt ihre Entscheidung auf § 48 SGB X. Nach dessen Abs. 1 Satz 1 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit sich in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei
seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung ereignet, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt
soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufgehoben werden, soweit u. a. nach Antragstellung oder seinem
Erlass Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§
48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X).
Zu Recht hat das Sozialgericht die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen nicht bereits deshalb als rechtswidrig eingestuft,
weil sie das Datum des aufzuhebenden Bescheides nicht korrekt benannt haben und damit gegen das Bestimmtheitsgebot gemäß §
33 SGB X verstoßen hätten. Entscheidend ist, dass aus den angefochtenen Entscheidungen hinreichend deutlich wird, dass die Rentengewährung
wegen teilweiser Erwerbsminderung für den Zeitraum vom 1. Februar 2010 bis 31. Dezember 2011 aufgehoben werden soll. Dass
die Beklagte die insoweit maßgebenden Bescheide vom 6. Juli 2010 und 21. März 2011 nicht genannt hat, sondern einen tatsächlich
nicht existierenden Bescheid vom 15. März 2011, ist nicht beachtlich, denn der Sinngehalt ihrer Entscheidung ist noch erkennbar
(so auch Thüringer LSG, Urteil vom 27. September 2012, L 9 AS 816/11).
Im Ergebnis zutreffend hat das Sozialgericht auch eine grundsätzliche Anwendbarkeit der Regelung des § 48 SGB X in der hier vorliegenden Konstellation einer rückwirkenden Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung bei vorherigem
Bezug einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung angenommen und die Voraussetzungen des §
48 Abs.1 Satz2 Nr.3
SGB VI dem Grunde bejaht. Gestützt auf §
89 SGB VI hat das Bundessozialgericht dies im Verfahren B 5 KN 4/08 R, in dem es um die fragliche Begrenzung eines Erstattungsanspruchs der Bundesagentur für Arbeit gegen einen Rentenversicherungsträger
auf den Differenzbetrag zweier Renten ging, für die Konstellation des Zusammentreffens einer rückwirkend gewährten Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit nach altem Recht und einer niedrigeren Rente für Bergleute entschieden. Dabei hat es ausgeführt, dass in
der Bewilligung einer höheren Rente anstelle der bisherigen Rente konkludent bereits eine Aufhebung der niedrigeren Rente
zu erblicken sei, die ihre Stütze in § 48 Abs. 1 SGB X finde. Der dort beklagte Rentenversicherungsträger sei auch berechtigt gewesen, den Bescheid über die Rente für Bergleute
mit Wirkung ab Änderung der Verhältnisse aufzuheben, da durch die höhere Rentengewährung Einkommen erzielt worden sei, welches
zum Wegfall des Anspruchs auf Zahlung der Rente für Bergleute geführt habe. Der zitierten Rechtsprechung folgt der Senat grundsätzlich.
Entgegen der Ansicht der Klägerin kann dem auf Tatbestandsebene nicht entgegengehalten werden, dass es sich bei den Renten
wegen voller Erwerbsminderung und wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht um unterschiedliche Rentenarten handele, denn die
Regelung des §
89 SGB VI führt in Abs.
1 Satz 2 diese Renten in Nr.
7 und Nr. 11 als unterschiedliche Rentenarten auf und bestimmt in Verbindung mit ihrem Abs. 1 Satz 1, dass bei Gewährung beider
Renten für den gleichen Zeitraum nur die Rente wegen voller Erwerbsminderung als höhere Rente geleistet wird.
§
48 Abs.1 Satz 2 Nr.3
SGB VI rechtfertigt aber schon nicht die von der Beklagten vorgenommene Aufhebung der Bewilligung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
in voller Höhe. Danach ist die Aufhebung nämlich nur legitimiert "soweit" Einkommen oder Vermögen erzielt wurde, das zum Wegfall
oder zur Minderung des Anspruchs geführt hat. Eine Aufhebungsentscheidung kann danach also nur in Höhe des tatsächlich erzielten
Einkommens erfolgen (BSG, Urteil vom 13. August 1986, 7 RAr 33/85; Urteil vom 23. März 1995, 13 RJ 39/94; vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar zur Sozialversicherung § 48 SGB X Rn.50). Zwar hat die Klägerin durch rückwirkende Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung Einkommen erzielt,
welches gemäß §
89 SGB VI zum Wegfall des Anspruchs auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für den gleichen Zeitraum geführt hat, eine Einkommenserzielung
ist aber nur in Höhe der für Februar 2010 bis Dezember 2011 errechneten Nachzahlung erfolgt, soweit diese nicht für die Befriedigung
der Erstattungsansprüche der Bundesagentur für Arbeit und der IKK erforderlich war. Über die Differenz der beiden Erstattungsansprüche
zu dem Gesamtnachzahlungsbetrag hinaus durfte die Beklagte die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung daher nicht aufheben
und sie durfte gemäß § 50 I SGB X über die erfolgte Verrechnung der verbleibenden Nachzahlung mit dem Aufhebungsbetrag auch keinen Erstattungsbetrag gegenüber
der Klägerin geltend machen.
Ungeachtet dessen läge darüber hinaus auch ein atypischer Fall vor, aufgrund dessen die Beklagte bei ihrer Aufhebungsentscheidung
Ermessen hätte ausüben müssen. Aus dem Wortlaut des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X ("soll") ergibt sich, dass ein Sozialleistungsträger bei Vorliegen der in Nr. 1 bis 4 genannten Voraussetzungen im Regelfall
eine Aufhebung des rechtswidrig gewordenen Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung ab Änderung der Verhältnisse vornehmen kann und
muss, ohne Ermessen auszuüben. In atypischen Fällen ist hingegen eine Ermessensausübung erforderlich. Ob ein atypischer Fall
vorliegt, hängt dabei maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab. Es kommt darauf an, ob der Einzelfall aufgrund seiner
besonderen Umstände von dem Regelfall der Tatbestände nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, die die Aufhebung des Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen, signifikant abweicht und die vorgesehene Rechtsfolge
für den Betroffenen eine unverhältnismäßige Härte darstellen würde (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 77/09 R). Ein atypischer Fall liegt immer dann vor, wenn der Betroffene durch die Aufhebung im Nachhinein vermehrt sozialhilfebedürftig
würde (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 1995, 10 RKg 9/95). Auch das Verhalten des Leistungsträgers im Geschehensablauf ist in die Betrachtung einzubeziehen. Mitwirkendes Fehlverhalten
auf seiner Seite, das als eine atypische Behandlung des Falles im Sinne einer Abweichung von der grundsätzlich zu erwartenden
ordnungsgemäßen Sachbearbeitung zu werten ist, kann die Atypik des verwirklichten Tatbestandes ergeben (BSG vom 1. Juli 2010, a.a.O.). Zu berücksichtigen ist auch, ob die Rückerstattung nach Lage des Falles eine Härte bedeutet, die
den Leistungsbezieher in untypischer Weise stärker belastet als den hierdurch im Normalfall Betroffenen (BSG vom 1. Juli 2010, a.a.O.).
Nach diesen Maßstäben liegt ein atypischer Fall vor. Zunächst ist eine Atypik vorliegend zu dem Regelfall des Tatbestandes
des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X dadurch begründet, dass der Klägerin vorliegend überhaupt kein verwertbares Einkommen zugeflossen ist. Die Gewährung der
Rente wegen voller Erwerbsminderung ist unter Berücksichtigung der vom Bundessozialgericht im Urteil vom 7. September 2010
- B 5 KN 4/08 R aufgestellten Maßstäbe zwar als erzieltes Einkommen, das den Anspruch auf die Zahlung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
entfallen lässt, zu werten, typischerweise liegen Aufhebungsentscheidungen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X aber Konstellationen zugrunde, in denen ein Leistungsbezieher die später aufgehobene Sozialleistung erthält und ab einem
späteren Zeitpunkt zusätzlich eine andere Einkommensart, sei es eine andere Sozialleistung oder Erwerbseinkommen oder jedwedes
andere Einkommen bezieht.
Die Atypik des Falles liegt auch darin begründet, dass die Klägerin durch die rückwirkende Gewährung einer höherrangigen Sozialleistung
wirtschaftlich schlechter gestellt wird als ohne sie. Da die Summe der von der Klägerin bezogenen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
und des dazu parallel bezogenen Krankengeldes und des Arbeitslosengeldes jeweils höher war als der Zahlbetrag der jetzt bezogenen
Rente wegen voller Erwerbsminderung und die Erstattungsansprüche der IKK und der Bundesagentur für Arbeit nach § 103 SGB X nicht auf die Differenz der beiden Rentenzahlbeträge begrenzt sind, befindet sich die Klägerin in der paradoxen Situation,
dass ihr zwar eine höhere Rente gewährt wird, sie aber nicht nur von dem rechnerisch ermittelten Nachzahlungsbetrag nichts
erhält, sondern darüber hinaus noch eine Rückzahlung der bereits gezahlten niedrigeren Rente an die Beklagte vornehmen soll.
Diese Gemengelage weicht von der Grundkonstellation des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X so deutlich ab, dass die Ausübung von Ermessen durch die Beklagte geboten erscheint. Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt
hat, wäre es naheliegend gewesen zu prüfen, ob die Rückforderung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf den nach
Abrechnung der Erstattungsansprüche gegenüber der IKK und der BA noch zur Verfügung stehenden Nachzahlungsbetrag begrenzt
wird.
Die Atypik des Falles begründet sich aber auch in einer zwar gegenüber dem individuellen Sachbearbeiter nicht vorwerfbaren,
aber insgesamt dennoch fehlerhaften Behandlung des Verwaltungsvorgangs durch die Beklagte. Wie das Sozialgericht zutreffend
ausgeführt hat, hätte es im Hinblick auf die durch den Arbeitgeber bereits kurz nach Rentenantragstellung angekündigte Auflösung
des Arbeitsverhältnisses bei Rentengewährung nahegelegen, Ermittlungen dazu anzustellen, ob die Klägerin das Teilzeitarbeitsverhältnis
noch innehatte oder ob im Hinblick auf das auf drei bis unter sechs Stunden eingeschränkte Leistungsvermögen nicht ein Anspruch
auf eine so genannte Arbeitsmarktrente wegen voller Erwerbsminderung bestanden hätte. Dies hätte im Rahmen einer Wiedervorlage
des Vorgangs nach erfolgter Rentengewährung nach einem gewissen Zeitraum oder auch anlässlich der Sachbearbeitung im Frühjahr
2011 geschehen können.
Ferner sind die Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung und wegen voller Erwerbsminderung nach den obigen Ausführungen zwar
unterschiedliche Leistungsarten im Sinne von §
89 SGB VI und eröffnen somit in der vorliegenden Konstellation den Anwendungsbereich des § 48 SGB X. Es liegt aber wiederum kein typischer Fall des Aufeinandertreffens zweier Renten vor. Da die Anspruchsvoraussetzungen beider
Renten im Wesentlichen nur durch das zeitliche Restleistungsvermögen differenziert werden, beide Rentenarten gemeinsam in
einer Vorschrift, nämlich §
43 SGB VI, geregelt werden, und diese auch noch mit der Überschrift "Rente wegen Erwerbsminderung" und nicht etwa "Renten wegen Erwerbsminderung"
versehen ist, wird unter Außerachtlassung von §
89 SGB VI gesetzlich der Eindruck erweckt, es handele sich um 2 Stufen einer einheitlichen Rentenart. Läge ein Fall der Gewährung einer
höheren Stufe einer einheitlichen Rentenart tatsächlich vor, etwa bei Gewährung einer höheren Unfallrente nach Erhöhung der
MdE, so wäre § 48 SGB X aber nicht zu Lasten des Versicherten anwendbar. Auch dies begründet einen atypischen Fall des § 48 SGB X.
Schließlich ist das Verwaltungshandeln der Beklagten auch im Rahmen der Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung
bei gleichzeitiger - konkludenter - Aufhebung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht sonderlich glücklich. Bereits
in der Rentengewährung vom 28. November 2011, die ausdrücklich anstelle der bisherigen Rente erfolgte, liegt eine konkludente
Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen zur Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (vgl. BSG, Urteil vom 7. September 2010, a.a.O.). Diese ist allerdings unvollständig erfolgt, denn bei Benennung des Nachzahlungsbetrages
hatte die Beklagte den Abzug der bereits geleisteten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung noch nicht berücksichtigt und
in der Berechnung der Nachzahlung ist in der Anlage 1 zu dem Bescheid vom 28. November 2011 auch kein Abzug der bereits gezahlten
Rentenbeiträge vorgenommen worden. Eine Erstattungs- und Verrechnungsentscheidung hat die Beklagte erstmals mit dem Bescheid
vom 15. Mai 2012 getroffen. Sie hat damit den Eindruck erweckt, es stünde aus der rückwirkenden Rentengewährung mit Bescheid
vom 28. November 2011 insgesamt eine Nachzahlung von über 5.000,00 EUR effektiv zur Verfügung, die dann nur noch um die Erstattungsansprüche
der anderen beteiligten Träger zu reduzieren sei. Es wäre naheliegend gewesen, die Klägerin in verständlicher Form darauf
hinzuweisen, dass der zur Verfügung stehende Nachzahlungsbetrag wegen der gleichzeitig vorgenommenen Aufhebung der Rente wegen
teilweiser Erwerbsminderung deutlich niedriger ausfallen würde und sich gegebenenfalls sogar ins Negative kehren könnte. Darüber
informiert der Bescheid vom 28. November 2011 gerade nicht. Für einen Adressaten, der sich nicht tagtäglich mit Rentenberechnungen
beschäftigt und mit den Regelungen des
SGB VI sehr gut vertraut ist, ist dieser Effekt aus dem Bescheid vom 28. November 2011 auch in keiner Weise erkennbar. Dies gilt
auch für das noch am 4. Januar 2012 an die Klägerin versandte Schreiben. Dort wird ein Betrag in Höhe von 1.261,21 EUR genannt,
der nach Befriedigung der Erstattungsansprüche der IKK und der BA noch verblieben sei. Es wird mitgeteilt, dass dieser weiterhin
einbehalten werde, ein Grund dafür wird nicht genannt. Der Klägerin wird mitgeteilt, dass über die weitere Verfahrensweise
bezüglich der noch einbehaltenen Nachzahlung in Kürze eine weitere Nachricht erfolge. Erst mit Schreiben vom 19. Januar 2012
hat die Beklagte der Klägerin mitgeteilt, dass die Rentenbeträge der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berechnung
der Nachzahlung zunächst nicht berücksichtigt worden seien und dies noch zu erfolgen habe. Auch hier erfolgte kein Hinweis
auf das ungefähre wirtschaftliche Ausmaß der noch zu erfolgenden Berücksichtigung, obwohl die Differenz zwischen den Zahlbeträgen
wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung recht einfach zu ermitteln gewesen wäre. Erst deutlich später, nämlich mit Bescheid
vom 15. Mai 2012, hat die Beklagte die Erstattung des aus der verbleibenden Nachzahlung geforderten Zahlbetrages der Rente
wegen teilweiser Erwerbsminderung gefordert. Dies muss für die Klägerin nach Lage der Dinge äußerst überraschend geschehen
sein, zumal die Beklagte auch im Schreiben vom 19. Januar 2012 in keiner Weise auf eine noch mögliche Erstattungsforderung
hingewiesen hat. Die geltend gemachte Erstattungsforderung ist zwar nicht verfristet oder verwirkt und die späte Geltendmachung
ein halbes Jahr nach Erlass des rentengewährenden Bescheides und fünf Monate nach Abrechnung der Erstattungsansprüche mit
den anderen Sozialleistungsträgern mag auch auf die bei der Beklagten herrschende Arbeitsbelastung zurückzuführen sein und
den beteiligten Sachbearbeitern nicht vorzuwerfen sein. Insgesamt liegt aber ein sehr ungeschicktes und die Klägerin sicherlich
eher verwirrendes Verwaltungshandeln der Beklagten zwischen Erlass des Bescheides vom 28. November 2011 und dem Erlass des
Bescheides vom 15. Mai 2012 vor. Die Beklagte hätte sich im Hinblick auf die nicht unerhebliche wirtschaftliche Belastung
durch den Bescheid vom 15. Mai 2012 dazu veranlasst sehen müssen, aufgrund der Umstände des Einzelfalls eine Ermessensentscheidung
zur tatsächlichen Vornahme der Aufhebungsentscheidung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X vorzunehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs.
1 und Abs.
4 SGG und folgt der Sachentscheidung.
Die Zulassung der Revision beruht auf §
160 Abs.2 Nr.1
SGG.