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LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 10.11.2015 - 2 SB 16/12
Zuerkennung des Merkzeichens "H" im Schwerbehindertenrecht Anforderungen an die Annahme von Hilflosigkeit im Sinne der Versorgungsmedizinischen Grundsätze
1. Hilflosigkeit ist nach Teil A Nr. 4 Buchst. f DBuchst. aa VersMedV nur bei einer geistigen Behinderung anzunehmen, die mit einem GdB von 100 zu bewerten ist. Dies ist nach Teil B Nr. 3.4.2 VersMedV nicht anzunehmen, wenn der behinderte Mensch zwar nur in einer Werkstatt für behinderte Menschen arbeiten kann und Leistungen des ambulant betreuten Wohnens erhält, sich aber eine gewisse Selbstständigkeit erarbeitet hat, über ein unbeeinträchtigtes Sprachvermögen verfügt und eine stabile Partnerbeziehung führt, in deren Rahmen die Wochenenden ohne professionelle Betreuung verbracht werden.
2. Hilflosigkeit ist nach Teil A Nr. 4 Buchst. b-d nicht schon deshalb anzunehmen, weil eine regelmäßige Beobachtung des behinderten Menschen erfolgen muss und die Bereitschaft zur Hilfeleistung bestehen muss, um gewichtige Gesundheitsgefahren abzuwenden. Zwar ist die Annahme von Hilflosigkeit bei ständiger Hilfebereitschaft nicht auf die Vermeidung akuter Lebensgefahr beschränkt, gefordert sind aber vergleichbare schwerwiegende gesundheitliche Risiken.
1. Hilflosigkeit liegt auch vor, wenn ein psychisch oder geistig behinderter Mensch zwar bei zahlreichen Verrichtungen des täglichen Lebens der Hilfe nicht unmittelbar bedarf, er diese Verrichtungen aber infolge einer Antriebsschwäche ohne ständige Überwachung nicht vornähme; die ständige Bereitschaft ist z.B. anzunehmen, wenn die Hilfe häufig und plötzlich wegen akuter Lebensgefahr notwendig ist.
2. Einzelne Verrichtungen, selbst wenn sie lebensnotwendig seien, genügen nicht.
3. Die dazu ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts fordert einen Hilfebedarf bei mindestens 3 Verrichtungen und sieht vor, dass hilflos im Sinne der genannten Vorschrift stets derjenige ist, der bei den relevanten Verrichtungen für mindestens zwei Stunden täglich fremder Hilfe dauernd bedarf.
4. Bei einem täglichen Zeitaufwand für fremde Hilfe zwischen einer und zwei Stunden ist Hilflosigkeit dann anzunehmen, wenn der wirtschaftliche Wert der erforderlichen Pflege besonders hoch ist.
Normenkette:
BVG § 35 Abs. 1 S. 2-3
,
EStG § 33b Abs. 6 S. 4
,
SGB IX § 69 Abs. 4
,
VersMedV § 2
,
VersMedV Anlage Teil A Nr. 4 Buchst. b)-c) S. 2-3
,
VersMedV Anlage Teil A Nr. 4 Buchst. d)
,
VersMedV Anlage Teil A Nr. 4 Buchst. f) Doppelbuchst. aa)
,
VersMedV Anlage Teil B Nr. 3.4.2
Vorinstanzen: SG Itzehoe 09.01.2012 S 26 SB 276/09
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 9. Januar 2012 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.

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