Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung einer überwiegend als Kombinationstherapie durchgeführten Immuntherapie
mit dendritischen Zellen und einer lokoregionalen Elektro-Tiefenhyperthermie (EHT).
Bei der 1965 geborenen und bei der Beklagten freiwillig krankenversicherten Klägerin wurde im November 2004 ein Oligoastrozytom
WHO-Grad II links temporal diagnostiziert und operativ entfernt. Im Entlassungsbericht der Klinik für Neurochirurgie der C.
vom 30. November 2004 wird ausgeführt, im postoperativen Früh-MRT habe sich eine maximale Entfernung des Hirntumors gezeigt.
Als weiteres Vorgehen wurde eine Anschlussheilbehandlung organisiert und um Wiedervorstellung nach deren Abschluss bzw. MRT-Kontrollen
im Abstand von sechs Monaten gebeten. In der Folgezeit stellte der Facharzt für diagnostische Radiologie Dr. W. bei seinen
kernspintomographischen Untersuchungen des Schädels am 19. Mai 2005 und 9. Februar 2006 keinen Anhalt für einen Rezidivtumor
fest. Es zeigten sich geringgradig ausgeprägte Signalanhebungen temporal am Resektionsbereich, die Hygrome waren subtotal
zurückgebildet, lediglich links frontal war noch ein winziges Kompartiment nachweisbar. Der Facharzt für Radiologie F. stellte
bei seiner Verlaufskontrolle am 6. Oktober 2006 einen im Vergleich zur Voruntersuchung unveränderten Befund fest. Auch für
ihn ergab sich kein Hinweis auf eine Raumforderung, eine Wachstumstendenz oder eine Schrankenstörung. Die Verlaufskontrolle
am 10. August 2007 zeigte im Vergleich zu den Voraufnahmen zwar eine geringe Befundänderung mit leichter Größenzunahme der
pathologischen Randzone am vorderen Temporalpol links angrenzend an das Resektionsgebiet. Herr F. führte in seinem Befundbericht
vom selben Tag aus, dass hier ein beginnendes Lokalrezidiv möglich sei. Daraufhin stellte sich die Klägerin am 17. August
2007 erneut ambulant in der Neurochirurgischen Klinik der C. vor. Der behandelnde Oberarzt Dr. L. bestätigte eine diskrete
Zunahme der Signalintensität in den Flair-Bildern, wies im Bericht vom 20. August 2007 aber darauf hin, dass die Veränderungen
im Prinzip schon seit 2005 bekannt und auf den anderen Aufnahmen vom 10. August 2007 auch nicht so deutlich zu sehen seien.
Insbesondere nehme der Befund kein Kontrastmittel auf. Eine raumfordernde Wirkung gehe von ihm nicht aus. Es sei zwar durchaus
möglich, dass sich hier schleichend ein erneutes Tumorwachstum abspiele. Dies eindeutig zu beurteilen erfordere aber eine
weitere Kontrolluntersuchung, die in einem halben Jahr durchgeführt werden solle. Danach bestehe die Möglichkeit, dass man
den Bezirk noch einmal operativ entferne. Ein Rezidivtumor ist seither bei der Klägerin nicht diagnostiziert worden. Sie befindet
sich nach ihrem eigenen Vorbringen im Zustand der klinischen Komplettremission.
Die Klägerin nahm am 7. September 2005 die Behandlung bei Prof. Dr. G. in B. auf, der bis zum 30. September 2005 zunächst
elf Hyperthermien in Form palliativer EHT durchführte. Am 30. März 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten unter Vorlage
der Rechnung der P. GmbH vom 7. November 2005 die Erstattung der ihr durch diese Behandlung entstandenen Kosten in Höhe von
1.596,54 EUR. Zugleich übersandte sie das Schreiben von Dr. N. vom 22. Februar 2006 und beantragte unter Vorlage einer undatierten
Rechnung des Arztes sowie verschiedener Unterlagen die Kostenübernahme für eine Immuntherapie mit dendritischen Zellen in
Höhe von 3.604,57 EUR. Mit Schreiben vom 18. April 2006 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten ab, weil die Hyperthermie
und die dendritische Zelltherapie nicht zu den vertraglich anerkannten Leistungen gehörten.
Die Klägerin erhob am 8. Mai 2006 Widerspruch. Zur Begründung stützte sie sich auf die Schreiben von Dr. N. vom 22. Februar
2006 und von Prof. Dr. G./Dr. S. vom 3. August 2006. Dr. N. führte aus, dass bei Oligoastrozytomen WHO Grad II zwar längerfristige
Remissionen möglich seien, es jedoch häufig zu Rezidiven und einer malignen Progression zu WHO Grad III oder IV, einhergehend
mit einer deutlichen Verschlechterung der Prognose komme. Bei der Klägerin habe die im Februar 2006 durchgeführte Kontrolluntersuchung
zwar keinen Anhalt für einen Rezidivtumor ergeben, die Hygrome seien aber nur subtotal zurückgebildet gewesen, links frontal
sei ein Kompartiment nachweisbar gewesen. Bedingt durch die prognostisch ungünstige Ausgangssituation habe sich die Klägerin
nach eingehender Beratung zu einer Immuntherapie auf der Basis von dendritischen Zellen entschlossen, um einen Progress ihrer
Erkrankung zu verhindern. Die Behandlung sei wissenschaftlich basiert. Die wesentlichen Wirkprinzipien seien von renommierten
Forschungsinstituten publiziert. Dendritische Zellen seien potente Aktivatoren für eine Immunantwort bzw. eine anti-Tumorantwort.
Sie ließen sich aus den Monozyten der Patienten im Labor in größerer Zahl generieren und dann mit Tumorantigenen stimulieren.
Die so stimulierten Zellen könnten das Immunsystem spezifisch gegen den Tumor durch Anregung tumorspezifischer cytotoxischer
T-Lymphozyten aktivieren, wodurch die Tumorzellen zerstört werden könnten. Die Wirksamkeit zeige sich nicht nur im Tierexperiment,
sondern auch in kontrollierten klinischen Studien. Es seien eine Vielzahl von Phase I, II und III Studien sowie Kasuistiken
von universitären Arbeitsgruppen aus Amerika und Europa publiziert, die eine Wirksamkeit bei humanen Tumoren belegten. Insbesondere
habe eine 2004 publizierte Studie gezeigt, dass eine Kombination von Chemotherapie und dendritischer Zelltherapie das mediane
Überleben bei Patienten mit einem Glioblastom WHO IV signifikant verlängere. Somit sei eindeutig belegt, dass die Dendritische
Zelltherapie bei Hirntumoren wirksam sein könne. Die veröffentlichte Anzahl von Studien zur Immuntherapie rechtfertige bei
einer lebensbedrohenden Krankheit, wie sie im Falle der Klägerin vorliege, die streitige Behandlung durchzuführen, da die
zu erwartende positive Wirkung und das Behandlungsrisiko, das sich im Wesentlichen auf grippeähnliche Symptome beschränke,
in einem günstigen Verhältnis zueinander stünden. Insoweit stützte sich Dr. N. auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfG) vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98). Es seien zunächst vier Impfungen in regelmäßigen Abständen von vier bis fünf Wochen geplant. Prof. Dr. G. und Dr. S. räumten
in ihrem Schreiben vom 3. August 2008 zwar ein, dass es noch keine randomisierten Studien bei Hirntumoren mit der EHT gebe.
Sie wiesen aber darauf hin, dass die mittlere Überlebenszeit mit konventionellen Therapien nach den ihnen vorliegenden Studien
nur wenige Monate betrage und die Ergebnisse in ihrem Institut sowie bei anderen Kollegen, die die kombinierte Therapie mit
EHT anwenden würden, eine signifikant höhere Überlebenszeit der Patienten ohne nennenswerte Nebenwirkungen gezeigt habe. Bei
weitgehend fehlenden Therapieoptionen könne durch die EHT eine bessere Tumorkontrolle erzielt werden. Durch die Überwärmung
der Tumorzellen komme es zu einem Sauerstoffmangel und der Entwicklung eines sauren Zellmilieus sowie zu einer Nährstoffverarmung
im Tumor. Hierdurch werde der Zellstoffwechsel gestört und es könne zum Zelltod kommen. Eine Chemo- oder Strahlentherapie
erfahre durch die Hyperthermie eine Wirkungsverstärkung oder werde im Einzelfall erst durch sie zur Wirksamkeit gebracht.
Insoweit verwiesen Prof. Dr. G. und Dr. S. auf verschiedene Pilot-Studien.
Die Beklagte holte das Sozialmedizinische Gutachten des MDK vom 13. November 2006 (Dr. O.) ein. Mit Bescheid vom 11. Dezember
2006 lehnte sie die Kostenübernahme für die streitige Behandlung weiterhin mit der Begründung ab, dass sie nicht zum Leistungskatalog
der gesetzlichen Krankenversicherungen gehöre. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) dürften neue Untersuchungs-
und Behandlungsmethoden erst dann von den Krankenkassen erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in Richtlinien
Empfehlungen über den Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Methode abgegeben hätten. Diese
Richtlinien seien für Vertragsärzte und Krankenkassen verbindlich. Es reiche nicht aus, dass eine Methode im Einzelfall geholfen
habe. Der diagnostische bzw. therapeutische Nutzen müsse auf ein Krankheitsbild bezogen medizinisch wissenschaftlich nachgewiesen
sein, damit der G-BA eine Methode anerkennen könne. Die Elektrohyperthermie und dendritische Zelltherapie habe er noch nicht
beurteilt und bewertet. Wissenschaftlich sei die Wirksamkeit der Therapien bisher nicht nachgewiesen. Sie - die Beklagte -
dürfe daher grundsätzlich keine Kosten übernehmen. Nach dem Beschluss des BVerfG vom 6. Dezember 2005 sei eine Kostenübernahme
zwar möglich, wenn eine lebensbedrohende oder regelmäßig tödliche Erkrankung vorliege und eine allgemein anerkannte, dem medizinischen
Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung stehe und eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder
auf eine spürbare positive Wirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Diese Voraussetzungen seien nach dem Gutachten des MDK
aber nicht erfüllt. Soweit indiziert stünde im Fall der Klägerin adjuvant eine Chemotherapie oder Bestrahlung zur Verfügung.
Hiergegen erhob die Klägerin am 12. Januar 2007 erneut Widerspruch. Zuvor hatte sie bereits am 12. Dezember 2006 unter Vorlage
des ärztlichen Attestes von Dr. Ba. vom 13. November 2006 Elektrohyperthermien als regelmäßige Begleittherapie zur Dendritischen
Zelltherapie beantragt und die Rechnungen von Dr. N. vom 27. März, 25. April, 24. Mai und 10. November 2006 in Höhe von jeweils
3.598,16 EUR zur Kostenerstattung übersandt. Am 16. Januar 2007 gingen bei der Beklagten die Rechnungen von Dr. Ba. vom 8.
Dezember 2006 (888,90 EUR) und 8. Januar 2007 (1.310,92 EUR) sowie von Dr. N. vom 14. Dezember 2006 (3.598,16 EUR) ein. Am
27. Februar 2007 begehrte die Klägerin die Kostenerstattung der Rechnungen von Dr. N. vom 19. Januar und 16. Februar 2007
in Höhe von jeweils 3.657,92 EUR und von Dr. Ba. vom 9. Februar 2007 in Höhe von 875,50 EUR.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2007 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 11. Dezember
2006 mit im Wesentlichen gleichlautender Begründung zurück, korrigierte ihre bisherigen Ausführungen jedoch dahingehend, dass
die Hyperthermie vom G-BA von der vertragsärztlichen Versorgung ausdrücklich ausgeschlossen worden sei.
Nach Erlass des Widerspruchsbescheides übersandte die Klägerin der Beklagten die Rechnungen von Dr. Ba. vom 16. März 2007
(730,36 EUR), vom 6. November 2007 (3.782,96 EUR) und vom 16. Dezember 2007 (582,22 EUR) sowie von Dr. N. vom 16. Mai, 16.
August und 2. November 2007 in Höhe von jeweils 3.657,92 EUR und begehrte deren Kostenerstattung.
Die Klägerin hat am 15. August 2007 Klage beim Sozialgericht Itzehoe erhoben. Zur Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen
wiederholt und insbesondere im Hinblick auf den behaupteten wissenschaftlichen Nachweis der Wirksamkeit der Immuntherapie
in verschiedenen publizierten Studien vertieft. Sie hat geltend gemacht, die Therapie mit dendritischen Zellen werde nicht
nur von einer Vielzahl von Behandlern und auch in Kliniken in Deutschland mittlerweile angewandt, sondern sogar vom Deutschen
Krebsforschungszentrum ausdrücklich empfohlen. Auch der erfolgreiche Einsatz der Hyperthermiebehandlung bei bösartigen Hirntumoren
sei publiziert. Demgegenüber existierten keine konventionellen Behandlungsmethoden, die die Prognose der bei ihr vorliegenden
Erkrankung längerfristig verbessern könnten. Bösartige Hirntumore zählten zu den Krebsarten mit dem schnellsten tödlichen
Verlauf. Mit den Standardbehandlungsmaßnahmen bestehe nach der Erstdiagnose nur eine mediane Überlebenszeit von 14,6 Monaten.
Klinische Studien hätten gezeigt, dass die Impfung mit dendritischen Zellen die Überlebenszeit auf bis zu über 33 Monate verlängere.
Die ablehnende Entscheidung der Beklagten sei daher nicht mit der Entscheidung des BVerfG im Beschluss vom 6. Dezember 2006 BvR 347/98 in Einklang zu bringen. Auch in der Neurochirurgie der C. sei eine Standardtherapie in Form einer Bestrahlung oder Chemotherapie
allein deshalb nicht für sinnvoll erachtet worden, weil dadurch die Wahrscheinlichkeit einer Rezidivbildung selbst im Hinblick
auf das zeitliche Auftreten nicht habe beeinflusst werden können. Unabhängig davon seien ihr die mit konventionellen Behandlungsmethoden
einhergehenden schweren Nebenwirkungen auch nicht zumutbar gewesen. Insoweit hat sich die Klägerin auf den Beschluss des erkennenden
Senats vom 21. Juni 2007 in dem Verfahren L 5 B 504/07 KR ER gestützt. Es sei zu berücksichtigen, dass ihre Mutter nach Chemotherapie und Bestrahlung im Jahre 1982 an einem inoperablen
Hirntumor verstorben sei. Sie - die Klägerin - habe die Therapie ausschließlich als Verlängerung des schmerzhaften und qualvollen
Dahinvegetierens ihrer Mutter erlebt mit der Folge, dass sie selbst unter einem Schock und jahrelangen Panikattacken gelitten
habe. Dr. Ba. habe in seinem auf Anforderung des Sozialgerichts erstatteten Befundbericht vom 13. November 2008 bestätigt,
dass allein schon diese Vorbelastung die erfolgreiche Durchführung einer Chemotherapie aus psychischen Gründen ausschließe.
Zudem sei zu berücksichtigen, dass - sofern genetische Gründe die Hirntumorentwicklung begünstigt hätten - das Risiko, auf
chemotherapeutische Maßnahmen mit der gleichen Nebenwirkungssensibilität wie die Mutter zu reagieren, viel zu groß sei. Demgegenüber
seien mit den streitgegenständlichen Behandlungsmaßnahmen trotz Verbesserung der Überlebenschance kaum Nebenwirkungen verbunden.
Dr. N. bestätige in seinem vom Sozialgericht eingeholten Befundbericht vom 27. Oktober 2008, dass die Immuntherapie in Kombination
mit der Hyperthermie dazu geführt habe, dass kein Rezidiv aufgetreten sei. Sie befinde sich weiterhin im Zustand einer klinischen
Komplettremission. Der Umstand, dass die Hyperthermie vom G-BA von der vertragsärztlichen Versorgung ausdrücklich ausgeschlossen
worden sei, schließe nicht zwangsläufig die Erstattungsfähigkeit der Behandlungskosten für die EHT aus. Die Anwendung dieser
Methode bei einer Tumorerkrankung der hier vorliegenden Art sei ebenso wenig Gegenstand der Überprüfung durch den G-BA gewesen
wie die Kombination mit der dendritischen Zelltherapie. Daher sei im Gerichtsverfahren auch hinsichtlich der Hyperthermie
generalisierend auf das Risiko und den Nutzen der Behandlung abzustellen. Die Rechnungen von Dr. N. seien von ihr bisher lediglich
in Höhe von 14.040,00 EUR, die Rechnungen für die EHT jedoch insgesamt beglichen worden.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11. Dezember 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2007 aufzuheben und die
Beklagte zu verurteilen, die von ihr der Klägerin für die Behandlung mit Dendriticher Zelltherapie und mit Hyperthermie aufgewandten
Kosten in Höhe von insgesamt 23.089,36 EUR zu erstatten sowie sie - die Klägerin - von der bei Dr. N., Institut für Tumortherapie
in Duderstadt, durch Behandlung mit dendritischer Zelltherapie eingegangenen Verbindlichkeit in Höhe von noch 25.844,97 EUR
zu befreien.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie sich auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid bezogen.
Das Sozialgericht hat Befund- und Behandlungsberichte von Dr. Sa. vom 31. August 2008 nebst weiteren Arztbriefen, von Dr.
N. vom 27. Oktober 2008 und Dr. Ba. vom 13. November 2008, dem u.a. die Rechnung vom 15. September 2007 (875,50 EUR) beigefügt
war, eingeholt.
Mit Urteil vom 15. Juni 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es ist der Begründung des Widerspruchsbescheides
der Beklagten vom 24. Juli 2007 gefolgt und hat dies in seiner Entscheidung festgestellt. Ergänzend hat das Sozialgericht
ausgeführt, die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung des BVerfG und des erkennenden Senats sei auf die hier als Rezidivprophylaxe
durgeführten streitgegenständlichen Behandlungsmaßnahmen nicht anwendbar. Selbst bei Auftreten eines Rezidivs hätten nach
dem Gutachten des MDK vom 13. November 2006, dem das Sozialgericht folge, Therapieoptionen in Form von Radio- und/oder Chemotherapie
oder einer erneuten Operation bestanden. Die kritische Auseinandersetzung der Klägerin mit der behaupteten Gefährlichkeit
und Unverträglichkeit einer Chemotherapie zugunsten der in Anspruch genommenen Therapien sei nicht zielführend, da sie diese
Therapien zu einem Zeitpunkt begonnen habe, zu dem bis auf Kontrolluntersuchungen keine Therapie notwendig gewesen sei. Deshalb
komme es nicht darauf an, ob die Klägerin unter Umständen eine Chemotherapie nicht vertragen hätte. Diese sei ihr zum einen
nicht angeraten worden, zum anderen stehe auch die prophylaktische Durchführung einer Chemotherapie als sich konkret auf ihr
Leiden anzuwendende und indizierte Therapieoption nicht in Rede. Für die Kammer sei nicht ersichtlich, dass der G-BA für Fälle
der vorliegenden Art Therapieempfehlungen ausgesprochen habe, denen seitens der Beklagten nachzugehen gewesen sei. Deshalb
habe von Rechts wegen für die Beklagte keine Veranlassung für eine Kostenübernahme der gewählten Behandlungsmethoden bestanden.
Sie habe nach dem Leistungsrecht des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB V) im Einzelfall nicht die Kosten einer optimierten Behandlung ihrer Versicherten zu zahlen, sondern sei lediglich verpflichtet,
die notwendige Krankenbehandlung zu gewährleisten.
Gegen das ihrer Prozessbevollmächtigten am 18. November 2010 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung,
die am 16. Dezember 2010 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Sie macht geltend, ihre behandelnden
Ärzte Dr. N. und Dr. Ba. hätten bestätigt, dass auch nach Entfernung des gutartigen Hirntumors von einer lebensbedrohlichen
Erkrankung und einer Behandlungsbedürftigkeit auszugehen gewesen sei. Zwar habe es vor Aufnahme der streitigen Behandlung
keinen Anhaltspunkt für ein Rezidiv der Tumorerkrankung gegeben, nach den Arztberichten seien die Hygrome jedoch nur subtotal
zurückgebildet gewesen. Links frontal sei ein Kompartiment nachweisbar gewesen. Nach der ärztlichen Stellungnahme von Dr.
Ba. vom 13. November 2008 entdifferenziere sich ein gutartiger Hirntumor, wie er bei ihr - der Klägerin - vorgelegen habe,
recht regelmäßig mit jeder postoperativen lokalen Tumorrezidivdiagnose, so dass prinzipiell von einer auf Dauer ungünstigen
Prognose auszugehen gewesen sei, wenn sich das Tumorgeschehen nicht endgültig aufhalten lasse. Dr. Ba. habe weiter darauf
hingewiesen, dass wegen der fehlenden Kontrastmittelanreicherung von gutartigen Hirntumoren die bilddiagnostische Kontrolle
der Tumorregion durch kontrastmittelgestützte Computer- oder Kernspintomographie erschwert sei. Auch Dr. N. habe in seinem
Befundbericht vom 27. Oktober 2008 für das Sozialgericht ausgeführt, dass Astrozytome des Stadiums WHO II zwar eine deutlich
bessere Prognose aufwiesen, jedoch die Möglichkeit einer Rezidivbildung mit maligner Transformation in ein Astrozytom WHO
III oder ein Glioblastom WHO IV einhergehend mit einer drastischen Verschlechterung der Prognose bestehe. Nach der operativen
Entfernung des Hirntumors habe daher eine potentiell lebensbedrohende Erkrankung vorgelegen. Für sie - die Klägerin - hätte
es angesichts dieser Situation, insbesondere weil ihre Mutter an einem Hirntumor verstorben sei, eine unzumutbare psychische
Belastung dargestellt, mit einer Behandlung bis zu einer Rezidivbildung abzuwarten. Das Sozialgericht habe sich im angefochtenen
Urteil nicht mit dem Vorliegen einer regelmäßig tödlich verlaufenden bzw. einer lebensbedrohlichen Erkrankung auseinandergesetzt,
obwohl auch Dr. O. in seinem Gutachten vom 13. November 2006 von einer 5 Jahres-Überlebensrate von 50 bis 80 % ausgegangen
sei und ausgeführt habe, dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG im Beschluss vom 6. Dezember 2005 und des
BSG im Urteil vom 4. April 2006 die Frage einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung kritisch zu diskutieren sei. Auf
ausdrückliche Nachfrage eines Mitarbeiters der Beklagten habe Dr. O. zudem erklärt, es könne nicht eindeutig beantwortet werden,
ob eine lebensbedrohliche Erkrankung vorliege. Dies ergebe sich aus dem in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen
Aktenvermerk vom 8. Dezember 2006. Dennoch habe das Sozialgericht lediglich festgestellt, dass die in Bezug genommenen Gerichtsentscheidungen
ihren Fall nicht beträfen und auf die seiner Auffassung nach fehlende Behandlungsbedürftigkeit abgestellt. Die Behandlungsbedürftigkeit
sei jedoch nicht Kriterium der Entscheidung des BVerfG vom 6. Dezember 2005. Es sei auch zu rügen, dass das Sozialgericht
weder zu der Frage des Vorliegens einer lebensbedrohlichen Erkrankung noch der Behandlungsbedürftigkeit ein Sachverständigengutachten
eingeholt habe, obwohl für den Fall, dass die Einholung eines Gutachtens von Amts wegen nicht für erforderlich gehalten würde,
ein Antrag nach §
109 SGG angekündigt worden sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 15. Juni 2010 und die Bescheide der Beklagten vom 18. April und 11. Dezember 2006
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr - der Klägerin
- die für die Behandlung mit Dendritischer Zelltherapie und Hyperthermie aufgewandten Kosten in Höhe von insgesamt 23.089,36
EUR zu erstatten sowie sie von der bei Dr. N., Institut für Tumortherapie in D., durch Behandlung mit Dendritischer Zelltherapie
eingegangene Verbindlichkeit in Höhe von noch 25.844,97 EUR zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten beigezogene
Verwaltungsakte und die Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit im Wesentlichen zutreffender Begründung abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten
vom 18. April und 11. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2007 sind rechtmäßig und verletzten
die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kostenübernahme der von ihr selbst beschafften und
teilweise auch bereits finanzierten Immuntherapie mit dendritischen Zellen und der Hyperthermiebehandlung.
Nach §
27 Abs.
1 Satz 1
SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre
Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. §
13 Abs.
1 SGB V bestimmt, dass die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§
2 Abs.
2 SGB V) Kosten nur erstatten darf, soweit es das
SGB V oder das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX), das hier nicht einschlägig ist, weil keine Leistungen zur Teilhabe streitig sind, vorsieht. Als Anspruchsgrundlage für
die begehrte Kostenerstattung bzw. Freistellung von den Behandlungskosten kommt hier nur §
13 Abs.
3 Satz 1
SGB V in Betracht. Danach gilt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie
eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind
diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Kostenerstattungsanspruch
reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung
zu den Leistungen gehört, die die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige
Rechtsprechung des BSG, vgl. BSGE 79, 125; BSGE 97, 190; BSGE 98, 26). Der Anspruch ist demzufolge nur dann gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig
abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung
und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame
Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R -, veröffentlicht in juris). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch scheitert für die bis zum 18. April 2006 durchgeführte Immuntherapie bei Dr.
N. bereits an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung. Ansprüche nach §
13 Abs.
3 Satz 1 Fall 2
SGB V sind nur gegeben, wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten "dadurch" Kosten für
die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten wesentlich auf der Leistungsversagung
der Krankenkasse beruhen. Hieran fehlt es, wenn diese vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst
worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre. Ein auf die Verweigerung der Sachleistung gestützter Erstattungsanspruch scheidet
aus, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne die Krankenkasse einzuschalten und deren Entscheidung abzuwarten.
§
13 Abs.
3 SGB V soll einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall gewähren, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung
infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen
Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. An dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem die Haftung der Krankenkasse
begründenden Umstand und der dem Nachteil des Versicherten fehlt es, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit
dem Leistungsbegehren - wie hier - nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (BSG, SozR 3-2500 § 13 Nr. 15; BSGE
96, 161; BSGE 98, 26). Dieses Verfahren ist auch zu fordern in Fällen, in denen von vornherein feststand, dass eine durch Gesetz oder Verordnung
von der Versorgung ausgeschlossene Sachleistung verweigert werden würde und sich der Versicherte dadurch gezwungen gesehen
hat, die Leistung selbst zu beschaffen (vgl. hierzu eingehend BSGE 98, 26; Urteil des erkennenden Senats vom 26. Mai 2011 - L 5 KR 53/09). Nur bei einer Vorabprüfung können die Krankenkassen ihre Gesundheitsgefahren und wirtschaftlichen Risiken vorbeugenden
Beratungsaufgaben erfüllen, die Versicherten vor dem Risiko der Beschaffung nicht zum Leistungskatalog gehörender Leistungen
zu schützen, und gegebenenfalls aufzeigen, welche Leistungen anstelle der begehrten in Betracht kommen.
Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren erklärt hat, die Beklagte schon vor der schriftlichen
Antragstellung am 30. März 2006 mündlich kontaktiert zu haben, wird dies durch den Inhalt der Verwaltungsakte nicht belegt.
Selbst wenn es aber vorher Gespräche gegeben haben sollte, ließe sich daraus nicht folgern, dass eine konkrete Befassung mit
dem Leistungsbegehren der Klägerin zu diesem Zeitpunkt tatsächlich möglich war. Denn dies hätte genauerer Kenntnisse über
das Krankheitsstadium der Klägerin, die bisher durchgeführten und nun geplanten Behandlungen bedurft, um prüfen zu können,
ob eine Kostenübernahme in Betracht kommt.
Die noch im Verwaltungsverfahren begehrte Kostenerstattung der selbstbeschafften EHT bei Prof. Dr. G. war bereits vom bezifferten
Antrag im Klageverfahren nicht mehr umfasst. Die mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2008 übersandte Aufstellung der Rechnungen
und der Rechnungsbeträge, für die Erstattung bzw. Freistellung begehrt wurde, entspricht den Beträgen im Klageantrag, führt
die Rechnung der P. GmbH vom 7. November 2005 aber nicht auf. Auch im Berufungsverfahren sind die insoweit angefallenen Kosten
in Höhe von 1.596,54 EUR nicht geltend gemacht worden.
Für den gesamten hier streitigen Zeitraum steht der Klägerin auch deshalb ein Anspruch auf Kostenübernahme nicht zu, weil
die selbst beschaffte Behandlung nicht zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder
Dienstleistung zu erbringen haben. Dies ergibt sich für die durchgeführte Hyperthermiebehandlung daraus, dass das Verfahren
vom G-BA nach der Richtlinie Methoden vertragsärztlicher Versorgung Anlage II, Nr. 42 (Beschluss vom 14. Mai 2005, veröffentlicht
im Bundesanzeiger 2005, Nr. 1, Seite 5, in Kraft getreten am 15. Mai 2005) von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen
wurde. Die zur Anwendung gelangte EHT zählte daher nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung.
Hinsichtlich der Behandlung mit dendritischen Zellen fehlte es, worauf die Beklagte und ihm folgend das Sozialgericht zutreffend
abgestellt haben, an der nach §
135 SGB V notwendigen Anerkennung durch den G-BA. Denn der Anspruch auf Krankenbehandlung umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig
und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse
entsprechen. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß §
135 Abs.
1 Satz 1
SGB V nur dann der Fall, wenn der G-BA in Richtlinien nach §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien
nach §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
5 in Verbindung mit §
135 Abs.
1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer
neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch
diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich
festgelegt. Neu ist eine Methode dann, wenn sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab
für vertragsärztliche Leistungen (EBM) enthalten ist (BSG, Urteil vom 5. Mai 2009 - B 1 KR 15/08 R -, SozR 4 2500 § 27 Nr. 16 m.w.N.). Gemessen daran ist die prophylaktische Immuntherapie mit dendritischen Zellen neu und
als bislang nicht vom G-BA empfohlene Methode zur Vermeidung eines Rezidivs eines Hirntumors damit grundsätzlich kein Leistungsgegenstand
der gesetzlichen Krankenversicherung. Selbst die adjuvante Immuntherapie einer akuten Hirntumorerkrankung gehört nicht zum
Leistungskatalog der Krankenkassen.
Ein Ausnahmefall, in dem es keiner Empfehlung des G-BA bedarf, liegt nicht vor. Weder ergeben sich angesichts der Verbreitung
des Krankheitsbildes Anhaltspunkte für einen Seltenheitsfall (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 27/02 R -, SozR 4 2500 § 27 Nr. 1 m.w.N.) noch für ein Systemversagen. Ungeachtet des in §
135 Abs.
1 SGB V aufgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann nach der Rechtsprechung des BSG eine Leistungspflicht der Krankenkasse
ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen
ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen
Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (sog. Systemversagen). Diese Durchbrechung beruht darauf,
dass in solchen Fällen die in §
135 Abs.
1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das
Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R -, veröffentlicht in juris). Ein solcher Fall des Systemversagens liegt schon deshalb nicht vor, weil das Verfahren vor dem
Bundesausschuss antragsabhängig ist und ein entsprechender Antrag beim Bundesausschuss nicht gestellt worden ist.
Der geltend gemachte Kostenerstattungs- bzw. Freistellungsanspruch der Klägerin folgt schließlich auch nicht aus einer hier
gebotenen grundrechtsorientierten Auslegung des materiellen Rechts unter Berücksichtigung des Beschlusses des BVerfG vom 6.
Dezember 2005 - 1 BvR 347/98 (SozR 4-2500 § 27 Nr. 5). Das BVerfG hat darin eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass aus dem
Grundgesetz keine konkreten krankenversicherungsrechtlichen Leistungsansprüche hergeleitet werden können, nur für lebensbedrohliche oder
regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankungen gemacht, für die eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende
Behandlung nicht zur Verfügung steht. Eine derartige Konstellation lag bei der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum jedoch
nicht vor. Die selbstbeschafften Behandlungsmaßnahmen erfolgten ausschließlich zur Rezidivprophylaxe. Der Hirntumor wurde
am 18. November 2004 in der Neurochirurgie der C. operativ maximal entfernt. Dies wird durch den Entlassungsbericht vom 30.
November 2004 belegt, der einen entsprechenden Befund im postoperativen Früh-MRT beschreibt. Deshalb wurde als weiteres Vorgehen
auch lediglich eine Anschlussheilbehandlung organisiert und um Wiedervorstellung nach Abschluss der Reha bzw. MRT-Kontrollen
im Abstand von sechs Monaten gebeten. Die Tumorerkrankung selbst war - worauf das Sozialgericht zutreffend abgestellt hat
- zu diesem Zeitpunkt nicht mehr behandlungsbedürftig. Die weitere Verlaufskontrolle zeigte zunächst keinen Anhalt für das
Auftreten eines Rezidivs. Der Radiologe Dr. W. stellte zwar fest, dass die Hygrome subtotal zurückgebildet waren und links
frontal noch ein winziges Kompartiment nachweisbar war. Er interpretierte die Hygrome aber ebenso wie Dr. O. in seinem Gutachten
vom 13. November 2006 nicht als Rezidiv. Auch als die Kernspintomographie im August 2007 im Vergleich zu den Voraufnahmen
eine geringe Befundänderung mit leichter Größenzunahme einer pathologischen Randzone am vorderen Temporalpol links angrenzend
an das Resektionsgebiet zeigte und von der Möglichkeit eines beginnenden Lokalrezidivs ausgegangen wurde, empfahl Dr. L. anlässlich
der ambulanten Vorstellung der Klägerin in der C. am 17. August 2007 lediglich eine Kontrolluntersuchung in sechs Monaten
und stellte für den Fall des späteren Nachweises eines Rezidivs die Möglichkeit einer erneuten Operation in Aussicht. Dieser
Nachweis erfolgte jedoch zu keinem Zeitpunkt. Die Klägerin befindet sich nach ihrem eigenen Vorbringen in einem Zustand der
klinischen Komplettremission. Auf die Situation einer Rezidivprophylaxe ist die Rechtsprechung des BVerfG im Beschluss vom
6. Dezember 2005 aber nicht anwendbar (vgl. BSG, Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 12/05 R -, veröffentlicht in juris; hier wurde sogar die Anwendbarkeit bei einem Prostatakarzinom im Anfangsstadium ohne Hinweis
auf metastatische Absiedlungen mangels einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung verneint.
Dabei verkennt der Senat nicht die berechtigte Sorge der Klägerin vor einer Wiedererkrankung, zumal eine Rezidivbildung des
bei ihr diagnostizierten Hirntumors die Gefahr einer malignen Transformation in ein Astrozytom WHO III oder ein Glioblastom
WHO IV mit der Folge einer drastischen Verschlechterung der Prognose birgt. Allein die Gefahr einer Rezidivbildung und einer
malignen Transformation vermag allerdings nicht die Vergleichbarkeit mit den vom BVerfG genannten Fallkonstellationen zu begründen.
Sie ist allen Tumorerkrankungen immanent und hätte bei konsequenter Anwendung der Rechtsauffassung der Klägerin zur Folge,
dass sämtlichen gesetzlich Krankenversicherten nach primär erfolgreich behandelten Tumorerkrankungen entsprechende Leistungen
zur Prophylaxe gewährt werden müssten, obwohl nicht feststeht, ob es ohne Behandlung jemals zu einer Rezidivbildung gekommen
wäre. Die Leistungen wären zunächst auch zeitlich unbegrenzt zu erbringen, denn erst eine Wiedererkrankung würde die Erfolglosigkeit
der Behandlungsmethode im Einzelfall belegen. Eine so weitgehende Konsequenz kann aus der Rechtsprechung des BVerfG nicht
hergeleitet werden. Diese stellt maßgeblich auf eine lebensbedrohende oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung ab. Selbst
unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei einem operativ zunächst erfolgreich behandelten Astrozytom WHO II möglicherweise
nur eine 5-Jahres-Überlebensrate von 50 bis 80 % anzunehmen ist, kann hier eine "regelmäßig" tödlich verlaufende Erkrankung
aufgrund der dargestellten objektiven Befundlage während des streitbefangenen Behandlungszeitraumes bei der Klägerin nicht
angenommen werden. Unabhängig davon könnte auch erst beim Auftreten eines Rezidivs und sicherer Kenntnis vom Ausmaß der erneuten
Erkrankung beurteilt werden, ob eine der Klägerin zumutbare medizinische Standardtherapie zur Verfügung stünde oder mangels
Behandlungsalternative ausnahmsweise ein Leistungsanspruch aus dem
Grundgesetz auf Therapien herzuleiten wäre, die den selbstbeschafften Therapien entsprechen. Schließlich steht als medizinische Standardtherapie
bei einer Hirntumorerkrankung nicht nur die Radio- oder Chemotherapie, sondern grundsätzlich auch eine Operation zur Verfügung.
Darauf hat bereits Dr. L. in seinem Bericht vom 28. August 2007 hingewiesen. Diese kann - sofern es sich nicht um einen glialen
Tumor handelt, der stets rezidiviert - auch kurativ sein, wie Dr. O. in seinem Gutachten vom 13. November 2006 ausgeführt
hat. Daraus folgt zugleich, dass auch die durchgeführte Operation am 18. November 2004 die Erkrankung der Klägerin durchaus
dauerhaft geheilt haben kann. Solange aber noch nicht einmal mit Gewissheit feststeht, dass die bisherige schulmedizinische
Behandlung nicht zu dem gewünschten dauerhaften Heilerfolg geführt hat, ist für einen Leistungsanspruch mit dem eine Therapie
begehrt wird, die nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung ist, von vornherein kein Raum.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.