Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten, die ihr im Rahmen einer Eingliederungshilfemaßnahme für Frau T_______ R_______
entstanden sind.
Die 1983 geborene Hilfeempfängerin T_______ R_______ wohnte zunächst in S____ und bezog dort Leistungen der Grundsicherung
nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II). Zum 20. Oktober 2006 zog sie nach K___ und wohnte dort bis zum 12. April 2010 in einer Wohngruppe der sozialtherapeutischen
Einrichtung für Frauen "L___". Auch dort bezog Frau R_______ weiterhin SGB II-Leistungen. Zudem erhielt sie Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII), in Form der Wohnbetreuung. Die Fachärztin für Psychiatrie und Physiotherapie U__ S_______ hatte zuvor im Rahmen ihres ärztlichen
Gutachtens vom 10. Oktober 2006 bestätigt, dass für die Hilfeempfängerin eine teilstationäre Wohngruppe die geeignete Maßnahme
sei.
In der Leistungsvereinbarung zwischen der Klägerin und dem Verein zur Förderung des Gesundheitswesens e. V. betreffend die
Wohngruppe "L___" wird diese grundsätzlich dem Einrichtungstyp "teilstationäre Wohngemeinschaft/Wohngruppe für Menschen mit
einer seelischen Behinderung" zugeordnet. In den einzelnen Regelungen wird jeweils von "teilstationärer Betreuung", "teilstationärer
Eingliederungshilfe", "teilstationärem Angebot" sowie "teilstationäre Einrichtung" gesprochen.
Mit Schreiben vom 2. Oktober 2006 beantragte die Hilfeempfängerin die Kostenübernahme beim Beklagten. Dieser leitete den Antrag
mit Schreiben vom 6. Oktober 2006 an die Klägerin weiter, da er der Auffassung war, es handele sich bei der Wohngruppe "L___"
um eine teilstationäre Einrichtung; daher sei die Zuständigkeit der Klägerin gegeben.
Die Klägerin übernahm für die Folgezeit die Kosten als zweitangegangene Trägerin. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2006 beantragte
sie beim Beklagten eine Kostenerstattung, da sie der Ansicht war, es handele sich bei der (zukünftigen) Wohnbetreuung um eine
Form der ambulant betreuten Wohnmöglichkeiten. Obwohl im Rahmen der Leistungsvereinbarung der Einrichtung "L___" mit dem überörtlichen
Träger des Landes Schleswig-Holstein diese als "teilstationäre Einrichtung" bezeichnet sei, handele es sich um ambulante Hilfsangebote.
Der Einrichtungstyp "teilstationäres Wohnen" sei seinerzeit in Schleswig-Holstein landesintern aus Gründen der Kostenträgerschaft
geschaffen worden. Die Bezeichnung als teilstationäres Angebot ändere dabei jedoch nichts an dem ambulanten Charakter der
erbrachten Betreuungsleistungen. Dies ergebe sich auch daraus, dass in den Leistungsvereinbarungen klargestellt werde, dass
die Leistungsberechtigten in der Regel mit dem Einrichtungsträger einen entsprechenden Mietvertrag abschlössen und die Mietkosten
für den persönlich genutzten Wohnraum gesondert, z. B. von den Leistungsberechtigen selbst oder dem örtlichen Sozialhilfeträger,
übernommen würden. Die Bereitstellung von Wohnraum sei also nicht Bestandteil der Leistungsvereinbarung. Dies sei auch in
der Wohngruppe "L___" der Fall.
Mit Schreiben vom 1. November 2006 teilte der Beklagte mit, dass dem Antrag auf Kostenerstattung nicht entsprochen werden
könne. Er begründete dies damit, dass es sich bei der Einrichtung "L___" nicht um eine ambulante Einrichtung im Sinne von
§ 98 Abs. 5 SGB XII, sondern um eine teilstationäre Einrichtung handele und deshalb die Klägerin der zuständige Sozialhilfeträger gemäß § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sei. Der Gesetzgeber habe in § 13 SGB XII bewusst eine Unterscheidung in Leistungen außerhalb von Einrichtungen (ambulante Leistungen) und in teilstationären oder
stationären Einrichtungen vorgenommen.
Nachdem die Klägerin den Beklagten nochmals zur Kostenerstattung aufgefordert hatte, lehnte dieser mit Schreiben vom 16. Dezember
2008 unter Bezugnahme auf das bereits entsandte Ablehnungsschreiben im November 2006 erneut die Kostenerstattung ab. Nachdem
das Betreuungsverhältnis zwischen der Hilfeempfängerin und der Einrichtung "L___" mit dem 12. April 2010 beendet worden war,
erfolgte keine weitere Kostenübernahme über das vorgenannte Datum hinaus seitens der Klägerin gegenüber der Einrichtung "L___".
Die Klägerin hat am 30. Dezember 2010 Klage beim Sozialgericht Kiel erhoben, mit der sie die Kostenerstattung für den Zeitraum
vom 20. Oktober 2006 bis zum 12. April 2010 geltend gemacht hat, für den sie insgesamt 82.838,08 EUR für die Eingliederungshilfe
der Hilfeempfängerin aufgewendet hat. Die Klägerin hat sich zur Begründung weiterhin darauf berufen, dass es sich bei der
sozialtherapeutischen Einrichtung "L___" um eine ambulante Einrichtung im Sinne von § 98 Abs. 5 SGB XII handele, so dass der Beklagte als zuletzt für die Hilfeempfängerin zuständig gewesener Träger weiterhin örtlich zuständig
bleibe und ihr - der Klägerin - ein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 102 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X), gegen den Beklagten zustehe. Aber selbst wenn man von einer teilstationären Maßnahme ausgehe, führe dies nicht zu einem
anderen Ergebnis, da nach der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts hinsichtlich der Zuständigkeit
für teilstationäre Einrichtungen in § 98 SGB XII eine Regelungslücke vorliege. Nach den Zuständigkeitsbestimmungen des § 98 SGB XII sei für Leistungen an Personen, die Leistungen in Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten erhielten, der Sozialhilfeträger
örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform örtlich zuständig gewesen sei bzw. gewesen wäre. Hinsichtlich der Zuständigkeit
für stationäre Maßnahmen richte sich diese nach dem gewöhnlichen Aufenthalt vor Eintritt in die Einrichtung. Wenn der Gesetzgeber
bei ambulant betreuten Wohnformen und bei stationären Maßnahmen die Zuständigkeit des vor Beginn dieser Maßnahmen zuständigen
Sozialhilfeträgers geregelt habe, spreche nach Sinn und Zweck dieser Regelungen alles dagegen, dass sich die Zuständigkeit
für teilstationäre Maßnahmen davon abweichend nach § 98 Abs. 1 SGB XII richten solle. Demgemäß sei der Beklagte der örtlich zuständige Sozialhilfeträger und damit zur Kostenerstattung verpflichtet.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihr 82.838,08 EUR zu erstatten.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat zur Begründung auf die zugrundeliegende Leistungsvereinbarung verwiesen, aus der sich aufgrund der genauen Beschreibung
der Maßnahmen ergebe, dass in der Einrichtung "L___" teilstationäre Leistungen erbracht würden. Es sei ersichtlich, dass die
Hilfeempfängerin nach einem Konzept untergebracht worden sei, das eine sozialtherapeutisch begleitete Wohnsituation bei regelmäßiger,
wenn auch unterschiedlich intensiver Betreuung durch Mitarbeiter der Einrichtung mit dem Ziel eingeschlossen habe, den Empfänger
der Hilfe zu selbständiger und selbst bestimmter Lebensgestaltung zu befähigen. Solange dieses Therapieziel noch nicht erreicht
gewesen sei, habe die Verantwortung für die tägliche Lebensgestaltung der Hilfeempfängerin beim Träger der Wohngruppe gelegen.
Auch wenn der Nutzungsvertrag für die Unterkunft rechtlich selbständig geschlossen worden sei, habe für die Bewohner doch
keine Wahlfreiheit hinsichtlich der Betreuungsleistungen bestanden. Wenn man jedoch vom Vorliegen einer teilstationären Maßnahme
ausgehe, sei die Klägerin örtlich für die Leistungen zuständig. Die dem entgegenstehende Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen
Landessozialgerichts überzeuge nicht. Es sei nicht von einer unbewussten Regelungslücke seitens des Gesetzgebers auszugehen,
da nach dem Gesetzeswortlaut in den Fällen der teilstationären Betreuung eindeutig auf den tatsächlichen Aufenthalt der Hilfeempfängerin
abzustellen sei. Auch müsse kein Ausgleich aus Billigkeitsgründen vorgenommen werden, da der Einrichtungsträger nach seinen
eigenen Vorgaben in der Leistungsvereinbarung ohnehin vornehmlich Frauen, die sich im Zuständigkeitsbereich der Klägerin aufhielten,
aufnehmen wolle.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 4. Juni 2013 der Klage stattgegeben. Es hat zur Begründung im Wesentlichen angeführt,
die Klägerin, die aufgrund der Regelungen in §
14 Abs.
1 und
2 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (
SGB IX), vorläufig Leistungen erbracht habe, nachdem der Beklagte den Antrag auf Eingliederungshilfe der Leistungsempfängerin an
sie, die Klägerin, weitergeleitet gehabt habe, habe einen Anspruch auf Erstattung der von ihr aufgewendeten Kosten der Eingliederungshilfe
in Höhe von 82.838,08 EUR. Der geltend gemachte Anspruch richte sich nach §
14 Abs.
4 Satz 1
SGB IX i. V. m. § 102 Abs. 1 SGB X.
Tatsächlich zuständiger Träger der Sozialhilfe sei der Beklagte. Dieses ergebe sich aus den Regelungen des § 98 Abs. 2 und Abs. 5 SGB XII in analoger Anwendung.
Gemäß § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII sei für stationäre Leistungen der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren
gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung hätten oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt
gehabt hätten. Nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII sei für Leistungen nach dem SGB XII an Personen, die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel des SGB XII in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhielten, der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt
in diese Wohnform zuletzt zuständig gewesen sei oder gewesen wäre. Demgegenüber normiere § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, dass für die Sozialhilfe örtlich der Träger der Sozialhilfe zuständig sei, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten
tatsächlich aufhielten.
Demnach wäre, wenn die Hilfeempfängerin Leistungen der ambulanten Wohnbetreuung oder stationäre Leistungen erhalten hätte,
der Beklagte der örtlich und sachlich zuständige Sozialhilfeträger gewesen. Käme es hingegen auf den tatsächlichen Aufenthalt
der Hilfeempfängerin an, wäre die örtliche Zuständigkeit der Klägerin gegeben.
Die Hilfeempfängerin habe vorliegend weder ambulante noch stationäre Leistungen erhalten. In der Einrichtung "L___" seien
der Hilfeempfängerin teilstationäre Leistungen erbracht worden. Hierfür sprächen die Umstände der Wohnbetreuung durch die
Einrichtung "L___". Dieses ergebe sich zum einen daraus, dass die entsprechende Leistungsvereinbarung für die Einrichtung
ausschließlich das Erbringen von teilstationären Leistungen vorsehe und auch das für die Klägerin erstellte psychiatrische
Gutachten von einem entsprechenden teilstationären Betreuungsbedarf der Hilfeempfängerin ausgehe. Aber auch bei Betrachtung
der tatsächlichen Umstände, unter denen die Hilfeempfängerin in der Einrichtung gelebt habe, würden die Hinweise auf teilstationäre
Elemente deutlich gegenüber den lediglich ambulanten Elementen überwiegen. So sei die gesamte Konzeption der Betreuung auf
eine ganzheitliche Begleitung der Bewohner angelegt. An fünf Tagen die Woche sei eine Mitarbeiterin der Einrichtung für acht
Stunden täglich dort anwesend. Die Teilnahme an tages- und wochenstrukturierenden Maßnahmen sowie an Gruppenangeboten wie
Kochgruppen, Gesprächsgruppen oder Gruppen zur Freizeitgestaltung sei für die Bewohner verbindlich. Auch wenn sie den Nutzungsvertrag
für die Wohnräume gesondert abschlössen und die Kosten hierfür nicht im Rahmen der Eingliederungshilfe erbracht würden, bestehe
für die Bewohner weder die Möglichkeit, das Betreuungsangebot unter Anmietung einer anderen Wohnung anzunehmen, noch die Wohnräume
der Einrichtung zu mieten, auf die Betreuung jedoch zu verzichten.
Die Kammer folge jedoch der Auffassung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts im Urteil vom 9. März 2011 - L 9
SO 12/10 -, dass auch für Leistungen in teilstationären Einrichtungen die Rechtsfolge aus § 98 Abs. 2 und Abs. 5 SGB XII heranzuziehen sei. Die analoge Anwendung einer Rechtsvorschrift setze voraus, dass eine planwidrige Regelungslücke bestehe
und eine vergleichbare Interessenlage bei hinreichend ähnlichen Sachverhalten vorliege. Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht
bejahe diese Voraussetzungen hinsichtlich der Regelung der örtlichen Zuständigkeit für die Erbringung teilstationärer Leistungen
im Vergleich zu stationären Leistungen und Leistungen der ambulanten Wohnbetreuung, da kein Grund ersichtlich sei, weshalb
der Gesetzgeber für teilstationäre Einrichtungen anders als für ambulante betreute Wohnmöglichkeiten und stationäre Einrichtungen
bewusst eine Zuständigkeit des Trägers der Sozialhilfe am Einrichtungsort hätte schaffen wollen. Dieses würde der Intention
des Gesetzgebers, die bei Schaffung der heute in § 98 Abs. 5 SGB XII enthaltenen Regelung deutlich werde - die Einrichtungsorte vor zu hohen Kosten zu schützen -, widersprechen. Mit der Einfügung
des § 98 Abs. 5 SGB XII habe die Zuständigkeit desjenigen Trägers der Sozialhilfe sichergestellt werden sollen, der vor Eintritt der Person in Formen
betreuter ambulanter Wohnmöglichkeiten zuletzt zuständig gewesen sei.
Dazu hat das Sozialgericht im Einzelnen ausgeführt:
"Für diese Auffassung spricht insbesondere, dass ansonsten in Fällen, in denen ein Hilfeempfänger, der bei positiver Entwicklung
seinem Eingliederungsziel nach und nach näher kommt und dadurch eine Verringerung des Hilfeangebotes erreichen kann, bei einem
Wechsel von einer stationären in eine teilstationäre Maßnahme mit anschließender ambulanter Betreuung durch den Zwischenschritt
der teilstationären Betreuung in die neue Zuständigkeit des Trägers am Einrichtungsort gelangen und dort auch für die ambulanten
Maßnahmen verbleiben würde. Dies würde tatsächlich dem Zweck des Schutzes der Einrichtungsorte zuwiderlaufen.
Dagegen lässt sich jedoch rechtstechnisch einwenden, dass § 98 SGB XII an sich keine Regelungslücke enthält, da es für alle Fälle, die nicht von den in den Abs. 2 bis 5 explizit genannten Ausnahmeregelungen
erfasst sind, die Auffangregelung des Abs. 1 gibt. Geht man von dem Grundsatz aus, dass Ausnahmevorschriften generell eng
auszulegen und nur in seltenen Fällen analogiefähig sind, würde es für die nicht ausdrücklich geregelten Fälle bei der Grundzuständigkeit
des Trägers des tatsächlichen Aufenthaltsortes verbleiben. Dieses Ergebnis ließe sich auch rechtshistorisch stützen, da der
Gesetzgeber die Ausnahmen für stationäre Leistungen und ambulant betreute Wohnmöglichkeiten mit großem zeitlichen Abstand
eingeführt hat. Während die gesonderte Zuständigkeit für stationäre Leistungen bereits seit dem 1. Januar 1994 Eingang in
das Bundessozialhilfegesetz (BSGH) gefunden hat, gibt es die Regelung für die ambulanten betreuten Wohnmöglichkeiten erst seit dem 1. Januar 2005. Daraus
könnte man schließen, dass der Gesetzgeber jeweils auf ein zahlenmäßig relevantes und akutes Problem mit der entsprechenden
Zuständigkeitsänderung reagiert hat. Im Umkehrschluss könnte das zu der Annahme führen, dass der Gesetzgeber für die teilstationären
Betreuungsleistungen keinen akuten Handlungsbedarf hat erkennen können und somit bewusst von einer entsprechenden Ausnahmeregelung
für diesen Betreuungstyp abgesehen hat (so auch VG Bayreuth, Urteil vom 18. August 2003 - B 3 K 01.65, zitiert nach [...],
unter Bezugnahme auf Schellhorn/Schellhorn, BSHG 2002, Rdnr. 90 zu § 97 BSHG, der davon ausging, dass der Gesetzgeber wohl wegen des örtlich begrenzten Einzugsbereichs zwar für stationäre Einrichtungen,
jedoch nicht für teilstationäre einen Handlungsbedarf gesehen hat; ähnlich auch Söhngen in: [...]PK § 98 Rn. 32, unter Annahme,
dass teilstationäre Leistungen nur teilzeitig, also nur tagsüber oder nachts erbracht würden - unter dieser Annahme würde
ein tatsächlicher Aufenthalt im Rahmen einer teilstationären Maßnahme am Einrichtungsort in der Regel gar nicht begründet
werden). Auch ist zu beachten, dass das SGB XII und auch der § 98 SGB XII seit der Einführung bereits mehrfach geändert wurden (§ 98 SGB XII zuletzt zum 1. Januar 2013) und die hier zugrundeliegende Problematik bereits seit dem Jahr 2005 (s. Beschluss des Schleswig-Holsteinischen
Landessozialgerichts vom 9. November 2005 - L 9 B 268/05 SO ER, zitiert nach [...]) Eingang in die Rechtsprechung gefunden, diese jedoch bislang nicht zu einer Gesetzesanpassung
geführt hat.
Unter Abwägung dieser für und wider eine Analogie sprechenden Argumente hat die Kammer sich für die analoge Anwendung der
Abs. 2 und 5 des § 98 SGB XII entschieden. Dabei hat die oben dargestellte Problematik, dass ein zwischenzeitlicher teilstationärer Aufenthalt zwischen
stationärer und ambulanter Betreuung ansonsten den Schutz der jeweiligen Träger der Einrichtungsorte durchbrechen würde, den
Ausschlag gegeben."
Der Beklagte hat gegen das ihm am 18. Juli 2013 zugestellte Urteil am 15. August 2013 Berufung eingelegt, mit der er im Wesentlichen
geltend macht, es gebe gegen den vom Sozialgericht dargestellten Sachverhalt nichts zu erinnern; das gelte auch über weite
Teile hinsichtlich der vom Sozialgericht in seiner Entscheidung dargelegten Auffassung. Das Gericht folge seiner Ansicht -
der des Beklagten - zur Einstufung der Hilfe als teilstationäre und sodann zunächst auch zur Zuständigkeit der Klägerin für
die der Hilfeempfängerin gewährten Leistungen der Eingliederungshilfe, bis es dann - der Auffassung des Schleswig-Holsteinischen
Landessozialgerichts folgend - umschwenke und (allein) mit Blick auf den Gesetzeszweck, den Schutz der Einrichtungsorte, im
Rahmen einer Abwägung zu der Ansicht gelange, dass (wohl doch) seine - des Beklagten - Zuständigkeit gegeben sei, und zwar
in analoger Anwendung der Absätze 2 und 5 des § 98 SGB XII. Diese Auffassung überzeuge nicht.
Es sei nicht vonnöten, einen Sonderfall zum Schutz der Einrichtungs- bzw. Anstaltsorte vor übermäßiger finanzieller Belastung
- wie bei (voll-)stationärer Versorgung oder ambulant betreuten Wohnmöglichkeiten - auch bei teilstationärer Versorgung in
entsprechender Anwendung der Absätze 2 und 5 des § 98 SGB XII zu kreieren. Insoweit werde, wie auch bereits erstinstanzlich ausgeführt, auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth
vom 16. August 2003 - B 3 K 01.65 - mit dem dortigen Hinweis auf Schellhorn/Schellhorn, BSHG, 2002, Rdnr. 90 zu § 97 BSHG verwiesen. Desgleichen laute auch Ziff. 4.2 Abs. 1 Satz 2 der "Gemeinsamen Richtlinien der Bayerischen Bezirke zum Vollzug der Hilfe nach §§ 67 - 69 Sozialgesetzbuch XII sowie zum Vollzug der Bayreuther Vereinbarung" wie folgt: "Für teilstationäre Leistungen richtet sich die Zuständigkeit nach
§ 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII.".
Bestätigt werde seine - des Beklagten - Auffassung auch durch die Ausführungen von Schoch in: Rothkegel, Sozialhilferecht,
1. Aufl., Baden-Baden 2005, III., Kap. 27, Rdnr. 9, wo es mit wünschenswerter Deutlichkeit heiße: "Bei der offenen Hilfe,
also außerhalb stationärer Einrichtungen (bisher außerhalb von Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen) und stationärer
wird die örtliche Zuständigkeit weiterhin (vgl. § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, bisher § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG) durch den tatsächlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten begründet.".
Mit "teilstationärer" sei offensichtlich "teilstationärer Hilfe" und nicht "teilstationärer Einrichtungen" gemeint; anderenfalls
ergäben die weiteren Ausführungen von Schoch zu einem vom Gesetzgeber beabsichtigten "Schutz der Einrichtungs- bzw. Anstaltsorte"
bei stationärer Versorgung (vgl. § 98 Abs. 2 SGB XII) ab Satz 2 seiner Ausführungen keinen Sinn.
Nach alledem sei sich der Gesetzgeber der Folgen für die Einrichtungsträger in Form eventuell übermäßiger finanzieller Belastungen
durchaus bewusst; mithin liege - anders als vom Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht angenommen - gerade keine unbewusste
Regelungslücke für die örtliche Zuständigkeit bei teilstationären Leistungen vor.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts vom 4. Juni 2013 aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich vollinhaltlich auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Kiel.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten
der Klägerin Bezug genommen; diese sind Gegenstand der Beratung gewesen.
Die Zuständigkeit des Beklagten folgt entweder unmittelbar aus § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII oder aus dem Sinn und Zweck der Regelungen über die örtliche Zuständigkeit, insbesondere aufgrund des Zusammenspiels von
Abs. 2 und 5 des § 98 SGB XII.
Nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII ist für Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel in Formen ambulanter
betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt
zuständig war oder gewesen wäre. § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII normiert, dass für die stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig ist, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten
ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme
zuletzt gehabt hatten. Satz 2 dieser Vorschrift besagt, dass in dem Fall, dass bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten
aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten
waren oder nach dem Einsetzen der Leistungen ein solcher Fall eintritt, der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung
maßgebend war, entscheidend ist.
Bejahte man mit der Klägerin das Vorliegen einer ambulanten betreuten Wohnmöglichkeit, ergäbe sich die Zuständigkeit des Beklagten
unmittelbar aus § 98 Abs. 5 SGB XII; denn er ist bzw. wäre vor Eintritt der Hilfeempfängerin T_______ R_______ in die Wohngruppe der sozialtherapeutischen Einrichtung
"L___" in Kiel gemäß § 98 Abs. 1 SGB XII zuständig gewesen, weil die Hilfeempfängerin sich vorher in dessen Bereich tatsächlich aufgehalten hat. Sie wohnte bis zum
Einzug in die Wohngemeinschaft "L___" in S____, mithin im Zuständigkeitsbereich des Beklagten.
Es kann jedoch offenbleiben, ob es sich bei der sozialtherapeutischen Einrichtung "L___" um eine ambulante betreute Wohnmöglichkeit
oder - wovon der Beklagte und das Sozialgericht, wie von diesem im angefochtenen Urteil mit nachvollziehbaren Argumenten belegt,
ausgehen - um eine teilstationäre Einrichtung handelt; denn auch beim Vorliegen einer teilstationären Einrichtung wäre der
Beklagte örtlich zuständig. Obwohl § 98 SGB XII insoweit keine ausdrückliche Regelung trifft, ergibt sich dies durch Auslegung der Norm.
Nach § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII wäre die Zuständigkeit des Beklagten bei der Inanspruchnahme einer stationären Einrichtung gegeben, weil die Hilfeempfängerin
ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme und auch die zwei Monate davor im Zuständigkeitsbereich des Beklagten
hatte. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 9. November 2005 - L 9 B 268/05 SO ER - und in seinem Urteil vom 9. März 2011 - L 9 SO 12/10 - (jeweils veröffentlicht bei [...]) ausgeführt hat und woran
er weiterhin festhält, gilt für teilstationäre Einrichtungen dieselbe Zuständigkeit wie für stationäre Einrichtungen; denn
ausgehend vom Sinn und Zweck der Norm, den Einrichtungsort schützen zu wollen (vgl. Schoch in: LPK-SGB XII, 8. Aufl. 2007, § 98 Rdnr. 25), wäre es zweckwidrig, bei teilstationär erbrachten Leistungen die Zuständigkeit an den Einrichtungsort zu knüpfen.
Bei Leistungserbringung für Hilfen in derartigen Einrichtungen sind die anfallenden Kosten in der Regel höher als in ambulanten
betreuten Wohnmöglichkeiten, aber geringer als in stationären Einrichtungen. Wenn schon bei der Einrichtung mit geringster
ebenso wie mit höchster Kostenlast (gemäß § 98 Abs. 5 S. 1 bzw. § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII) eine Zuständigkeit beim Beklagten begründet ist, ist kein Grund ersichtlich, weshalb dies bei Einrichtungen mit "mittlerer"
Kostenlast anders sein sollte. Diese Auslegung lässt sich auch mit dem Wortlaut der Norm in Einklang bringen; denn eine "teil"-stationäre
Einrichtung ist eine Unterform der stationären Einrichtung.
Hielte man die vorstehende am Wortlaut orientierte Auslegung aufgrund der ansonsten im Gesetz vorgenommenen Differenzierung
zwischen teilstationären und stationären Einrichtungen (vgl. etwa § 13 SGB XII) für unzutreffend, wäre eine analoge Anwendung von § 98 Abs. 2 bzw. Abs. 5 SGB XII auf teilstationäre Einrichtungen gerechtfertigt, die hier zur Zuständigkeit des Beklagten führte. Eine planwidrige Regelungslücke
und Vergleichbarkeit der Sachverhalte wären zu bejahen. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb der Gesetzgeber für teilstationäre
Einrichtungen anders als für ambulante betreute Wohnmöglichkeiten und stationäre Einrichtungen bewusst eine Zuständigkeit
des Trägers der Sozialhilfe am Einrichtungsort hätte schaffen wollen. Dies widerspräche der Intention des Gesetzgebers, die
bei Schaffung der heute in § 98 Abs. 5 SGB XII enthaltenen Regelung deutlich wird. Mit deren Einfügung sollte die Zuständigkeit desjenigen Trägers der Sozialhilfe sichergestellt
werden, der vor Eintritt der Person in Formen betreuter ambulanter Wohnmöglichkeiten zuletzt zuständig war (vgl. BT-Drs. 15/1514,
S. 67 zu § 93 SGB XII a.F.; vgl. insoweit auch die entsprechend heranzuziehende Argumentation zur Frage der örtlichen Zuständigkeit beim Übertritt
von einer ambulant betreuten Wohnmöglichkeit in eine stationäre Einrichtung innerhalb einer "gemischten Einrichtungskette"
im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Januar 2012 - 4 L SO 67/11 -, recherchiert bei [...], sowie im Urteil
des Senats vom 12. März 2014 zum Aktenzeichen L 9 SO 85/12).
Die vorstehenden Argumente werden auch nicht durch die - vom Beklagten für seine Rechtsauffassung im Einzelnen benannten -
gegenläufigen Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth und in der Kommentierung von Schellhorn und von Schoch
entkräftet.