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LSG Thüringen, Urteil vom 25.05.2016 - 4 AS 1310/15
Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende Anrechnung von Einkommen Schwankender Einkommenszufluss Bildung eines Durchschnittseinkommens
1. Schon der Wortlaut des den Anwendungsbereich eröffnenden § 2 Abs. 3 Satz 1 ALG II-V, wonach als Einkommen ein monatliches Durchschnittseinkommen zugrunde gelegt werden "kann", erfordert eine (gerichtlich voll überprüfbare) Ermessensentscheidung im Sinne von § 39 Abs. 1 SGB I zugunsten eines Durchschnittseinkommens.
2. In diese sind Gesichtspunkte wie die Länge des Bewilligungsabschnittes, die Höhe der Einkommensschwankungen, die Freibeträge des § 11b SGB II, die Vermeidung einer Bedarfsunterdeckung, im Besonderen bei stark schwankenden Bedarfen oder Einkommen, öffentliche Interessen, wie die Gewährleistung eines angemessenen Verwaltungsaufwandes und ggf. die Vermeidung oder Eröffnung eines Wechsels zwischen Transfersystemen (Wohngeld, Kinderzuschlag) einzubeziehen.
3. Gedeckt von § 13 SGB II wird mit § 2 Abs. 3 ALG II-V keine Abkehr vom Zufluss- und Monatsprinzip sondern lediglich eine Modifikation der Einkommensberechnung für die Fälle schwankenden Einkommenszuflusses normiert.
4. Derartige Modifikationen sind dem SGB II selbst nicht fremd, wie bspw. die Regelung des § 11 Abs. 3 SGB II für die Berücksichtigung einmaliger Einnahmen zeigt.
5. Die Rechtsfrage, ob § 11 SGB II in Verbindung mit § 2 Abs. 3 ALG II-V den Grundsicherungsträger ermächtigt, in den Fällen, in denen Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit in monatlich schwankender Höhe erzielt wird, eine endgültige Entscheidung nach § 40 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 328 SGB III auf Basis eines monatlichen Durchschnittseinkommens vorzunehmen und dies im Ermessen der Behörde steht, ist bislang ungeklärt.
Fundstellen: NZS 2016, 665
Normenkette:
SGB II § 7
,
SGB II §§ 19 ff.
,
ALG II-V § 2 Abs. 3 S. 1
,
SGB III § 11 Abs. 1 S. 1
,
SGB I § 39 Abs. 1
,
SGB II § 11b
,
SGB II § 13
,
SGB II § 11 Abs. 3
,
SGB II § 40 Abs. 2
,
Vorinstanzen: SG Gotha 12.06.2015 S 20 AS 59/13
Auf die Berufung des Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 12. Juni 2015 und der Bescheid vom 4. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2012 aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, über die endgültige Höhe der den Klägern für die Monate Mai 2012 und August 2012 zu gewährenden Grundsicherungsleistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Rechtszügen zur Hälfte zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.

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