Gründe:
Die am 22. Februar 2011 bei dem Thüringer Landessozialgericht eingelegte Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Berufung im Urteil des Sozialgerichts Gotha (SG) vom 21. Januar 2011, ihm zugestellt am 28. Januar 2011, erlaubt keine Entscheidung in der Sache, weil sie bereits unzulässig
ist.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht statthaft, weil das Urteil des SG ohne Zulassung mit der Berufung angefochten werden kann.
Nach §
144 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGG i.d.F. ab 1. April 2008 -
SGG F. 2008 - bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts,
wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt
betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als
ein Jahr betrifft (§
144 Abs.
1 S. 2
SGG).
Streitgegenständlich erfasst ist vorliegend hingegen ein Auskunftsverlangen des Beklagten gegenüber dem Kläger, welchem weder
unmittelbar noch über einen darauf gerichteten Verwaltungsakt eine Geld- oder Sachleistung zu Grunde liegt.
Die Beschwerde ist auch nicht entgegen ihres Wortlautes als Berufung auszulegen oder in eine Berufung umzudeuten.
Für die Frage, welches Rechtsmittel der Rechtsmittelführer eingelegt hat, kommt es gemäß §
106 Abs.
1 SGG und entsprechend §
133 BGB zunächst auf dessen wirklichen Willen und auf dessen erkennbares Prozessziel an. Entscheidend ist, welchen Sinn die Erklärung
aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners hat. Dabei ist der Rechtsmittelführer nicht allein am Wortlaut festzuhalten,
wenn objektiv erkennbar ist, dass eine anderslautende Erklärung gewollt ist (BSG, 14. Dezember 2006 - B 4 R 19/06 R; BSG, 8. November 2005 - B 1 KR 76/05 B - SozR 4-1500 § 158 Nr. 2). In verfassungsorientierter Auslegung (Art
19 Abs.
4 S. 1
GG) dürfen Rechtsmittelerklärungen nicht so ausgelegt werden, dass dem Rechtsmittelführer der Zugang zu den im
SGG eingeräumten Instanzen in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert wird (stellv. BVerfGE
74, 228; 77, 275). Solche Anhaltspunkte sind vorliegend nicht zu erkennen, weil der Kläger erkennbar auf die - falsche - Rechtsmittelbelehrung
des SG aus der Begründung ersichtlich den Rechtsbehelf der Nichtzulassungsbeschwerde einlegen wollte. Selbst auf den Hinweis des
Berichterstatters vom 31. Januar 2012, dass die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig sei, hat der Prozessbevollmächtigte des
Klägers nicht mitgeteilt, lediglich die Berufung falsch bezeichnet zu haben.
Ebenso wenig lässt sich die Erklärung im Wege der Umdeutung als Berufung auslegen. Dabei kann dahingestellt bleiben, wie weit
das verfassungsrechtliche Gebot aus Art.
19 Abs.
4 S. 1
GG reicht, dem Rechtsschutzsuchenden es zu ermöglichen, den Rechtsschutzweg beschreiten zu können, der ihm ohne entgegenstehende
Verfahrenshürden zur Durchsetzung seines Rechtsschutzzieles verhelfen kann. Unzumutbare Verfahrenshürden bestehen bei einer
Auslegung des Rechtsbehelfs als Beschwerde nicht. Auf den Hinweis des Berichterstatters vom 31. Januar 2012, abgesandt am
23. Februar 2012, hat der Kläger noch rechtzeitig Berufung einlegen können, auch wenn die Berufungsfrist, die aufgrund der
falschen Rechtsmittelbelehrung gemäß §
66 Abs.
2 SGG binnen eines Jahres bis 28. Januar 2012 hätte eingelegt werden können, abgelaufen ist. Aufgrund der falschen Rechtsmittelbelehrung
und des zunächst unterbliebenen Hinweises des Senats darauf, dass die Berufung keiner Zulassung bedarf, müsste dem Kläger
gemäß §
67 SGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (BSG, Beschluss vom 10. November 2011 - B 8 SO 12/11 B, juris), soweit
er die weiteren Voraussetzungen, insbesondere die Monatsfrist nach §
67 Abs.
2 SGG einhält bzw. rechtzeitig eingehalten hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf dem Ausgang der Beschwerde entsprechend §
193 Abs.
1 S. 1
SGG.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).