Gründe:
Die instanzielle Zuständigkeit des Senats ist gegeben, obwohl nach Wegfall der Regelung des §
60 Abs.
1 S. 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) a.F. durch das Änderungsgesetz vom 22. Dezember 2011 (BGBl I 1864) mit Wirkung ab 1. Januar 2012 über §
60 Abs.
1 SGG i.V.m. §
45 Abs.
1 Zivilprozessordnung (
ZPO) über das Gesuch das Sozialgericht zu entscheiden hat, dem der abgelehnte Richter angehört. Auch ohne ausdrückliche Übergangsregelung
folgt das aus den intertemporalen Verfahrensgrundsätzen, nach denen die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs sich nach dem Recht
richtet, welches im Zeitpunkt seines Eingangs - hier bis 31. Dezember 2011 - gegolten hat (Kopp, "Grundsätze des intertemporalen
Verwaltungsrechts" in SGb 1993, S. 593 (601) m.w.N.).
Das Gesuch der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Kläger werfen Richter am Sozialgericht U. vor, durch die Androhung der Verhängung von sog. Missbrauchskosten in Höhe von
bis zu 700 Euro zu versuchen, sie zur Rücknahme ihres Antrages auf Durchführung der mündlichen Verhandlung - und damit letztlich
auch ihrer Klage - zu bewegen.
Nach §
60 Abs.
1 S. 1
SGG in Verbindung mit §
42 ZPO ist ein Richter auf das zulässige Ablehnungsgesuch eines Verfahrensbeteiligten von der Ausübung des Richteramtes im Rechtsstreit
auszuschließen, in dessen Person gesetzliche Ausschließungsgründe vorliegen oder der die Besorgnis der Befangenheit begründet
(§
42 Abs.
1 ZPO). Die Besorgnis der Befangenheit ist anzunehmen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit
eines Richters zu rechtfertigen (§
42 Abs.
2 ZPO). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich befangen ist, sondern allein darauf, ob ein am Verfahren Beteiligter
von seinem Standpunkt aus Bedenken gegen die Unparteilichkeit des Richters haben kann (BSG SozR - 1500 § 60 Nr. 3). Für die
Besorgnis der Befangenheit müssen aber objektive Gründe vorliegen, die - vom Standpunkt des Ablehnenden aus - bei vernünftiger
Betrachtung die Befürchtung rechtfertigen, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch
gegenüber. Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen und Gedankengänge des Antragstellers reichen hingegen nicht aus, die
Besorgnis der Befangenheit eines Richters zu begründen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Auflage 2008, §
60 RdNr. 7 m.w.N.).
Unrichtige oder für unrichtig gehaltene Rechtsauffassungen oder Tatsachenausführungen eines Richters sind grundsätzlich nicht
geeignet, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen (Senat, Beschluss vom 5. Oktober 2011 - L 4 SF 1488/11). Es müssen vielmehr objektive Gründe dafür dargetan werden, die dafür sprechen, dass eine mögliche Fehlerhaftigkeit einer
Entscheidung auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegen den ablehnenden Beteiligten beruht oder willkürlich im
Sinne einer greifbaren Gesetzeswidrigkeit ist (BSG, Beschluss vom 10. Dezember 2010 - B 4 AS 97/10 B m.w.N., juris). Unterschiedliche Auffassungen zwischen Richtern und Verfahrensbeteiligten in materiell-rechtlichen oder
verfahrensrechtlichen Fragen bieten ohne besondere weitere Anhaltspunkte ebenfalls keinen Anlass zu einer begründeten Besorgnis
der Befangenheit. Eine Befangenheit ist vielmehr nur dann zu besorgen, wenn die Fehlerhaftigkeit der richterlichen Meinungsäußerung
bzw. in Betracht gezogenen verfahrensrechtlichen Maßnahme auf einer unsachlichen, nicht mehr neutralen Einstellung des Richters
gegen den betroffenen Beteiligten oder auf Willkür im konkreten Fall beruht. Von einer auf Willkür beruhenden Rechtsauffassung
bzw. Verfahrenshandlung kann jedoch nur dann gesprochen werden, wenn sie bei verständiger Würdigung schlechterdings nicht
mehr verständlich erscheint oder offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BayLSG, Beschluss vom 29. April.2002 - L 5 AR 28/02 RJ m.w.N., juris).
In der Androhung von Missbrauchskosten kann vorliegend kein Verhalten erkannt werden, welches geeignet ist, die Besorgnis
der Befangenheit zu begründen. Die Auferlegung von Gerichtskosten nach §
192 Abs.
1 SGG mit dem Vorwurf der Missbräuchlichkeit über die Rechtslage hinaus, erfordert einen Vorwurf gegenüber dem Beteiligten, der
es nahelegt, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl die Aussichtslosigkeit für ihn erkennbar ist. Die fehlende
Aussichtslosigkeit des fortgeführten Klageverfahrens war für die Kläger durch die Ausführungen im Gerichtsbescheid vom 29.
Juni 2011 und die - nach Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung - erteilten richterlichen Hinweise klar ersichtlich.
Vorliegend hat Richter am Sozialgericht U. beabsichtigt, von dem Recht nach §
192 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG hinsichtlich der Auferlegung von Missbrauchskosten Gebrauch zu machen. Dabei ist er auch der Verpflichtung der vorherigen
Androhung im Sinne einer Darlegung der Missbräuchlichkeit und der damit verbundenen Kostenfolge nachgekommen. Hierin einen
Befangenheitsgrund zu erkennen, würde die Hinweispflicht sowie die Kostenauferlegungsmöglichkeit nach §
192 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG ad absurdum führen und den beabsichtigten Gesetzeszweck - Schutz und der überlasteten Gerichte vor unnötigen Entscheidungen
bzw. Entlastung der Gerichte - konterkarieren.
In dem Hinweis der beabsichtigen Kostenauferlegungen einen Befangenheitsgrund zu erblicken, erscheint allenfalls dann denkbar,
wenn der Richter damit den Anschein erkennen lässt, ungeachtet jeglichen weiteren Vorbringens der Beteiligten die in dem Hinweis
enthaltene Entscheidung herbeiführen zu wollen. Solches ist jedenfalls für einen anwaltlich vertretenen Beteiligten der vorliegenden
Absichtserklärung alleine nicht zu entnehmen. Vielmehr wurde mit dem Hinweis vom 27. September 2011 ausdrücklich die Möglichkeit
gegeben, das weitere rechtliche Interesse zur Verfahrenfortführung darzulegen. Dem kann ein grundsätzliches Verschließen des
Richters hinsichtlich des (weiteren) Klägervortrages nicht erkannt werden. Schließlich hat Richter am Sozialgericht U. mit
Hinweis vom 15. November 2011 auch unzweifelhaft gelassen, dass der Erfolg der Klage und auch die Kostenauferlegung nach §
192 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG nicht allein von ihm als Vorsitzenden, sondern der Entscheidung der Kammer - also auch der ehrenamtlichen Richter - abhängt.
So hat er ausdrücklich ausgeführt, dass "zumindest der Vorsitzende der 46. Kammer die Rechtsaufassung der Klägerbevollmächtigten
für absolut abwegig hält und daher beabsichtigt (ist), der Kammer die Verhängung von Verschuldenskosten vorzuschlagen." Mit
den Formulierungen "zumindest", "beabsichtigt" und "vorzuschlagen" wird hinreichend klar, dass das Ergebnis der mündlichen
Verhandlung nicht vorweggenommen werden soll und damit auch hinsichtlich Klageerfolg und Kostenauferlegung noch alles offen
ist.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).