Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenübernahme für eine stationäre Krankenhausbehandlung streitig.
Der bei der Beklagten versicherte H. H. (im Folgenden: Versicherter) befand sich nach vertragsärztlicher Verordnung des Internisten
Dipl.-Med. G. vom 12. bis 15. September 2008 wegen eines stanzbioptisch gesicherten Prostatakarzinoms zur stationären Behandlung
im von der Klägerin betriebenen Klinikum. In der Aufnahmeanzeige teilte die Klägerin der Beklagten die Diagnose "C61" (Bösartige
Neubildung der Prostata) mit. Die Beklagte erteilte eine Kostenzusage für die Zeit ab 12. September 2009. Bei dem Versicherten
wurde eine Low-Dose-Rate (LDR)-Brachytherapie bei Prostatakarzinom (Implantation von mehr als 10 Seeds) durchgeführt.
Für die stationäre Behandlung des Versicherten setzte die Klägerin nach dem auf G-DRGs (diagnosebezogene Fallgruppen) basierenden
Fallpauschalen-Katalog der G-DRG-Version 2008 die DRG M07Z (Brachytherapie bei Krankheiten und Störungen der männlichen Geschlechtsorgane,
Implantation von > 10 Seeds) nebst Zuschlägen mit einer Vergütung von insgesamt 7.166,01 EUR (Rechnung vom 25. September 2008)
an. Die Beklagte verweigerte die Zahlung. Am 7. Oktober 2008 beauftragte sie den (MDK) Thüringen mit der Prüfung der Frage,
ob die Behandlung innerhalb von zwei Kalendertagen hätte abgeschlossen werden können. Dieser forderte mit Schreiben vom 13.
Oktober 2008 die den Versicherten betreffenden Behandlungsunterlagen bei der Klägerin an. Der MDK verneinte in seiner sozialmedizinischen
Stellungnahme vom 12. Dezember 2008 die Notwendigkeit der stationären Aufnahme. Es hätte eine ambulante Behandlung durch Vertragsärzte
erfolgen können. Die Brachytherapie sei eine ambulant durchführbare Behandlung; eine medizinische Notwendigkeit für die stationäre
Aufnahme sei anhand der vorliegenden Unterlagen nicht nachzuvollziehen. Die Beklagte zahlte an die Klägerin 70,96 EUR. Hiergegen
erhob die Klägerin "Widerspruch" und verwies auf die Rechtsprechung in Bezug auf die Anforderungen an die Substantiiertheit
von MDK-Gutachten. Es sei vom Gutachter ein Therapieangebot der Brachytherapie bei Prostatakarzinom im Bereich der vertragsärztlichen
Versorgung in zumutbarer Entfernung für den Versicherten als Alternative zu benennen. In einer weiteren sozialmedizinischen
Stellungnahme vom 23. Februar 2009 führte der MDK aus, allein das Risiko einer möglichen Komplikation im Rahmen einer Therapie
begründe nicht die vollstationäre Krankenhausbehandlung nach §
39 Abs.
1 SGB V, wenn diese Behandlung ambulant durchführbar sei.
Am 20. Juli 2009 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht (SG) erhoben und ausgeführt, postoperativ habe ein transurethraler Dauerkatheter wegen einer ausgeprägten Hämatombildung sowie
einer Hämaturie bis zum 3. postoperativen Tag belassen werden müssen. Zur Vermeidung einer Koageltamponade sei eine gelegentliche
Spülung der Harnblase angezeigt gewesen. Antibiotika und Analgetika seien intravenös zu verabreichen, eine stationäre Krankenhausbehandlung
wegen der aufgetretenen Begleiterkrankungen notwendig gewesen. Zudem sei die LDR-Brachytherapie eine Behandlungsmethode, die
von der Klägerin mit den Kostenträgern als stationäre Leistung vereinbart worden sei. Sie sei auch nur im stationären Bereich
abrechenbar. Die Beklagte hat eine weitere Stellungnahme des MDK vom 21. September 2009 eingereicht. Danach sind in den Behandlungsunterlagen
bis auf die anamnestische Angabe "chronische Niereninsuffizienz" keine Begleiterkrankungen des Versicherten dokumentiert.
Zur Niereninsuffizienz sei zu bemerken, dass am Operationstag normwertige Nierenretentionsparameter laborchemisch bestimmt
wurden. Demnach sei die Erbringung des Eingriffs unter stationären Bedingungen nicht schon aufgrund eines erhöhten perioperativen
Ausgangsrisikos erforderlich gewesen. Aus den Behandlungsunterlagen ergebe sich nicht, dass eine gelegentliche Spülung der
Harnblase erforderlich gewesen sei. Ein liegender transurethraler Dauerkatheter stelle für sich genommen keinen Grund für
eine vollstationäre Krankenhausbehandlung dar. Gegen eine ambulante Behandlung spreche auch nicht die Tatsache, dass es sich
um einen mehrstündigen Eingriff in Vollnarkose gehandelt habe. Die Anzahl der implantierten Seeds habe im behandlungsüblichen
Durchschnitt gelegen und sich technisch problemlos gestaltet.
Das SG hat ein medizinisches Gutachten des Internisten F. vom 28. September 2011 und eine ergänzende Stellungnahme vom 9. Dezember
2011 eingeholt. Dieser hat u.a. ausgeführt, Komplikationen bei der Durchführung der Narkose und des Eingriffs seien am 12.
September 2008 nicht dokumentiert und nicht wahrscheinlich. Eine Hämaturie sei ausdrücklich nicht erwähnt. Der Eingriff hätte
ambulant durchgeführt werden können. Mit Urteil vom 12. März 2012 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen.
Im Berufungsverfahren vertritt die Klägerin die Ansicht, bereits bei Auswahl des Sachverständigen habe das SG die Anforderungen des BSG an die Beauftragung eines Sachverständigen nicht eingehalten. Bei einer relativ langen Narkosedauer könne der Patient nicht
anschließend in die Häuslichkeit entlassen werden. Die Gefahr einer Makrohämaturie bestehe grundsätzlich immer bei der Art
dieses Eingriffs, verbunden hiermit sei die Gefahr einer Koagelbildung. Der Katheter hätte nicht am gleichen Tag entfernt
werden können. Er sei gelegt worden, da aufgrund der dreifach vergrößerten Prostata (36 g) - (im Entlassungsbrief vom 15.
September 2008 heißt es 26 ml) - ein deutlich erhöhtes Risiko auf einen Harnverhalt bestanden habe. Darüber hinaus sei der
Versicherte mit stark erhöhten weißen Blutkörperchen zur stationären Aufnahme gekommen, was auf eine akute Entzündungssituation
hingedeutet und damit die Gefahr von Komplikationen bei einer Operation deutlich erhöht habe. Zudem habe der behandelnde Arzt
als Diagnose zusätzlich eine chronische Niereninsuffizienz II. Grades angegeben. Sie verweise nochmals auf das Strahlenrisiko.
Die Klägerin überreicht die Anlage 3 zur Budget- und Entgeltvereinbarung 2008. Im Jahr 2009 seien bundesweit ca. 600 Behandlungen
unter stationären Bedingungen erbracht und auch abgerechnet worden. Ob im Jahr 2013 durch den Gemeinsamen Bundesausschuss
(G-BA) eine Beschlussfassung zur Interstitiellen Brachytherapie erfolgt sei oder nicht, sei letztendlich völlig unerheblich.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 12. März 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.095,05 EUR
nebst Zinsen in Höhe des Basiszinssatzes seit dem 10. Oktober 2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an ihrer Ansicht fest, dass eine vollstationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen nicht erforderlich
gewesen sei. Dies werde durch das Gutachten des Internisten F. bestätigt. Das Gutachten der Prof. Dr. H. vom 8. Oktober 2013
sei für die Beurteilung der streitigen Angelegenheit ungeeignet. Sie habe nicht geprüft, ob eine zwingende medizinische Notwendigkeit
für den streitigen Krankenhausaufenthalt im Sinne des §
39 SGB V bestanden habe. Zudem gehöre die durchgeführte Therapie noch nicht zum medizinischen Standard. Sie verweise auf den "Beschluss
über Maßnahmen zur Qualitätssicherung bei interstitieller Low-Dose-Rate-Brachytherapie zur Behandlung des lokal begrenzten
Prostatakarzinoms" des G-BA vom 19. Dezember 2013. Der G-BA habe die Beschlussfassung bis zum 31. Dezember 2030 ausgesetzt.
Auch vor diesem Hintergrund dürfte ein Vergütungsanspruch der Klägerin scheitern.
Der Senat hat ein Gutachten der Prof. Dr. H. vom 8. Oktober 2013 und eine ergänzende Stellungnahme vom 16. Januar 2014 eingeholt.
Diese führt u.a. aus, grundsätzlich sei die Behandlung ambulant durchführbar, somit hätten die Gutachter möglicherweise damit
Recht, dass die Aufnahme beim Versicherten stationär nicht zwingend erforderlich gewesen sei. Die chronische Niereninsuffizienz
könne möglicherweise ein erhöhtes Operationsrisiko darstellen. Eine ambulante Behandlung setze eine engmaschige Anbindung
des Patienten voraus. Der Arzt sollte selber in seinem Verantwortungsbereich entscheiden, ob eine Behandlung stationär oder
ambulant durchzuführen sei. Die eingetretenen Komplikationen hätten postoperativ zu einer stationären Aufnahme geführt, wobei
die Angaben im Brief und die Dokumentation in der Akte nicht übereinstimmend seien. Es fehlten Angaben dazu, wie stark die
Makrohämaturie gewesen sei und wie viele Harnblasenspülungen durchgeführt worden seien. Auch wenn die stationäre Aufnahme
primär nicht zwingend erforderlich gewesen sei, so habe sich doch im weiteren stationären Verlauf die Notwendigkeit einer
intensiveren Betreuung gezeigt. Eine stationäre Behandlung des Patienten aufgrund von strahlenschutzrechtlichen Aspekten müsse
jedenfalls zurückgewiesen werden. Die Therapie sei wegen ihrer Komplexität nur durch erfahrene Therapeuten durchführbar und
erfordere eine höchstmögliche Präzision und Erfahrung, von der nicht nur die akuten und chronischen Nebenwirkungen, sondern
auch die Prognose des Patienten abhänge. Daher müsse die Verantwortung, ob und wie lange ein Patient nach einer Behandlung
stationär behandelt werde, in der Hand des therapierenden Arztes liegen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen,
der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Die Voraussetzungen für die Abrechnung der DRG M07Z Version 2008 (Brachytherapie bei Krankheiten und Störungen der männlichen
Geschlechtsorgane, Implantation von > 10 Seeds) einschließlich gesetzlicher Zuschläge sind nicht erfüllt.
Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung der weiteren Vergütung für die vollstationäre
Behandlung des Versicherten in Höhe von 7.095,05 EUR. Diesen Anspruch macht sie zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach
§
54 Abs.
5 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) geltend. Die Klage eines Krankenhausträgers - wie der Klägerin - auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gegen
eine Krankenkasse ist ein Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in
Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - Az.: B 1 KN 3/08 KR R m.w.N., nach juris). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch - mit
7.095,05 EUR - beziffert.
Ein Vergütungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte besteht nicht bereits deshalb, weil für die erbrachte Leistung eine
Fallpauschale vereinbart wurde.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist §
109 Abs.
4 Satz 3
SGB V (i.d.F. durch Art. 1 Nr. 74 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) vom 26. März 2007 - BGBl. I 2007, Seite 378 ff) i.V. m. § 7 Satz 1 Nr. 1 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) sowie § 17b des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - (KHG), i.d.F. durch Art. 18 Nr. 4 GKV-WSG). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge/Fallpauschalenverordnungen) konkretisiert.
Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für
die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen
zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner
vereinbarten sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den Fallpauschalenvereinbarungen auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Satz
1 Nr. 3 KHEntgG (hier: Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2009 (FPV 2009)).
Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen einen
Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Das folgt aus dem aufgezeigten
Wortlaut und Regelungssystem sowie aus dem Zweck der Vergütung. Sie dient als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht
des zugelassenen Krankenhauses, Krankenhausbehandlung (§
39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des Versorgungsauftrags zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses ist nämlich zur Erfüllung
des Leistungsanspruchs des Versicherten bestimmt (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17. Dezember 2013 - Az.: B 1 KR 70/12 R, nach juris).
Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme
der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes (§
109 Abs.
4 Satz 3
SGB V), wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und i.S.v. §
39 Abs.
1 Satz 2
SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 10. März 2015 - Az.: B 1 KR 3/15 R m.w.N., nach juris). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG sind allgemeine Krankenhausleistungen, Krankenhausleistungen die unter
Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch
zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. Diese "allgemeinen Krankenhausleistungen" werden nach
§ 7 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern u.a. mit Fallpauschalen nach den auf Bundesebene
vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9 KHEntgG) abgerechnet. Das Fallpauschalensystem lässt keinen Raum dafür, nicht notwendige
Leistungen zu vergüten (vgl. BSG, Urteil vom 7. Dezember 2013 a.a.O., m.w.N.).
Die Krankenhausbehandlung des Versicherten in dem von der Klägerin betriebenen Klinikum entsprach nicht dem Qualitätsgebot
des §
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V als Vergütungsvoraussetzung.
Krankenhausbehandlung ist im Sinne des aufgezeigten Regelungssystems von §
109 Abs.
4 Satz 3
SGB V und §
39 SGB V grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn die Behandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht
und notwendig ist. Generell hat sich der Anspruch auf Krankenbehandlung nach §
27 Abs.
1 Satz 1
SGB V i.V.m. dem Qualitätsgebot des §
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V und mit §
2 Abs.
4, §
12 Abs.
1 SGB V daran auszurichten, welche Behandlung unter Beachtung des umfassenden Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit notwendig und ausreichend
ist, um das angestrebte, in §
27 Abs.
1 Satz 1
SGB V bezeichnete Behandlungsziel zu erreichen. Hierzu ist unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen
Erkenntnisse nicht nur dem Grunde nach, sondern auch dem Umfang nach zu ermitteln, welche Reichweite der Therapie indiziert
ist (vgl. BSG, Urteil vom 7. Dezember 2013, a.a.O., m.w.N.).
Auch die u.a. von § 17b KHG erfassten Leistungen müssen nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich dem Qualitätsgebot (§
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V) genügen, um überhaupt zulasten der GKV abrechenbar zu sein. Die frühere - dem entgegenstehende - Rechtsprechung, wonach
die Prüfung, ob eine im Krankenhaus angewandte Untersuchungs- oder Behandlungsmethode die vom Gesetz geforderten Qualitätsstandards
erfüllt, ausschließlich dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) obliegt, hat das BSG mit Urteil vom 28. Juli 2008 - Az.: B 1 KR 5/08 R, nach juris) aufgegeben. Eine Abmilderung des Qualitätsgebots kann sich allerdings daraus ergeben, dass auch bei der Beurteilung
der Behandlungsmethoden im Krankenhaus in einschlägigen Fällen eine grundrechtsorientierte Auslegung der Grenzmaßstäbe nach
Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stattzufinden hat (vgl. BSG, Urteil vom 7. Dezember 2013, a.a.O., m.w.N.).
Dieser Maßstab liegt nach der Rechtsprechung des BSG auch der Regelungskonzeption des Verbotsvorbehalts nach §
137c SGB V zu Grunde. Nach §
137c Abs.
1 SGB V (i.d.F. des Art. 1 Nr. 112 GKV-WSG m.W. v. 1. Juli 2008) überprüft der G-BA nach §
91 SGB V auf Antrag eines Spitzenverbandes der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der
Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zulasten der GKV im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt
werden oder angewandt werden sollen, darauf hin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung
der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind.
Ergibt die Überprüfung, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht, erlässt der G-BA eine entsprechende Richtlinie.
Ab dem Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie darf die ausgeschlossene Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht
mehr zulasten der GKV erbracht werden; die Durchführung klinischer Studien bleibt unberührt (§
137c Abs.
2 Satz 2
SGB V). Die Regelung des §
137c SGB V darf nicht über ihren Wortlaut hinaus im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus bis
zum Erlass eines Verbots nach §
137c SGB V ausgelegt werden. Sie normiert vielmehr einen bloßen Verbotsvorbehalt. Sie setzt die Geltung das alle Naturalleistungsbereiche
erfassende Qualitätsgebots (§
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V) auch im stationären Bereich nicht außer Kraft (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013, a.a.O., m.w.N, Beschluss vom 15. Juli 2015 - Az.: B 1 KR 23/15 B). Die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus erfolgt dabei bis zu einer Entscheidung des GBA nach
§
137c SGB V individuell, grundsätzlich also zunächst präventiv im Rahmen einer Binnenkontrolle durch das Krankenhaus selbst, sodann im
Wege der nachgelagerten Außenkontrolle lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post durch die Krankenkassen
und anschließender Prüfung durch die Gerichte.
Maßgebend ist insoweit der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse zur Zeit der Behandlung. Das Qualitätsgebot
fordert dabei, dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet
und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallende Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht.
Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht
nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können.
Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit
der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen
erfolgreich gewesen sein. Dabei begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, Beurteilungen des G-BA aus dem Bereich der vertragsärztlichen
Versorgung im Rahmen des §
135 Abs.
1 SGB V auch für die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Bereich der stationären Behandlung heranzuziehen, wenn
diese Beurteilungen gebietsübergreifende Aussagen beinhalten. Sie sind mithin zu berücksichtigen, wenn sie sachliche Geltung
nicht nur für die Behandlung in ambulanter, sondern auch in stationärer Form beanspruchen, etwa weil das aufbereitete wissenschaftliche
Material generelle Bewertungen enthält (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juli 2008, a.a.O.).
Solche Beurteilungen des GBA liegen hier in Form des Beschlusses vom 17. Dezember 2009 (vgl. https://g-ba.de Stichwort: Brachytherapie)
vor, dem ein Antrag des VdAK auf Bewertung der LDR-Brachytherapie als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode nach §
135 SGB V zu Grunde lag.
Danach handelt es sich bei der permanenten interstitiellen Brachytherapie um eine Low-Dose-Rate-Brachytherapie (LDR-Brachytherapie),
bei der radioaktive Strahlenquellen (125Jod - wie hier - oder 103Palladium) in Form von Seeds über Hohlnadeln zum dauerhaften
Verbleib in das Prostata-Gewebe eingebracht werden. Als organerhaltenes minimal invasives radiotherapeutisches Verfahren hat
die permanente interstitielle Brachytherapie eine zunehmende praktische Bedeutung bei der Behandlung des lokal begrenzten
Prostatakarzinoms neben anderen strahlentherapeutischen Verfahren erlangt. Unter Punkt 2.4 "Nutzenbewertung" führt der G-BA
aus: "Zur LDR-Brachytherapie beim lokal begrenzten Prostatakarzinom liegen keine randomisierten kontrollierten Studien gegen
adäquate Kontrollbedingungen vor. Die Bewertung des Nutzens muss somit aufgrund der jetzt vorhandenen Datenlage stattfinden.
Im Rahmen des Bewertungsprozesses der vorliegenden Evidenzlage kommt der G-BA zu der Überzeugung, dass die LDR-Brachytherapie
im Vergleich zu den Standardtherapien, insbesondere im Vergleich zur Prostatatektomie, schlechter wissenschaftlich evaluiert
ist. Sowohl externe Strahlentherapie als auch LDR-Brachytherapie sind bisher nicht valide gegenüber einer Kontrollbedingung
wie der radikalen Prostatektomie (Standard) oder der zunächst abwartenden aktiven Beobachtungsstrategie der sog. "Active Surveillance"
evaluiert worden. Im Hinblick auf die patientenrelevanten Endpunkte Gesamtüberleben und krankheitsspezifische Mortalität lassen
sich somit zur permanenten LDR-Brachytherapie keine Rückschlüsse auf einen Vor- oder Nachteil im Vergleich zu anderen Therapieoptionen
ziehen. Zum Punkt 2.5 "Medizinische Notwendigkeit" führt der G-BA aus: "Da der Nutzen der LDR-Brachytherapie beim lokal begrenzten
Prostatakarzinom nicht erwiesen ist, kann nicht von einer grundsätzlichen medizinischen Notwendigkeit des Verfahrens ausgegangen
werden. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil den Patienten mit der Prostatektomie und der perkutanen Strahlentherapie
alternative Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen. Zum Punkt 2.6 "Wirtschaftlichkeit in der vertragsärztlichen Versorgung"
heißt es: Aufgrund fehlender Belege für Nutzen und Notwendigkeit können derzeit keine validen Aussagen zur Wirtschaftlichkeit
der LDR-Brachytherapie beim lokal begrenzten Prostatakarzinom gemacht werden. Zusammenfassend führt der G-BA unter Punkt 3
"Fazit/Abwägung" aus: "Der Nutzen der interstitiellen Brachytherapie (LDR-Brachytherapie) zur Behandlung von Patienten mit
lokal begrenzten Prostatakarzinom ist nicht belegt. Demgegenüber stehen Hinweise, dass die Brachytherapie im Hinblick auf
Nebenwirkungen und Lebensqualität Vorteile haben könnte. Vor diesem Hintergrund befürwortet der G-BA die Aussetzung der Beschlussfassung
gemäß 2. Kapitel § 14 Abs. 4 Spiegelstrich 1 seiner Verfahrensordnung."
Ein Nachweis über den Nutzen der Therapie durch wissenschaftlich einwandfrei geführte Studien lag danach im Jahr 2009 und
daher auch im Jahr 2008 nicht vor. Für den Senat ist nicht ersichtlich und dies wird auch nicht geltend gemacht, dass sich
die stationär durchgeführte LDR-Brachytherapie von der oben beschriebenen ambulant durchgeführten LDR-Brachytherapie mit Ausnahme
der stationären Erbringung unterscheidet.
Zu Gunsten der Klägerin folgt schließlich auch nichts aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005
- Az.: 1 BVR 347/98, weil bei einem lokal begrenzten Prostatakarzinom eine medizinische Standardtherapie - die Prostatektomie
- existiert (vgl. BSG, Urteil vom 4. April 2006 - Az.: B 1 KR 12/05 R, nach juris).
Insoweit kann dahinstehen, ob die Erforderlichkeit einer stationären Behandlung bei der LDR-Brachytherapie generell zu verneinen
ist bzw. bei dem behandelten Versicherten atypische Konstellationen bestanden, die ausnahmsweise die Erforderlichkeit von
Krankenhausbehandlung, was Gegenstand der durchgeführten Begutachtungen war, begründeten. Letzteres hat der Sachverständige
F. in seinem Gutachten vom 28. September 2011 verneint. Auch Prof. Dr. H. hat in ihrem Gutachten vom 8. Oktober 2013 die Notwendigkeit
der stationären Aufnahme des Versicherten am 12. September 2008 nicht bestätigt. Des Weiteren hat sie darauf hingewiesen,
dass die Dokumentation in der Akte nicht mit dem Brief vom 15. September 2008 übereinstimmt.
Die Klägerin kann auch aus §
14 des Vertrages nach §
112 Abs.
2 Nr.
1 SGB V nach der durch das Gericht erfolgten Prüfung, die ergeben hat, dass die erbrachte Leistung nicht dem Qualitätsgebot des §
2 Abs.
1 Satz 3
SGB V entsprochen hat, keinen Zahlungsanspruch mehr ableiten.
Auch aus der Verletzung des gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens zur Überprüfung von Krankenhausrechnungen, kann sie keinen
Zahlungsanspruch herleiten. Die Beklagte hat entgegen §
275 Abs.
1 Nr.
1 Halbsatz 2
SGB V keine zu Abrechnungsprüfung berechtigende Auffälligkeit benannt. §
275 Abs.
1 Nr.
1 SGB V berechtigt und verpflichtet die Krankenkassen, in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer
oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere
zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung,
eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Die Abrechnungsprüfung, also die Prüfung einer vom Krankenhaus bereits
erteilten Zwischen- oder Schlussrechnung - wie hier - ist nur bei Auffälligkeiten möglich. Eine Auffälligkeit liegt nur dann
vor, wenn der konkrete Verdacht einer fehlerhaften Abrechnung besteht. Im hier streitigen Fall lag der Abrechnung eine stationäre
Behandlung innerhalb der nach G-DRG M70Z maßgeblichen Grenzverweildauer nach der Fallpauschalenvereinbarung 2009 (1 bis 4
Tage, mittlere Grenzverweildauer 2,4 Tage) zu Grunde. Die Tatsache, dass ein Versicherter innerhalb der vorgesehenen Grenzverweildauer
im Krankenhaus behandelt wird, kann allein grundsätzlich keine Auffälligkeiten im dargestellten Sinne begründen. Die Frage
der Erforderlichkeit der stationären Behandlung war zum Zeitpunkt der Erteilung des Prüfauftrages an den MDK nicht Gegenstand
der Prüfung. Die Beklagte hatte lediglich die Dauer der stationären Behandlung beanstandet. Die Verletzung des Prüfverfahrens
bleibt im Ergebnis aber ohne Rechtsfolgen. Rechtsfolgen treten grundsätzlich nur dann ein, wenn das Beschleunigungsgebot in
§
275 Abs.
1c Satz 2
SGB V verletzt wurde (vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 16. Mai 2013 - Az.: B 3 KR 32/12 R, nach juris). Dies war hier nicht der Fall.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.