Gründe:
Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben seit 17 Jahren heroinabhängig. Mindestens seit Februar 1993 verschreibt ihm sein
behandelnder Arzt auf Privatrezept regelmäßig Dihydrocodeinsaft als Ersatzdroge zur Vermeidung von intravenösem Heroingebrauch.
Zur Beschaffung dieses von den Krankenkassen in Berlin für diesen Zweck nicht anerkannten Medikaments braucht der Antragsteller
monatliche Mittel in Höhe von ca. 160 DM. Das Bezirksamt Wedding bewilligte dem Antragsteller seit 1992 laufende Hilfe zum
Lebensunterhalt. In den vergangenen Monaten erklärte sich der Antragsteller wiederholt vor Ablauf der Zeit, für die ihm Hilfe
bewilligt worden war, mittellos. Den vorzeitigen Verbrauch der ihm zur Verfügung gestellten Mittel erklärte er damit, daß
er den von ihm dringend benötigten Dihydrocodeinsaft habe beschaffen müssen. Die Bewilligung von Leistungen zum Erwerb dieses
Medikaments hat das Bezirksamt Wedding mündlich abgelehnt. Es hat damit begonnen, die Hilfe nicht mehr monatlich, sondern
in kleineren Teilbeträgen auszuzahlen. Mit Beschluß vom 19. April 1995 hat das Verwaltungsgericht den Antragsgegner im Wege
der einstweiligen Anordnung unbefristet verpflichtet, dem Antragsteller die Hilfe zum Lebensunterhalt monatlich auszuzahlen.
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen diesen Beschluß ist begründet. Die Auszahlung der monatlich bewilligten laufenden
Hilfe zum Lebensunterhalt in Teilbeträgen ist nicht zu beanstanden.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist allein die vom Verwaltungsgericht getroffene Anordnung. Diese Anordnung entspricht
dem von der Rechtsantragstelle des Verwaltungsgerichts formulierten Antrag. Nach der Begründung des Antrags ist eigentliche
Ursache für den vorzeitigen Verbrauch der bewilligten Hilfe, daß es dem Antragsteller an Mitteln für die Beschaffung des ärztlich
verordneten Dihydrocodein(DHC)-Präparates fehlt und er die für die laufende Hilfe bestimmten Leistungen zur Beschaffung dieses
Medikaments einsetzt. Letztlich will der Antragsteller - grundsätzlich mit Unterstützung des Gesundheitsamtes - mindestens
auch erreichen, daß er über die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt hinaus zusätzliche Mittel für die Beschaffung von DHC-Saft
erhält. Das hat er im Beschwerdeverfahren mündlich bestätigt Es ist fraglich, ob dies das Verwaltungsgericht nicht hätte veranlassen
müssen, den Antrag in diesem Sinne zu interpretieren oder auf einen sachgerechten zusätzlichen Antrag hinzuwirken. Das Verwaltungsgericht
hat indessen allein darüber entschieden, daß das Bezirksamt Wedding die Hilfe künftig wieder monatlich auszahlen soll und
dem Antrag in vollem Umfang entsprochen. Der Antragsteller hat gegen diesen Beschluß keine Beschwerde erhoben und geltend
gemacht, daß das Verwaltungsgericht sein Begehren mißverstanden und ihm nicht in vollem Umfang entsprochen habe.
Die Beschwerde des Antragsgegners muß Erfolg haben, denn die Bewilligung von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt in Teilbeträgen
ist rechtmäßig. Der Träger der Sozialhilfe hat soweit wie möglich zu gewährleisten, daß durch die Bewilligung von laufender
Hilfe zum Lebensunterhalt der notwendige Lebensunterhalt des Hilfesuchenden sichergestellt wird. Art, Maß und Form der Hilfe
richten sich nach den Besonderheiten des Einzelfalles, vor allem nach der Person des Hilfeempfängers, der Art seines Bedarfs
und den örtlichen Verhältnissen (vgl. § 3 Abs. 1
BSHG). Die monatliche Auszahlung der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt ist die Regel. Wenn der Hilfeempfänger die bewilligte
Hilfe vorzeitig verbraucht und Doppelleistungen in Anspruch nimmt, ist der Träger der Sozialhilfe berechtigt, die Zweckbestimmung
der Hilfe durch deren Auszahlung in Teilbeträgen besser zu gewährleisten. Das wird auch vom Verwaltungsgericht im Grundsatz
nicht bezweifelt.
Zu Unrecht hält der angefochtene Beschluß dem Antragsteller zugute, daß er die Hilfe zum Lebensunterhalt zur Beschaffung der
von ihm offenbar ständig eingenommenen Ersatzdroge habe verwenden müssen. Das wäre eine zweckwidrige Verwendung der Hilfe
selbst dann, wenn dem Antragsteller, wie das Verwaltungsgericht annimmt, unter den gegebenen Umständen Mittel zur Beschaffung
von DHC-Saft als Krankenhilfe nach § 37
BSHG hätte bewilligt werden müssen. Solange das Bezirksamt Wedding weder aus eigener Einsicht noch kraft gerichtlicher Entscheidung
bereit war, entsprechende Leistungen zu erbringen, durfte es versuchen, die Zweckbestimmung der Hilfe zum Lebensunterhalt
in der geschehenen Weise zu sichern. Der Antragsteller hätte gegen die Ablehnung von Krankenhilfe Widerspruch einlegen und
ggf. beim Verwaltungsgericht den Erlaß einer einstweiligen Anordnung beantragen können. Die Verwendung der Hilfe zum Lebensunterhalt
für diesen Zweck war eine unzulässige Selbsthilfe zur Verfolgung seines Ziels, der das Bezirksamt Wedding mit Recht entgegengetreten
ist.
Zur Klarstellung gegenüber dem Verwaltungsgericht und den Beteiligten und zur Vermeidung weiteren Streits in dieser Sache
gibt der Senat zu der vom Verwaltungsgericht ohne weiteres bejahten Frage, ob dem Antragsteller Krankenhilfe zur Beschaffung
eines DHC-Präparates hätte bewilligt werden müssen, summarisch folgendes zu bedenken:
Krankenhilfe als Sozialhilfeleistung umfaßt unter anderem Arzneimittel, sowie sonstige zur Genesung, zur Besserung oder zur
Linderung der Krankheitsfolgen erforderliche Leistungen (vgl. § 37 Abs. 2 Satz 1 BSHG). Die Leistungen sollen in der Regel den Leistungen entsprechen, die nach den Vorschriften über die gesetzliche Krankenversicherung
gewährt werden (§ 37 Abs. 2 Satz 2 BSHG). Der Sozialhilfeträger ist darauf beschränkt, das als Bedarf an Krankenhilfe anzuerkennen, was nach dem Leistungsrahmen
der gesetzlichen Krankenversicherung in diesem Versicherungszweig seiner Art nach und hinsichtlich der näheren Leistungsmodalitäten
als Bedarf anerkannt werden kann (siehe dazu Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 1993 - 5 C 11.91 - FEVS 44 S. 265, 266 und vom 30. September 1993 - 5 C 49.91 - FEVS 44 S.313, 315 f.). Die in der gesetzlichen Krankenversicherung verbreiteten Teilleistungen - mit einem vom Versicherten
aus eigenen Mitteln aufzubringenden Eigenanteil - sind dem Sozialhilferecht allerdings fremd (Bundesverwaltungsgericht a.a.O.).
Es bedarf keiner Erörterung, ob die Einschränkung der Leistungspflicht bei geringfügigen Gesundheitsstörungen, etwa bei Erkältungskrankheiten
(vgl. näheres in §
34 Abs.
1 und
2
SGB V), auf den in der Sozialhilfe anzuerkennenden Bedarf übertragen werden kann. Wenn die Krankenhilfe nach dem BSHG "in der Regel" den Leistungen entsprechen soll, die nach den Vorschriften über die gesetzliche Krankenversicherung gewährt
werden, kann sie nur dann darüber hinausgehen, wenn Besonderheiten der Sozialhilfe dazu Anlaß geben (vgl. LPK-BSHG, 4. Auflage, Rdn. 1 zu § 37
BSHG). Das ist bei der vom Antragsteller gewünschten Hilfe zur weiteren Einnahme von DHC-Saft nicht ersichtlich.
Drogensubstitution ist für sich allein keine Krankenbehandlung, denn sie führt nicht zur Drogenabstinenz. Sie kann lediglich
dann als notwendiger Teil der Krankenbehandlung angesehen werden, wenn diese dadurch erst ermöglicht wird (vgl. die Präambel
der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Methadon-Substitutionsbehandlung bei i.v.-Heroinabhängigen
vom 16. Februar 1994 - Bundesanzeiger Nr.58 vom 24. März; siehe auch Beschluß des Sozialgerichts Berlin vom 12. Juni 1995
- 5 76 KrE 218/95 - im Parallelrechtsstreit des Antragstellers gegen seine Krankenkasse). Mit den Richtlinien zur Methadon-Substitutionsbehandlung
hat der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen gemäß §
92 Abs.
1 Nr.5
SGB V eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode in die soziale Krankenversicherung eingeführt. Solche Richtlinien sind im
Streit um Leistungen für die Krankenbehandlung auch für die Gerichte grundsätzlich verbindlich (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts
vom 16. Dezember 1993 - 4 RK 5.92 - BSGE 73, 271, 287 f.). Codeinpräparate sind danach zur Substitutionsbehandlung als Leistung der sozialen Krankenversicherung nicht zugelassen.
Falls dies anderswo in der Bundesrepublik in der sozialen Krankenversicherung anders praktiziert werden sollte, muß jedenfalls
bezweifelt werden, daß insoweit ein Anspruch auf Hilfe besteht. Gerade bei der Zulassung neuer und alternativer Heilweisen
liegen keine Besonderheiten der Sozialhilfe vor, die zu einer über die soziale Krankenversicherung hinausgehenden Leistungspflicht
der Krankenhilfe nach dem BSHG Anlaß geben. Das
SGB V bietet mit den Bundesausschüssen der Ärzte und Krankenkassen ein Instrument zur Weiterentwicklung des Leistungsrechts, über
die das BSHG nicht verfügt.
Auch das Verwaltungsgericht hat nicht die Meinung vertreten, daß die jahrelang und ohne erkennbar ernsthafte therapeutische
Begleitung und Perspektive betriebene Verschreibung von DHC-Saft als Krankenhilfe nach dem BSHG zu finanzieren wäre. Es hat mit Unterstützung des Gesundheitsamtes (Stellungnahme Frau Dr. A. allerdings ohne nähere Begründung
lediglich gemeint, daß dem Antragsteller für die Zeit bis zum Übergang in das Methadonprogramm die weitere Einnahme der ihm
gewohnten Substitutionsdroge als Krankenhilfe nach dem BSHG zu bewilligen sei. Diese Frage stellt sich zur Zeit nicht, denn der Antragsteller betreibt die Aufnahme in das Methadonprogramm,
soweit ersichtlich, nicht mehr. Ob er dazu jedenfalls zeitweise ernstlich entschlossen war, ist fraglich. Nach seinen Äußerungen
gegenüber Mitarbeitern des Bezirksamts Wedding war seine Bereitschaft zu einer Therapie - nach eigener Aussage wegen früherer
Mißerfolge - gering. Ob der Abbruch des Kontaktes zur Drogenberatungsstelle BOA auf der Ablehnung von Leistungen für das gewohnte
Substitutionsmittel DHC beruht, unterliegt erheblichen Zweifeln, denn der Antragsteller hat dieses Mittel offenbar jahrelang
eingenommen, ohne dafür Leistungen zu bekommen. Sollte er künftig einen unterstützungswürdigen weiteren Versuch machen, in
das Methadonprogramm aufgenommen zu werden, stünden dem Anspruch auf Krankenhilfe nach dem BSHG zur Überbrückung bis zum Beginn des Methadonprogramms, das seinerseits eine Heilbehandlung erst ermöglichen soll, Bedenken
entgegen. Dabei muß mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß der an die Einnahme von DHC gewöhnte Antragsteller krankheitsbedingt
wegen seiner Abhängigkeit von diesem Präparat nicht ohne weiteres imstande ist, die Einstiegshürden für das Methadonprogramm
ohne dieses Medikament zu überwinden. Ob dies bewirken würde, daß der Antragsteller eine solche Übergangshilfe von seiner
Krankenkasse erhält, muß der Senat offen lassen. Auch bei Außenseitermethoden, deren Anerkennung noch nicht zu Richtlinien
geführt hat, sind Einzelfallösungen nach der Rechtsprechung des BSG nicht ausgeschlossen (vgl. Urteil vom 23. März 1988- BSGE
63, 102).
Der Antragsteller bedarf keiner Krankenhilfe nach dem BSHG, weil er als Versicherter Anspruch auf gleichartige Leistungen der Krankenversicherung hat. Wäre er kein Versicherter mehr,
könnte ihm Krankenhilfe durch Krankenschein bewilligt werden. Würde sich letztlich herausstellen1 daß der Anspruch auf Leistungen
der Krankenversicherung den streitigen Bedarf nicht deckt, bestünde ein weitergehender Anspruch auf Sozialhilfe, wie dargelegt,
nicht. Es ist nach den besonderen Gegebenheiten dieser Hilfeart sinnvoll und dem Antragsteller zuzumuten, seinen Anspruch
als Versicherter ggf. mit beratender Unterstützung des Sozialamtes und vor allem des Gesundheitsamtes im Rahmen der Sozialversicherung
und notfalls mit Hilfe der Sozialgerichte klären zu lassen. Vorläufiger Rechtsschutz kann auch bei den Sozialgerichten in
Anspruch genommen werden (vgl. zum Vorrang der Sozialversicherung auch schon Urteil des Senats vom 27. Mai 1993- OVG 6 B 6.92- FEVS 44 S. 381). Die Festlegung des Anspruchs auf ein bestimmtes Heilmittel oder andere Leistungen der Krankenkasse obliegt
im Normalfall nicht einer Behörde, sondern dem Kassenarzt, der den Patienten auf Krankenschein behandelt (vgl. dazu Urteil
des Bundessozialgerichts vom 16. Dezember 1993 a.a.O. Abdruck S.27 a ff.). Die Klärung der Grenzen des Anspruchs auf Leistungen
als Krankenversicherer in Zweifelsfällen muß letztlich den besonderen Behörden und Gerichten der Sozialversicherung überlassen
bleiben. Der Träger der Sozialhilfe könnte diesen Anspruch als außenstehender Dritter nicht gleich wirkungsvoll durchsetzen.
Der Senat vermag daher dem Verwaltungsgericht nach allem nicht zuzustimmen, daß das Bezirksamt Wedding in diesem besonderen
Fall eine Vorleistung nicht hätte ablehnen dürfen.
Es ist auch nicht ersichtlich, daß die fragliche Leistung aufgrund einer anderen Hilfeart nach dem BSHG hätte bewilligt werden können. Insbesondere geben Zwecke wie die Vermeidung von Beschaffungskriminalität keinen Anlaß zur
Bewilligung einer Leistung der Sozialhilfe.