Wegfall des Zuschusses zur Krankenversicherung wegen rückwirkender Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung der Bewilligung und die Erstattung von Zuschüssen zu den Aufwendungen für die
Kranken- und Pflegeversicherung.
Die Rechtsvorgängerin des beklagten Rentenversicherungsträgers - Bundesversicherungsanstalt für Angestellte - (im Folgenden
einheitlich: Beklagte) bewilligte dem Kläger, einem Rechtsanwalt, der seinerzeit in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig
und in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert war, für die Zeit ab 1.1.2002 Regelaltersrente in Höhe von monatlich
1230,49 Euro; zusätzlich erhielt er von der Beklagten laufend Beitragszuschüsse zur freiwilligen Krankenversicherung in Höhe
von monatlich 83,06 Euro und zur Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 10,46 Euro (Bescheid vom 28.1.2002). Im März 2005
stellte die Krankenkasse des Klägers anlässlich eines Rechtsstreits über die Höhe der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung
fest, dass der Kläger seit 1.4.2002 die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung als Rentner
erfüllte und die freiwillige Versicherung mit Ablauf des 31.3.2002 endete. Dies teilte sie mit Schriftsatz vom 15.3.2005 mit
und erstattete dem Kläger im April 2005 die von ihm für die Zeit vom 1.4.2002 bis 31.3.2005 entrichteten Beiträge zur Kranken-
und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 17 169,71 Euro.
Nachdem die Beklagte von der seit 1.4.2002 bestehenden Pflichtversicherung des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung
Kenntnis erhalten hatte, berechnete sie mit Bescheid vom 28.4.2005 den Rentenzahlbetrag der Regelaltersrente unter Berücksichtigung
einzubehaltender Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ohne Beitragszuschüsse ab 1.4.2002 neu. Für die Zeit bis 31.5.2005
ergaben sich danach vom Kläger zu entrichtende, rückständige Pflichtbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von
insgesamt 4031,42 Euro. Nach Anhörung des Klägers hob die Beklagte den Bescheid vom 28.1.2002 hinsichtlich der Bewilligung
der Zuschüsse zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung und für die Pflegeversicherung nach § 48 SGB X ab 1.4.2002 auf und forderte die Erstattung der für die Zeit vom 1.4.2002 bis 31.5.2005 geleisteten Zahlungen in Höhe von
insgesamt 3655,80 Euro (Bescheid vom 23.5.2005; Widerspruchsbescheid vom 16.1.2006).
Das SG hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben, soweit sie die vom 1.4.2002 bis 31.3.2005 gewährten Beitragszuschüsse betreffen,
und hat im Übrigen hinsichtlich der Beitragszuschüsse für die Zeit ab 1.4.2005 die Klage abgewiesen; die Voraussetzungen für
die Aufhebung der Bewilligung der Beitragszuschüsse nach § 48 Abs 1 S 1 und S 2 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit bereits ab 1.4.2002 seien nicht erfüllt; der Kläger habe bis März 2005 - auch nicht infolge
grober Fahrlässigkeit - nicht gewusst, dass er seit 1.4.2002 krankenversicherungspflichtig gewesen sei und auch Mitteilungspflichten
nicht verletzt (Urteil vom 20.11.2007).
Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG geändert und die Klage insgesamt abgewiesen: Unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Zielvorstellungen sei hier eine
entsprechende Anwendung des § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X geboten; gewähre der Sozialleistungsträger nämlich einen Zuschuss zu Beitragsaufwendungen, werde dieser bei nachträglichem
Wegfall der bezuschussten Beitragsaufwendungen seines Sinnes beraubt, ähnlich wie in dem ausdrücklich gesetzlich geregelten
Fall, dass der Anspruch auf eine gewährte einkommensabhängige Sozialleistung bei nachträglicher Einkommensmehrung entfalle
(Urteil vom 11.8.2010).
Mit seiner Revision rügt der Kläger sinngemäß die Verletzung des § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X. Eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift sei nicht zulässig, weil das nachträgliche Entfallen eigener Beitragszahlungen
zur Kranken- und Pflegeversicherung und sich daraus ergebende Rückzahlungsansprüche zu seinen Gunsten nicht mit von ihm erzielten
Einkommen oder Vermögen gleichgesetzt werden dürfe und daher keine Aufhebung der dazu erfolgten Zuschussgewährung bewirken
könne; eine Verbesserung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei durch die Rückzahlung der von ihm seinerzeit zu Unrecht
geleisteten freiwilligen Beiträge nicht eingetreten. Die vom LSG contra legem vorgenommene, nur auf rechtspolitischen Erwägungen
beruhende Rechtsfortbildung sei verfassungswidrig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. August 2010 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen
das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 20. November 2007 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG im Ergebnis für zutreffend. § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X ermächtige zur Aufhebung des die Beitragszuschüsse bewilligenden Bescheides auch für die Vergangenheit. Der Kläger habe durch
die Rückzahlung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 17 169,71 Euro Einkommen im Sinne der Regelung erzielt,
welches zum Wegfall der Ansprüche auf Beitragszuschüsse nach §§
106, 106a
SGB VI geführt habe. Die - nun entfallenden - Zahlungen der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge durch den Kläger seien nämlich
Voraussetzung für seinen Anspruch auf die Zuschüsse gewesen.
II
Die zulässige Revision des Klägers ist begründet und führt zur Aufhebung des LSG-Urteils sowie unter Zurückweisung der Berufung
der Beklagten zur Wiederherstellung des Urteils des SG.
Zu Unrecht hat das LSG das Urteil des SG, soweit es der Klage stattgegeben hat, aufgehoben und die Klage im vollen Umfang abgewiesen. Der Bescheid vom 23.5.2005 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.1.2006, der die Bewilligung der Zuschüsse zu den Aufwendungen für die Kranken-
und Pflegeversicherung aufgehoben hat und vom Kläger die Erstattung der geleisteten Zahlungen verlangt, ist - soweit er den
Zeitraum vom 1.4.2002 bis 31.3.2005 betrifft - rechtswidrig. Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung
und für die Erstattung der gezahlten Beitragszuschüsse liegen nicht vor.
1. Im Revisionsverfahren ist nur über die genannten Bescheide zu entscheiden, soweit damit die Bewilligung der Zuschüsse zur
Kranken- und Pflegeversicherung im Bescheid vom 28.1.2002 für den Zeitraum vom 1.4.2002 bis 31.3.2005 aufgehoben wurde und
die Erstattung der in diesem Zeitraum gezahlten Zuschüsse verlangt wird. Das SG hat dagegen die Klage rechtskräftig abgewiesen, soweit es auch die Bewilligung der Zuschüsse für die Zeit ab 1.4.2005 und
die Erstattung der im Zeitraum vom 1.4.2005 bis 31.5.2005 gezahlten Zuschüsse betrifft. Hiergegen wendet sich der Kläger im
Revisionsverfahren nicht.
2. Die Voraussetzungen für die rückwirkende Aufhebung der dem Kläger mit Bescheid vom 28.1.2002 bewilligten Zuschüsse zur
Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 1.4.2002 bis 31.3.2005 nach dem hier allein in Betracht kommenden § 48 SGB X und für eine daran nach § 50 Abs 1 S 1 SGB X anknüpfende Erstattungspflicht liegen nicht vor.
a) Nach § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass
vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll
nach Satz 2 dieser Vorschrift mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung
zugunsten des Betroffenen erfolgt (Nr 1) oder der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung
wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr
2) oder nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder
zur Minderung des Anspruches geführt haben würde (Nr 3) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche
Sorgfalt im besonders schweren Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum
Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr 4). § 48 Abs 1 S 3 SGB X bestimmt, dass in den Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen
Teile des SGB anzurechnen ist, als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse der Beginn des Anrechnungszeitraumes gilt. Nach
§ 50 Abs 1 S 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.
b) Vorliegend trat zwar in den rechtlichen Verhältnissen, die der Bewilligung der Beitragszuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung
zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 28.1.2002 - einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - zugrunde lagen, mit Wirkung
zum 1.4.2002 eine Änderung iS von § 48 Abs 1 S 1 SGB X ein, weil seit diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf diese Zuschüsse nicht mehr bestand (hierzu im Folgenden c). Die Voraussetzungen
für eine mit Wirkung von diesem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an erfolgende Aufhebung der Leistungsbewilligung nach
§ 48 Abs 1 S 2 Nr 1 bis 4 SGB X, insbesondere diejenigen der Nr 3 dieser Vorschrift, liegen jedoch nicht vor (hierzu unter d), sodass auch eine Erstattungspflicht
des Klägers nach § 50 Abs 1 S 1 SGB X ausscheidet. Entgegen der Auffassung des LSG lässt sich die Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Aufhebung der Bewilligung auch
nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X herleiten (hierzu e). In Betracht kam daher - wie vom SG angenommen - lediglich eine Aufhebung der Leistungsbewilligung mit entsprechend begrenzter Erstattungspflicht des Klägers
ab 1.4.2005.
c) Die Bewilligung der Zuschüsse zu den Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung erfolgte durch die Beklagte mit
Bescheid vom 28.1.2002 für die Zeit ab 1.1.2002 gemäß §§
106, 106a
SGB VI in den zu diesem Zeitpunkt anwendbaren Fassungen (§
106 SGB VI idF der Neubekanntmachung des
SGB VI vom 19.2.2002 [BGBl I 754], § 106a
SGB VI in der bis 31.3.2004 geltenden Fassung des Gesetzes vom 26.5.1994 [BGBl I 1014]). Nach §§
106, 106a
SGB VI waren vom Rentenversicherungsträger einem in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig bzw in der sozialen Pflegeversicherung
versicherten Rentenbezieher Zuschüsse zu den Aufwendungen zu seiner Kranken- und Pflegeversicherung zu gewähren. Diese Voraussetzungen
erfüllte der Kläger bei Erlass des Bescheides vom 28.1.2002, weil er zu diesem Zeitpunkt Rentenbezieher, in der gesetzlichen
Krankenversicherung freiwillig sowie in der sozialen Pflegeversicherung versichert war, entsprechende Beiträge zu zahlen hatte
und auch tatsächlich zahlte.
Eine wesentliche Änderung in den der Bewilligung zugrunde liegenden rechtlichen Verhältnissen trat sodann - wie sich später
im Jahr 2005 ergab - mit Ablauf des 31.3.2002 ein. Zu diesem Zeitpunkt entfiel der Anspruch auf die Beitragszuschüsse, weil
die freiwillige Krankenversicherung des Klägers zum selben Zeitpunkt kraft Gesetzes aufgrund des Eintritts einer Pflichtversicherung
als Rentner ab 1.4.2002 endete (vgl §§
108,
100 Abs
3 SGB VI). Die Krankenkasse des Klägers stellte dementsprechend im März 2005 fest, dass er ab 1.4.2002 in der gesetzlichen Krankenversicherung
nicht mehr - wie bisher angenommen - freiwillig versichert, sondern als Rentner nach §
5 Abs
1 Nr
11 SGB V (vgl Art 4 Nr 1 des Gesetzes vom 7.8.1996, BGBl I 1311) versicherungspflichtig war (vgl zum rechtlichen Hintergrund allgemein vgl BVerfGE
102, 68 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42 S 179 ff).
d) Auf der Grundlage der nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (vgl
§
163 SGG) lagen die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 S 2 Nr 1 bis 4 SGB X, die zu einer Aufhebung der Leistungsbewilligung schon mit Wirkung zum 1.4.2002 hätten berechtigen können, anders als von
der Beklagten angenommen nicht vor.
Weder erfolgte die Änderung zugunsten des Klägers (§ 48 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB X), noch war der Kläger einer Mitteilungspflicht nicht nachgekommen (§ 48 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB X). Ebenso fehlte bis Mitte 2005 - auch nicht infolge grober Fahrlässigkeit - die Kenntnis des Klägers davon, dass die freiwillige
Krankenversicherung zum 1.4.2002 endete und der Anspruch auf die Beitragszuschüsse von diesem Zeitpunkt an nicht mehr bestand
(§ 48 Abs 1 S 2 Nr 4 SGB X); der Kläger erlangte nämlich erst durch den Schriftsatz seiner Krankenkasse vom 15.3.2005 Kenntnis von seiner Versicherungspflicht,
nachdem diese wie er zunächst vom (Fort-)Bestand der freiwilligen Krankenversicherung ausgegangen war.
Entgegen der Auffassung der Beklagten erzielte der Kläger nach Erlass des Bewilligungsbescheides auch nicht iS von § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X Einkommen oder Vermögen, "das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde". Zwar führten die Beendigung
der freiwilligen Krankenversicherung und die Erstattung der zu Unrecht gezahlten Beiträge dazu, dass nachträglich zuschussfähige
Aufwendungen des Klägers zu seiner Kranken- und Pflegeversicherung entfielen. Dieses nachträgliche Entfallen einer Verbindlichkeit
verbunden mit der Rückzahlung von aus eigenen Mitteln getätigten Aufwendungen ist jedoch keine "Erzielung von Einkommen oder
Vermögen" iS von § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X.
Gegen die Gleichsetzung des "Entfallens von Aufwendungen" mit dem Tatbestandsmerkmal "Erzielung von Einkommen oder Vermögen"
spricht schon der Wortlaut der Regelung. Ebenfalls spricht gegen eine solche Auslegung der Zweck der Bestimmung, die verhindern
soll, dass einkommens- oder vermögensabhängige Sozialleistungen kumulierend neben Einkommen oder Vermögen treten, dessen Ausfall
die Sozialleistungen gerade ersetzen sollen (vgl dazu BSG SozR 1300 § 48 Nr 22 S 53; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 37 S 80; Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 48 RdNr 24; Steinwedel in Kasseler Komm, § 48 SGB X RdNr 46, Stand Einzelkommentierung Mai 2006; Waschull in Diering/Timme/Waschull, LPK-SGB X, 3. Aufl 2011, § 48 RdNr 65; Gregarek in Jahn/Jansen, SGB für die Praxis, § 48 SGB X RdNr 50, Stand Einzelkommentierung 30.9.2011; Merten in Hauck/Noftz/Vogelgesang, SGB X, K § 48 RdNr 43 ff, 52, Stand Einzelkommentierung 12/2011; Pohl in Eichenhofer/Wenner, SGB I/IV/X, 2012, § 48 SGB X RdNr 13). Entfallen dagegen - wie hier - aus eigenen Mitteln des Betroffenen getätigte Aufwendungen im Nachhinein, indem
ihm diese wieder zufließen, stellt dies nicht ohne Weiteres eine für den Leistungsanspruch schädliche Vermehrung von Einkommen
oder Vermögen dar. Das ist jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn andere wesentliche Umstände wie eine Änderung der versicherungsrechtlichen
Rahmenbedingungen (hier: Eintritt von Versicherungspflicht des Klägers in der Krankenversicherung ab 1.4.2002) "zum Wegfall
oder zur Minderung des Anspruchs" (hier: auf die von der Beklagten seinerzeit gewährten Beitragszuschüsse) führen. Für die
Zuschussberechtigung nach §§
106, 106a
SGB VI waren die ursprünglich bestehende Einkommens- und Vermögenssituation und die sich im Nachhinein ergebende Vermögensmehrung
durch Beitragsrückgewähr irrelevant. Insoweit unterscheidet sich die Sachlage wesentlich von der typischen Konstellation,
die § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X regelt.
§ 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X kommt vorliegend auch nicht unter dem Blickwinkel zur Anwendung, dass die Regelung einen Doppelbezug von Sozialleistungen
vermeiden soll (so zB BSGE 59, 111, 114 = SozR 1300 § 48 Nr 19 S 38). Zwar dienten die in der Vergangenheit von der Beklagten gewährten Zuschüsse zur Kranken-
und Pflegeversicherung einerseits und die infolge der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung bestehende Pflicht der
Beklagten nach §
249a SGB V, einen Beitragsanteil zu tragen, jeweils der Sicherstellung des Krankenversicherungsschutzes des Klägers und bewirkten so
quasi eine doppelte Absicherung zu seinen Gunsten. Die Beitragstragung durch die Beklagte nach §
249a SGB V führte jedoch nicht zu "Einkommen" in Form einer dem Kläger zuzuordnenden "Sozialleistung" iS von § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X. Insoweit handelt es sich vielmehr um eine eigene originäre Beitragstragungspflicht des Rentenversicherungsträgers (vgl auch
zur ausgeschlossenen Anwendung des § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X im Beitragsrecht BSGE 69, 255, 258 f = SozR 3-1300 § 48 Nr 13 S 21; BSG SozR 3-5868 § 3 Nr 5 S 26 f; BSG Urteil vom 21.9.2005 - B 12 KR 12/04 R - USK 2005-25).
e) Auch die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X auf Fallgestaltungen der vorliegenden Art sind nicht gegeben, da es insoweit bereits an einer planwidrigen regelungsbedürftigen
Lücke fehlt (vgl zur Nichtanwendbarkeit der Regelung bezogen auf das Beitragsrecht erneut zB BSGE 69, 255, 258 f = SozR 3-1300 § 48 Nr 13 S 21).
Zwar ist in der Rechtsprechung des BSG anerkannt, dass eine analoge Anwendung des § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X in Betracht kommt, wenn erzieltes Einkommen oder Vermögen nicht zum "Wegfall", sondern nur zum "Ruhen" des Anspruchs führt
(vgl zB BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 13 S 91 f mwN; BSG Urteile vom 26.8.1994 - 13 RJ 29/93 - VersorgVerw 1995, 31, Juris RdNr 26, und vom 26.10.1998 - B 2 U 35/97 R - USK 98180, Juris RdNr 23) oder wenn nachträglich eine höhere einkommensähnliche Sozialleistung gewährt wird, die den Bezug
der empfangenen Leistung ausschließt (BSG SozR 3-2500 § 56 Nr 2 S 3 f, Anspruch auf - zurückgefordertes - Pflegegeld neben dem Anspruch auf Verhinderungspflege). Eine diesen Anwendungsfällen
vergleichbare Fallgestaltung liegt jedoch hier nicht vor. § 48 SGB X lässt die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Leistungen, die auf einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung beruht, nicht
uneingeschränkt, sondern im Interesse des Schutzes der Leistungsberechtigten nur in den in Abs 1 S 2 Nr 1 bis 4 geregelten
Fällen zu. Daraus folgt zwar kein generelles Analogieverbot, allerdings verbietet sich eine entsprechende Anwendung der Vorschrift,
die sich von den einzelnen Grundtatbeständen und Tatbestandsmerkmalen gänzlich löst, um eine vermeintliche Gesetzeslücke zu
füllen, die in der als unbefriedigend angesehenen fehlenden Möglichkeit der rückwirkenden Aufhebung bestehen soll. Die Analogie
ist vorliegend ausgeschlossen, weil hier weder die Erzielung von Einkommen oder Vermögen noch die Zahlung einer anderen Sozialleistung
zum Wegfall oder zur Minderung der Beitragszuschüsse führt. Soweit die fehlende Verpflichtung eines Versicherten, Beitragszuschüsse
zur Kranken- und Pflegeversicherung zurückzuzahlen, obwohl ihm seitens der Krankenkasse die Erstattung von gezahlten Beiträgen
in erheblicher Höhe zuteil wurde, als sozialpolitisch unbefriedigend empfunden werden sollte, ist nicht richterliche Rechtsfortbildung
angezeigt, vielmehr obläge es dem Gesetzgeber, durch entsprechende bereichsspezifische gesetzliche Regelungen insoweit Abhilfe
zu schaffen. Dieses ist in Bezug auf Beitragszuschüsse zB im Recht der landwirtschaftlichen Alterssicherung durch § 34 Abs 4 S 1 ALG geschehen; dieser bestimmt ausdrücklich: "Ändern sich die für Grund oder Höhe eines Zuschusses maßgebenden Verhältnisse,
ist der Verwaltungsakt vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben." Eine vergleichbare Regelung für die allgemeine
Rentenversicherung fehlt demgegenüber.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.