Rente wegen Erwerbsminderung
Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht
Ohne weiteres auffindbarer prozessordnungsgerechter Beweisantrag
Voraussichtliches Ergebniss der unterbliebenen Beweisaufnahme
Soweit ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§
103 SGG) gerügt wird, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten:
(1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne weiteres auffindbaren prozessordnungsgerechten Beweisantrags, dem das
LSG nicht gefolgt ist,
(2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, auf Grund deren bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und
zu weiterer Sachaufklärung hätten drängen müssen,
(3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und
(4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen
kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt
aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung (EM).
Die 1962 geborene Klägerin ist gelernte Schneiderin. Sie arbeitet als Kassiererin in einem Baumarkt in Teilzeit (25 Wochenstunden).
Ihren 2008 gestellten Antrag auf Rente wegen EM lehnte die Beklagte nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens durch Dr.
Sch. ab (Bescheid vom 4.5.2009). Im Widerspruchsverfahren rügte die Klägerin, sie sei trotz erwähnter Schmerzen nicht von
einem Neurologen bzw Psychologen untersucht und es seien auch keine aktuellen Befunde ihrer behandelnden Ärztin beigezogen
worden. Die Beklagte holte daraufhin Befundberichte der Fachärztin für Allgemeinmedizin R. und des Orthopäden Dr. L. ein und
ließ die Klägerin durch den Facharzt für Orthopädie/Rheumatologie Dr. J. untersuchen. Unter Berufung auf dieses Gutachten,
das der Klägerin eine Einsatzfähigkeit in der zuletzt ausgeübten Beschäftigung bescheinigte, wies die Beklagte den Widerspruch
zurück (Widerspruchsbescheid vom 2.9.2009).
Die unter Hinweis auf ihre ständigen Schmerzen trotz durchgeführter Schulteroperation, Durchschlafstörungen und psychische
Probleme erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) nach Beiziehung von Befundberichten der Ärzte R. und Dr. L. sowie der Einholung eines erneuten orthopädischen Gutachtens
durch Dr. B. vom 4.11.2011 durch Gerichtsbescheid vom 21.2.2013 abgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, Dr. B. sei auf
die geschilderte Schmerzsymptomatik hinreichend eingegangen und habe wegen der von der Klägerin nicht näher bezeichneten psychischen
Erkrankung eine fachärztliche Begutachtung nicht für erforderlich gehalten.
Zur Begründung ihrer hiergegen eingelegten Berufung hat die Klägerin erneut auf die aus ihrer Sicht erforderliche neuro-psychiatrische
Begutachtung hingewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. L., Dr. W., Dr. D. und
H. beigezogen. Die Beklagte hat eine Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. H. vorgelegt, wonach sich diesen Berichten keine
Anhaltspunkte für Erkrankungen entnehmen ließen, die bei den vorherigen Begutachtungen nicht berücksichtigt worden seien;
eine neuro-psychiatrische Begutachtung erscheine nicht angezeigt. Das LSG hat sodann ein chirurgisch-orthopädisches Gutachten
des DM F. eingeholt, der die Leistungseinschätzung der Dres. Sch. und J. im Wesentlichen teilte und die Einholung eines weiteren
Gutachtens ebenfalls nicht für erforderlich hielt. Bei Kenntnisgabe dieses Gutachtens an die Klägerin hat das LSG darauf hingewiesen,
dass die Einholung eines weiteren Gutachtens nicht beabsichtigt sei.
Vom 3.3. bis 1.4.2014 hat die Klägerin eine stationäre medizinische Reha-Maßnahme in der Knappschaftsklinik W. absolviert.
Im Reha-Entlassungsbericht des Dr. D. wird der Klägerin ein drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen in ihrem ausgeübten
Beruf attestiert. Zur psychischen Situation der Klägerin wird ausgeführt, nach ihrer subjektiven Einschätzung bestünden keine
gravierenden psychischen Beschwerden; psychische und soziale Belastungen würden von der Klägerin negiert. Übereinstimmend
mit der Klägerin werde kein weiterer psychologischer Handlungsbedarf gesehen.
Eine Anfrage der Klägerin vom 2.7.2014, ob die Einholung eines neuro-psychiatrischen Gutachtens von Amts wegen vorgesehen
sei, verneinte das LSG am 9.7.2014. Den Antrag vom 29.7.2014, ein solches Gutachten nach §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) einzuholen, lehnte das LSG als verspätet ab. Am 7.8.2014 hat die Klägerin ihren Antrag nach §
109 SGG wiederholt und ihre Auffassung dargelegt, warum keine Verspätung bzw Verzögerung vorliege. Zugleich hat sie die Einholung
eines solchen Gutachtens von Amts wegen beantragt.
Mit Urteil vom 26.11.2014 hat das LSG Mecklenburg-Vorpommern die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde eingelegt und das Vorliegen
eines Verfahrensmangels gerügt, weil das LSG ihren Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach §
109 SGG als verspätet zurückgewiesen und eine weitere Ermittlung von Amts wegen - wie im Schriftsatz vom 7.8.2014 beantragt und im
Termin zur mündlichen Verhandlung vom 26.11.2014 durch Bezugnahme wiederholt - abgelehnt habe.
II
Die Beschwerde ist unzulässig. Der geltend gemachte Zulassungsgrund des Vorliegens eines Verfahrensfehlers (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) ist nicht in der nach §
160a Abs
2 S 3
SGG gebotenen Weise bezeichnet worden.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG), müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung
erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen
kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Soweit - wie hier - ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§
103 SGG) gerügt wird, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht
ohne weiteres auffindbaren prozessordnungsgerechten Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung
des LSG, auf Grund deren bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zu weiterer Sachaufklärung hätten
drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und
warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei
Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem
Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (vgl nur BSG SozR 1500 § 160 Nr 5, 35, 45 und § 160a Nr 24, 34). Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung vom 2.3.2015 nicht gerecht.
Soweit die Klägerin die Zurückweisung ihres Antrags auf Einholung eines Gutachtens nach §
109 SGG als verspätet rügt, ist sie mit dieser Rüge dem eindeutigen Wortlaut des §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG nach ausgeschlossen, wonach der - vermeintliche - Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des §
109 SGG gestützt werden kann.
Soweit sie vorträgt, durch Bezugnahme im Termin vom 26.11.2014 auf "die Anträge aus ihrem Schriftsatz vom 7. August 2014"
weitere Ermittlungen von Amts wegen beantragt zu haben, die das LSG zu Unrecht abgelehnt habe, kann dahinstehen, ob die Wiedergabe
von Beweisfragen aus einer anderen Beweisanordnung, die offensichtlich nicht eine psychiatrische Begutachtung zum Gegenstand
hatte, den Anforderungen an die Bezeichnung eines prozessordnungsgerechten Beweisantrags iS von §
118 Abs
1 SGG iVm §§
402 ff
Zivilprozessordnung erfüllt.
Denn jedenfalls gelingt es der Klägerin nicht darzulegen, dass sich das LSG hätte gedrängt fühlen müssen, einem solchen Beweisantrag
nachzukommen. Zwar zeigt sie auf, dass DM F. die Schmerzsymptomatik mit einer als wahrscheinlich erachteten depressiven Stimmungslage
in Verbindung gebracht hat; sie erkennt aber auch, dass DM F. dem kein solches Gewicht beigemessen hat, dass er eine Empfehlung
zur Einholung eines neuro-psychiatrischen Gutachtens ausgesprochen hätte. Eine neuro-psychiatrische Behandlung durch Frau
DM T. - ohne Angabe, wann und wie häufig eine Konsultation erfolgt sei - hat das LSG eigenem Vortrag der Klägerin zufolge
nicht veranlasst, von dieser einen Befundbericht beizuziehen. Demgegenüber trägt die Klägerin selbst vor, dass die Leistungseinschätzung
des DM F. nach Auffassung des LSG ihre Bestätigung im Reha-Entlassungsbericht des Dr. D. vom 3.4.2014 gefunden habe, in dem
eigene Angaben der Klägerin zu ihrer psychischen Situation Berücksichtigung gefunden haben (keine gravierenden psychischen
Beschwerden; psychische und soziale Belastungen negiert), und dass das LSG in den Befundberichten der behandelnden Ärzte keine
Diagnosen gefunden habe, die auf das Vorliegen einer Erkrankung der Klägerin auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet schließen
ließen. Gleiches gelte für die zahlreich durchgeführten Begutachtungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Damit sowie
mit dem wiederholten Hinweis des LSG, keine weiteren Gutachten von Amts wegen einholen zu wollen, schildert die Klägerin die
Entscheidungslage des Berufungsgerichts jedenfalls nicht dergestalt, dass es sich hätte aus dem nach §
128 Abs
1 S 1
SGG für die Überzeugungsbildung erheblichen "Gesamtergebnis des Verfahrens" hätte gedrängt fühlen müssen, entsprechend dem Beweisantrag
weitere Sachaufklärung zu betreiben.
Dass die Klägerin die Entscheidung des LSG in der Sache für fehlerhaft hält, eröffnet die Revisionsinstanz nicht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 67).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 3
SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des §
193 SGG.