Zulässigkeit der Abgabe von Stoma-Hilfsmitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung durch einen Hilfsmittellieferanten;
Notwendigkeit der Beschäftigung eines Stoma-Therapeuten
Gründe:
I
Streitig ist die Befugnis zur Abgabe von Hilfsmitteln zur Stomatherapie.
Die Klägerin ist Hilfsmittellieferantin, die Beklagten sind gesetzliche Krankenkassen in Bayern. Nach Kündigung des bis dahin
maßgebenden Rahmenvertrages zur Versorgung mit orthopädischen Heil- und Hilfsmitteln zum Jahresende 2008 haben die Beklagten
zum 1.4.2009 mit zwei in Hessen und Hamburg ansässigen Betrieben neue Verträge über die Versorgung mit Hilfsmitteln und Verbandstoffen
zur Stomatherapie geschlossen und der Klägerin sowie anderen Hilfsmittelerbringern als Voraussetzung für die Fortführung der
bisherigen Versorgung den Beitritt zu einem dieser Verträge angeboten. Die Verträge sehen vor, dass Stomahilfsmittel nur von
Angehörigen eines Pflegeberufs mit abgeschlossener Berufsausbildung abgegeben werden dürfen und darüber hinaus jeder beteiligte
Betrieb mindestens eine Fachkraft für Stomatherapie mit einer wöchentlichen Mindestarbeitszeit von 20 Stunden beschäftigen
muss. Für die Anerkennung als Fachkraft für Stomatherapie wird eine Weiterbildung nach den Richtlinien des privatrechtlich
organisierten Berufsverbandes "DVET Fachverband Stoma und Inkontinenz e.V." vorausgesetzt, für die mindestens 700 Unterrichtsstunden
vorgesehen sind und die ausschließlich Angehörigen von Pflegeberufen mit abgeschlossener Berufsausbildung nach regelmäßig
zwei Jahren Berufserfahrung offen steht.
Die Klägerin beschäftigt einen Orthopädietechnikmeister und neben weiteren Mitarbeitern zwei Krankenschwestern zur Abgabe
von Stomahilfsmitteln, hält jedoch die Anforderungen hinsichtlich der Beschäftigung eines Stomatherapeuten für überzogen und
ist keinem der Stomatherapie-Verträge beigetreten. Sie hat Feststellungsklage zuletzt mit dem Ziel erhoben, dass die Beklagten
zum Abschluss eines Vertrages über die Abgabe von Hilfsmitteln zur Stomatherapie auch ohne Beschäftigung eines nach den Richtlinien
des DVET-Fachverbandes weitergebildeten Stomatherapeuten verpflichtet sind. Klage (Urteil des SG vom 1.4.2009) und Berufung (Urteil des LSG vom 30.11.2010) sind erfolglos geblieben: Die im Streit stehenden Voraussetzungen
für einen Vertragsschluss seien durch §
127 Abs
2 SGB V gedeckt. Die besonderen Qualifizierungsanforderungen seien sachgerecht und nicht unverhältnismäßig. Die Stomaversorgung habe
zwischenzeitlich eine fortschreitende Spezialisierung erfahren, wodurch komplexe Versorgungssysteme entstanden seien, die
einen besonders hohen Beratungs- und Betreuungsbedarf nach sich zögen. Im Hinblick darauf seien die geforderten Qualitätsvoraussetzungen
insgesamt nicht unverhältnismäßig.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Die geforderten Vertragsbedingungen dienten weniger
der Versorgung mit Hilfsmitteln, sondern eindeutig pflegerischen Aufgaben bei der Stomaversorgung. Verlangt werde von ihr
die stomatherapeutische Pflege, Beratung, Anleitung und Anpassung der Stomaversorgung bei Komplikationen der Haut, weiterhin
die Beratung bei Problemen mit der Krankheitsverarbeitung und der Prävention sowie eine Hilfestellung für Arzt und Krankenschwester.
Ein solcher Versorgungsauftrag gehe deutlich über den Versorgungsauftrag mit Hilfsmitteln und den dazugehörigen Nebenleistungen
hinaus. Solche Konditionen mit im Wesentlichen pflegerischen und therapeutischen sowie sozialintegrativen Zielen seien durch
§
127 Abs
2 SGB V nicht gedeckt.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 30.11.2010 und des Sozialgerichts München vom 1.4.2009 zu ändern und
festzustellen, dass die Beschäftigung von Stomatherapeuten keine Voraussetzung für den Abschluss eines Vertrages über die
Versorgung mit Hilfsmitteln und Verbandstoffen zur Stomatherapie ist.
Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision ist begründet. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen können Hilfsmittel zur Stomatherapie auch von Betrieben
abgegeben werden, die keine Stomatherapeuten in einem Umfang von mindestens 20 Wochenarbeitsstunden beschäftigen.
1. Streitgegenstand ist die Frage, ob die Beschäftigung von Stomatherapeuten mit einem wöchentlichen Mindestbeschäftigungsumfang
von 20 Arbeitsstunden Eignungsvoraussetzung für die Abgabe von Hilfsmitteln zur Stomatherapie (Produktuntergruppen 15.25.05.
bis 15.25.07. des Hilfsmittelverzeichnisses) ist. Ihr Rechtsschutzziel verfolgt die Klägerin zulässig im Wege der Feststellungsklage
(§
55 Abs
1 Nr
1 SGG). Vorliegend ist nämlich nicht zu entscheiden, ob die Klägerin Anspruch auf Beitritt zu einem der von den Beklagten geschlossenen
Verträge zur Stomaversorgung hat oder sonst den Abschluss eines entsprechenden Versorgungsvertrages beanspruchen kann. Dem
stünden §
126 Abs
1 und §
127 SGB V in ihrer durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz
- GKV-WSG) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) begründeten und durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008 (BGBl I 2426) nochmals geänderten Fassung entgegen, wonach Hilfsmittel an Versicherte
nur auf der Grundlage von Verträgen nach §
127 Abs
1 bis
3 SGB V abgegeben werden dürfen. Auf einer solchen Rechtsgrundlage kann nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats allenfalls
im Ausnahmefall ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf den Abschluss eines Versorgungsvertrages zu bestimmten Bedingungen
bestehen (vgl zuletzt BSGE 106, 29 = SozR 4-2500 § 126 Nr 2, RdNr 21 mwN). Zu Recht hat deshalb die Klägerin im Berufungsverfahren davon abgesehen, entsprechend
ihrem ursprünglichen Klagebegehren die Feststellung zu beantragen, auch ohne Beschäftigung eines Stomatherapeuten einem der
beiden Versorgungsverträge für die Abgabe von Hilfsmitteln zur Stomatherapie beitreten zu können. Hier geht es hingegen um
die Vorfrage, ob die Klägerin auch ohne eine solche Auflage "die Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte
Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel" iS von §
126 Abs
1 Satz 2
SGB V erfüllt und deshalb jedenfalls dem Grunde nach Vertragspartner für den Abschluss eines Versorgungsvertrages nach §
127 SGB V sein kann. Mit dieser Fragestellung ist ein rechtlich selbstständiges Rechtsverhältnis iS von §
55 Abs
1 SGG bezeichnet, wie schon die Vorschriften über das verselbstständigte Präqualifizierungsverfahren nach §
126 Abs
1a SGB V idF des GKV-OrgWG erweisen (dazu unter 2.e). Insoweit besteht auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin,
weil sie gegenwärtig von der Teilnahme an der Versorgung mit Stomahilfsmitteln ausgeschlossen ist und vorrangige andere Rechtsschutzmöglichkeiten
zur Klärung dieser Frage nicht zur Verfügung stehen.
2. Rechtsgrundlage des Zugangs zur Versorgung mit Stomahilfsmitteln auch über den 31.12.2008 hinaus sind §§
126 und
127 SGB V idF des GKV-WSG sowie des GKV-OrgWG. Durch die damit verbundenen und zum 1.4.2007 bzw 1.1.2009 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen ist
die Rechtslage zur Zulassung zur Hilfsmittelversorgung wie folgt umgestaltet worden:
a) Bis zum 31.3.2007 war Grundlage für die Beteiligung an der GKV-Versorgung eine Zulassung als Hilfsmittellieferant nach
§
126 Abs
1 SGB V idF des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz - GRG) vom 20.12.1988 (BGBl I 2477), ggf ergänzt durch Verträge nach §
127 SGB V. Grundsätzlich war aber die Berechtigung zur Hilfsmittelversorgung vom Bestand eines Versorgungsvertrages vollständig unabhängig.
§
126 Abs
1 Satz 1 und
2 SGB V lauteten damals: "Hilfsmittel dürfen an Versicherte nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden. Zuzulassen
ist, wer eine ausreichende, zweckmäßige, funktionsgerechte und wirtschaftliche Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel
gewährleistet und die für die Versorgung der Versicherten geltenden Vereinbarungen anerkennt." Dieses Zulassungsprinzip wurde
zum 1.4.2007 durch das Vertragsmodell des GKV-WSG abgelöst, galt aber für Inhaber einer bis zum 31.3.2007 erteilten Zulassung gemäß §
126 Abs
2 SGB V idF des GKV-WSG für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2008 weiter fort.
b) Diese auf Zulassung beruhende Versorgungsbefugnis konnte durch Verträge nach §
127 SGB V näher ausgestaltet werden. Insoweit bestand zunächst nach §
127 SGB V in der bis zum 31.12.2003 im Wesentlichen unveränderten Fassung des GRG eine Vertragskompetenz für Regelungen insbesondere über die näheren Modalitäten der Versorgung zwischen den Verbänden der
Krankenkassen und entweder den Verbänden der Leistungserbringer oder einzelnen Leistungserbringern (§
127 Abs
1 SGB V idF des GRG). Zudem konnten sich Leistungserbringer bereit erklären, Hilfsmittel zum Festbetrag oder zu niedrigeren Beträgen abzugeben
(§
127 Abs
2 Satz 1
SGB V idF des GRG), und die Krankenkassen waren verpflichtet, für festbetragsfreie Hilfsmittel Preisvereinbarungen wahlweise mit Verbänden
von Leistungserbringern oder einzelnen Leistungserbringern selbst zu treffen (vgl §
127 Abs
2 Satz 2
SGB V idF des GRG).
c) Dieses um fakultative Vertragselemente ergänzte Zulassungsregime hat der Gesetzgeber zum 1.4.2007 grundlegend umgestaltet
und vollständig in ein Vertragsmodell überführt. Dadurch erhielt §
126 Abs
1 SGB V folgende Fassung: "Hilfsmittel dürfen an Versicherte nur auf der Grundlage von Verträgen nach § 127 Abs 1, 2 und 3 abgegeben
werden. Vertragspartner der Krankenkassen können nur Leistungserbringer sein, die die Voraussetzungen für eine ausreichende,
zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel erfüllen; die Krankenkassen stellen sicher,
dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. Die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam geben Empfehlungen für eine einheitliche
Anwendung der Anforderungen nach Satz 2, einschließlich der Fortbildung der Leistungserbringer, ab." Übergangsweise waren
aber - von vertraglichen Beziehungen unabhängig - noch solche Leistungserbringer zur Versorgung von Versicherten bis zum 31.12.2008
zugelassen, die - wie die Klägerin - am 31.3.2007 über eine Zulassung nach §
126 SGB V idF des GRG verfügten (§
126 Abs
2 SGB V idF des GKV-WSG).
d) Die derart zum 1.4.2007 begonnene und am 31.12.2008 endgültig abgeschlossene Umstellung des Zugangs zur Hilfsmittelversorgung
sieht nach der gegenwärtig geltenden und seit Inkrafttreten des GKV-WSG in wesentlicher Hinsicht unveränderten Fassung des §
127 SGB V drei Stufen der Beteiligung an der Hilfsmittelversorgung vor: Demgemäß sollten (§
127 Abs
1 Satz 1
SGB V idF des GKV-WSG) bzw können (§
127 Abs
1 Satz 1
SGB V idF des GKV-OrgWG) auf der ersten Versorgungsstufe die Krankenkassen allein, durch ihre Verbände oder in Arbeitsgemeinschaften
zunächst Verträge "im Wege der Ausschreibung" für solche Hilfsmittel schließen, die nicht individuell anzufertigen oder mit
einem hohen Dienstleistungsanteil verbunden sind (§
127 Abs
1 SGB V idF des GKV-WSG). Erweist sich die Hilfsmittelbeschaffung im Wege der Ausschreibung wegen individueller Anfertigung oder wegen eines hohen
Dienstleistungsanteils als unzweckmäßig (§
127 Abs
2 Satz 1
SGB V idF des GKV-WSG) oder werden Ausschreibungen nach Abs
1 nicht durchgeführt (§
127 Abs
2 Satz 1
SGB V idF des GKV-OrgWG), so hatten bzw haben die Krankenkassen oder ihre Verbände oder Arbeitsgemeinschaften von Krankenkassen
auf der zweiten Versorgungsstufe Verträge entweder mit einzelnen Leistungserbringern oder mit Verbänden von Leistungserbringern
oder sonstigen Zusammenschlüssen von Leistungserbringern zu schließen über "die Einzelheiten der Versorgung mit Hilfsmitteln,
deren Wiedereinsatz, die Qualität der Hilfsmittel und zusätzlich zu erbringender Leistungen, die Anforderungen an die Fortbildung
der Leistungserbringer, die Preise und die Abrechnung" (§
127 Abs
2 Satz 1
SGB V idF des GKV-WSG). Kann hierdurch eine zumutbare Versorgung im Einzelfall nicht gewährleistet werden, ist zu deren Sicherstellung schließlich
auf der dritten Versorgungsstufe ein Einzelvertrag nach §
127 Abs
3 SGB V zu vereinbaren.
e) Dieses Vertragsregime ist mit dem GKV-OrgWG nochmals in zweierlei Hinsicht modifiziert worden. Zum einen ist der Vertragsregelung
des §
127 SGB V ein neuer Abs
2a hinzugefügt worden, der anderen Leistungserbringern - wie hier auch der Klägerin - das Recht zum Beitritt zu bereits geschlossenen
Versorgungsverträgen einräumt. Danach gilt nunmehr: "Den Verträgen nach Absatz 2 Satz 1 können Leistungserbringer zu den gleichen
Bedingungen als Vertragspartner beitreten, soweit sie nicht auf Grund bestehender Verträge bereits zur Versorgung der Versicherten
berechtigt sind. ... § 126 Abs. 1a und 2 bleibt unberührt." Zudem ist hinsichtlich der Anforderungen an die Qualifikation
der Leistungserbringer in §
126 SGB V ein vollständig neues Nachweisverfahren eingeführt worden. Demgemäß ist die bisher in §
126 Abs
1 Satz 2
SGB V enthaltene Formulierung "die Krankenkassen stellen sicher, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind" dort gestrichen und stattdessen
ein neuer Absatz 1a mit folgendem Wortlaut eingefügt worden: "Die Krankenkassen stellen sicher, dass die Voraussetzungen nach
Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind. Sie haben von der Erfüllung auszugehen, wenn eine Bestätigung einer geeigneten Stelle vorliegt.
Die näheren Einzelheiten des Verfahrens nach Satz 2 einschließlich der Bestimmung und Überwachung der geeigneten Stellen,
Inhalt und Gültigkeitsdauer der Bestätigungen, der Überprüfung ablehnender Entscheidungen und der Erhebung von Entgelten vereinbart
der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die Wahrnehmung der Interessen der Leistungserbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen
auf Bundesebene. Dabei ist sicherzustellen, dass Leistungserbringer das Verfahren unabhängig von einer Mitgliedschaft bei
einem der Vereinbarungspartner nach Satz 3 nutzen können und einen Anspruch auf Erteilung der Bestätigung haben, wenn sie
die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 erfüllen. Erteilte Bestätigungen sind einzuschränken, auszusetzen oder zurückzuziehen,
wenn die erteilende Stelle feststellt, dass die Voraussetzungen nicht oder nicht mehr erfüllt sind, soweit der Leistungserbringer
nicht innerhalb einer angemessenen Frist die Übereinstimmung herstellt. Die in der Vereinbarung nach Satz 3 bestimmten Stellen
dürfen die für die Feststellung und Bestätigung der Erfüllung der Anforderungen nach Absatz 1 Satz 2 erforderlichen Daten
von Leistungserbringern erheben, verarbeiten und nutzen. Sie dürfen den Spitzenverband Bund der Krankenkassen über ausgestellte
sowie über verweigerte, eingeschränkte, ausgesetzte und zurückgezogene Bestätigungen einschließlich der für die Identifizierung
der jeweiligen Leistungserbringer erforderlichen Daten unterrichten. Der Spitzenverband Bund ist befugt, die übermittelten
Daten zu verarbeiten und den Krankenkassen bekannt zu geben."
3. Durch diese Rechtsänderungen sind zwar die Modalitäten der Preisfindung und des Qualifikationsnachweises grundlegend umgestaltet
worden, nicht aber die fachlichen Anforderungen selbst und die den Krankenkassen zustehenden Prüfbefugnisse.
a) Im Wesentlichen unverändert sind die fachlichen Zugangsvoraussetzungen zur Hilfsmittelversorgung schon dem Gesetzeswortlaut
nach. Nach altem Recht war zur Versorgung zuzulassen, "wer eine ausreichende, zweckmäßige, funktionsgerechte und wirtschaftliche
Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel gewährleistet und die für die Versorgung der Versicherten geltenden Vereinbarungen
anerkennt" (§
126 Abs
1 Satz 2
SGB V idF des GRG). Damit im Wesentlichen übereinstimmend ist nunmehr geregelt, dass Vertragspartner der Krankenkassen nur Leistungserbringer
sein können, "die die Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung
der Hilfsmittel erfüllen" (§
126 Abs
1 Satz 2
SGB V idF des GKV-WSG). Danach ist für die Eignung als Hilfsmittellieferant nach neuem Recht nicht mehr auf das Kriterium der Wirtschaftlichkeit
der Versorgung abzustellen, weil dies nach dem gesetzlichen Konzept bereits durch das Vertragsmodell des §
127 SGB V nF sichergestellt ist. Auch sind die Anforderungen an die Qualifikation der Leistungserbringer dem Wortlaut nach leicht verändert
umschrieben. Im Übrigen aber sind die Maßstäbe für die fachliche Eignung eines Leistungserbringers nach altem und neuem Recht
identisch, nämlich dessen Befähigung für eine "ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung
der Hilfsmittel".
b) Dies wird auch durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Ihnen zufolge soll das neue Regelungskonzept vor allem den Wettbewerb
unter den Leistungserbringern fördern, nicht aber Änderungen an den materiellen Qualitätsanforderungen für den Zugang zur
Hilfsmittelversorgung bewirken. Bezweckt ist, den Vertrags- und Preiswettbewerb zu stärken, weshalb die bisher zur Versorgung
berechtigende Zulassung der Leistungserbringer aufgegeben und durch die neue Regelung in §
126 Abs
1 SGB V ersetzt wurde. Da auch dabei die grundsätzliche Eignung der Leistungserbringer für eine ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten
gewährleistet sein muss, legte der Gesetzgeber in §
126 Abs
1 Satz 2
SGB V die Anforderungen fest, die als Voraussetzung für den Abschluss von Verträgen und während deren gesamter Vertragslaufzeit
erfüllt werden müssen. Diese entsprachen weitgehend den bisherigen Zulassungsvoraussetzungen; nur das Kriterium der Wirtschaftlichkeit
durfte entfallen, da die Einzelheiten der Versorgung und die Preise nunmehr Gegenstand der Verträge nach §
127 SGB V sind. Mangels Überprüfung der grundsätzlichen Eignung der Leistungserbringer in einem Zulassungsverfahren müssen die Krankenkassen
nach dem Willen des Gesetzgebers nunmehr durch eine Überprüfung vor Vertragsabschluss sowie geeignete vertragliche Regelungen
sicherstellen, dass diese Anforderungen erfüllt sind. Für eine einheitliche Handhabung des neuen Rechts sind zentrale Empfehlungen
der Spitzenverbände der Krankenkassen (nunmehr: Spitzenverband Bund der Krankenkassen) vorgesehen, die grundsätzlich den bisherigen
Empfehlungen zur einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen entsprechen (vgl im Einzelnen BT-Drucks 16/3100 S 141).
c) Auch die Regelungssystematik belegt schließlich, dass die allgemeinen Eignungsanforderungen für die Teilnahme an der Hilfsmittelversorgung
im Zuge der Neuerungen des GKV-WSG und des GKV-OrgWG faktisch nicht geändert worden und vor allem den Krankenkassen im Rahmen der Eignungsüberprüfung insoweit
keine neuen Spielräume zugewachsen sind. Einer solchen Annahme stünde schon entgegen, dass die wesentlichen Entscheidungen
über Berufszugangsvoraussetzungen nach Art
12 Abs
1 Satz 2
GG vom Gesetzgeber selbst zu treffen sind (vgl nur BVerfGE 73, 280, 294 ff; BVerfGE 80, 257, 265 ff sowie BVerfGE 87, 287, 316 ff mwN) und deshalb den Krankenkassen keine Kompetenz zustehen kann, die gesetzlichen Regelungen über die Voraussetzungen
der Leistungserbringung zu verschärfen (vgl BSG SozR 3-3300 § 72 Nr 2). Mussten sie sich nach alter Rechtslage schon auf Verbandsebene auf die Konkretisierung und nähere Ausgestaltung der
vom Gesetzgeber sowie in Berufsausbildungsordnungen getroffenen Vorgaben beschränken, so gilt dies nach neuem Recht für die
Eignungsprüfung vor Abschluss von Verträgen nach §
127 SGB V durch die einzelnen Krankenkassen umso mehr.
d) Dass den Krankenkassen heute keine größeren Kompetenzen zustehen können als nach altem Recht, belegen im Übrigen auch die
Neuregelung des §
126 Abs
1 Satz 3
SGB V und insbesondere das mit dem GKV-OrgWG eingeführte Präqualifizierungsverfahren nach §
126 Abs
1a SGB V. Beide Regelungen sollen bewirken, dass die Zugangsvoraussetzungen zur Hilfsmittelversorgung auch unter dem auf die einzelnen
Krankenkassen übergegangenen Vertragsregime einheitlich gehandhabt und nicht von jeder Krankenkasse unterschiedliche Anforderungen
gestellt werden. Dafür soll zum einen der schon vom GKV-WSG eingeführte und inzwischen auf den Spitzenverband Bund übergegangene Auftrag nach §
126 Abs
1 Satz 3
SGB V sorgen, der Empfehlungen für eine einheitliche Anwendung der Anforderungen nach Satz 2 einschließlich der Fortbildung der
Leistungserbringer vorsieht. Eine noch intensivere Bindungs- und Vereinheitlichungswirkung kommt andererseits vor allem der
Präqualifizierung nach §
126 Abs
1a SGB V im Zusammenwirken mit dem Vertragsbeitrittsrecht nach §
127 Abs
2a Satz 1
SGB V zu, wonach die Krankenkassen an die positive Eignungsbeurteilung einer zugelassenen Präqualifizierungsstelle gebunden sind
und die Verfolgung zusätzlicher Eignungsanforderungen durch einzelne Krankenkassen grundsätzlich ausgeschlossen ist. Auch
das steht der Annahme entgegen, dass die Krankenkassen im Rahmen der Prüfungskompetenzen nach §
126 Abs
1 Satz 2 und Abs
1a Satz 1
SGB V jeweils nach eigenen Vorstellungen Eignungsanforderungen für den Zugang zur Hilfsmittelversorgung aufstellen können.
4. Größere Gestaltungsspielräume bei der Prüfung der fachlichen Eignung eines Leistungserbringers begründet - anders als die
Beklagten und die Vorinstanzen möglicherweise angenommen haben - auch das Vertragsregime des §
127 SGB V nicht. Die Vertragskompetenz des §
127 SGB V statuiert Spielräume nur in Bezug auf die wirtschaftliche Seite der Leistungserbringung, nämlich bei der Leistungsvergütung.
Allein dazu wurde die Regelung eingeführt, wie die bereits zitierten Materialien mit dem Verweis auf den Vertrags- und Preiswettbewerb
belegen (vgl BT-Drucks 16/3100 S 141). Und nur so sind auch die Bindung der Krankenkassen an das Präqualifizierungsverfahren
nach §
126 Abs
1a SGB V und der Auftrag an den Spitzenverband Bund zur Abgabe von Empfehlungen nach §
126 Abs
1 Satz 3
SGB V zu verstehen. Das schließt es zwar nicht aus, dass Krankenkassen die Hilfsmittelversorgung über Verträge nach §
127 Abs
2 SGB V mit weiteren Leistungsbereichen verbinden und hieraus weitergehende, über den Mindeststandard des §
126 Abs
1 Satz 2
SGB V hinausreichende Anforderungen an die Leistungserbringung ableiten. So könnte etwa für die Versorgung von Stomapatienten an
eine Kombination von Hilfsmittelversorgung und pflegerischen Leistungen der häuslichen Krankenpflege iS von §
37 Abs
2 Satz 1
SGB V zu denken sein, wenn dadurch die Versorgungsqualität für die Versicherten erhöht und zugleich die Versorgung wirtschaftlicher
gestaltet werden kann als bei getrennter Beauftragung von Hilfsmittelversorgung einerseits und häuslicher Krankenpflege andererseits
(vgl §
132a SGB V). Insoweit sind den Krankenkassen zur Erfüllung der Leistungsansprüche ihrer Versicherten mit dem Vertragsmodell neue Spielräume
zugewachsen. Solch abweichende Gestaltungen sind jedoch nur im Einvernehmen mit den betroffenen Leistungserbringern möglich.
Gegen deren Willen können die Krankenkassen gesetzlich vorgesehene Formen der Beteiligung an der Versorgung auch unter Berufung
auf die Vertragskompetenz nicht ausschließen, wie der Senat bereits früher schon entschieden hat (BSGE 106, 29 = SozR 4-2500 § 126 Nr 2). Da das Leistungserbringungsrecht eine Beteiligung an der Hilfsmittelversorgung der Versicherten
auch ohne zusätzliche Leistungen etwa der häuslichen Krankenpflege vorsieht, können deshalb solche Leistungserbringer von
den Krankenkassen nicht unter Verweis auf ihre Vertragskompetenz nach §
127 SGB V von der Leistungserbringung ausgeschlossen werden. Steuerungsmöglichkeiten stehen den Krankenkassen insoweit ausschließlich
über die Vergütung zu, die bei zusätzlichen Leistungen höher ausfallen könnte als bei der Abgabe nur von Hilfsmitteln.
5. Den Anforderungen des §
126 Abs
1 Satz 2
SGB V genügt ein Leistungserbringer, wenn ua seine fachlich-medizinischen Kenntnisse ausreichen, um die auszuführenden ärztlichen
Verordnungen sachgerecht zu konkretisieren, die Versicherten ordnungsgemäß zu versorgen und sie schließlich hinreichend in
den Hilfsmittelgebrauch einzuweisen. Nicht erforderlich sind jedoch Qualifikationen, die der Sache nach auf eine Verlagerung
von Aufgaben der ärztlichen Versorgung oder der häuslichen Krankenpflege auf die Hilfsmittelversorgung zielen.
a) Fachliche Voraussetzung für die Teilnahme an der Hilfsmittelversorgung ist nach §
126 Abs
1 Satz 2
SGB V die Befähigung, eine den Anforderungen des §
33 SGB V gerecht werdende Versorgung zu gewährleisten. Wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, sind Hilfsmittel sächliche medizinische Mittel zur Sicherung des Erfolgs der Heilbehandlung oder zur Milderung
oder zum Ausgleich der Folgen von Gesundheitsschäden (vgl grundlegend Senatsurteil vom 28.6.2001 - BSGE 88, 204 = SozR 3-2500 § 33 Nr 41 - PC-Zusatzausrüstung für häusliches Hirnleistungstraining; ebenso Urteil des 1. Senats des BSG vom 19.10.2004 - SozR 4-2500 § 27 Nr 2 - Dauerpigmentierung von Gesichtspartien). Zuvorderst müssen also die Versicherten mit qualitativ geeigneten Sachmitteln
versorgt werden; daran hat sich auch die Aufgabenstellung für die Hilfsmittellieferanten auszurichten. Ihre Hauptleistungspflicht
ist danach die Versorgung der Versicherten mit ordnungsgemäß beschaffenen Hilfsmitteln. Dazu ist vor allem zu gewährleisten,
dass die Hilfsmittel nach Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen
und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen (§
2 Abs
1 Satz 3
SGB V); auch für eine hinreichende Verkehrssicherheit müssen die Leistungserbringer einstehen (vgl zum leistungsrechtlichen Anspruch
insoweit BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 12 - Kraftknoten). Ebenso müssen sie zu einer Anpassung der von Dritten bezogenen Hilfsmittel
an besondere Bedürfnisse der Versicherten befähigt sein (so ausdrücklich §
126 Abs
1 Satz 2
SGB V). Ergänzend haben sie im Rahmen ihrer Nebenpflichten zunächst im Vorfeld der Versorgung die regelmäßig nur der Produktart
nach bestimmte ärztliche Verordnung zu konkretisieren und gemeinsam mit dem Versicherten das geeignete Hilfsmittel auszuwählen
(vgl § 7 Abs 3 Satz 1 und 2 der Richtlinie des G-BA über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung
- HM-RL - in der am 7.2.2009 in Kraft getretenen Neufassung vom 16.10.2008, veröffentlicht im BAnz vom 6.2.2009, Nr 20 S 462).
Und sodann haben sie schließlich den Versicherten zum Abschluss der Hilfsmittelversorgung eine hinreichende "Ausbildung in
ihrem Gebrauch" (vgl §
33 Abs
1 Satz 4
SGB V) zukommen zu lassen.
b) Die Wahrnehmung dieser Aufgaben setzt Kenntnisse auch in medizinischer Hinsicht voraus; das postulieren die Beklagten im
Ansatz zu Recht. So können etwa Prothesen ohne eingehendes Wissen über die maßgeblichen orthopädischen und sonstigen medizinischen
Anforderungen nicht abgegeben und erst recht nicht selbst hergestellt werden. Auch die Auswahl und Anpassung von Hörgeräten
erfordert Fachwissen über das Hörvermögen und dessen Störungen. Ebenso liegt es bei Stomahilfsmitteln: Den dabei gestellten
Aufgaben bei der Konkretisierung der ärztlichen Verordnung und der Einweisung in den Hilfsmittelgebrauch insbesondere in der
ersten Phase nach der Entlassung aus der stationären Versorgung kann der Hilfsmittellieferant nur gerecht werden, wenn auch
er über hinreichende Kenntnis insbesondere zu Grund und Zweck der Versorgung, zu möglichen Komplikationen, zur Eignung und
den Anwendungsbereichen der verschiedenen Versorgungssysteme sowie über Unverträglichkeiten bei der Anwendung von Produkten
und Materialien verfügt. Diese Anforderungen werden aber überspannt, wenn sie der Sache nach auf die Übertragung von Aufgaben
zielen, die nach geltendem Recht der ärztlichen oder der krankenpflegerischen Versorgung zugewiesen sind. Das gilt insbesondere
für die vielfältigen Aufgaben der Beratung, Information und Kontrolle, die nach den hier zum Beitritt vorgesehenen Verträgen
von den Hilfsmittelversorgern erbracht werden sollen. Soweit danach etwa im Einzelfall bereits in der präoperativen Phase
Beratungsleistungen und postoperativ die "regelmäßige Stomakontrolle zur Erkennung von Komplikationen" sowie beim Übergang
in die ambulante Versorgung im Bereich des Entlassungsmanagements "Ernährungshinweise in Kooperation mit dem behandelnden
Arzt bzw. der Ernährungsberaterin oder Diätassistentin" oder schließlich im ersten halben Jahr nach der Entlassung drei Hausbesuche
und "pflegerische Gegenmaßnahmen" bei Komplikationen vorgesehen sind (vgl den Abschnitt Beratungsstandards im "Vertrag über
die Versorgung mit Hilfsmitteln und Verbandsstoffen zur Stomatherapie" mit der EGROH-Service GmbH, in Kraft ab 1.4.2009; siehe
http://www.aok-gesundheitspartner.de/by/hilfsmittel/vertraege_preise/sonstige/index.html, recherchiert am 29.6.2011), geht
das über die in der Hilfsmittelversorgung notwendig zu erbringenden Aufgaben deutlich hinaus.
c) Die Aufgaben der Hilfsmittelerbringer sind abzugrenzen zunächst von der Verantwortung der behandelnden Ärzte. Insoweit
sind die Vertragsärzte für den ambulanten Bereich nach §
73 Abs
2 Satz 1 Nr
7 SGB V nicht nur ausdrücklich formal ermächtigt, durch die Verordnung ua von Hilfsmitteln über deren Abgabe zu Lasten der GKV zu
entscheiden. Ihnen obliegt bei der Hilfsmittelversorgung zu Behandlungszwecken (§
33 Abs
1 Satz 1 1. Alt
SGB V) im Verhältnis zu den Patienten zudem die medizinische Verantwortung für eine therapiegerechte Versorgung; die Hilfsmittelversorgung
ist von der zu Grunde liegenden Therapie nicht zu trennen (vgl BSGE 87, 105, 110 = SozR 3-2500 § 139 Nr 1 S 7; BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4 RdNr 18). Dem trägt auf der Ebene der konkretisierenden Versorgungssteuerung der G-BA Rechnung,
soweit er dem Vertragsarzt zu prüfen aufgibt, ob das abgegebene Hilfsmittel seiner Verordnung entspricht und den vorgesehenen
Zweck erfüllt, insbesondere wenn es individuell angefertigt oder zugerichtet wurde (vgl § 9 HM-RL). Entsprechend sind auch
die zivilrechtlichen Aufklärungspflichten des Arztes ausgestaltet. Aus ihnen folgt, dass die Verantwortung für eine angemessene
Aufklärung der Patienten über die Folgen und den Umgang mit einer Stomaversorgung primär und in erster Linie bei den behandelnden
Ärzten im Krankenhaus und sodann in der ambulanten Weiterbetreuung liegt. Deshalb darf im Krankenhaus zB schon der operative
Eingriff nicht ohne entsprechende Aufklärung ua über die Operationsfolgen vorgenommen werden (vgl zur Selbstbestimmungsaufklärung
etwa BGHZ 90, 103 ff; BGHZ 102, 17 ff; BGH NJW 2003, 2012, 2013 jeweils mwN). Erst recht ist es im Anschluss an die stationäre Versorgung aufgrund der Pflichten aus dem Behandlungsverhältnis
sowie aus der ärztlichen Garantenstellung zunächst Sache der Krankenhausärzte, die Patienten hinreichend über den Umgang mit
dem Stoma und insbesondere über mögliche Komplikationen, dafür bedeutsame Anzeichen sowie die deshalb zu beachtenden Verhaltensmaßregeln
aufzuklären (vgl zur Aufklärung über postoperative Risiken oder Verhaltensanforderungen etwa BGH NJW 1987, 705; BGHZ 107, 222 ff; BGH NJW 1991, 748, 749; BGH NJW 1996, 776, 777; BGH NJW 2005, 427, 428 - jeweils mwN). Genügt dies für eine ausreichende Schulung des Patienten noch nicht, ergeben sich später weitere Fragen
oder stellen sich Beschwerden ein, ist es ferner auch Aufgabe der niedergelassenen Ärzte - ggf in Absprache mit den Ärzten
im Krankenhaus (vgl §
11 Abs
4 SGB V) -, den Patienten entsprechend zu betreuen und ihm die therapeutisch notwendigen Kenntnisse für den Umgang mit einer Stomaversorgung
und mögliche gesundheitliche Risiken zu vermitteln.
d) Diese Betreuung und Beratung durch die behandelnden Ärzte kann im Weiteren erforderlichenfalls durch Leistungen der häuslichen
Krankenpflege nach §
37 Abs
2 Satz 1
SGB V zu ergänzen sein. Hiernach besteht Anspruch auf pflegerische Leistungen im häuslichen Umfeld, wenn dies der Sicherung des
Ziels der ambulanten ärztlichen Behandlung dient. Das kommt in Form der Behandlungspflege auch hier in Betracht, wenn ein
Versicherter entweder nach seiner Entlassung aus der stationären Versorgung vorübergehend oder dauerhaft nicht zu einer eigenständigen
Stomaversorgung in der Lage ist und dafür auch keine Person in seinem Haushalt zur Verfügung steht. Insoweit sind als Behandlungspflege
nach der Rechtsprechung des Senats die Hilfeleistungen umschrieben, die durch bestimmte Erkrankungen erforderlich werden (krankheitsspezifische
Pflegemaßnahmen) und typischerweise nicht von einem Arzt, sondern von Vertretern medizinischer Hilfsberufe oder von Laien
erbracht werden (vgl BSG SozR 3-2500 § 53 Nr 10; BSGE 82, 27, 33 = SozR 3-3300 § 14 Nr 2; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 17). Eine solche Hilfeleistung ist nach ausdrücklicher Vorgabe durch die Richtlinie des G-BA über die Verordnung
von häuslicher Krankenpflege nach §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
6 und Abs
7 SGB V (HKP-RL) vom 17.9.2009 (BAnz vom 9.2.2010, Nr 21 S 468, Beilage Nr 21a, zuletzt geändert am 21.10.2010, BAnz vom 14.1.2011,
Nr 8 S 140) die "Hilfe beim Ausscheiden und der Beseitigung von Urin, Stuhl" mit einerseits basaler Unterstützung wie der
"Reinigung und Versorgung des Urostoma" oder der "Reinigung und Versorgung des Anus-praeter" (vgl Anlage zur HKP-RL Nr 1)
und andererseits besonderen Pflegemaßnahmen wie der "Desinfektion der Wunde, Wundversorgung, Behandlung mit ärztlich verordneten
Medikamenten, Verbandwechsel und Pflege von künstlich geschaffenen Ausgängen (zB Urostoma, Anus-praeter) bei akuten entzündlichen
Veränderungen mit Läsionen der Haut" (vgl Anlage zur HKP-RL Nr 28). Danach kann ein Anspruch auf Leistungen der häuslichen
Krankenpflege nach §
37 Abs
2 Satz 1
SGB V durch besonders geschultes Pflegepersonal bestehen, wenn Versicherte nach Anlage von Entero- oder Urostomata entweder dauerhaft
fremde Hilfe bei der Versorgung benötigen oder wegen Entzündungen akute pflegerische Interventionen geboten sind und im Haushalt
ausreichende Hilfen nicht zur Verfügung stehen.
e) In diesem Leistungsspektrum mit einerseits der Verantwortung der betreuenden Ärzte für die therapeutische Aufklärung der
Patienten und andererseits der Zuständigkeit des ggf hinzuziehenden Pflegepersonals für die pflegerische Versorgung der Versicherten
sind den Hilfsmittellieferanten von Stomaartikeln nur nachgeordnete Beratungsaufgaben zugewiesen. Solche können bestehen,
soweit sie die Versicherten im Vorfeld der Versorgung über die Konkretisierung der ärztlichen Hilfsmittelverordnung zu beraten
(vgl § 7 Abs 3 Satz 2 HM-RL) oder ihnen eine hinreichende "Ausbildung in ihrem Gebrauch" zukommen zu lassen haben (vgl §
33 Abs
1 Satz 4
SGB V). Diese Pflichten leiten sich aus dem Auftrag der Hilfsmittelversorgung zu einer Sachmittelbeschaffung ab und sind deshalb
im Wesentlichen produktbezogen. Insoweit ist zunächst bei der Konkretisierung der Hilfsmittelverordnung dasjenige Produkt
zu wählen, das unter Berücksichtigung des Gebots der Wirtschaftlichkeit der Versorgung (§
12 Abs
1 SGB V) den Bedürfnissen und Erfordernissen des Versicherten am besten Rechnung trägt. Das kann im Einzelfall zwar auch eingehende
medizinische Kenntnisse voraussetzen, vor allem aber benötigt der Leistungserbringer eine umfassende Kenntnis über die für
die Produktart angebotenen Hilfsmittel, deren technische Eigenheiten und Kosten. Entsprechend sind auch im Weiteren die für
die Einweisung in den "Gebrauch der Hilfsmittel" notwendigen Instruktionen vor allem auf deren technische Implikationen ausgerichtet.
Hierzu können ebenfalls medizinische Kenntnisse nötig sein, hier etwa über mögliche gesundheitliche Risiken einer unzureichenden
Säuberung der Stomaversorgung. Gleichwohl steht im Hinblick auf den Gebrauch iS von §
33 Abs
1 Satz 4
SGB V das Hilfsmittel in seiner konkreten Beschaffenheit im Vordergrund und nicht der umfassende Umgang mit den Folgen der Erkrankung,
wie es in den zitierten Beratungsstandards des der Klägerin zum Beitritt vorgeschlagenen Vertrages vorgesehen ist.
6. Hieran gemessen verlangen die Beklagten für den Abschluss eines Vertrages über die Versorgung mit Hilfsmitteln und Verbandstoffen
zur Stomatherapie von dem Leistungserbringer zu Unrecht den Nachweis, dass er mindestens einen im Rahmen der Weiterbildungsordnung
des DVET-Fachverbandes ausgebildeten Stomatherapeuten mit einem Umfang von mindestens 20 Stunden wöchentlich beschäftigen
muss.
a) Formal ist dieses Verlangen im Hinblick auf die an der Versorgung bisher schon beteiligten Leistungserbringer - wie hier
die Klägerin - schon deshalb unzulässig, weil die Beklagten ihnen nicht die Möglichkeit einräumen, ihre Befähigung zu einer
den Anforderungen des §
126 Abs
1 Satz 2
SGB V genügenden Versorgung mit Stomahilfsmitteln anders als durch Teilnahme an einem Kurs nach der Weiterbildungsordnung des DVET-Fachverbandes
nachzuweisen. Das wäre mit den grundrechtlichen Gewährleistungen des Art
12 Abs
1 GG selbst dann unvereinbar, wenn die Anforderungen dieser Weiterbildungsordnung inhaltlich ansonsten unproblematisch wären.
Setzt nämlich der Gesetzgeber für die Fortführung eines bisher schon ausgeübten Berufs ganz oder teilweise neue Standards,
dann ist das regelmäßig nur zulässig, wenn diese Standards erstens den Anforderungen von Art
12 Abs
1 GG genügen und zweitens den Berufsinhabern zumindest bei längerer Berufspraxis im Rahmen einer Übergangsfrist Gelegenheit zu
dem Nachweis gegeben wird, dass die neuen Anforderungen von ihnen erfüllt werden (vgl nur BVerfGE 75, 246, 279; BVerfGE 98, 265, 309 f, jeweils mwN). Diese Maximen binden im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Ordnung der Leistungserbringung auch die
beklagten Krankenkassen. Dem haben sie zwar hinsichtlich der Einräumung von Übergangsfristen hinreichend Rechnung getragen
(vgl Abschnitt "Personelle Voraussetzungen" in Anlage 1 zum "Vertrag über die Versorgung mit Hilfsmitteln und Verbandsstoffen
zur Stomatherapie" mit der EGROH-Service GmbH, in Kraft ab 1.4.2009; siehe http://www.aokgesundheitspartner.de/by/hilfsmittel/vertraege_preise/sonstige/index.html,
recherchiert am 29.6.2011), die Möglichkeit des anderweitigen Nachweises aber unzulässig auf Einrichtungen delegiert, von
denen die Weiterbildung des DVET-Fachverbandes angeboten wird. Ob und - falls ja - nach welchen Voraussetzungen diese Institutionen
eine Ausbildung im Rahmen anderer Ausbildungsordnungen und Kenntnisse aufgrund berufspraktischer Erfahrungen anerkennen, ist
den Beklagten ausweislich des Schriftverkehrs ua mit der Klägerin nicht bekannt. Trotzdem ist die Klägerin darauf verwiesen
worden, dies mit den in Betracht kommenden Weiterbildungseinrichtungen selbst zu klären. Damit haben die Beklagten eine für
die Fortführung der Hilfsmittelversorgung wesentliche Frage zu Unrecht dem lediglich privatrechtlich ausgestalteten Verhältnis
zwischen Leistungserbringern und Weiterbildungsträgern überlassen. Zwar muss es nicht schon im Ansatz bedenklich sein, wenn
Krankenkassen sich die Weiterbildungskonzepte privatrechtlich organisierter Einrichtungen zu eigen machen. Jedoch müssen sie
dann entweder auf deren Inhalt in einer den Anforderungen des Art
12 Abs
1 GG genügenden Weise - etwa durch Vertrag - Einfluss nehmen oder den Eignungsnachweis in verfassungsrechtlich unbedenklicher
Art selbst organisieren. Dem genügt das hier praktizierte Verfahren der Beklagten keinesfalls.
b) In der Sache unzulässig ist das Verlangen, dass jeder an der Stomaversorgung teilnehmende Leistungserbringer einen Stomatherapeuten
in einem Umfang von mindestens 20 Wochenarbeitsstunden zu beschäftigen hat. Durch diese Vorgabe wird die Abgabe von Hilfsmitteln
zur Stomatherapie faktisch auf solche Unternehmen beschränkt, die in einem größeren Umfang mit der Versorgung von Stomapatienten
befasst sind. Damit überschreiten die Krankenkassen die ihnen im Rahmen der Eignungsprüfung zustehenden oa Kompetenzen, weil
sie die Befugnis zur Hilfsmittelabgabe an überhöhte und deshalb nicht sachgerechte Anforderungen knüpfen.
c) Rechtswidrig ist des Weiteren auch die vertragliche Anbindung der Abgabe von Hilfsmitteln zur Stomatherapie an alle der
in der Weiterbildungsordnung des DVET-Fachverbandes vorgesehenen Inhalte. Der Senat zieht nicht in Zweifel, dass diese Weiterbildung
für eine pflegerische Berufsausrichtung durchaus sinnvoll sein kann; für die Hilfsmittelabgabe sind die Anforderungen indes
weit überzogen. Dabei kann die Bestimmung der genauen Grenzziehung offen bleiben; dies hätte zudem weitere Feststellungen
der Vorinstanzen erfordert. Denn in der Gesamtbetrachtung geht das Weiterbildungskonzept des DVET-Fachverbandes weit über
die Anforderungen hinaus, die für den Zugang zur Hilfsmittelversorgung als notwendig anzusehen sind. Ziel der DVET-Weiterbildung
ist die Qualifizierung für eine umfassende aktivierende Pflege und Betreuung von Einzelpersonen, Familien und Gruppen unter
Berücksichtigung der individuellen psychischen, physischen und sozialen Situation (vgl § 1 Nr 3 Buchst a der Weiterbildungs-
und Prüfungsordnung "Pflegeexperte Stoma, Inkontinenz, Wunde" des DVET-Fachverbandes Stoma und Inkontinenz e.V., im Folgenden:
Stoma-Weiterbildungsordnung), sie soll den Betroffenen Hilfestellung bei der Auseinandersetzung mit der Krankheit und ihrer
Prognose geben (vgl § 1 Nr 3 Buchst b Stoma-Weiterbildungsordnung) und die Planung, Durchführung und Überwachung von pflegerischen
Interventionen einschließlich der Bewertung ihrer Ergebnisse sowie die Dokumentation sowie die Mitwirkung bei der Erstellung
von Pflegekonzepten und die Planung und Organisation des pflegerischen Ablaufes einschließlich der Überleitungspflege und
des Entlassungsmanagements zum Gegenstand haben (vgl § 1 Nr 3 Buchst c bis e Stoma-Weiterbildungsordnung). Des Weiteren soll
sie auch Fähigkeiten für Notfallsituationen sowie zur Weiterbildung von Pflegefachkräften vermitteln und zur Mitwirkung an
pflegewissenschaftlichen Studien qualifizieren (vgl § 1 Nr 3 Buchst g, i und k Stoma-Weiterbildungsordnung). Hiermit werden
- wie auch in der Bezeichnung "Pflegeexperte" sinnfällig zum Ausdruck kommt - Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt, die im
Kern die Pflege und das Management der pflegerischen Krankheitsbewältigung und nicht die Anforderungen bei der Versorgung
mit notwendigen Sachmitteln betreffen. Solche Kenntnisse dürfen deshalb für die Hilfsmittelabgabe nicht verlangt werden.
7. Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
154 Abs
1 VwGO, diejenige über den Streitwert aus §
197a Abs
1 Satz 1 Halbs 1
SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.