Rechtmäßigkeit einer Überleitungsanzeige
Bezeichnung eines Verfahrensmangels
Kausalität des Mangels für die Entscheidung
Inhaltlich falsche Entscheidung
Nichtzulassungsbeschwerde
1. Wird das Vorliegen eines Verfahrensmangels geltend gemacht, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, so müssen
bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels wie bei einer Verfahrensrüge innerhalb einer zugelassenen Revision zunächst die
diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargelegt werden.
2. Darüber hinaus ist die Darlegung zu verlangen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht des LSG
- auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht, es sei denn, es werden absolute
Revisionsgründe gerügt, bei denen gemäß §
202 SGG i.V.m. §
547 ZPO der Einfluss auf die Entscheidung unwiderlegbar vermutet wird.
3. Wird vorgetragen, dass die Entscheidung des LSG inhaltlich falsch sein soll, weil der Überleitungsbescheid "erkennbar sinnlos
sei", vermag dies die Revisionsinstanz nicht zu eröffnen; denn Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht, ob das
Berufungsgericht in der Sache richtig entschieden hat.
Gründe:
I
Im Streit ist die Rechtmäßigkeit einer Überleitungsanzeige.
Im Jahr 1993 übertrug die im Januar 2014 verstorbene hilfebedürftige Mutter der Klägerin dieser ein Hausgrundstück. Die Beklagte
leitete vermeintliche "Ansprüche aus einem notariellen Vertrag" auf sich über (Bescheid vom 17.6.2009; Widerspruchsbescheid
vom 21.9.2009). Während das Sozialgericht (SG) Aurich den angefochtenen Bescheid aufhob (Urteil vom 12.7.2011), wies das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen
unter Aufhebung der Entscheidung des SG die Klage ab (Urteil vom 25.9.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Überleitungsanzeige sei rechtmäßig,
weil der übergeleitete Anspruch nicht offensichtlich ausgeschlossen und die Überleitung daher auch nicht erkennbar sinnlos
sei. Einer notwendigen Beiladung habe es nicht bedurft, weil die Hilfeempfängerin verstorben sei und nach Mitteilung der Klägerin
die in Betracht kommenden Erben die Erbschaft ausgeschlagen hätten.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde und macht geltend, das LSG habe wegen der unterlassenen notwendigen
Beiladung der Erben oder des Fiskus gegen Verfahrensrecht (§
75 Abs
2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) verstoßen; insoweit liege auch eine Divergenz zur Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 2.2.2010 - B 8 SO 17/08 R - und, soweit der Beklagte die Klägerin vor Erlass der Überleitungsanzeige nicht angehört
habe, gegen die Entscheidung des BSG vom 14.7.1994 - 7 RAr 104/93 - vor. Die Überleitungsanzeige sei erkennbar sinnlos, sodass sich zudem eine Frage grundsätzlicher Bedeutung stelle. Im Übrigen
liege auch insoweit eine Divergenz zur Entscheidung des BSG vom 20.12.2012 - B 8 SO 75/12 B - vor.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe des Verfahrensmangels (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG), der Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) und der grundsätzlichen Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) nicht in der nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG gebotenen Weise bezeichnet bzw dargelegt worden sind. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen
Richter nach §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 3
SGG entscheiden.
Wird das Vorliegen eines Verfahrensmangels geltend gemacht, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, so müssen
bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels wie bei einer Verfahrensrüge innerhalb einer zugelassenen Revision zunächst die
diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargelegt werden (BSG SozR 1500 §
160a Nr 14, 24, 34 und 36; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
160a RdNr 16 mwN). Darüber hinaus ist die Darlegung zu verlangen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht
des LSG - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 und 36), es sei denn, es werden absolute Revisionsgründe gerügt, bei denen gemäß §
202 SGG iVm §
547 Zivilprozessordnung der Einfluss auf die Entscheidung unwiderlegbar vermutet wird (BSGE 4, 281, 288; BSG SozR 1500 § 136 Nr 8). Letzteres ist hier jedoch nicht der Fall.
Soweit die Klägerin die unterlassene notwendige Beiladung nach §
75 Abs
2 SGG möglicher Erben bzw des Fiskus rügt, hat sie nicht dargetan, weshalb die Entscheidung des LSG auf dem behaupteten Verfahrensmangel
beruhen kann. An der unzureichenden Bezeichnung des Verfahrensmangels ändert sich nichts dadurch, dass die Klägerin zugleich
geltend macht, in dem Unterlassen der Beiladung liege auch eine "Divergenz" zur Entscheidung des BSG vom 2.2.2010 - B 8 SO 17/08 R -, wonach wegen der privatrechtsgestaltenden Wirkung der Überleitung der Hilfebedürftige stets
beizuladen sei. Sie rügt damit unter dem formalen Gesichtspunkt der Divergenz lediglich denselben Verfahrensfehler, ohne dass
der dargestellte Mangel dadurch behoben würde. Auf eine Divergenz kann die Beschwerde im Übrigen nur dann gestützt werden,
wenn das LSG in der Sache einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem tragenden abstrakten Rechtssatz des
BSG aufgestellt hätte. Hierzu fehlt jeglicher Vortrag. Dies gilt in gleicher Weise für die Rüge, sie (die Klägerin) sei vor Erlass
der Überleitungsanzeige nicht angehört worden (§ 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - [SGB X]), worin eine "Divergenz" zur Entscheidung des BSG vom 14.7.1994 - 7 RAr 104/93 - liege. Einen tragenden abstrakten Rechtssatz hat die Klägerin in beiden Fällen nicht formuliert, auch nicht, soweit sie
behauptet, das LSG habe das "Überleitungsermessen" nicht geprüft, sodass es auch insoweit an der hinreichenden Bezeichnung
einer Divergenz fehlt.
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hat die Klägerin ebenfalls nicht in der erforderlichen Weise dargelegt. Grundsätzliche
Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen
der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der
Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete)
Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten
Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Die Klägerin hat jedoch noch nicht einmal eine konkrete Rechtsfrage formuliert, deren Entscheidung durch den Senat angestrebt
wird. Ob der entscheidungserhebliche Sachverhalt ausreichend dargelegt ist, kann deshalb dahinstehen. Soweit die Beschwerdebegründung
dahin zu verstehen ist, dass die Entscheidung des LSG inhaltlich falsch sein soll, weil der Überleitungsbescheid "erkennbar
sinnlos sei", vermag dies die Revisionsinstanz nicht zu eröffnen. Denn Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht,
ob das Berufungsgericht in der Sache richtig entschieden hat (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7). Soweit gleichzeitig eine Divergenz zur Entscheidung des BSG vom 20.12.2012 - B 8 SO 75/12 B - gerügt wird, gilt das oben Ausgeführte entsprechend.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.