Gewährung einer Unfallrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit
Grundurteil über allgemeine Leistungen
Allgemeines Sachleistungsbegehren nach unbestimmter Heilbehandlung
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte wegen einer Schmerzstörung nach
Becken- und Gesäßprellung links am 18.02.2013 ein Anspruch auf Gewährung einer Unfallrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit
(MdE) um 20 v.H. und ein Anspruch auf Heilbehandlung zusteht.
Der 1955 geborene Kläger war bei einem Mitgliedsunternehmen der Beklagten als Fahrer schwerer LKWs (zur Arbeitsplatzbeschreibung
vgl. Blatt 28/31 der Beklagtenakte) versicherungspflichtig beschäftigt. Im Rahmen seiner Tätigkeit verlor er am 18.02.2013
gegen 15:20 Uhr beim Festzurren einer Plane das Gleichgewicht und stürzte aus ca. 1,8 m Höhe von einem LKW mit dem Becken
und den abstützenden linken Arm auf den Boden (vgl. Unfallanzeige vom 20.02.2013, Blatt 1 der Beklagtenakte). Zum 30.09.2013
wurde dem Kläger von seinem Arbeitgeber gekündigt. Seit dem 01.10.2013 bezieht der Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung
auf Dauer (Blatt 184 der Beklagtenakte).
Der Kläger suchte am 20.02.2013 den Durchgangsarzt Dr. G. auf, der in seinem D-Arzt-Bericht vom 21.02.2013 (Blatt 2 der Beklagtenakte)
eine Druckschmerzhaftigkeit im Bereich des linken Gesäßes und ausstrahlende Schmerzen in das linke Bein über die Wade zur
Großzehe hin, angab (Diagnosen: EB-Kontusion links, Hüftprellung links mit Irritation des nervus peronäus). Am 06.03.2013
attestierte Dr. G. eine beidseitige Wurzelläsion L5 (Blatt 3 der Beklagtenakte) während der Arzt für Neurologie und Psychiatrie
Dr. E. ein Wurzelreizsyndrom L5 beidseits, einen Zustand nach Prellung linkes Gesäß beschrieb (Bericht vom 07.03.2013, Blatt
5 der Beklagtenakte); ein Zusammenhang der ziehenden Schmerzen in beiden Beinen mit dem Gesäßtrauma sei nicht sehr wahrscheinlich,
allenfalls Folge einer Fehlhaltung durch die Gesäßschmerzen. Der Radiologe Dr. C. teilte in seinem Kernspintomographiebefund
vom 27.03.2013 (Blatt 4 der Beklagtenakte) mit, es bestehe eine normale Weite des Spinalkanals, der Konus medullaris komme
mit regelrechter Signalgebung zur Darstellung, es bestehe kein Frakturnachweis, kein Bandscheibenvorfall und keine Wurzelkompression.
Im Übrigen zeigten sich bei L2/3 und L4/5 vermutlich aktivierte Osteochondrosen, bei L2/3 eine konzentrische Protrusio bei
ausreichend frei einsehbarem Neuroforamina, während bei L4/5 und L5/S1 eine orthope Bandscheibe bei frei einsehbarer Neuroforamina
beschrieben wurde.
Nachdem Dr. G. den Kläger im April 2013 noch immer wegen anhaltender Beschwerden durch Gesäßschmerzen und ausstrahlende Schmerzen
in die Beine, die vor dem Unfall noch nicht bestanden hatten, für arbeitsunfähig hielt, wurde der Kläger ab April 2013 in
der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vorgestellt. Prof. Dr. S. gab in seinem Bericht vom 22.04.2013 (Blatt 18/19
der Beklagtenakte) eine akute Exazerbation bei Nervenwurzelreizung L5 beidseits nach Beckenprellung (freie Beweglichkeit der
unteren Extremitäten, kein Hinweis auf sensomotorisches Defizit, gute Kraft). In seinem ambulanten Untersuchungsbericht mit
fachärztlicher Stellungnahme vom 20.06.2013 (Blatt 34/37 der Beklagtenakte) gab Prof. Dr. S. an, die aktuelle Schmerzsituation
könne noch nicht abschließend geklärt werden, eine komplexstationäre Rehabilitation werde empfohlen. Diese Maßnahme wurde
vom 02.07.2013 (zum Aufnahmebefund vgl. Blatt 44/48 der Beklagtenakte) bis zum 24.07.2013 (zum Befund- und Abschlussbericht
vgl. Blatt 74/80 der Beklagtenakte) durchgeführt. Eine durchschlagende Besserung und Beschwerdelinderung habe bei degenerativem
LWS-Syndrom nicht erzielt werden können. Unfallabhängige Beschwerden hätten nicht jetzt festgestellt werden können.
Prof. Dr. St. vom Medizinischen Begutachtungsinstitut erstattete auf Ersuchen der Beklagten am 12.07.2013 (Blatt 88/91 der
Beklagtenakte) einen neurologisch-psychiatrischen Befundbericht, der die osteochondrotischen Veränderungen der LWS auf Höhe
L2/3, L3/4 und L4/5 als unfallunabhängig bewertete. Klinisch manifeste Symptome bis auf Schmerzen und Sensibilitätsstörungen
bestünden nicht.
Mit Bescheid vom 23.10.2013 (Blatt 99 der Beklagtenakte) bestimmte die Beklagte, dass unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und
Behandlungsbedürftigkeit bis 24.07.2013 anerkannt werde, Leistungen seien ab 25.07.2013 nicht zu erbringen. Es sei eine Hüftprellung
links mit Nervenwurzelreizung im Bereich L5 sowie eine Ellenbogenprellung diagnostiziert worden. Bei der Abschlussuntersuchung
der KSR seien keine unfallbedingten Gesundheitsschäden mehr festgestellt worden. Die unfallbedingte Hüft- und Ellenbogenprellung
links sei abgeheilt. Durch in Sturz sei es zu einer Verschlimmerung des vorbestehenden Leidens gekommen. Die weiteren Beschwerden
seien auf die nachgewiesenen Vorschäden im Bereich der Lendenwirbelsäule zurückzuführen und stünden nicht mit dem Unfall im
Zusammenhang.
Im hiergegen geführten Widerspruch vom 29.11.2013 (Blatt 108 der Beklagtenakte) machte der Kläger u.a. geltend, eine ordnungsgemäße
Zusammenhangsbeurteilung sei nicht erfolgt (Blatt 111 der Beklagtenakte).
Der Kläger stellte sich am 12.11.2013 beim D-Arzt Dr. B. zur Nachschau vor, der in seinem Bericht vom 17.11.2013 (Blatt 112
der Beklagtenakte) angab, der Kläger klage noch immer über Schmerzen in der LWS und in der linken Hüfte mit Ausstrahlungen
in beide Beine: Der Kläger legte einen weiteren Bericht des Dr. B. (Bericht vom 18.12.2013, Blatt 119 b der Beklagtenakte)
und die Berichte des Radiologen Dr. O. vom 26.11.2013 und 09.12.2013 (Blatt 119c, 119d/f der Beklagtenbakte, Diagnose: Verdacht
auf periphere Läsion des Nervus ischiadicus) vor. Von der AOK wurde ein Vorerkrankungsverzeichnis beigezogen (Blatt 140/141,
170/171 der Beklagtenakte).
Nach Auswahl durch den Kläger und im Auftrag der Beklagten erstattete der Arzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. B. sein Gutachten
vom 01.06.2014 (Blatt 152/171 der Beklagtenakte), worin er ausführte, dass sich aus der Prellung ein anhaltendes, erhebliches
Schmerzsyndrom mit deutlicher Einschränkung der Belastungsfähigkeit entwickelt habe. Arbeitsunfähigkeit habe bis zum 24.07.2013
vorgelegen. Der Verlauf spreche für die Ausbildung eines posttraumatischen Schmerzsyndroms und nicht für die Verschlimmerung
eines vorbestehenden Leidens. Die unfallbedingte MdE bewertete er mit 30 v.H.
Der Beratungsarzt Dr. W. gab in seiner Stellungnahme vom 18.06.2014 (Blatt 173 der Beklagtenakte) an, es lägen ganz ausgedehnte
konkurrierende Faktoren vor, die mit hoher Wahrscheinlichkeit ganz überwiegend für die weiterhin angegebenen subjektiven Beschwerden
ursächlich seien. Die von Dr. B. als Argument herangezogene Irritation des Nervus Peroneus sei nach den neurographischen Untersuchungen
folgenlos ausgeheilt.
Nach Auswahl durch den Kläger und im Auftrag der Beklagten erstattete nunmehr der Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie/Orthopädie
Dr. H. sein Gutachten (Blatt 187/199 der Beklagtenakte). Dr. H. diagnostizierte beim Kläger eine fortgeschrittene degenerative
Veränderungen der LWS sowie ein pseudoradikuläres Schmerzsyndrom der LWS beidseits. Ursache seien die degenerativen Veränderungen.
Auch wenn die Schmerzsymptomatik vor dem Unfall nicht so gravierend gewesen sei, sei hier von einer deutlichen, vorübergehenden
Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens auszugehen, jedoch nicht von einer wesentlichen Verschlimmerung. Unfallbedingt
habe Arbeitsunfähigkeit bis 24.07.2013 bestanden. Eine unfallbedingte MdE liege nicht vor. Hiergegen erhob der Kläger Einwände
(Schreiben vom 03.02.2015, Blatt 204 der Beklagtenakte).
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2015 (Blatt 214/217 der Beklagtenakte) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Entschädigungsleistungen seien nur für die Folgen eines Arbeitsunfalles zu gewähren. Zeiten von Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit
seien als unfallbedingt solange anzuerkennen, wie sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf arbeitsunfallbedingte Körperschäden
zurückzuführen seien. Solche seien bei der Abschlussuntersuchung der KSR am 24.07.2013 nicht mehr nachzuweisen gewesen.
Der Kläger hat am 27.04.2015 hiergegen beim Sozialgericht (SG) Reutlingen Klage erhoben und Leistungen, insbesondere eine Unfallrente, begehrt. Dr. H. sei auf die Diagnose einer Ischiadicusprellung
als Auslöser des Schmerzsyndroms des Dr. B. nicht eingegangen. Auch habe er keine klare Abwägung der unfallabhängigen und
unfallunabhängigen Ursachenfaktoren vorgenommen.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Dr. Schn. ,
Allgemeinärztin, hat dem SG mitgeteilt (Blatt 23/31, 40/41 der SG-Akte), sie habe seit Anfang 2013 keine wesentliche Veränderung festgestellt. Der Facharzt für Orthopädie B. hat dem SG am 07.09.2015 geschrieben (Blatt 32/37 der SG-Akte), die Beschwerden im Wesentlichen unverändert, es bestünden weiterhin belastungsabhängige lumbale Schmerzen als Ruheschmerzen
(klinisch jeweils erhöhter paralumbaler Muskelhartspann, Reklinationsschmerz, Affektion des linken SIGs, intakte pDMS), radiologisch
bestünden degenerative Veränderungen der unteren LWS, keine Fraktur, keine Instabilität. Trotz vielfältiger krankengymnastischer
manuel-therapeutischer Maßnahmen, Akupunktur, Chirotherapie habe keine Besserung der Beschwerden erzielt werden können. Dr.
N. , Internist, hat dem SG (Blatt 45 der SG-Akte) mitgeteilt, der Kläger habe sich am 02.09.2008 wegen LWS-Schmerzen und Hexenschuss vorgestellt. Dr. C. hat eine CD
vorgelegt (Blatt 48 der SG-Akte), ebenso der Nachfolger von Dr. G. , Dr. Le. (Blatt 58/59 der SG-Akte), der Radiologe Dr. O. (Blatt 49/53 der SG-Akte) hat neben einer CD radiologische Befunde vorgelegt.
Das SG hat nunmehr Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens bei Prof. Dr. A ... Dieser hat in
seinem Gutachten vom 25.04.2016 (Blatt 65/94 der SG-Akte; Untersuchung des Klägers am 21.04.2016) unter Berücksichtigung eines neuropsychologischen Zusatzgutachtens der Dipl.Psychol.
Dr. Ba. vom 02.05.2016 (Blatt 95/98 der SG-Akte) ein chronisches lokales Schmerzsyndrom links gluteal und eine depressive Anpassungsstörung diagnostiziert. Das Schmerzsyndrom
sei auf den Unfall zurückzuführen, die Anpassungsstörung auf die Kündigung des Arbeitsplatzes. Unfallunabhängig bestünden
eine Polyneuropathie und ein Spannungskopfschmerz. Die unfallbedingte MdE betrage 10 v.H.
Hiergegen hat der Kläger eingewandt (Schreiben vom 13.06.2016, Blatt 99 der SG-Akte, und Schreiben vom 16.06.2016, Blatt 101 der SG-Akte), im Gutachten von Prof. Dr. A. würden die herangezogenen Richtwerte nicht dargestellt und der Gutachter habe den Kläger
lediglich 3 bis 4 Minuten gesehen.
Gemäß §
109 SGG hat das SG beim Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. R. und beim Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. Gutachten eingeholt.
Dr. R. hat in seinem Gutachten vom 21.01.2017 (Blatt 122/162 der SG-Akte; Untersuchung des Klägers am 12.01.2017) ausgeführt, die nunmehr noch andauernden Gesundheitsstörungen bzw. Beschwerden
seien maßgeblich den degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule zuzuschreiben. So habe sich am 18.02.2013 ein akutes Trauma
auf eine deutlich degenerativ vorveränderte LWS aufgepfropft, die ihre vorübergehende Beschwerdesymptomatik sicher erkläre
und begründe. Bei jedoch fehlenden strukturellen frischen unfallbedingten Verletzungen sei die nachhaltig beklagte Symptomatik
nicht mehr unfallbedingt. Dr. L. hat in seinem Gutachten vom 21.01.2017 (Blatt 163/198 der SG-Akte; Untersuchung des Klägers am 12.01.2017) ein schmerzhaftes Wirbelsäulensyndrom mit ausstrahlenden Beschwerden, mit Lumbalgien
und Ischialgien links, Zervikobrachialgien und Zervkozephalgien, einen Tinnitus aurium beidseits und den Verdacht auf eine
dysfunktionelle Myoarthropathie, einen Schulterschmerz links und eine Anpassungsstörung bzw. Verbitterung beschrieben. Diese
Gesundheitsstörungen stünden nicht mit Wahrscheinlichkeit in ursächlich oder teilursächlich mit dem Unfallereignis vom 18.02.2013
in Zusammenhang. Für sein Fachgebiet stehe die Kündigung und der Verlust des Arbeitsplatzes im Vordergrund.
Der Kläger hat hiergegen Einwendungen erhoben (Schreiben vom 02.03.2017, Blatt 200/202 der SG-Akte). Hierauf hat Dr. R. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19.03.2017 (Blatt 204/209 = 214/219 der SG-Akte) ausgeführt, die überwiegenden Fakten sprächen dafür, dass der Unfall vorübergehend zu einer Prellung des linken Beines
geführt hatte, die auch die linksseitigen Beschwerden begründeten. Darüber hinaus habe jedes angefertigte Bildmaterial keinerlei
frische Verletzungen aufgezeigt, jedoch degenerative Veränderungen zu Tage gebracht. Trotz der beklagten Beschwerden sei bisher
keine spezielle Schmerztherapie erfolgt.
Unter Vorlage eines Vorerkrankungsverzeichnisses (Blatt 224/225 der SG-Akte) hat der Kläger nunmehr darauf hingewiesen, dass er lediglich 2008 einmal wegen Rückenbeschwerden in Behandlung gewesen
sei, ein Wirbelsäulenleiden habe nicht vorgelegen.
Das SG hat mit Urteil vom 29.03.2017 die Klage abgewiesen. Eine konkrete und ausdrückliche Entscheidung über die Erbringung von
Heilbehandlung, die Gewährung von Verletztengeld oder Verletztenrente ab dem 25.07.2013 gehe aus angefochtenen Bescheiden
eher nicht hervor. Im Ausgangsbescheid ist lediglich ganz allgemein von der Nichterbringung von "Leistungen" bzw. im Widerspruchsbescheid
allgemein von "Entschädigungsleistungen" die Rede. Daher sei fraglich, ob die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage
die statthafte Klageart sei. Gehe man von einer unzulässigen Leistungsklage aus, wäre das Begehren des Klägers als kombinierte
Anfechtungs- und Feststellungsklage auf Aufhebung der die Gewährung von Leistungen pauschal ablehnenden Verwaltungsentscheidungen
und gerichtliche Feststellung der vom Kläger geltend gemachten, von der Beklagten aber verneinten Unfallfolgen auszulegen.
Eine abschließende Entscheidung über die richtige Klageart könne dahingestellt bleiben, denn in beiden Fällen sei Voraussetzung
für eine erfolgreiche Klage, dass beim Kläger noch feststellbare Unfallfolgen vorlägen, was zur Überzeugung der Kammer nicht
der Fall sei.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 03.05.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.05.2017 beim Landessozialgericht
(LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Das SG berücksichtige nicht, dass das Vorerkrankungsverzeichnis vor dem Unfallereignis und wohl auch in den Jahren vorher keine
behandlungsbedürftigen Beschwerden im Rückenbereich dokumentiere. Vor dem Unfall sei er bezüglich seines Rückens beschwerdefrei
gewesen. Die von Dr. E. am 07.03.2017 bestätigen Funktionsstörungen lägen bei ihm seither kontinuierlich vor. Ausgehend davon,
dass wenn man bezüglich der Wirbelsäule einen Vorschaden unterstellen sollte dieser zum Unfallzeitpunkt stumm gewesen sei
und weiterhin ausgehend davon, dass das Unfallereignis so schwerwiegend gewesen sei, dass es nicht als Gelegenheitsursache
anzusehen sei, sei die Entscheidung des SG unzutreffend, ferner ausgehend davon, dass die schmerzhafte gluteale Weichteilprellung Ursache der Schmerzen sei, sei die
erstinstanzliche Entscheidung unrichtig. Wohl unstreitig sei das Unfallereignis objektiv ursächlich für die Beschwerden im
Gesäß bzw. dem Ausstrahlen in die Beine. Die Prellung sei also erforderliche Bedingung des Erfolges, sie stehe in einer besonderen
rechtlichen tatsächlichen Beziehung zu dem Erfolg, sei Wirkursache des Erfolges und nicht nur zufällige Randbedingung. Die
Prellung sei auch geeignet, den maßgeblichen Schaden, nämlich die ausstrahlenden Schmerzen in die Beine, hervorzurufen. Bei
der Diskussion der konkurrierenden Wirkursachen wie Schadensanlage und degenerativer Veränderung habe das SG nicht diskutiert, ob bereits durch ein alltägliches Ereignis der Schaden, den der Kläger durch die Prellung erlitten habe,
hervorgerufen worden wäre. Der Aufprall war ja so stark gewesen, dass er zu deutlichem Hämatom und Schwellung am Gesäß links
geführt habe. In diesem Zusammenhang sei auch auf das Gutachten Prof. Dr. A. zu verweisen, der richtigerweise feststelle,
dass der chronische lokale Schmerz auf das Unfallereignis ursächlich zurückzuführen sei, auch die depressive Anpassungsstörung,
die sich nach dem Unfall entwickelt habe, und der lokale Schmerz seien bei den Unfallfolgen zu berücksichtigen. Prof. A. weise
weiter daraufhin, dass es in den letzten Jahren zu einem weitreichenden Paradigmenwechsel hinsichtlich der Beurteilung chronischer
Schmerzerkrankungen gekommen sei. Danach reiche anerkanntermaßen eine ausschließliche am Ausmaß der peripheren Gewebsschädigung
orientierte Bewertung nicht aus. Nachdem aber ein deutliches Hämatom und eine Schwellung am linksseitigen Gesäß beschrieben
worden seien, sei zumindest in der Initialsituation eine lokale Gewebsveränderung nachgewiesen worden. Wenn nunmehr keinerlei
Veränderungen kernspintomographisch mehr fassbar seien, sei am ehesten von einem mittlerweile zentral generierten Schmerzgeschehen
im Rahmen der Chronifizierung des Schmerzes auszugeben. Ausgehend vom dem Behandlungsumfang werde deshalb die MdE von Prof.
Dr. A. mit 10 v.H. eingestuft. Nicht in dieser Bewertung enthalten sei wohl die sich als reaktive Depression entwickelnde
Anpassungsstörung. Insoweit habe das angefochtene Urteil wesentliche Gesichtspunkte, die zumindest für eine Anerkennung der
weiter bestehenden Schmerzstörung als Unfallfolge sprächen, übersehen. Richtig sei allerdings, dass im Hinblick auf die medizinischen
Maßnahmen, insbesondere auch den Gebrauch von Analgetika, Prof. Dr. A. die MdE mit 10 v.H. einschätze. Auf jeden Fall wäre
damit aber - vorbehaltlich dass der Kläger aus anderen Unfällen Leistungsansprüche habe - ein Stützrententatbestand für eine
dann zu gewährende Unfallrente gegeben. Außerdem sei mit der Anerkennung der unfallbedingten Schmerzstörung ein Anspruch auf
Heilbehandlung und auf sonstige Leistungen gegeben.
Der Kläger beantragt (vgl. Blatt 19 der Senatsakte) sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29.03.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 23.10.2013
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2015 zu verurteilen, ihm aufgrund der Schmerzstörung nach Becken- und
Gesäßprellung links Unfallrente nach einer MdE um 20 v.H. und Heilbehandlung für die Unfallfolgen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Hinsichtlich des Schmerzsyndroms
werde darauf hingewiesen, dass ein für die Entstehung eines Schmerzsyndroms erforderlicher geeigneter Gesundheitserstschaden
zeitnah zum Unfallgeschehen vom 18.02.2013 nicht bewiesen sei und folglich ein rechtlich wesentlicher ursächlicher Zusammenhang
zwischen dem Unfall vom 18.02.2013 und den heute vorliegenden Beschwerden des Klägers nicht mit der in der gesetzlichen Unfallversicherung
erforderlichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne. Die anders lautenden Zusammenhangsvermutungen seien vom SG beachtet und bei dessen Entscheidung überzeugend gewürdigt worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 23,24, 25 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen
Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §
151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche
Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§
143,
144 SGG zulässig, in der Sache aber ohne Erfolg.
Soweit die Berufung ursprünglich auf Leistungen der Gesetzlichen Unfallversicherung allgemein gerichtet war, war die Klage
bereits unzulässig, die Berufung daher unbegründet (dazu vgl. 1.). Über die Gewährung einer Verletztenrente hat die Beklagte
in dem angefochtenen Bescheid vom 23.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.2015 nicht entschieden (dazu
vgl. 2.), weshalb die Berufung mit dem Ziel Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu erlangen, unbegründet ist. Soweit
der Kläger mit seiner Berufung Heilbehandlung begehrt, war die Klage ebenfalls unzulässig, die Berufung ist unbegründet (dazu
vgl. 3.). Im Übrigen konnte der Senat einen Anspruch auf Rente (dazu vgl. 5.) und Heilbehandlung (dazu vgl. 6.) nicht feststellen.
Der Senat hat - wie bereits das SG in seiner angefochtenen Entscheidung - den Kläger im Hinblick auf dessen ursprünglich ausdrücklich gestellten Antrag auf
die Unzulässigkeit seines Antrags auf allgemeine Leistungen hingewiesen (richterliche Verfügung vom 03.07.2017). Der Kläger
hat daraufhin den vorliegenden Berufungsantrag formuliert. Angesichts der bereits im Urteil des SG diskutierten Fragen zur Zulässigkeit des Klageantrags als Leistungsklage, dem Hinweis des Senats und dem daraufhin ausdrücklich
gestellten Antrag konnte der Senat auch vor den Maßgaben des §
106 Abs.
1 SGG den ausdrücklich gestellten Antrag nicht als eine andere Klage/Berufung mit anderem Ziel, z.B. im Hinblick auf die vom SG diskutierte Feststellungsklage zu weiteren Unfallfolgen, auslegen, sodass der Kläger an dem zuletzt gestellten Antrag festzuhalten
war.
1. Soweit der Kläger zunächst die Verurteilung der Beklagten begehrt hatte, ihm Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung
über den 24.07.2013 hinaus zu gewähren, ist dieses Begehren im Rahmen der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nicht
zulässig. Denn die Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Bescheid eine anfechtbare Verwaltungsentscheidung über die
Gewährung einer bestimmten Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht getroffen.
Einen konkreten Antrag auf die Gewährung einer bestimmten Leistung (z.B. Verletztenrente, Erstattung von Zuzahlungen), über
den die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid (inzident) eine Entscheidung getroffen hat, hat der Kläger im Verwaltungsverfahren
nicht gestellt. Damit ist eine ablehnende, anfechtbare Verwaltungsentscheidung der Beklagten über einen Anspruch auf eine
(bestimmte) Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht ergangen.
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid wurde im Verfügungssatz nach seinem objektiven Sinngehalt vielmehr ausschließlich
Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit über den 24.07.2015 abgelehnt. Soweit die Beklagte im streitgegenständlichen
Bescheid die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt hat, liegt hierin nach objektiver
Sicht des Empfängerhorizonts keine gerichtlich überprüfbare Entscheidung durch die Beklagte, sondern lediglich der klarstellende,
allgemeine Hinweis, dass mangels Vorliegens von Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit ein Anspruch auf Leistungen
aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht besteht.
Auch im Übrigen ist eine solche allgemeine Klage auf Leistungen der Gesetzlichen Unfallversicherung unzulässig, denn der Kläger
begehrt insoweit ein Grundurteil über allgemeine Leistungen. Einem Grundurteil (§
130 SGG) sind nur die in Betracht kommenden Geldleistungen zugänglich, nicht aber das allgemeine Sachleistungsbegehren nach unbestimmter
Heilbehandlung (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BSG 07.09.2004 - 2 B U 35/03, SozR 4-2700 § 8 Nr. 6; BSG 30.01.2007 - B 2 U 6/06 R -, [...]). Es ist auch unter Berücksichtigung des Sozialstaatsgebotes und des Meistbegünstigungsgrundsatzes im Rahmen eines
Grundurteils nicht Aufgabe des Gerichts alle in Betracht kommenden Geldleistungen zu prüfen, um dann dem rechtlich vertretenen
Kläger diejenigen Leistungen zu suchen, auf die er dem Grunde nach einen Anspruch haben könnte. Vielmehr ist es Sache des
bei der Beklagten versicherten Klägers, darzulegen, welche Geldleistung der Gesetzlichen Unfallversicherung er konkret begehrt;
lediglich die genaue Höhe kann dann im Rahmen eines Grundurteils nach §
130 Abs.
1 Satz 1
SGG unbenannt belieben.
Weder dem Vorbringen des Klägers im Verwaltungs- noch im Widerspruchsverfahren ist hinreichend deutlich zu entnehmen, dass
und welche konkrete Geldleistung der Kläger begehrt, sodass die Beklagte über konkrete Leistungen bisher nicht entscheiden
konnte und dies auch nicht getan hat. Soweit der Kläger erstmals im Klageverfahren eine Rente als Begehren angeführt hat,
ist diese Klage unzulässig (vgl. 2.).
2. Soweit der Kläger mit seinem Rechtsmittel die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer
MdE um 20 v.H. begehrt, ist die Klage unzulässig, die Berufung unbegründet. Die Beklagte hat über dieses Rentenbegehren weder
im angefochtenen Bescheid vom 23.10.2013 noch im Widerspruchsbescheid vom 15.04.2015 entschieden, sodass keine mit Klage anfechtbare
Verwaltungsentscheidung vorliegt.
Im Bescheid vom 23.10.2013 hat die Beklagte ausdrücklich lediglich über Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis
24.07.2013 entscheiden (soweit Leistungen ab dem 25.07.2013 angesprochen sind vgl. dazu unter 1.); eine Entscheidung über
eine Unfallrente i.S.d. §
56 SGB VII ist nicht ergangen. Auch im Widerspruchsbescheid vom 15.04.2015 ist eine Entscheidung über bzw. Ablehnung einer Rentengewährung
nicht enthalten. Weder lässt sich dies dem Wortlaut des Bescheids noch seinem Sinngehalt entnehmen. Zwar hat die Beklagte
mit den Gutachten bei Dr. B. und Dr. H. auch im Hinblick auf eine Rentengewährung ermittelt, jedoch hatte sich dies im Widerspruchsbescheid
nicht wiedergefunden. Soweit dort allgemein auf Entschädigungsleistungen und deren Unfallabhängigkeit abgestellt wird, genügt
dies nicht, um daraus ableiten zu können, die Beklagte habe damit eine ablehnende Entscheidung über eine Rentengewährung getroffen
oder überhaupt treffen wollen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der rechtlich vertretene Kläger auch im Widerspruchsverfahren
ein Rentenbegehren nicht einmal angedeutet hatte. Vielmehr hat er sich mit der Feststellung von Unfallfolgen bzw. Einwendungen
gegen die Gutachten beschäftigt, woraus kein Rentenbegehren abzuleiten ist.
Hat die Beklagte bisher über die Gewährung einer Rente nicht entschieden, so fehlt es an einer mit Klage anfechtbaren Verwaltungsentscheidung,
weshalb die Klage unzulässig, die Berufung insoweit unbegründet ist.
3. Soweit der Kläger mit seiner nach dem Berufungsantrag verstandenen Klage begehrt, die Beklagte zu nicht näher benannten
Heilbehandlungsleistungen wegen einer Schmerzstörung nach Becken- und Gesäßprellung zu verurteilen, ist die Klage ebenfalls
unzulässig, die Berufung unbegründet.
So hat der Kläger schon nicht dargelegt, welche Heilbehandlung er konkret begehrt. Dies wäre aber nötig gewesen, denn soweit
der Kläger Heilbehandlung wegen einer Schmerzstörung nach Becken- und Gesäßprellung von seiner Krankenkasse erhalten hat,
ist sein Anspruch auch gegen die Beklagte nach § 107 Abs. 1 SGB X bereits erfüllt. Daher hätte es eines konkreten Begehrens dahingehend bedurft, welche konkreten Maßnahmen der von der Beklagten
zu leistenden Heilbehandlung noch zu erbringen sind, dass diese noch nicht erbracht sind und - soweit in der Vergangenheit
nicht durchgeführte Maßnahmen der Heilbehandlung streitig sein sollten dass diese noch erbracht werden können. Das hat der
Kläger aber nicht getan.
Hat der Kläger aber solche von der Beklagten zu erbringenden Maßnahmen der Heilbehandlung über das von der Gesetzlichen Krankenversicherung
Geleistete hinaus selbst beschafft oder sind ihm dafür/dabei von der Beklagten zu ersetzende Kosten entstanden, so steht ihm
ggf. gegen die Beklagte ein Kostenerstattungsanspruch zu. Einen solchen hat der Kläger nach seinem Berufungsantrag aber auch
nicht geltend gemacht. So hat er weder bei der Beklagten noch im Gerichtsverfahren einen entsprechenden Antrag gestellt oder
Kosten schlüssig vorgetragen bzw. geltend gemacht.
Auch soweit in der Rechtsprechung des BSG zum
SGB V ein Übergang vom Sachleistungsantrag zum Kostenerstattungsantrag zugelassen wird (BSG 22.04.2015 - B 3 KR 3/14 R - SozR 4-2500 § 33 Nr. 45 = [...] RdNr. 9), ist die Klage bzw. Berufung ohne Erfolg. Denn der Kläger hat weder solche Kosten schlüssig dargelegt
noch deren Anfall überhaupt angedeutet, sodass der Senat auch nicht gehalten war, wegen solcher Kosten weiter nachzufragen.
Im Übrigen hat das BSG lediglich einen Übergang von einer Klage auf konkrete Sachleistung zu einer diese ersetzenden Kostenerstattungsklage nach
§
99 Abs.
3 Nr.
3 SGG nicht als Klage-/Berufungsänderung angesehen. Vorliegend hat der Kläger aber zu keinem Zeitpunkt konkrete Sachleistungen
der Heilbehandlung begehrt, sodass sich der Übergang von einer Klage auf bisher unbenannte Heilbehandlungsleistungen zur Erstattung
von Kosten bestimmter, bisher nicht benannter Heilbehandlungsleistungen nicht nach diesen Maßstäben richtet.
Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei dem Begehren des Klägers auf weitere Heilbehandlung über den 24.07.2013 hinaus
in der Sache um das Begehren, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Heilbehandlung auch über den 24.07.2013
hinaus wegen der Folgen des Unfalles vom 18.02.2013 zu gewähren, welches der Kläger in einen Verpflichtungsantrag gekleidet
hat. Eine solche Verpflichtung zur Feststellung der Rechtspflichten aus einem zwischen den Beteiligten bestehenden Rechtsverhältnis
kann aber nur bestehen, wenn ein entsprechendes Feststellungsinteresse (vgl. §
55 SGG) vorliegt. Dies kann der Senat vorliegend aber nicht annehmen. Denn insoweit handelt es sich um eine reine Elementenfeststellung
von einzelnen Anspruchsvoraussetzungen des Sachleistungsanspruchs auf Heilbehandlung bzw. Rehabilitation gem. §§
27 ff.
SGB VII. Das Vorliegen einzelner Anspruchsvoraussetzungen stellt aber kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des §
55 SGG dar. Insoweit hätte es dem Kläger oblegen, einen Sachleistungsanspruch z.B. auf Heilbehandlung geltend zu machen und in diesem
Rahmen die Behandlungsbedürftigkeit über den 24.07.2014 hinaus zu prüfen. Denn die isolierte Feststellung von Behandlungsbedürftigkeit
bzw. eines Heilbehandlungsanspruchs dem Grunde nach über ein bestimmtes Datum hinaus sagt insoweit nichts über die Dauer der
Behandlungsbedürftigkeit/des Heilbehandlungsanspruchs, die Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit, die Wirtschaftlichkeit
und die Wirksamkeit einer konkreten Heilbehandlung (vgl. z.B. §
26 Abs.
4 SGB VII), mithin darüber aus, ob ein Versicherter (vorliegend der Kläger) zu Lasten der Gesetzlichen Unfallversicherung (hier der
Beklagten) bestimmte Leistungen der Heilbehandlung bzw. Rehabilitation erhalten kann.
Auch unter dem Gesichtspunkt des Feststellungsinteresses musste der Senat feststellen, dass alleine die Feststellung der Behandlungsbedürftigkeit
den Kläger einem Anspruch auf Gewährung einer konkreten Heilbehandlung nicht näher bringt, denn aus dieser Feststellung resultiert
noch nicht zwingend ein hinreichend sicher abgrenzbares Bündel konkreter Sachleistungen der Heilbehandlung. Eine endgültige
Klärung der Streitsache ist somit nicht sicher zu erwarten (zu dieser Voraussetzung vgl. Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl., §
55 Rn. 19c). Der Senat konnte auch nicht annehmen, dass alleine die Feststellung eines über den 24.07.2013 hinausgehenden unbenannten
Heilbehandlungsanspruchs die Beklagte zur Anerkennung weiterer konkreter - letztlich unstreitiger - geeigneter Sachleistungen
veranlassen wird, weshalb die Subsidiarität des Feststellungsanspruchs gegenüber einem Leistungsanspruch, obgleich ein solcher
sich gegen die an Recht und Gesetz gebundene Behörde richtet, zu beachten war (vgl. Keller a.a.O.). Daher bringt alleine die
Feststellung eines unbenannten Heilbehandlungsanspruchs den Kläger - angesichts der Unfallunabhängigkeit der Schmerzerkrankung
(dazu vgl. unter 5.) dem Erhalt weiterer konkreter Heilbehandlungen nicht näher, er kann aus der entsprechenden Feststellung
keine ihm günstigen Rechtsfolgen herleiten.
Weder dem Berufungsvorbringen noch dem Vorbringen im Widerspruchs- und Klageverfahren ist zu entnehmen, dass der Kläger eine
konkrete Heilbehandlungsmaßnahme oder die Fortführung einer verordneten begonnenen Maßnahme bei der Beklagten beantragt hätte,
über die die Beklagte mit anfechtbarem Verwaltungsakt (konkludent) entschieden hätte. Dies ist auch aus den beigezogenen Verwaltungsakten
der Beklagten nicht ersichtlich geworden. Eine sonstige spezifische Heilbehandlung ist trotz des Hinweises zur Stellung sachdienlichen
Antrags im Berufungsverfahren nicht konkretisiert worden.
4. Soweit die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.2015
Arbeitsunfähigkeit über den 24.07.2013 hinaus abgelehnt hat, hat der Kläger hiergegen mit seinem Antrag auf Leistungen bzw.
eine Rente bzw. Heilbehandlung keine Klage erhoben. Im Übrigen gälte auch insoweit, dass eine Klage auf isolierte Feststellung
von Arbeitsunfähigkeit über den 24.07.2013 nicht zulässig wäre. Denn auch insoweit handelt es sich in der Sache um ein Feststellungsbegehren.
Eine solche Feststellung - selbst im Kleide einer Verpflichtungsklage kann aber nur bestehen, wenn ein entsprechendes Feststellungsinteresse
(vgl. §
55 SGG) vorliegt. Dies dürfte aber nicht anzunehmen sein. Denn es handelt sich dabei ebenfalls um eine reine Elementenfeststellung
von einzelnen Anspruchsvoraussetzungen des Anspruchs auf Verletztengeld gem. §
46 SGB VII. Das Vorliegen einzelner Anspruchsvoraussetzungen stellt nun kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des §
55 SGG dar. Insoweit hätte es dem Kläger oblegen, einen Verletztengeldanspruch geltend zu machen und in diesem Rahmen das Bestehen
von Arbeitsunfähigkeit zu prüfen. Die isolierte Feststellung von unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit über ein bestimmtes Datum
hinaus sagt insoweit nichts über das Vorliegen eines Anspruchs auf Verletztengeld gem. §
46 SGB VII aus, denn der Anspruch ist von weiteren Tatbestandsmerkmalen abhängig und es ist daher nicht zu erwarten, dass alleine die
Feststellung von Arbeitsunfähigkeit ausreicht, die Beklagte zur Anerkennung von Verletztengeld zu bewegen.
Auch unter dem Gesichtspunkt des Feststellungsinteresses musste der Senat feststellen, dass alleine die Feststellung von weiterer
unfallabhängiger Arbeitsunfähigkeit den Kläger einem Verletztengeldanspruch nicht näher brächte; er könnte aus der entsprechenden
Feststellung keine ihm günstigen Rechtsfolgen ziehen. Im gerichtlichen Verfahren konnte der Senat ein Begehren nach Verletztengeld
und eine entsprechende, anfechtbare Verwaltungsentscheidung aber auch nicht feststellen und damit - auch angesichts einer
insoweit fehlenden Klageerhebung auch hierüber nicht entscheiden. Die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Dauer der Arbeitsunfähigkeit
- und der Behandlungsbedürftigkeit - ist lediglich ein erläuternder Hinweis ohne Regelungsgehalt, der einer eigenständigen
Anfechtung nicht zugänglich ist (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2017 - L 8 U 2553/15 - [...] und www.sozialgerichtsbarkeit.de).
5. Selbst wenn man die vorstehenden Überlegungen zur Entscheidung über eine Rente (unter 2.) bei Seite räumen wollte und eine
zulässige Klage annehmen wollte, hätte der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Unfallrente nach einer MdE um 20 v.H.
wegen der gesundheitlichen Folgen des Arbeitsunfalles vom 18.02.2013. Dies hat der Senat aufgrund eigener Prüfung der vorliegenden
medizinischen Befunde und Gutachten aus dem Widerspruchsverfahren und dem Gerichtsverfahren festgestellt. Der Senat weist
daher die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück und verweist insoweit auf die zutreffenden
Ausführungen des SG (§
153 Abs.
2 SGG). Lediglich ergänzend zu den Ausführungen der Berufungsbegründung sei auf folgendes hingewiesen:
Dem Gutachten von Dr. B. konnte der Senat nicht folgen. Denn dieser hat die konkurrierenden Ursachen der degenerativen LWS-Schäden,
auch wenn diese bis zum Unfall angeblich schmerzfrei geblieben wären, nicht ausreichend in seine Zusammenhangsabwägung eingestellt.
Auch hat er, worauf bereits der Beratungsarzt der Beklagten hingewiesen hat, eine Irritation des Nervus Peroneus als Erklärung
seiner Schlussfolgerungen herangezogen, die jedoch nach den neurographischen Untersuchungen folgenlos ausgeheilt ist und damit
die darüber hinaus bestehenden Beschwerden nicht erklären kann. Der Senat konnte daher der Einschätzung des Dr. B. nicht folgen.
Auch unter Zugrundelegung des Gutachtens von Prof. Dr. A. konnte der Senat einen Rentenanspruch nicht feststellen. Denn mit
der von ihm angegebenen MdE um 10 v.H. besteht kein Rentenanspruch (vgl. §
56 Abs.1 Satz 1
SGB VII). Dass ein Stützrententatbestand vorliegt, hat der Kläger weder dargelegt, noch konnte der Senat einen solchen feststellen,
sodass sich auch unter Zugrundelegung des Gutachtens von Prof. Dr. A. kein Rentenanspruch des Klägers ergibt. Im Übrigen hatte
der Kläger auch - unter Berücksichtigung seines Berufungsantrages keine Klage/Berufung mit dem Ziel der Feststellung weiterer
Unfallfolgen erhoben, sodass der Senat solche auch nicht weiter festzustellen hatte. Der Antrag des Klägers benennt zwar weitere
Unfallfolgen, doch benennt dieser Antrag die Unfallfolgen lediglich zur Darlegung des Rentenbegehrens, nicht als eigenständiges
Feststellungsbegehren.
Mag der Kläger mit seiner Prellung am Gesäß und am Becken, dem Hämatom und der Schwellung zwar körperlichen unfallbedingten
Veränderungen ausgesetzt gewesen sein, so hat sich jedoch keine wesentliche Substanzverletzung ergeben. Die Gutachter Dr.
R. und Dr. L. konnten auch auf die Einwendungen des Klägers hin mit dem SG für den Senat zur Überzeugung führend darlegen, weshalb die stattgehabte Prellung im Verhältnis zu den vorbestehenden degenerativen
Schäden der LWS rechtlich nicht wesentlich die jetzt bestehende Schmerzsymptomatik verursacht hat. So hat sich am 18.02.2013
ein akutes Trauma auf eine deutlich degenerativ vorveränderte LWS aufgepfropft, wie Dr. R. ausgeführt hat. Diese vorübergehende
Beschwerdesymptomatik der Prellung erklärt die plötzliche vorübergehende Verschlimmerung der vorbestehenden stummen Erkrankung.
Bilden sich die an sich vorübergehenden Beschwerden aber nicht wieder zurück, so ist zwar möglicherweise eine dauerhafte Verschlimmerung
der bisherigen Erkrankung aufgetreten, doch ist dann nach der Wesensgrundlage der Verschlimmerung zu fragen. Vorliegend konnten
die Gutachter Dr. H. , Dr. R. und Dr. L. darstellen, dass die Prellung des Beckens und des Gesäßes nicht in der Lage waren,
die überdauernden Beschwerden durch Schmerzen und Sensibilitätsstörungen in den Beinen zu erklären. Vielmehr musste der Senat
feststellen, dass sich mit der Zeit die Wesensgrundlage der Schmerzen dahingehend verändert hat, dass die unfallunabhängige
Vorerkrankung nun in den Vordergrund getreten ist und das Schmerzgeschehen bzw. die Sensibilitätsstörungen alleine nährt und
aufrecht erhält, sodass das Schmerzgeschehen und die Sensibilitätsstörungen nicht mehr hinreichend wahrscheinlich rechtlich
wesentlich dem Unfallgeschehen vom 18.02.2013 zugeordnet werden können. Das wird dadurch bestätigt, als entgegen den Angaben
des Klägers seine Vorerkrankung zwar einige Jahre hinweg keine ärztliche Behandlung erfordert hatte, aber gerade nicht stumm
war. Dass die degenerativen Veränderungen der LWS vorhanden waren, ergibt sich nicht nur aus den radiologischen Befunden sondern
auch durch die von Dr. N. bestätigten und dem Vorerkrankungsverzeichnis zu entnehmenden Gesundheitsbeschwerden in den Jahren
2003, 2004 und 2008 mit Arbeitsunfähigkeitszeiten. Dass unmittelbar vor dem Unfall vom 18.02.2013 Beschwerden nicht bestanden
haben bzw. den Kläger nicht zu Arztbesuchen veranlasst haben, bedeutet nicht, dass damit die degenerative Erkrankung der LWS
beseitigt gewesen wäre. Vielmehr war diese vorhanden und in der Lage, die vom Kläger nunmehr geklagten Beschwerden zu verursachen.
Dass zuvor keinerlei Schmerzen bestanden hatten, ist weder belegt, noch von Bedeutung. So hat auch Dr. E. , den der Kläger
zur Begründung der Berufung bemüht, in seinem Bericht vom 07.03.2013 ausgeführt, ein Zusammenhang der ziehenden Schmerzen
in beiden Beinen mit dem Gesäßtrauma sei nicht sehr wahrscheinlich, sodass auch dieser behandelnde Arzt einen Unfallzusammenhang
nicht als hinreichend wahrscheinlich rechtlich wesentlich ansieht.
Der Senat konnte auf Grundlage der schlüssigen und überzeugenden Gutachten von Dr. H. , Dr. R. und Dr. L. , alles Ärzte, die
der Kläger benannt und zu Gutachtern bestimmt hatte, und dem SG nicht feststellen, dass der Unfall vom 18.02.2013 eine Schmerzstörung nach Becken- und Gesäßprellung hinreichend wahrscheinlich
rechtlich wesentlich verursacht hat. Der Senat konnte auch keine weiteren Gesundheitsstörungen feststellen, die hinreichend
wahrscheinlich rechtlich wesentlich Folge des Arbeitsunfalles vom 18.02.2013 sind, insbesondere ist die von Prof. Dr. A. angenommene
depressive Anpassungsstörung Folge der Entlassung des Klägers bei beginnender Rente wegen voller Erwerbsfähigkeit auf Dauer
und daher nicht hinreichend wahrscheinlich rechtlich wesentliche Folge des Unfalles vom 18.02.2013, was das SG zutreffend dargestellt hatte.
Damit hat der Kläger unter keinem Gesichtspunkt einen Anspruch auf Gewährung einer Unfallrente nach dem Unfall vom 18.02.2013
nach einer MdE von 20.
6. Selbst wenn man die vorstehenden Überlegungen zum Anspruch auf Heilbehandlung (unter 3.) bei Seite räumen wollte und eine
zulässige Klage annehmen wollte, hätte der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von weiterer Heilbehandlung über den 24.07.2013
hinaus. Denn mit den Ausführungen unter 5 konnte der Senat nicht feststellen, dass über den 24.07.2015 hinaus die alleine
unfallabhängige Prellung des Beckens des Gesäßes und des linken Armes Beschwerden verursacht hätte. Vielmehr haben die Gutachter
Dr. H. , Dr. R. und Dr. L. die unfallabhängigen Beschwerden als mit dem 24.07.2013 abgeheilt beschreiben können. Dem schließt
sich der Senat nach eigener Prüfung an, sodass kein weitergehender Anspruch auf Heilbehandlung besteht.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen
Unterlagen haben mit den Gutachten von Dr. B. , Dr. H. , Prof. Dr. A. , Dr. R. und Dr. L. dem Senat die für die richterliche
Überzeugungsbildung zur Feststellung der Unfallfolgen und der Kausalität sowie des Heilbehandlungsanspruchs notwendigen sachlichen
Grundlagen vermittelt (§
118 Abs.
1 Satz 1
SGG, §
412 Abs.
1 ZPO).
Die Berufung des Klägers war in vollem Umfang unbegründet und zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §
193 SGG. Dabei hat der Senat nach Ermessen von der Androhung von Missbrauchsgebühren nach §
192 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG abgesehen, auch wenn ein Fall der Missbräuchlichkeit vorliegen dürfte. Denn nach der Rechtsprechung des Senats ist die Rechtsverfolgung
jedenfalls dann missbräuchlich, wenn die eigenen Gutachter des Vertrauens das Klage- und Berufungsbegehren ausdrücklich nicht
stützen, denn dann ist jedem vernünftigen Prozessbeteiligten klar, dass sein Begehren vor Gericht nicht Erfolg haben wird.
Das ist aber mit den Gutachten von Dr. R. und Dr. L. der Fall, weshalb die Auferlegung von Kosten nach §
192 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG an sich geboten gewesen wäre. Dennoch hat der Senat solche Kosten unter Ausübung seines Ermessens vorliegend ausnahmsweise
nicht angedroht, weshalb diese auch nicht verhängt werden können.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.