Parallelentscheidung zu LSG Bayern - L 11 AS 273/18 B - v. 28.03.2018
Gründe
I.
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Verfahren wegen der Aufforderung zur vorzeitigen
Inanspruchnahme einer Rente. Mit Beschluss vom 30.04.2015 hat das Sozialgericht Bayreuth (SG) für das Klageverfahren PKH ohne Ratenzahlung bewilligt, nachdem der Beschwerdeführer im Fragebogen zu den persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnissen angegeben hatte, nicht Mitglied bei einem Sozialverband zu sein. Im Rahmen der Überprüfung
hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG eine solche Mitgliedschaft (bestehend wohl seit 2003) festgestellt und mit Beschluss vom 16.11.2017 die Bewilligung von PKH
gemäß §
124 Abs.
1 Nr.
3 Zivilprozessordnung (
ZPO) i.V.m. §
73a Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) aufgehoben. Die Erinnerung hiergegen hat das SG mit Beschluss vom 24.01.2018 zurückgewiesen. Die Aufhebung sei gemäß §
124 Abs.
1 Nr.
2 bzw. 3
ZPO zu Recht erfolgt. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss sei zulässig. Der Beschwerdeführer hat Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht
(LSG) erhoben. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist nicht zulässig und daher zu verwerfen. Zwar ergibt sich vorliegend der Beschwerdeausschluss nicht aus §
172 Abs.
3 Nr.
2 SGG, denn es geht nicht um die Bewilligung, sondern um die Aufhebung der Bewilligung von PKH (vgl. dazu Beschluss des Senats
vom 16.01.2017 - L 11 AS 867/16 B -, Beschluss des Senats vom 12.04.2017 - L 11 AS 248/17 B - veröffentlicht jeweils in Juris). Der Beschwerdeausschluss ist jedoch aus §
73a Abs.
8 SGG zu entnehmen. Hiernach kann gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 binnen eines Monats nach Bekanntgabe
das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet. Die mit dem Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts
vom 31.08.2013 (BGBl I S. 3533) eingefügte Formulierung des §
73a Abs.
8 SGG spricht dafür, dass der Gesetzgeber hier eine endgültige Entscheidung in der ersten Instanz nach Erinnerung gegen einen Beschluss
des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erreichen will. Dies stellt eine andere Bestimmung im Sinne des §
172 Abs.
1 letzter Halbsatz
SGG dar. Eine andere Auslegung würde dazu führen, dass §
73a Abs.
8 SGG keine eigenständige Bedeutung gegenüber §
172 Abs.
3 Nr.
2 SGG haben würde und damit überflüssig wäre; die Regelung des §
73a Abs.
8 SGG hätte dann keinen eigenen Anwendungsbereich (vgl. hierzu Bayer. LSG, Beschluss vom 29.08.2016 - L 2 U 250/16 B - veröffentlicht in Juris mwN auch zur anderen Auffassung). Die hiervon abweichende Auffassung (vgl. LSG Sachsen-Anhalt,
Beschluss vom 31.03.2016 - L 4 AS 52/16 B - veröffentlicht in Juris) übersieht, dass der Gesetzgeber in §
73a Abs.
5 SGG ausdrücklich die Aufhebung nach §
124 Abs.
1 Nr.
2 bis 5
ZPO in §
73a Abs.
8 SGG, d.h. also die nachträgliche Aufhebung bereits bewilligter PKH erwähnt hat und auch hierfür eine endgültige Entscheidung
des SG nach Erinnerung gegen eine Entscheidung des Urkundsbeamten festlegt. Aus den Gesetzesmaterialien (vgl. BTDrs. 17/11472 Seite
48) ergibt sich diesbezüglich keine Notwendigkeit, §
73a Abs.
8 SGG einschränkend auszulegen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der Entscheidung des LSG Sachsen-Anhalt vom 31.03.2016 kein
Fall der Erinnerung gegen einen Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zugrunde gelegen hat, so dass §
73a Abs.
8 SGG bereits nicht zur Anwendung kommt. Im Ergebnis kommt es somit im Verfahren wegen der Aufhebung bewilligter PKH jeweils zu
einer Überprüfungsmöglichkeit der vorangegangenen aufhebenden Entscheidung. Dafür, dass der Gesetzgeber im Falle einer zunächst
erfolgten Aufhebungsentscheidung durch den Urkundsbeamten dem Betroffenen zwei Überprüfungsmöglichkeiten durch das SG und hernach durch das LSG zur Verfügung stellen wollte, fehlen jegliche Anhaltspunkte (vgl. dazu auch Bayer. LSG, Beschluss
vom 29.08.2016 aaO). Offen gelassen werden kann, ob die Beschwerde dann zulässig ist, wenn die Aufhebung allein durch den
erstinstanzlichen Richter erfolgt. Die unzutreffend erteilte Rechtsmittelbelehrung durch das SG macht das Rechtsmittel nicht zulässig (vgl. Beschluss des Senats vom 16.01.2017 aaO).
Nach alledem war die Beschwerde zu verwerfen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§
177 SGG).