Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II
Bedarfe für Unterkunft und Heizung
Angemessenheitsgrenze von Unterkunftskosten
Produkttheorie
Tatbestand
Streitig sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hinsichtlich der Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 15.01.2015 bis 29.02.2016.
Die 1982 geborene Klägerin zu 1. ist die Mutter des 2002 geborenen Klägers zu 3. und des 2013 geborenen Klägers zu 4. Zusammen
mit ihren Kindern und dem Kläger zu 2. (geboren 1966) zog sie - nach eigenen Angaben ohne die vorhergehende Einholung einer
Zustimmung durch den zuständigen Jobcenter - zum 15.01.2015 nach A-Stadt, Ortsteil B. Die Kläger zu 1., 3. und 4. erhielten
zuvor Alg II bzw Sozialgeld vom Jobcenter S.-Kreis, der Kläger zu 2. bezog bis 31.01.2015 Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt
nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) von der Stadt J. Weiter erhielt der Kläger zu 2. eine bis 31.01.2017 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung von
der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Für die von den Klägern bewohnte 147 m2 große Wohnung haben sie eine Gesamtmiete von 600 € monatlich zu zahlen (Nettokaltmiete 430 €, kalte Nebenkosten 50 €, Heizkosten
100 € und Garage 20 €). Die Heizung der Wohnung erfolgt mittels Gas-Sammelheizung. Die Warmwasserkosten sind in den Heizkosten
nicht enthalten.
Zur Ermittlung angemessener Unterkunftskosten wurde im Auftrag des Landkreises B-Stadt und der Stadt B. eine "Mietwerterhebung
zur Ermittlung von KdU-Richtwerten" (Konzept) von der (A& K) für den Bereich Stadt und Landkreis B-Stadt erstellt. Zur regionalen
Differenzierung seien aufgrund des Ergebnisses einer Clusteranalyse drei Wohnungsmarkttypen zu bilden: A-Stadt, D-Stadt, Verwaltungsgemeinschaft
F., K-Stadt, C-Stadt, M-Stadt, N-Stadt, O-Stadt, R-Stadt, E-Stadt und S-Stadt als Wohnungsmarkttyp I; B-Stadt, G-Stadt, H-Stadt,
Verwaltungsgemeinschaft L-Stadt, Verwaltungsgemeinschaft Sch., C-Stadt, S-Stadt, Verwaltungsgemeinschaft S., T-Stadt und Z-Stadt
als Wohnungsmarkttyp II sowie die Stadt B. als Wohnungsmarkttyp III (Seite 7 des Konzeptes). Dabei seien Kommunen mit vergleichbaren
Strukturen anhand verschiedener Parameter wie Bevölkerungsentwicklung, Bevölkerungsdichte, Siedlungsstruktur, Pro-Kopf-Einkommen,
Neubautätigkeit, Bodenpreis und Zentralität zusammengefasst worden. Die Datenerhebung über Bestandsmieten sei von Februar
2012 bis Juli 2012 zum Stichtag 01.03.2012 erfolgt (Seite 13 des Konzeptes). Zur Erlangung eines möglichst umfassenden Überblicks
über das örtliche Mietniveau sei es notwendig, auch die Mieten kleinerer Vermieter in der Erhebung zu berücksichtigen, so
dass kleinere Vermieter ebenfalls identifiziert und angeschrieben worden seien. Des weiteren sei der Erhebungsdatensatz durch
Daten der Jobcenter der Stadt und des Landkreises unter Sicherstellung, dass es sich nicht um bereits in der Vermieterbefragung
erhobene Daten handele, ergänzt worden (Seite 12 des Konzeptes). Nach Vornahme einer Extremwertkappung seien in die Auswertung
der Bestandsmieten für den Wohnungsmarkttyp I 1.731 Werte und für den Wohnungsmarkttyp II 543 Werte eingestellt worden (Seite
16 des Konzeptes). Zusammen mit den 115 Vier-Personen-Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II gebe es im Bereich des Landkreises B-Stadt 722 Nachfrager für Wohnungen über 75qm bis 90 qm im unteren Marktsegment (Seite
19 des Konzeptes). Im Bereich des Landkreises B-Stadt seien bei allen Haushaltsgrößen mit mehr als einer Person die Richtwerte
auf Grundlage eines 33%-Perzentils zu bilden, die beim Überschreiten innerhalb des individuellen homogenen Lebens- und Wohnbereichs
einer Einzelfallprüfung unterzogen werden müssten (Seite 20 des Konzeptes). Aus den Bestandsmieten ergäben sich für Wohnungen
über 75qm bis 90 qm im Wohnungsmarkttyp I aus 301 Mieten eine Nettokaltmiete von 3,50 € je qm. Hinzu kämen durchschnittliche
Betriebskosten von 0,94 € je qm, woraus eine Bruttokaltmiete von 399,60 € folge (Seite 21 des Konzeptes). Die so vorläufig
definierte Angemessenheit müsse auf Verfügbarkeit eines konkreten Wohnungsangebotes überprüft werden, wofür im Zeitraum Januar
bis Juni 2012 drei Immobiliensuchportale im Internet, in der örtliche Tagespresse und in Anzeigenblättern sowie Internetseiten
der großen Wohnungsanbieter im Kreisgebiet ausgewertet worden seien (Seite 25 des Konzeptes). Es würde jedoch ca. 40% des
Angebotes direkt ohne die Schaltung von Anzeigen, zB unter der Hand oder unter Freunden, vermarktet. Wohnungsunternehmen hätten
in der Regel Interessentenlisten, die abgearbeitet würden. Häufig würden nicht alle leer stehenden Wohnungen, sondern nur
einige ausgewählte angeboten. Die durchschnittlichen Neuvertragsmieten lägen in der Regel deutlich unterhalb der durchschnittlichen
Angebotsmieten, so dass tatsächlich ein wesentlich größeres Wohnungsangebot unterhalb der OB-Stadtrenzen zur Verfügung stünde,
als dies in den ermittelten Angebotsmieten zum Ausdruck komme (Seite 26 des Konzeptes). Für das 33%-Perzentil bei den Wohnungen
über 75qm bis 90 qm im Wohnungsmarkttyp I ergebe sich bei 61 gültigen Fallzahlen ein Wert von 3,68 € je qm für die Angebotsmieten
und bei der Neuvertragsmiete anhand von 11 gültigen Fallzahlen ein Wert von 3,63 € je qm (Tabelle 17 des Konzeptes). Der Anteil
der Angebotsmieten bis zum Perzentil der Bestandsmieten betrage 13% und bei den Neuvertragsmieten 27% (Tabelle 18 des Konzeptes).
54% des tatsächlichen Angebotes der Wohnungen inklusive wohnungsmarktspezifischer kalter Betriebskosten liege im Bereich bis
399,60 € (Tabelle 21 des Konzeptes). Im Juni 2014 erfolgte eine Fortschreibung des Konzeptes anhand eines Indexes, der die
monatliche Entwicklung der Mietkosten in Bayern wiedergebe (Seite 2 der Fortschreibung). Unter Berechnung der Mietpreisentwicklung
für den Zeitraum März 2012 und März 2014 ergebe sich für die Wohnungsmieten ohne Nebenkosten ein Multiplikationsfaktor 1,0264
und für die Wohnungsnebenkosten von 1,0059. Für Wohnungen im Wohnungsmarkttyp I mit einer Größe über 75qm bis 90 qm folge
daraus eine maximale Bruttokaltmiete von 408,60 €.
Mit Bescheid vom 28.01.2015 bewilligte der Beklagte den Klägern vorläufig Alg II (Klägerin zu 1.) bzw Sozialgeld (Kläger 2.-4.)
für die Zeit vom 15.01.2015 bis Juni 2015. Dabei wurde als monatlicher Bedarf für Unterkunft eine Bruttokaltmiete von 408,60
€ zugrunde gelegt. Dieser Betrag werde für den Wohnort der Kläger als angemessen angesehen. Vor einem eventuellen Umzug sei
die Zustimmung des Beklagten einzuholen.
Mit Bescheid vom 09.11.2015 setzte der Beklagte die Leistungen für die Zeit vom 15.01.2015 bis Juni 2015 endgültig fest und
bewilligte unter Berücksichtigung eines monatlichen Bedarfs für Unterkunft iHv 408,60 € und für Heizung iHv 100 € (Januar
2015 anteilig) 205,87 € für Januar 2015, 571,43 € für Februar 2015, 636,43 € für März 2015 sowie 659,46 € monatlich für April
bis Juni 2015. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2015 zurück. Dagegen
haben die Kläger beim Sozialgericht Bayreuth (SG) Klage erhoben (S 13 AS 941/15).
Für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2015 setzte der Beklagte - nach zunächst vorläufiger Bewilligung mit Bescheid vom 03.07.2015
in der Fassung der Änderungsbescheide vom 21.07.2015, 03.08.2015 und 26.10.2015 - die Leistungen mit Bescheid vom 07.12.2015
endgültig fest und berücksichtigte wiederum einen monatlichen Bedarf für Unterkunft iHv 408,60 € und für Heizung iHv 100 €
(wegen einer Nachforderung von Heizkosten iHv 222,58 € berücksichtigte der Beklagte im Oktober 2015 einen weiteren Bedarf
für Unterkunft und Heizung iHv 222,59 €). Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom
17.02.2016 zurück. Dagegen haben die Kläger Klage beim SG erhoben (S 13 AS 188/16).
Für die Zeit von Januar bis Juni 2016 bewilligte der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 16.12.2015 in der Fassung der Änderungsbescheide
vom 19.02.2016, 27.04.2016 und 30.05.2016 vorläufige Leistungen. Mit Bescheid vom 17.06.2016 erfolgte die endgültige Festsetzung,
wobei für die Monate Januar und Februar 2016 ein monatlicher Bedarf für Unterkunft iHv 408,60 € und für Heizung iHv 100 €
berücksichtigt wurde. Ab März 2016 wurden die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zugrunde gelegt. Den Widerspruch
gegen die vorläufige Leistungsbewilligung wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.06.2016 zurück. Dagegen haben
die Kläger Klage beim SG erhoben (S 13 AS 518/16).
Das SG hat die Klagen unter dem Aktenzeichen S 13 AS 941/15 verbunden.
Zur Begründung ihrer erhobenen Klagen haben die Kläger ausgeführt, die vom Beklagten zugrunde gelegte Mietwerterhebung erfülle
nicht die Voraussetzungen, die das Bundessozialgericht (BSG) im Einzelnen hierfür aufgestellt habe. Bei den kalten Betriebskosten seien im Konzept nur die monatlichen Vorauszahlungen
zugrunde gelegt worden, nicht aber die tatsächlich angefallenen Kosten. Der Beklagte sei zur Gewährung höherer Leistungen
nach dem SGB II zu verurteilen. Der Streitgegenstand werde auf die Bedarfe für Kosten für Unterkunft und Heizung beschränkt.
In der vom SG aus dem Verfahren S 13 AS 944/13 beigezogenen Stellungnahme von A& K vom 12.04.2016 wird ausgeführt, der Landkreis B-Stadt bilde den relevanten Vergleichsraum
für die Datenerhebung. Im Rahmen einer abstrakten Prüfung könne es den Bedarfsgemeinschaften zugemutet werden, innerhalb des
Wohnortes bzw Vergleichsraumes Entfernungen bis zu 1 1/2 Stunden in Kauf zu nehmen. Die gebildeten Wohnungsmarkttypen seien
nicht mit einem "homogenen Lebens- und Wohnbereich" gleichzusetzen. Ob der gesamte Landkreis B-Stadt tatsächlich einer Bedarfsgemeinschaft
als homogener Lebens- und Wohnbereich zugemutet werden könne, sei nur mittels Einzelfallprüfung zu analysieren. So könnten
ein Schulbesuch oder auch die zumutbaren längeren Wegstrecken für Jugendliche mit zunehmendem Alter im Rahmen der abstrakten
Prüfung nicht berücksichtigt werden. Eine Bedarfsgemeinschaft müsse sich auch nicht am Wohnungsmarkttyp orientieren, sondern
könne eine Wohnung in einer anderen Kommune in einem anderen Wohnungsmarkttyp anmieten, sofern die Erreichbarkeit gegeben
sei, weshalb ggf auch eine teurere Wohnung in einem anderen Wohnungsmarkt angemessen sein könnte. Für den Landkreis B-Stadt
seien insgesamt 3.129 Bestandmieten (780 bei Wohnungsunternehmen, 473 bei privaten Vermietern und 1.876 vom Jobcenter Landkreis
B-Stadt) erhoben worden. Hinzu kämen weitere 326 Mietdaten als Angebotsmieten, mithin insgesamt 3.455. In die Erhebung seien
auch Mieten, deren zugrundeliegender Mietvertrag vor mehr als vier Jahren abgeschlossen worden sei, eingeflossen. Dies mache
die anderen Mieten jedoch nicht zu "veralteten Werten", da es sich nach wie vor um die fällige und zu zahlende Miete handle.
Eine anteilsmäßige Zuordnung von Wohnungen zu theoretischen "Qualitätssegmenten" könne nicht vorgenommen werden. Es sei davon
auszugehen, dass der Quadratmeterpreis in einer hohen Abhängigkeit zur Qualität einer Wohnung stehe. Das einfache Marktsegment
werde erst durch die Erhebung selbst definiert. Luxuswohnungen seien im Landkreis B-Stadt nicht ausgeschlossen worden. Wohnungsunternehmen
seien nicht zwangsweise Vermieter mit einer hohen Anzahl an Wohnungsbeständen, da auch kleinere Vermieter mit wenigen Wohnungen
in deren Bestand vertreten seien. Bei dem Jobcenter-Datensatz sei vorab ein Abgleich der Adressen durchgeführt worden, um
Doppelerhebungen in jedem Fall auszuschließen. Ein unterschiedliches Preisniveau bei kleineren Vermietern sei nicht belegt.
Auch die Neuvertragsmieten würden einen weiteren Anhaltspunkt zur Bewertung der abstrakten Verfügbarkeit von Wohnraum enthalten
und in die Überlegung zur Bestimmung des Perzentilwerts miteinfließen. Üblicherweise würden nur die Neuvertragsmieten die
reale Wohnungsmarktsituation abbilden. Regelmäßig lägen Neuvertragsmieten unterhalb der Angebotsmieten, da Sozialwohnungen
in der Regel nicht inseriert, günstige und interessante Wohnungen von den Wohnungsunternehmen über Interessentenlisten vermarktet,
nicht jede günstige Wohnung eigenständig und teure Wohnungen wesentlich intensiver vermarktet würden. Hieraus ergebe sich
ein zu erweiternder Angebotsmarkt. Im Rahmen der kalten Betriebskosten sei von den erhobenen Daten der Mittelwert herangezogen
worden. Es gebe keinen Grund zur Annahme, dass sich die kalten Betriebskosten von Wohnungen des einfachen Wohnungsmarktsegmentes
vom übrigen Wohnungsmarkt unterscheiden würden. Ein Unterschied zum für Bayern ermittelten Betriebskostenspiegel lasse sich
im Hinblick auf die berücksichtigten Komponenten rechtfertigen.
Mit Gerichtsbescheid vom 16.08.2016 hat das SG den Beklagten verurteilt, für die Zeit vom 15.01.2015 bis 31.01.2015 weitere Kosten der Unterkunft iHv 40,46 € und für die
Zeit von Februar 2015 bis Februar 2016 iHv monatlich 71,40 €, mithin insgesamt 968,66 € an die Kläger zu zahlen. Das vom Beklagten
zur Ermittlung der Richtwerte für die Kosten der Unterkunft herangezogene Konzept von A& K sei nicht schlüssig. Es fehle an
der Bildung und Definition eines Vergleichsraums. Für das Gebiet des gesamten Landkreises seien keine Räume der Wohnbebauung
erkennbar, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit
einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden würden. So fehle es an Aussagen zu Infrastruktur, den
verkehrstechnischen Verbindungen und ebenso zum Vorliegen eines homogenen Lebens- und Wohnbereichs. Zwar könne es geboten
sein, im ländlichen Bereich größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen, allerdings müsse weiterhin der Wohnort
oder das weitere Wohnumfeld maßgeblich sein. Es bestehe ein zu respektierendes Recht auf Verbleib im sozialen Umfeld, auch
wenn gewisse Anfahrtswege zum sozialen Umfeld zumutbar seien. Bei der Clusteranalyse handle es sich lediglich um ein statistisches
Instrument, um Kommunen mit ähnlichen Strukturen zu ermitteln und zusammenzufassen. Die dort berücksichtigten Indikatoren
stellten im Wesentlichen mietpreisbildende Faktoren dar. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, inwiefern sie einer räumlichen
Nähe der zusammengefassten Gebiete, eine homogene Infrastruktur oder eine verkehrstechnische Verbundenheit belegen würden,
lägen nicht vor. Eine Verschiebung der Prüfung des homogenen Lebens- und Wohnbereichs auf die Einzelfallprüfung sei nicht
genügend. Eine solche Einzelfallprüfung sei im Übrigen durch den Beklagten vorliegend auch nicht erfolgt. Hilfsweise sei darauf
zu verweisen, dass die Erhebung nicht ausreichend repräsentativ sei. So sei fast ausschließlich der durch Wohnungsunternehmen
geprägte Mietmarkt in der Erhebung abgebildet worden, ohne dass dieser im Landkreis B-Stadt den Mietmarkt im selben Verhältnis
ausmache. Die Angemessenheitsrichtwerte seien lediglich aufgrund von Bestandsmieten ermittelt worden, da die Recherche der
Angebotsmieten nur zur Überprüfung der konkreten Verfügbarkeit erfolgt sei und es habe - anders als beim Rückgriff auf Mietspiegeldaten
- keine Beschränkung auf Mieten, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag geändert oder neu vereinbart worden seien,
stattgefunden. Auch an der Repräsentativität der kalten Betriebskosten bestünden Zweifel. Insofern seien nach Extremwertkappung
lediglich 5,2% der zu Wohnzwecken vermieteten Wohnung im Landkreis in die Erhebung eingeflossen. Da es sich nicht um Daten
aus Mietspiegeln handele, könne die Datenbasis auch nicht ausnahmsweise geringer ausfallen als mindestens 10% des regional
in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes. So würden die ermittelten Werte von 0,88 € bis 1,19 € signifikant von denen
vom Deutschen Mieterbund ermittelten kalten Betriebskosten für Bayern iHv 1,58 € abweichen. Weshalb unterschiedliche Betriebskosten
für die unterschiedlichen Wohnungsmarkttypen ermittelt würden, sei nicht nachvollziehbar. Aufgrund des Erkenntnisausfalls
sei auf die Tabellenwerte des § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zuzüglich eines Sicherheitszuschlags zurückzugreifen. Letzterer sei unter Berücksichtigung genereller, abstrakter Kriterien
auf 10% festzulegen. Unter Berücksichtigung der Mietstufe 1 ergebe sich eine OB-Stadtrenze von 539 € (bis Dezember 2015) bzw.
von 577,50 € (ab Januar 2016) für die Bruttokaltmiete eines 4-Personen-Haushalts. Diese würden die Kläger nicht überschreiten,
so dass deren tatsächliche Kosten zu erstatten seien.
Dagegen hat der Beklagte Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Verschiedene Gerichte hätten bereits
die von A& K angewandte Methodik bestätigt. Es sei zunächst die abstrakte Angemessenheit vorrangig zu prüfen, und erst in
einem zweiten Schritt etwaige Umstände des Einzelfalls in Bezug auf die Zumutbarkeit oder Möglichkeit der Kostensenkung zu
berücksichtigen. Der Wohnungsstandard sei vorliegend über den Preis definiert worden, mithin seien Daten aller Segmente berücksichtigt
und sodann der Preis für das untere Segment abgebildet worden. Dabei habe man nicht nur Bestandsmieten berücksichtigt. Durch
das iterative Verfahren sei der aufgrund der Bestandsmieten als angemessen angesehene Mietwert solange angehoben worden, bis
- unter Berücksichtigung der Angebotsmieten - ausreichend anmietbarer Wohnraum verfügbar gewesen sei. Im Hinblick auf die
Festlegung des Vergleichsraums im Sinne des Raums der Datenerhebung handle es sich um eine politische Feststellung, die gerichtlich
nicht zur Überprüfung stehe. Die Herangehensweise des Beklagten sei jedenfalls von der Methodenfreiheit gedeckt. Das BSG habe bei seinem Vergleichsraumbegriff eine Konkretisierung anhand von Großstädten vorgenommen. Es habe keine räumliche Eingrenzung
stattgefunden und im Hinblick auf die Anerkennung von Vergleichsräumen wie M. und B. dürften für den Landkreis B-Stadt kaum
weitere Bedenken bestehen. Ein Vergleichsraum könne auch das gesamte Kreisgebiet umfassen. Der Wohnungsmarkttyp bilde dagegen
keinen Vergleichsraum, sondern differenziere diesen. In der Regel stellten Kreise keinen einheitlichen Wohnungsmarkt dar,
sondern zumeist mehrere, verschiedene Märkte. Daneben gebe es auch empirisch-methodische Gründe, mehrere Kommunen zusammenzufassen,
da in kleinen, ländlichen Kommunen Fälle von Neuvermietungen relativ gering seien und so kaum belastbare Fallzahlen generiert
werden könnten. Entsprechendes werde auch bei Mietspiegeln in Bezug auf Stadtteile vorgenommen. Der Vorteil liege darin, dass
teure Kommunen nicht mit günstigeren zusammengefasst und Mietunterschiede nicht nivelliert würden. Die Frage des homogenen
Lebensraums sei dogmatisch dem Prüfungspunkt der konkreten Angemessenheit zuzuordnen. Wegen der Notwendigkeit, eine Datenerhebung
im vorher definierten Vergleichsraum durchzuführen, könne zunächst nur auf den Landkreis abgestellt werden. Die Größe des
Landkreises mit seinen ca. 96.500 Einwohnern sei unproblematisch. Die weitere realitätsnahe Spezifizierung erfolge durch die
Bildung von Wohnungsmarkttypen. Auch nach dem Forschungsbericht der Firma IWU würde der Begriff des Vergleichsraums für unterschiedliche
Funktionen genutzt. Die Besonderheiten in einem Landkreis seien zu berücksichtigen. Die Leistungsberechtigten würden in unterschiedlichen
Städten und Gemeinden des Landkreisgebietes bzw in unterschiedlichen Wohnlagen leben, so dass der tatsächliche konkrete individuelle
Suchbereich effektiv nur von der Wohnortadresse des Leistungsberechtigten aus ermittelt werden könnte. So würden sich auch
die Pendelzeiten erheblich unterscheiden, je nachdem, ob ein Leistungsberechtigter in der Nähe des Bahnhofs oder am abgelegenen
Stadtrand lebe. Die Suchbereiche würden sich zudem auch hinsichtlich weiterer Parameter wie ein Haushalt mit Kindern, etc
unterscheiden. Bei kleineren Vergleichsräumen würde zudem die Begrenzung der Kosten der Unterkunft im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II nahezu unmöglich. Allein die Bestimmung von Gebieten anhand ihrer räumlichen Nähe zueinander, zusammenhängender Infrastruktur
und verkehrstechnischer Verbundenheit könne nicht gewährleisten, dass ein homogenes Mietniveau vorherrsche. Da nicht ausschließlich
Daten von Jobcentern berücksichtigt worden seien, sei auch nicht auf den oberen Spannwert abzustellen gewesen. Ein Zirkelschluss
werde durch das iterative Verfahren vermieden. Es würde einer Ghettobildung dadurch begegnet, dass nicht billige Stadtteile
herausgegriffen würden, sondern auf Durchschnittswerte des unteren Mietpreisniveaus im gesamten Stadtgebiet bzw räumlichen
Vergleichsraum abgestellt werde. Die vorliegenden, zu den kalten Betriebskosten erhobenen Daten würden die geforderte Regionalität
aufweisen, so dass nicht auf überregionale Betriebskostenspiegel zurückgegriffen werden dürfe. Für den Fall, dass das Gericht
zum Ergebnis käme, es liege kein schlüssiges Konzept vor, müssten sämtliche verfügbaren lokalen Erkenntnisquellen ausgeschöpft
und gegebenenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen die im unteren Segment liegende Referenzmiete ermittelt werden. Die Nichtberücksichtigung
von Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern sei nicht zu beanstanden, da sie dem Vorgehen bei der Erstellung eines qualifizierten
Mietspiegels entspreche und von der Methodenfreiheit gedeckt sei. Auch seien bei Ein- und Zweifamilienhäusern sehr häufig
Kosten für einen Stellplatz oder die Nutzung des Gartens ein Teil des Mietpreises, was bei der Auswertung nicht festgestellt
und berücksichtigt werden könne. Die unzutreffenden Datensätzen bezüglich der Angebotsmieten könnten nicht zu Zweifeln an
der ordnungsgemäßen Erstellung bezüglich anderer Daten des Konzepts führen. Im Rahmen der Bestandsmietenerhebung seien auch
Neuvertragsmieten erhoben worden. Diese würden daher eine Teilmenge der Bestandsmieten bilden. Der Median der Neuvertragsmieten
läge deutlich unter dem der Angebotsmieten. Es sei nicht zu beanstanden, wenn die kalten Betriebskosten aus den Bestandsmieten
auf die Angebotsmieten übertragen werden würden. Dabei handle es sich um laufende Kosten, die auch bei älteren Mietverhältnissen
an das gegenwärtige Preisniveau angepasst würden. Die Prüfung von Heizkosten habe in einem zweiten Prüfungsschritt zu erfolgen
und sei hier nicht von Belang. Für die Überschreitung der Angemessenheitsgrenze seien keine individuellen Umstände ersichtlich.
Solche seien nicht vorgetragen worden und die Kläger trügen hierfür die Darlegungs- und Beweislast. Es bestehe die Möglichkeit,
innerhalb des homogenen Lebens- und Wohnbereichs angemessene Wohnungen anzumieten. Bei Vorliegen eines schlüssigen Konzepts
könne prinzipiell vom Vorhandensein anmietbarer Wohnungen ausgegangen werden. Dies stelle eine widerlegbare Tatsachenvermutung
dar. Es sei nicht Sache des Beklagten, grundsätzlich darzulegen, dass ausreichend angemessener Wohnraum zur Verfügung stehe.
Der Leistungsempfänger habe zunächst seiner Obliegenheit zur Kostensenkung nachzukommen.
Nach den vom Beklagten vorgelegten Stellungnahmen von A& K sei der Landkreis B-Stadt analog zur Stadt B. als Vergleichsraum
zu definieren. Die Qualität der verkehrstechnischen Anbindung werde in der Erreichbarkeit von zentralen Versorgungseinrichtungen
überprüft. Die entsprechende Analyse habe ergeben, dass von jeder Kommune das nächstgelegenes Mittelzentrum innerhalb von
maximal 38 Minuten mit dem öffentlichen Personennahverkehr erreicht werden könne. Hierfür seien die ÖPNV-Fahrtzeiten auf Grundlage
eines Vormittags an einem Werktag herangezogen worden. Es könne davon ausgegangen werden, dass die Verbindungen regelhaft
seien und somit auch an anderen Werk- und in der Regel auch Sonn- und Feiertagen sowie im gesamten streitigen Zeitraum bestünden.
Es stelle sich auch die Frage, welche Frequenzen denn gegebenenfalls hinreichend sein sollten. Der vorgelegte Nachweis sei
für den Nachweis der räumlichen Verbundenheit hinreichend, zumal im ländlichen Raum (deutlich) geringere Fahrfrequenzen üblich
seien als im städtischen Raum. Eine verkehrstechnische Erreichbarkeit bezogen auf die zentralörtliche Versorgung sei im Wesentlichen
gleichwertig. Dabei handle es sich um die abstrakte Betrachtungsebene und nicht um den homogenen Lebens- und Wohnbereich,
der im konkreten Einzelfall maßgeblich wäre und abstrakt kaum berechenbar sei. Andernfalls wäre ein abstrakt zu bestimmender
"Standard-Leistungsempfänger" zu definieren. Da der Landkreis hinsichtlich seiner Form ungleichmäßig und die Städte unregelmäßig
über das Kreisgebiet verteilt seien, könnten Vergleichsräume nicht transitiv widerspruchsfrei gebildet werden. Es drohten
sich überschneidende Vergleichsräume. Auch Landkreisgrenzen würden im Hinblick auf den homogenen Lebens- und Wohnbereich überschritten.
Die Wohnungsmarkttypen dienten lediglich zur Differenzierung verschiedener Preisniveaus innerhalb des Kreisgebietes. Diese
seien nicht auf Basis der Mietwerte gebildet worden sondern anhand eines statistischen Verfahrens der Clusteranalyse. Die
Differenzierung zwischen Wohnungsunternehmen und Privatvermieter sei in erster Linie auf die Erhebungsphasen zurückzuführen.
Auch im Hinblick auf die Anzahl der ermittelten Datensätze von Bestandsmieten könne von einem sehr guten, umfangreichen und
repräsentativen Niveau gesprochen werden. Verzerrungen würden durch den Abgleich mit dem verfügbaren Mietangebot korrigiert.
Eine Vermischung von Bestands- und Angebotsmieten sei nicht zielführend, da insofern unterschiedliche Bereiche des Wohnungsmarktes
verglichen werden müssten. Um den Wohnungsmarkt durch die Höhe der Transferzahlungen so gering wie möglich zu beeinflussen,
gleichzeitig aber auch ein ausreichendes Wohnungsangebot für die Leistungsempfänger zu gewährleisten, sei der Umfang des zur
Verfügung stehenden Wohnungsangebotes an die Nachfragesituation im unteren Wohnungsmarktsegment angepasst worden. Dies sei
durch das sogenannte iterative Verfahren erfolgt. Als ausreichend für "normale Wohnungsmarktverhältnisse", also ohne zusätzliche
und kurzfristige Nachfrageänderungen, könnten hier Prozentwerte von 10% bis 20% bei den Angebotsmieten betrachtet werden.
Das aus der Verteilung der Bestandsmieten definierte Perzentil werde anhand der erfassten Wohnungsangebote überprüft und die
Perzentilgrenze iterativ geprüft, bis die Angebotsanteile als ausreichend gewertet werden könnten. Dieser Wert werde nochmals
in Beziehung zu den Neuvertragsmieten gesetzt. Der Index des Bayerischen Landesamts für Statistik bezüglich der Wohnkosten
und für Wohnungsnebenkosten sei deutlich spezieller als der allgemeine Verbraucherpreisindex, weshalb man hierauf für die
Fortschreibung zurückgegriffen habe.
Ferner sind die dem Mietwertkonzept zugrunde liegenden Rohdaten, Merkblätter und Fragebögen an die Vermieter und entsprechende
Anschreiben vorgelegt worden. Schließlich ist eine Stellungnahme von A& K zu den Betriebskosten und zum Nachweis von vorhandenen
Wohnungen wie auch eine weitere Aufstellung über die Angebotsmieten im Landkreis B-Stadt 2012 übersandt worden.
Der Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 16.08.2016 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 16.08.2016 zurückzuweisen.
Die von A& K aufgezeigten Fahrzeiten könnten zwar der Fahrplanauskunft auf bahn.de entsprechen, jedoch nicht für den vollständigen
streitigen Zeitraum. Zudem werde zB der Takt der öffentlichen Nahverkehrsverbindungen nicht angegeben. Dies sei letztlich
auch für die Erreichbarkeit anderer Orte maßgeblich. Unklar bleibe, wie die Einteilung der verschiedenen Cluster und die Zuordnung
der Gemeinden außer durch den Zirkelschluss des ermittelten Mietpreises erfolge. Hinsichtlich der Betriebskosten würden lediglich
Mutmaßungen angestellt. Diese seien zudem für das Jahr 2013 deutlich gestiegen. Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit
und Sozialordnung, Familie und Frauen habe in einem Rundschreiben von 2009 darauf verwiesen, dass die Durchschnittswerte des
Deutschen Mieterbundes als Anhaltspunkte für die Angemessenheit von Nebenkosten dienen könnten. Die Liste der Angebotsmieten
würde keine Angaben über kalte Betriebskosten oder/und Heizkosten enthalten. Eine tatsächliche Anbietbarkeit im Hinblick auf
die Angemessenheitsgrenze könne daher nicht festgestellt werden. Ein Nachweis, dass ausreichend Wohnraum in den ermittelten
Grenzen überhaupt vorhanden sei, sei bislang nicht geführt worden. Nach einem Zeitungsartikel würden im Landkreis B-Stadt
rund 470 Wohnungen im niedrigen Preissegment fehlen.
Im Rahmen eines Erörterungstermins am 12.07.2017 haben die Kläger ausgeführt, sie hätten nach einer günstigeren Wohnung im
Internet und in der Zeitung gesucht. Es seien aber keine günstigeren Wohnungen angeboten worden. Lediglich kleinere Wohnungen
mit ca 60 qm habe es gegeben. Weiter hat das Gericht L. von A& K als Zeugen vernommen. Dieser hat unter anderem ausgeführt,
es werde bei der Konzepterstellung immer vom gesamten Landkreis ausgegangen und lediglich die Erreichbarkeit der Mittel- und
Oberzentren, nicht aber die Verbindungen einzelner Orte im Landkreis untereinander geprüft. So sei auch die Überprüfung der
Verkehrsverbindungen nicht bereits 2012 erfolgt. Diese könnten an Sonntagen anders sein als an Vormittagen von Werktagen.
Es lägen die Daten gemeindebezogen vor, so dass bei den Bestandsmieten ausreichende Daten vorhanden sein dürften. Schwieriger
sei es allerdings bei den Angebots- und Neuvertragsmieten. Es sei davon ausgegangen worden, dass die Daten des Jobcenters
Wohnungen mit einfachen und mittleren Standard betroffen hätten. Sie seien dennoch wie ganz normale andere Daten behandelt
worden. Ob dabei auch Substandardwohnungen beinhaltet gewesen seien, könne er nicht sagen. Die dem Gericht übermittelten Listen
der Angebotsmieten seien falsch. Dies ergebe sich daraus, dass Wohnfläche und Nettokaltmiete den gleichen Zahlenwert aufweisen
würden. Es müsse sich um einen Kopierfehler gehandelt haben. Auch die im Verfahren L 11 AS 52/16 gemachten Angaben würden für das Konzept allgemein gelten.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten, die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz und die beigezogene Niederschrift vom 12.07.2017 im Verfahren L 11 AS 52/16 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat den Beklagten zu Recht unter Abänderung der entsprechenden Bewilligungsbescheide verurteilt, für die Zeit vom 15.01.2015
bis 29.02.2016 weitere Leistungen in Bezug auf Bedarfe für Unterkunft und Heizung zu zahlen. Der Bescheid vom 09.11.2015 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2015, der Bescheid vom 07.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 17.02.2016 und der Bescheid vom 17.06.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.06.2016 sind insoweit rechtswidrig
und verletzen die Kläger in ihren Rechten.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 09.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2015, der Bescheid vom
07.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2016 und der Bescheid vom 17.06.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 21.06.2016, mit denen der Beklagte Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 15.01.2015 bis 29.02.2016 bewilligt hat. Dagegen wenden sich die Kläger mittels zulässiger kombinierter
Anfechtungs- und Leistungsklagen (§
54 Abs.
1 und 4
SGG), bei denen sie in zulässiger Weise den Streitgegenstand auf Leistungen für Bedarfe der Unterkunft und Heizung beschränkt
haben (vgl BSG, Urteil vom 04.06.2014 - B 14 AS 42/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 78; Urteil vom 06.08.2014 - B 4 AS 55/13 R - BSGE 116, 254; Urteil vom 03.12.2015 - B 4 AS 49/14 R - alle nach juris). Der Bescheid vom 28.01.2015, der Bescheid vom 03.07.2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom
21.07.2015, 03.08.2015 und 26.10.2015 sowie der Bescheid vom 16.12.2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 19.02.2016,
27.04.2016 und 30.05.2016 sind dagegen nicht Gegenstand des Verfahrens. Diese Bescheide, mit denen den Klägern zunächst jeweils
vorläufig Leistungen bewilligt worden waren, sind durch die Bescheide vom 09.11.2015, 07.12.2015 und 17.06.2016, mit denen
jeweils eine endgültige Leistungsbewilligung erfolgt ist, vollständig ersetzt worden (§
86 SGG). Die ursprünglichen vorläufigen Bewilligungsbescheide haben sich mangels weiterer Wirkung iSv § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt (BSG, Urteil vom 05.07.2017 - B 14 AS 36/16 R; Urteil vom 01.12.2016 - B 14 AS 28/15 R; Urteil vom 12.10.2016 - B 4 AS 38/15 R - alle juris).
Die Kläger haben einen Anspruch auf weitere Leistungen für Bedarfe der Unterkunft in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen.
Dabei war allerdings die Garagenmiete nicht zu prüfen, da diese von den Klägern nicht geltend gemacht worden ist und sie im
Übrigen auch keine Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG eingelegt haben.
Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II idF des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen
der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.04.2007 (BGBl I 554) erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik
Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Nach § 9 Abs. 1 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistung am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) ist hilfebedürftig, wer
seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden
Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit,
aus dem zu berücksichtigen Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere
von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Die mangels ausreichenden Einkommens und Vermögens hilfebedürftige,
1982 geborene Klägerin zu 1. hat die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht, ist erwerbsfähig und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in A-Stadt. Ein Anspruch auf Alg II besteht für
sie. Der Beklagte hat auch Leistungen im streitgegenständlichen Zeitraum bewilligt. Die Klägerin zu 1. bildet mit den Klägern
zu 2. bis 4. eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nrn 1, 3c und 4 SGB II. Die hilfebedürftigen Kläger zu 2. bis 4. haben daher einen Anspruch auf Sozialgeld nach § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II, der ebenfalls vom Beklagten dem Grunde nach berücksichtigt worden ist.
Hinsichtlich der Bedarfe für Unterkunft und Heizung stehen den Klägern weitere Leistungen zu. So werden nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Zur Ermittlung
der Angemessenheitsgrenze ist in einem gestuften Verfahren zunächst eine abstrakte und dann eine konkret-individuelle Prüfung
vorzunehmen. Die Angemessenheit der Unterkunftskosten unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff in vollem Umfang der gerichtlichen
Kontrolle (vgl BSG, Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 119/10 R - juris). Eine Wohnung ist angemessen, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen
entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das
sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (so die ständige Rechtsprechung des BSG, vgl zuletzt Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - mwN). Letztlich handelt es sich um Aufwendungen, die auch Haushalte im niedrigen Einkommensbereich aufbringen würden
(vgl dazu die Begründung in BT-Drs 17/3404 S. 100).
Hinsichtlich der Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl nur Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R; Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 3) auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen, so dass sich
diese grundsätzlich nach den Werten, welche die Länder aufgrund des § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.09.2001 (BGBl I 2376) festgelegt haben, bestimmt. Dies sind in Bayern für einen Vier-Personen-Haushalt 90 qm (Wohnraumförderungsbestimmungen
2012 - WFB 2012 - Bekanntmachung der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 11.01.2012 - AllMBl
2012, 20).
Zur Ermittlung eines angemessenen Quadratmeterpreises bedarf es eines schlüssigen Konzeptes. Darauf, ob dieses förmlich bekanntgemacht
werden muss, wie es von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu den Richtlinien für die Pauschalierung
nach § 101a Bundessozialhilfegesetz (BSHG) wegen ihrer unmittelbare Außenwirkung gegenüber Dritten gefordert wurde (vgl BVerwG, Urteil vom 25.11.2004 - 5 CN 1/03 -juris),
kommt es nicht an, da ein schlüssiges Konzept auch vom Gericht zur Ausfüllung des Begriffs der Angemessenheit der Bedarfe
für Unterkunft herangezogen werden könnte. Zudem legt ein solches Konzept nicht allgemeinverbindlich den endgültigen Anspruch
des Leistungsberechtigten auf Leistungen für die Unterkunft fest, vielmehr ist zunächst dessen tatsächliche Miete maßgeblich
und es ist unabhängig von den abstrakt angemessenen Kosten in jedem Einzelfall auch die konkrete Angemessenheit zu prüfen,
woraus sich ein abweichender Leistungsanspruch ergeben kann. Dem vom Beklagten zugrunde gelegten Konzept kommt damit als Verwaltungsvorschrift
allein Innenrechtsqualität im Hinblick auf die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriff der angemessenen Unterkunftskosten
zu (vgl dazu auch LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 31.01.2017 - L 6 AS 198/15 -juris).
Das Konzept des Beklagten bzw dessen Fortschreibung ist nicht geeignet, die Angemessenheit des Bedarfs für die Kosten der
Unterkunft der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum zu definieren. Ein schlüssiges Konzept muss folgende Mindestvoraussetzungen
erfüllen (vgl BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris; Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 70):
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen
- Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung (Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard
der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete/Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße)
- Angaben über den Beobachtungszeitraum
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel)
- Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten
- Validität der Datenerhebung
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).
Für die Erstellung eines Konzeptes ist nach der Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße zunächst der maßgebliche örtliche
Vergleichsraum zu ermitteln (vgl BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R; Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 77/12 R - beide nach juris). Überlegungen zur Bestimmung eines maßgeblichen örtlichen Vergleichsraums - insbesondere in Bezug auf
die Datenerhebung - sind eine logische Voraussetzung zur Entwicklung eines schlüssigen Konzepts (vgl dazu BSG, Urteil vom 16.04.2013 - B 14 AS 28/12 R - juris). Dabei geht es um die Ermittlung einer (angemessenen) Referenzmiete am Wohnort oder im weiteren Wohnumfeld des
Leistungsberechtigten (vgl BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R; Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R; nach BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R und Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - alle zitiert nach juris). Auch wenn ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit einer Aufgabe des sozialen Umfeldes verbunden
wäre, von einem Leistungsberechtigten im Regelfall nicht verlangt werden kann, bedeutet dies jedoch nicht, dass sich der räumliche
Vergleichsmaßstab strikt am kommunalverfassungsrechtlichen Begriff der "Gemeinde" nach dem jeweiligen landesrechtlichen Kommunalrecht
orientieren muss (vgl BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - juris). Dieser kann größenmäßig in Abhängigkeit davon, ob es sich um einen ländlichen Raum oder ein Ballungszentrum,
durchaus unterschiedlich sein (vgl BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris). Insbesondere im ländlichen Raum kann es geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen,
während in größeren Städten andererseits eine Unterteilung in mehrere kleinere Vergleichsgebiete, die kommunalverfassungsrechtlich
keine selbständigen Einheiten darstellen, in Betracht kommen kann (vgl BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - juris). Für die Bestimmung des Vergleichsraumes bedarf es daher der Festlegung ausreichend großer Räume der Wohnbebauung,
die aufgrund räumlicher Nähe (nicht bloße Orts- oder Stadtteile/-bezirke) eine zusammenhängende Infrastruktur und insbesondere
verkehrstechnische Verbundenheit aufweisen sowie insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen (vgl
BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R; Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R - alle nach juris). Um eine sog Ghettobildung zu vermeiden, ist hinsichtlich der Referenzmieten zwar auf Mieten für "Wohnungen
mit bescheidenem Zuschnitt" abzustellen. Insoweit dürfen aber nicht einzelne, besonders heruntergekommene und daher "billige"
Stadtteile bzw Gegenden herausgegriffen werden, sondern es ist auf Durchschnittswerte des unteren Mietpreisniveaus im gesamten
Stadtgebiet bzw räumlichen Vergleichsraum abzustellen (vgl BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris). Den besonderen Belangen und der konkreten Situation des jeweiligen Leistungsberechtigten (zB von Alleinerziehenden
oder von Familien mit minderjährigen schulpflichtigen Kindern) ist nicht bereits bei der (abstrakt-generell vorzunehmenden)
Festlegung der Vergleichsräume, sondern erst bei der konkreten Zumutbarkeit einer Kostensenkung Rechnung zu tragen (vgl BSG, Urteil vom 19.02.2009 - aaO). Der für die Prüfung von Letzterem heranzuziehende Vergleichsraum kann dabei enger zu begrenzen
sein als der für die Ermittlung der (abstrakten) Referenzmiete (so auch BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris).
Das Konzept, welches der Beklagte der Bestimmung der Angemessenheitsgrenze vorliegend zugrunde gelegt hat, enthält keine erkennbare
Auseinandersetzung mit der Frage, ob der Landkreis oder Teile davon einen oder mehrere Vergleichsräume darstellt bzw darstellen.
Es werden lediglich für das Gebiet des Landkreises zwei verschiedene Wohnungsmarkttypen festgelegt, die aber keine Vergleichsräume
darstellen sollen. Im Rahmen des Klageverfahrens hat der Beklagte dann darauf verwiesen, der gesamte Landkreis B-Stadt stelle
den für die Bestimmung der abstrakten Angemessenheitsgrenze maßgeblichen Vergleichsraum dar. Weder im Konzept noch im Rahmen
des Verfahrens ist vom Beklagten im Einzelnen dargelegt worden, dass der Landkreis B-Stadt die oben genannten Kriterien an
die Bildung eines Vergleichsraums erfüllt. Es ist auch nicht zutreffend, dass es sich bei der Festlegung des Vergleichsraums
um eine - von den Gerichten nicht zu überprüfende - politische Entscheidung handelt. Die Prüfung der festgelegten Angemessenheitsgrenze
obliegt auch in Bezug auf die Festlegung des Vergleichsraums unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Methodenfreiheit den
Gerichten (vgl auch BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris). Die Bildung eines Vergleichsraums ist dabei maßgebliche Voraussetzung für die Erhebung und Auswertung von Mietdaten
und hat zweifelsohne Auswirkungen auf die zu findenden Richtwerte. Auch gelten die oben dargestellten und vom BSG entwickelten Anforderungen an die Vergleichsraumbildung nicht nur für größere Städte, sondern auch für Flächenlandkreise
(vgl zu den besonderen Voraussetzungen für ländliche Gebiete: BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - juris; zu einem in verschiedene "Raumschaften" unterteilten Landkreis: BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R; für eine kreisangehörige Gemeinde als eigenen Vergleichsraum: BSG, Urteil vom 16.05.2012 - B 4 AS 109/11 - juris - die Vorinstanz - LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.05.2011 - L 19 AS 2202/10 - juris - hatte gerade einen Vergleichsraum in Form des gesamten Landkreises abgelehnt; zur Einteilung eines Landkreises
in verschiedene Vergleichsräume: Urteil des Senats vom 25.04.2017 - L 11 AS 289/16; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11.05.2017 - L 5 AS 547/16; Urteil vom 31.01.2018 - L 5 AS 201/17; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11.07.2017 - L 10 AS 333/16; Sächsisches LSG, Beschluss vom 14.12.2017 - L 7 AS 513/16 B ER; Urteil vom 01.06.2017 - L 7 AS 917/14 - alle nach juris; teilweise wird auch angenommen, dass ein ganzer Landkreis einen Vergleichsraum darstellen kann, wobei
unklar ist, ob dort andere Verhältnisse gegeben sind als im Landkreis B-Stadt, vgl dazu zB: LSG T., Urteil vom 08.07.2015
- L 4 AS 718/14 - juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.01.2016 - L 12 AS 1180/12 - juris). Eine allgemeine Aussage, ob ein ganzer Landkreis einen einzigen Vergleichsraum darstellt oder in verschiedene Vergleichsräume
aufzuteilen ist, kann nicht generell getroffen werden, sondern ist nach den oben genannten allgemeinen rechtlichen Kriterien
jeweils im Einzelfall zu prüfen (vgl dazu auch BSG, Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 44/12 R - juris). Auch § 22b Abs. 1 Satz 4 SGB II (diese Vorschrift für Satzungen kann zur Auslegung der Anforderungen an den Angemessenheitsbegriff in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II herangezogen werden: vgl auch BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 06.10.2017 - 1 BvL 2/15 und 5/15 - alle juris) sieht vor, dass die Möglichkeit zur Einteilung eines Kreisgebiets in mehrere Vergleichsräume besteht.
Die Anzahl der in einem potentiellen Vergleichsraum lebenden Personen ist grundsätzlich nicht von entscheidender Bedeutung
(vgl dazu BSG, Urteil vom 26.05.2011 - B 14 AS 132/10 R - juris).
Der Landkreis B-Stadt stellt insgesamt keinen homogenen Lebens- und Wohnbereich dar. Im Rahmen des Konzepts selbst zeigt sich
in der der Bildung der Wohnungsmarkttypen zugrunde gelegten Clusteranalyse, dass starke Unterschiede ua bei der Bevölkerungsentwicklung,
Bevölkerungsdichte, Siedlungsstruktur und Zentralität vorhanden sind. Auch auf Seite 4 des Konzepts wird ausgeführt, der Landkreis
B-Stadt verfüge über keinen einheitlichen Wohnungsmarkt und weise größere regionale Unterschiede auf. Schon diese Angaben
im Konzept selbst sprechen gegen die Annahme, der ganze Landkreis B-Stadt könne einen Vergleichsraum darstellen. Aber auch
die weiteren konkreten Umstände des vorliegenden Falles führen zu dem Ergebnis, dass der Landkreis B-Stadt in mehrere Vergleichsräume
aufzuteilen ist. Nach den Angaben des Landkreises B-Stadt (www.landkreis-B-Stadt.de) bemisst sich dessen Fläche auf 892,52
km2, er umfasst 27 Gemeinden und hat insgesamt 96.608 Einwohner (Stand 31.12.2014). Die im Osten liegenden Gemeinden R-Stadt
und E-Stadt grenzen an die T.R., die nördlichen Gemeinden grenzen an T. und S., etliche Gemeinden gruppieren sich als ländlicher
Raum mit Verdichtungsansätzen (vgl dazu Anhang 2 des Landesentwicklungsprogramm Bayern vom 01.09.2013 - LEP) um die kreisfreie Stadt B. und im Süden befindet sich ein Teil des Kreisgebietes bereits im Naturpark F.. Im Anhang 1 des
LEP sind im Landkreis B-Stadt die Städte H-Stadt, M-Stadt, N-Stadt und E-Stadt als Mittelzentren ausgewiesen. Mittel- und Oberzentren
sollen nach Ziffer 2.1.2 des LEP zentralörtliche Einrichtungen des gehobenen Bedarfs vorhalten. Die Gemeinden des Landkreises B-Stadt haben eine deutlich
unterschiedliche geographische Lage und Größe. So gibt es mit M-Stadt eine Stadt mit über 10.000 Einwohnern und vier Städte
mit 7.000 bis unter 10.000 Einwohnern (H-Stadt, N-Stadt, E-Stadt und S-Stadt), wogegen Gemeinden wie I-Stadt (1.006 Einwohner),
L-Stadt (1.023 Einwohner) und T-Stadt (1.049 Einwohner) nur knapp über 1.000 Einwohner aufweisen (Stand 31.12.2014: www.landkreis-B-Stadt.de).
Damit ist ersichtlich, dass viele einzelne Gemeinden alleine schon aufgrund ihrer Größe und daraus folgend mangels eigenen
Wohnungsmärkten keine eigene Vergleichsräume darstellen, aber die größeren Städte zusammen mit ihren Einzugsgebieten verkehrstechnisch
eng verbunden und insgesamt über einen homogenen Lebens- und Wohnbereich verfügen dürften.
Neben der unterschiedlichen geographischen Lagen der Gemeinden des Landkreises und ihrer Größe folgt die Fehlerhaftigkeit
der Annahme eines einzigen Vergleichsraums für das gesamte Landkreisgebietes aber auch aus den Entfernungen der Gemeinden
untereinander, welche sehr unterschiedlich sind. Zur Überzeugung des Senats besteht hier im Hinblick auf eine fehlende verkehrstechnische
Verbundenheit und räumliche Nähe kein passender Vergleichsraum. Exemplarisch zeigt sich dies an der Verbindung der Gemeinden
S. und G-Stadt. Hier ergibt sich ein Zeitaufwand von 2:39 Stunden, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln von S., M-S. Straße
nach G-Stadt, Ort zu gelangen. Recherchiert - unter www.bayern-fahrplan.de (Internetseite der Bayerische Eisenbahngesellschaft,
die eine hundertprozentige Tochter des Freistaats Bayern ist) - wurde dies für einen Montag (19.03.2018) mit gewünschter Abfahrt
um 8 Uhr, wobei die früheste Verbindung danach in S. ab 9:20 Uhr möglich ist (Ankunftszeit G-Stadt: 11:59 Uhr). Für Samstag
(20.03.2018) wurde mit einer gewünschten Abfahrtszeit 8:00 Uhr nur eine Verbindung mit einer Dauer von 3:55 Stunden (Abfahrt
10:43 Uhr; Ankunft 14:38 Uhr) und für Sonntag (21.03.2018) gar keine Verbindung gefunden. Für die Verbindungszeiten ist dabei
noch gar nicht berücksichtigt, dass weitere Zeit für den Weg von Start und Ziel zur jeweiligen Haltestelle hinzukommt. Dies
zeigt schon den strukturellen Unterschied zu Großstädten wie M. oder B., die - wie vom Beklagten vorgebracht - jeweils als
ein Vergleichsraum anerkannt worden sind (vgl nur BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - und Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - jeweils nach juris). Dort ist eine verkehrstechnische Verbundenheit aufgrund von ausreichend vorhandenen öffentlichen
Verkehrsmitteln mit einer hohen Taktfrequenz, die das Stadtgebiet insgesamt erschließen und vor allem auch Verbindungsmöglichkeiten
am Wochenende ohne weiteres aufweisen, gegeben. So stellt sich in B. zB die Erreichbarkeit von zwei weit entfernten Ortsteilen
mit öffentlichen Verkehrsmitteln als wesentlich schneller dar - unabhängig davon, dass die Erreichbarkeit der Stadtmitte von
B. innerhalb angemessener Zeit von allen Stadtteilen aus angenommen werden kann (vgl BSG, Urteile vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R, B 14 AS 50/10 R und B 14 AS 65/09 R - alle nach juris). So beträgt die Fahrtzeit zB von B.-F. nach B.-Sch. (Alt-Sch.) mit der S-Bahn S1 und S85 und STR68 nur
1:22 Stunden (Daten von www.bahn.de; Recherchiert für Montag, 19.03.2018 ab 8:00 Uhr) bei mehreren Verbindungen in der Stunde.
Für Fahrten in das Stadtzentrum B. ist die Fahrtzeit noch wesentlich kürzer. Dabei ist den jeweiligen Verkehrsplänen ohne
weiteres zu entnehmen, dass in Großstädten wie B. mit einem gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr Fahrten zwischen zwei
Orten mit einer hohen zeitlichen Häufigkeit - insbesondere auch am Wochenende - möglich sind. Diese infrastrukturelle Erschlossenheit
ist in ländlichen Gebieten dagegen häufig nicht gegeben. Im Landkreis B-Stadt kann beispielsweise nach einem Umzug von S.
nach G-Stadt nicht mehr von einer räumlichen Nähe zur früheren Wohnortgemeinde ausgegangen werden. Zwar sind Pendelzeiten
unter Berücksichtigung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar (vgl BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris). Dabei stellt sich aber bereits die Frage, welche Zeiten dies sind. §
140 Abs.
4 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) geht maximal von verhältnismäßigen Pendelzeiten im Regelfall bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden mit längstens
2,5 Stunden (Hin- und Rückfahrt) aus, bei einer Arbeitszeit von Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger sogar nur von zwei
Stunden (Hin- und Rückfahrt). Ob nach der Rechtsprechung des BSG überhaupt die Zeitgrenzen von §
140 Abs.
4 SGB III heranzuziehen sind, ist offen. Generell wird hier nur darauf verwiesen, dass bei der Prüfung einer Aufrechterhaltung des
sozialen Umfeldes Pendelzeiten dem Grunde nach, wie sie auch Pendlern zur Arbeitsstelle zugemutet werden, unerheblich sind.
Der Senat geht vorliegend davon aus, dass bei der oben dargestellten beispielhaften Verbindung zwischen S. und G-Stadt der
gesamte Landkreis nicht dergestalt verkehrstechnisch verbunden ist, dass in jedem Fall von einer ausreichenden räumlichen
Nähe und hinreichenden verkehrstechnischen Verbundenheit aller Gemeinden im Gebiet des Beklagten ausgegangen werden kann und
die Aufrechterhaltung des sozialen Umfeldes gewährleistet wird. Anders als in B., für das das BSG davon ausgegangen ist, der öffentliche Nahverkehr sei auf die Erreichbarkeit des Stadtkerns von allen Stadtteilen her ausgerichtet,
so dass sich von den Randlagen aus in die innerstädtischen Bezirke insoweit lediglich Fahrzeiten ergeben würden, wie sie auch
erwerbstätigen Pendlern zumutbar seien (so BSG, Urteile vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R, B 14 AS 50/10 R und B 14 AS 65/09 R - alle nach juris), ist im Landkreis B-Stadt vielmehr für die ländlichen Gemeinden davon auszugehen, dass hier die Verbindung
in das nächste Mittelzentrum bzw für die sich um die Stadt B. liegenden Gemeinden in das Oberzentrum prägend ist. Auch A&
K geht in der Stellungnahme vom 14.10.2016 davon aus, dass die zentralörtliche Versorgung durch das nächstgelegene Mittelbzw
Oberzentrum gewährleistet wird. Weitere, den Vergleichsraum einschränkende konkrete Umstände, zB der drohende Schulwechsels
eines Kindes aus der Bedarfsgemeinschaft, sind an dieser Stelle nicht berücksichtigt und würden einer späteren Einzelfallprüfung
vorbehalten bleiben (vgl dazu BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris).
Nicht ausreichend erscheint es dem Senat, wenn alleine auf eine abstrakt ausreichende verkehrstechnische Verbundenheit zu
einem (beliebigen) anderen Mittel- oder Oberzentrum gewährleistet ist, wie sie der Beklagte in einer tabellarischen Übersicht
im Berufungsverfahren dargestellt hat. Im ganzen Bundesgebiet kann davon ausgegangen werden, dass von (nahezu) allen Gemeinden
ein Mittel- oder Oberzentrum in angemessener Zeitspanne erreicht werden kann. Voraussetzung ist aber gerade die räumliche
Nähe der einbezogenen Gemeinden zueinander bzw jedenfalls zu dem die angrenzenden Gemeinden prägenden Mittel- oder Oberzentrum.
Auch für den Vergleichsraum von B. hat das BSG darauf abgestellt, dass der Stadtkern von allen Stadtteilen gleichermaßen gut erreichbar ist (vgl dazu BSG, Urteile vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R), mithin im gesamten Vergleichsraum die verkehrstechnische Erreichbarkeit auch von Randlagen in Bezug auf ein prägendes
Zentrum gegeben ist.
Mangels zutreffender Festlegung von Vergleichsräumen ist das vom Beklagten seiner Entscheidung zugrunde gelegte Konzept damit
nicht schlüssig. Soweit teilweise die Festlegung eines Vergleichsraumes auf das Gebiet eines ganzen Landkreises für zutreffend
erachtet worden ist (so zB Hessisches LSG, Urteil vom 15.02.2013 - L 7 AS 78/12; LSG T., Urteil vom 08.07.2015 - L 4 AS 718/14 - beide nach juris), kann dies aufgrund der dort vorliegenden Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt gewesen sein. Für die
dortigen Fälle haben die zuständigen Gereichte jeweils homogene Lebensverhältnisse im ganzen Landkreis festgestellt. Für den
vorliegenden Fall des Landkreises B-Stadt beurteilt der Senat aufgrund der oben aufgezeigten, individuellen Umstände die Sachlage
anders, ohne dass damit ein Widerspruch zu den Rechtsauffassungen der anderen Gerichte bestehen muss.
Zutreffend verweist der Beklagte darauf, dass die konkreten Umstände des Einzelfalls im Hinblick auf den Verweis auf eine
andere Wohnung - wie zB schulpflichtige Kinder oder Heranwachsende innerhalb der Bedarfsgemeinschaft - erst auf der konkreten
Ebene in einem weiteren Schritt zu prüfen wäre. Allerdings sind die eben genannten Kriterien der Verbundenheit der verschiedenen
Gemeinden schon auf abstrakter Ebene bei der Vergleichsraumbildung zu berücksichtigen. Der Vergleichsraum ist so zu bilden,
dass dort lebende Leistungsberechtigte ohne individuelle Besonderheiten dem Grunde nach umziehen können, ohne ihr soziales
Umfeld zu verlieren (vgl auch LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11.07.2017 - L 10 AS 333/16 - juris - mwN). Diese Anforderung an die Vergleichsraumbildung im Rahmen einer abstrakten Angemessenheitsprüfung ist auch
erforderlich, da andernfalls nicht davon ausgegangen werden könnte, dem Konzept käme eine Vermutungswirkung dahingehend zu,
dass der unangemessen wohnende Leistungsberechtigte eine angemessene Wohnung finden könnte (zu einer solchen Vermutungswirkung:
BSG, Urteil vom 13.04.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 46). Eine solche Vermutungswirkung nimmt der Beklagte für sein Konzept selbst an, wie er im Berufungsverfahren
ausgeführt hat. Wären im Konzept die Daten von Wohnungen außerhalb des Vergleichsraums eingeflossen, so würde eine fiktive
Verweisung auf Wohnungen erfolgen, die schon abstrakt gesehen außerhalb des sozialen Umfelds lägen. Die besonderen Umstände
der Kläger sind hier noch nicht berücksichtigt. Konkrete Besonderheiten sind dann noch unabhängig von der abstrakten Prüfung
zusätzlich im Rahmen der konkreten Angemessenheitsprüfung in einem zweiten Schritt zu beachten. Auch führt die Aufteilung
des Landkreises in mehrere Vergleichsräume nicht zwangsläufig dazu, dass keine repräsentativen und ausreichenden Daten mehr
erhoben werden könnten, weil zu kleine Wohnungsmärkte betrachtet werden müssten. Insofern stehen im Landkreis nach den Angaben
im Konzept mit ca 52.800 Wohnungen nahezu doppelt so viele zur Verfügung wie in der Stadt B. mit 26.900 Wohnungen, die einen
eigenen Vergleichsraum bilden soll. Es ist ebenso nicht nachvollziehbar, dass bei einem kleineren Vergleichsraum eher die
Gefahr einer verstärkten Ghettoisierung drohen soll. In jedem Fall wäre diesbezüglich sicherzustellen, dass nicht nur in einzelnen
Gebieten angemessener Wohnraum zur Verfügung steht, was durch entsprechende Berücksichtigung von Mietdaten bzw der Prüfung
einer Verfügbarkeit von anmietbaren Wohnungen erreicht werden kann.
Die Wohnsitzgemeinde der Kläger, A-Stadt, ist mit ihren 3.354 Einwohnern (Stand: 31.12.2014 - www.landkreis-B-Stadt.de) offensichtlich
zu klein, um über einen eigenen hinreichend großen Wohnungsmarkt zu verfügen und einen eigenen Vergleichsraum darzustellen.
Jedenfalls kann dies mangels weiterer Daten nicht festgestellt werden. Soweit das LSG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 31.01.2018
- L 5 AS 201/17 - juris) bei einem vergleichbaren Konzept einen eigenen Vergleichsraum für die wesentlich größere Stadt Blankenburg im Landkreis
Harz gebildet hat, ist dies deshalb hier nicht übertragbar. Ein Rückgriff auf die Angemessenheitswerte aus den Wohnungsmarkttypen
- hier der für A-Stadt im Konzept festgestellte Typ I - kann entgegen den Ausführungen des LSG Sachsen-Anhalt (aaO) zur Überzeugung
des Senats nicht erfolgen. Es wäre dabei nicht ausgeschlossen, dass Mietwerte aus anderen Vergleichsräumen für die Bildung
der Angemessenheitswerte in A-Stadt herangezogen würden. Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten
und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (vgl BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R; Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 70). So können folglich für einen Vergleichsraum für einen nach Größe definierten Wohnungstyp, orientiert
an der Personenzahl der Mitglieder der Bedarfs- oder Einsatzgemeinschaft, nicht mehrere Angemessenheitsgrenzen - vorliegend
differenziert nach Wohnungsmarkttypen - festlegt werden (so auch Knickrehm, SGb 2017, 241 (248) mit dem Verweis auf die Logik der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris -, in dem einer Gemeinde ohne eigene Mietenstufe nach dem WoGG die Mietstufe einer größeren Gemeinde im Vergleichsraum zugewiesen worden ist). Die Einbeziehung von Mietwerten anderer Vergleichsräume
könnte zu einer fehlerhaften Abbildung des Mietpreisniveaus im maßgeblichen Vergleichsraum führen. Soweit im Rahmen der Clusterbildung
zwar anhand von Indikatoren vergleichbare Kommunen mit vergleichbaren Strukturen zusammengefasst werden, bedeutet dies nicht,
dass in den Kommunen das tatsächliche Mietniveau gleich sein muss. Dies bedeutet, dass die Gefahr besteht, wenn aus einem
anderen Vergleichsraum, aber einem gleichen Wohnungsmarkttyp deutlich mehr günstige Wohnungen in die Auswertung einfließen,
eine niedrigere Angemessenheitsgrenze für den maßgeblichen Vergleichsraum gelten könnte, der dem dortigen Niveau nicht vollständig
entspricht.
Da es bei Gemeinden mit deutlich weniger als 10.000 Einwohnern unter Berücksichtigung der Grenze im Wohngeldrecht (entsprechend
§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WoGG) im Regelfall nicht möglich ist, einen eigenen Vergleichsraum zu bilden (vgl dazu Lauterbach, SGb 2016, 528; Sächsisches LSG; Beschluss vom 14.12.20017 - L 7 AS 513/16 B ER - juris), bedarf es weiterer Ermittlungen und Erhebungen von Daten, um bestimmen zu können, zu welchem Vergleichsraum
A-Stadt zu zählen ist. Es wäre denkbar, dass der Landkreis B-Stadt unter Berücksichtigung der Mittelzentren H-Stadt, M-Stadt,
N-Stadt und E-Stadt jeweils ausgehend von diesen zusammen mit ihren umliegenden kleineren Gemeinden Vergleichsräume bilden
könnten (zur Berücksichtigung von Mittelzentren und deren ländliches Umland als möglicher Vergleichsraum: Forschungsbericht
478 des IWU vom 30.11.2016 (158); Knickrehm, Das schlüssige Konzept, SGb 2017, 241 (248)), ggf auch ein weiterer Vergleichsraum mit den um die Stadt B. liegenden Gemeinden. Damit würden möglicherweise Gemeinden
mit einer Entfernung von 10 bis 20 km zusammengefasst, die damit eine gewisse Nähe aufweisen könnten (vgl dazu auch BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11.07.2017 - L 10 AS 333/16 - beide nach juris).
Eine Festlegung von Vergleichsräumen, die die oben beschriebenen Kriterien ausweisen, ist dem Senat jedoch nachträglich nicht
möglich. Die umfassende Ermittlung der Daten sowie deren Auswertung im Sinne der Erstellung eines schlüssigen Konzepts ist
Angelegenheit des Grundsicherungsträgers und bereits für die sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig.
Der Beklagte wurde vom Gericht mit Schreiben vom 03.08.2017 aufgefordert, entsprechende Daten (ausgehend von 2012 bzw den
streitgegenständlichen Zeiträumen) zu ermitteln und vorzulegen, insbesondere was die verkehrstechnische Verbundenheit der
Orte in diesen Bereichen, Pendelströme, Infrastruktur (zB Ärzte, Bildungseinrichtungen, Einkaufsmöglichkeiten) etc anbelangt.
Dennoch ist er seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach §
103 S. 1 2. Halbs
SGG, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung
nachzuholen (vgl dazu nur BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 85), nicht nachgekommen. Darauf, dass entsprechende Daten nicht vorgelegt worden sind, hat der Senat
auch mit Schreiben vom 27.11.2017 nochmals hingewiesen. Da keine ausreichenden Daten vorgelegt wurden bzw vorliegen und die
anzustellenden Ermittlungen einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erforderten, ist die Amtsermittlungspflicht des Senats hier
begrenzt (vgl BSG aaO). Ein schlüssiges Konzept kann so vom Senat nicht erstellt werden.
Darüber hinaus sind auch die aus der Datenerhebung gezogenen Schlüsse unzutreffend.
Zutreffend wird zunächst im Konzept auf Seite 10 darauf hingewiesen, dass für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze der
Unterkunftskosten auf das untere Marktsegment abzustellen ist. Es sollten dafür - so heißt es auf Seite 10 und 17 des Konzeptes
- die Mieten des gesamten Wohnungsmarktes zugrunde gelegt werden und nicht lediglich Wohnungsmieten des unteren Marktsegments
erhoben werden. Um aus diesen Mietdaten die unterhalb des Mittelwertes liegende OB-Stadtrenze des unteren Marktsegments zu
ermitteln, wurde ua für Vier-Personen-Haushalte im Landkreis B-Stadt eine Perzentilgrenze von 33% festgelegt (Seite 20 des
Konzepts).
Im Konzept wurde der gesamte Wohnungsmarkt jedoch nicht gleichmäßig abgebildet. So erfolgte im Bereich des Landkreises B-Stadt
nach der Stellungnahme von A& K vom 12.04.2016 die Ermittlung der Bestandsmieten nicht nur über Wohnungsunternehmen (780 erhaltene
Datenpunkte) und private Vermieter (473 erhaltene Datenpunkte), sondern auch über vom Beklagten bereitgestellte Daten zu den
Unterkunftskosten der Leistungsberechtigten (1.876 Datenpunkte). Damit betrug der Anteil der von Leistungsberechtigten erhobenen
Bestandsmieten 60% (1.876 von 3.129). Auch nach dem Herausstreichen etlicher Datensätze aus dem Bestand des Beklagten erfolgte
die Ermittlung der Richtwerte immer noch aufgrund von 49,56% (1.127 Datensätze nach Bereinigung und Extremwertkappung von
2.274 Datensätzen) Datensätzen, die aus den Mietverhältnissen der Leistungsberechtigten herrührten. Bei diesen Datenpunkten
kann aber nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass es sich um einen repräsentativen Wohnungsbestand mit einfachem,
mittlerem und gehobenem Wohnungsstandard handelt. Vielmehr handelt es sich insofern um einen Rückgriff auf Daten aus dem einfachen
Segment (vgl BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R; Urteil vom 23.08.2011 - B 14 AS 91/10 R - beide nach juris). Bei den von Wohnungsunternehmen und privaten Vermietern erhobenen Mietwerten mag es sich um eine repräsentative
Abbildung aller Wohnungsstandards handeln. Hier kann keine Differenzierung oder eine bestimmte Aufteilung nach Standard erkannt
werden. Da aber der Gesamtdatenbestand deutlich überproportional durch den Anteil der Wohnungen einfachen Standards geprägt
wird, hätte dies bei der Bemessung der OB-Stadtrenze berücksichtigt werden müssen. Werden nur Wohnungen des einfachen Standards
berücksichtigt, muss zur Vermeidung von Zirkelschlüssen als Angemessenheitsgrenze grundsätzlich die obere Preisgrenze dieses
Segments gewählt werden, nicht aber von diesen nochmals ein Durchschnittswert gebildet werden (vgl BSG, Urteil vom 23.08.2011 - B 14 AS 91/10 R; Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - beide zitiert nach juris). Vorliegend wurde aber nur das unterste 33%-Perzentil aller Wohnungen berücksichtigt, nicht
einmal nur der Durchschnitt. Auch wenn die Daten, die nicht vom Beklagten bereitgestellt wurden, alle Wohnstandards - nach
Ausschluss von Luxuswohnungen und Substandardwohnungen - enthalten haben, so war der Gesamtdatenbestand überwiegend schon
von Wohnungen einfachen Standards geprägt. Dies bedeutet, dass durch die undifferenzierte Heranziehung des Wohnungsbestandes
der Leistungsberechtigten ein ganz erheblicher Teil durch die 33%-Perzentilgrenze zwangsläufig oberhalb der festgelegten Richtwerte
liegen muss. Es wurde durch die Festlegungen im Konzept damit die OB-Stadtrenze des einfachen Standards nochmals gekürzt.
Daran ändert auch das iterative Verfahren nichts. Damit soll sichergestellt werden, dass durch Erhöhung oder Absenkung der
aus den Bestandsmieten gebildeten Perzentilgrenze ausreichend Wohnraum angemietet werden kann. Zum einen bezieht sich die
insofern auf zwei Wohnungsmarkttypen bezogene Sammlung von Angebotsmieten nicht auf einen zutreffenden (nicht festgelegten)
Vergleichsraum, zum anderen kann man damit alleine nicht die Grenze der Mietniveaus von Wohnungen einfachen Standards auf
dem Wohnungsmarkt definieren. Es besteht die Gefahr, dass zwar ein Angebot an günstigen Wohnungen vorhanden ist, aber aufgrund
einer zu niedrig bestimmten Angemessenheitsgrenze zu viele Leistungsberechtigte unangemessen wohnen, was zu einer verstärkten
Nachfrage nach günstigem Wohnraum mit der Folge führen würde, dass das Angebot an angemessenen Mietwohnungen nicht ausreichend
wäre. Trotz mehrfacher Aufforderung durch den Senat (Schreiben vom 27.06.2017; Erinnerung vom 16.03.2018) hat der Beklagte
auch keine Zahlen dazu vorgelegt, wie viele Leistungsberechtigte im August 2012 als Vier-Personen-Haushalt über der Angemessenheitsgrenze
des Konzeptes gelegen waren.
Da die Daten der Leistungsberechtigten in den Rohdaten nicht entsprechend gekennzeichnet sind und auch im Rahmen von Doppelerhebungen
bei den von Dritten erhobenen Mietdaten teilweise herausgestrichen worden sind, kann im Einzelnen nicht mehr verifiziert werden,
hinsichtlich welcher Werte eine Anpassung hätte erfolgen müssen bzw von welchen Datensätze die OB-Stadtrenze des entsprechenden
Segments hätte gewählt werden müssen. In der Stellungnahme vom 12.04.2016 hat A& K zudem ausgeführt, wie viele Daten von Wohnungen,
die an Grundsicherungs- oder Wohngeldempfänger vermietet seien, innerhalb der Vermieterbefragung erhoben wurden, lasse sich
nicht feststellen. Auch hier ist es dem Senat nicht möglich, nachträglich aus den vorgelegten Daten ein schlüssiges Konzept
zu entwickeln.
Ob aus den Datensätzen des Beklagten Substandardwohnungen im Übrigen tatsächlich ausgesondert bzw überhaupt die Daten daraufhin
überprüft worden sind, kann deshalb hier dahinstehen. Gleiches gilt für die Frage, ob mit der Berücksichtigung der Angebotsmieten
im Rahmen des sogenannten iterativen Verfahrens den Anforderungen des BSG an die Berücksichtigung von Neuvertragsbzw Angebotsmieten ausreichend Rechnung getragen wird oder ob es sich nicht lediglich
um eine Ergebniskontrolle handelt (vgl dazu BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris).
Da auch die Fortschreibung des Konzepts 2014 auf dem Konzept aus 2012 beruht und lediglich mithilfe eines Indexes angepasst
worden ist, liegt auch für die Zeit ab 2014 kein schlüssiges Konzept vor. Es kann daher dahinstehen, ob und in welcher Form
die Entwicklung der Wohnungsmarktsituation vor einer Fortschreibung anhand eines Verbraucherpreisindexes zu erfolgen hat und
ob dies hier geschehen ist. So spricht auch § 22b Abs. 2 SGB II, der zur Auslegung des Angemessenheitsbegriffs in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II herangezogen werden kann (vgl dazu BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 06.10.2017 - 1 BvL 2/15 und 5/15 - alle juris), von einer Überprüfung der Werte nach zwei Jahren und einer dann gegebenenfalls vorzunehmenden neuen
Festsetzung.
Dem Senat war es vorliegend mangels Vorliegens der notwendigen Daten insbesondere zur Vergleichsraumfestlegung nicht möglich,
selbst ein schlüssiges Konzept zu erstellen. Es ist damit ein Erkenntnisausfall gegeben, der es notwendig macht, auf die Tabellenwerte
des WoGG zurückzugreifen (vgl dazu BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 73; Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 44/12 R - juris; Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 59). Nach dem maßgeblichen Höchstwerte der Tabelle nach § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10% (vgl dazu BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris) ergibt sich für A-Stadt mit Mietenstufe I nach der rechten Spalte ein Höchstwert von 539 € (490 € zzgl 10%) zum
31.12.2015 € bzw 577,50 € (525 € zzgl 10%) ab 01.01.2016 für einen Vier-Personen-Haushalt. Die - ohne die Miete für die Garage
geltend gemachte - Bruttokaltmiete der Kläger lag mit 480 € (430 € Nettokaltmiete zzgl 50 € Vorauszahlung für kalte Nebenkosten)
unterhalb dieser Höchstwerte, so dass die tatsächlichen Aufwendungen zu berücksichtigen waren. Die Bedarfe für Heizung sind
daneben vom Beklagten zu Recht in tatsächlicher Höhe angesetzt worden, da sie unterhalb der Höchstwerte des jeweiligen Bundesheizspiegels
lagen.
Ob das Konzept auch aus anderen Gründen fehlerhaft sein könnte, weil im Verhältnis zu viele Mietwerte von Wohnungsunternehmen
eingeflossen sind, Angebots- und Neuvertragsmieten nicht ausreichend Berücksichtigung gefunden haben oder die durchschnittlichen
Betriebskosten nicht zutreffend ermittelt wurden, kann damit offen bleiben.
Die Kläger haben demnach Anspruch auf Berücksichtigung ihres tatsächlichen Bedarfs für Unterkunft und Heizung iHv insgesamt
580 € monatlich, womit sich ein höherer Leistungsanspruch iHv 40,46 € für Januar 2015 und 71,40 € für Februar 2015 bis Februar
2016 ergibt. Da im Rahmen des Tenors des Gerichtsbescheides des SG die Zahlung eines monatlichen Betrages an die gesamte Bedarfsgemeinschaft angegeben wurde, unklar aber bleibt, in welcher
Höhe der individuelle Anspruch des einzelnen Mitglieds besteht, und zudem nicht allein auf die zuletzt endgültige Leistungen
festsetzenden Bescheide abgestellt wurde, war der Tenor diesbezüglich zur Klarstellung zu korrigieren. Unter Berücksichtigung
des tenorierten zusätzlichen Bedarfs für Unterkunft und Heizung hat der Beklagte den Klägern entsprechend den jeweiligen individuellen
Ansprüchen weiteres Alg II bzw Sozialgeld zu zahlen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nrn 1 und 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.