Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
Erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit
Gesamte berufliche Qualifikation
Einschränkung der Leistungsfähigkeit
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Die im September 1970 geborene Klägerin hat nach Erlangung der allgemeinen Hochschulreife von September 1992 bis Juli 1994
den Beruf der Bankkauffrau erlernt. Sie war im Anschluss daran bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit am 6. Juli 2010 als
Kreditsachbearbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt.
Mit Schreiben vom 30. Dezember 2011 stellte die Klägerin bei der Bundesagentur für Arbeit einen Antrag auf Leistungen zur
Teilhabe am Arbeitsleben. Sie gab an, aufgrund einer Unverträglichkeit von Toner aus Laserdruckern müsse sie diese dauerhaft
meiden. Dies sei bei einer Bank nahezu unmöglich. Bei Tonerkontakt träten Erschöpfung, Schwindel, unregelmäßiger Bluthochdruck,
phasenweise Sehstörungen, Schleimhautreizungen, extremes Brennen der Schleimhäute, Halsschmerzen, Atemprobleme, Blasenstechen
sowie Magen-Darm-Beschwerden (Übelkeit, Sodbrennen, Durchfall) auf. Aufgrund ihrer Fibromyalgie leide sie unter ständig vorhandenen
Schmerzen in der Muskulatur und in den Sehnenansätzen vor allem an der Wirbelsäule, an Schultern, Händen, Handgelenken, Knien
und Sprunggelenken sowie am Kopf. Auch führten Durchschlafstörungen zu körperlicher und geistiger Erschöpfung und ausgeprägter
Müdigkeit. Schließlich werde sie durch einen Reizdarm sehr eingeschränkt.
Vorgelegt wurden ein Befundbericht von Dr. N. (Fibromyalgiesyndrom, Polymyalgie) vom 7. Oktober 2011 sowie ein Attest von
Assoc. Prof. Dr. Dr. med. C. E. vom 3. August 2010, wonach bei der Klägerin durch laborchemische Untersuchungen eine entzündliche
Überempfindlichkeitsreaktion gegenüber verschiedenen Tonerproben festgestellt worden sei. Bei Exposition würden hierdurch
verschiedenste Krankheitsbeschwerden auftreten. Beigefügt war ein Bericht der Gesellschaft für angewandte Immunologie, wonach
bei der Klägerin eine basal deutlich erhöhte TNFalpha-Sekretion in vitro und ein Hinweis auf eine entzündliche Präaktivierung
des zellulären Immunsystems vorlägen. Der Befund spreche für eine mögliche entzündliche Überempfindlichkeitsreaktion gegenüber
Bestandteilen der positiv getesteten Tonerproben. Beigefügt war schließlich auch eine ärztliche Anzeige des HNO-Arztes Dr.
G. vom 9. Dezember 2009 bei Verdacht auf eine Berufskrankheit an die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG), D-Stadt.
Die Agentur für Arbeit B-Stadt gab den Antrag mit Schreiben vom 30. Dezember 2011 an die Beklagte zuständigkeitshalber ab.
Die Beklagte zog eine gutachterliche Äußerung von Dr. E. für die Agentur für Arbeit, B-Stadt, vom 12. August 2011 bei, wonach
im Vordergrund eine psychovegetative Minderbelastbarkeit stehe. Hinzu käme eine Überempfindlichkeit auf Toner. Aus den Unterlagen
gehe nicht hervor, dass die Klägerin nicht entsprechend ihrem Alter und ihren Fähigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
eingesetzt werden könne. Eine unmittelbare Exposition auf Stäube der angeschuldigten Toner von Laserdruckern sollte im Idealfall
allerdings vermieden werden.
Nach Beiziehung eines weiteren Befundberichts des HNO-Arztes Dr. G. lehnte die Beklagte mit angefochtenem Bescheid vom 15.
Februar 2012 den Antrag ab. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei nicht erheblich gefährdet oder gemindert, weil sie in der
Lage sei, eine Beschäftigung als Bankkauffrau weiterhin auszuüben.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und erklärte, sie sei aufgrund erheblicher allergischer Reaktionen gegen Druckertoner
nicht in der Lage, einer Bürotätigkeit nachzugehen. In Räumen, in denen eine Luftbelastung durch Toner vorhanden sei, könne
sie sich nicht aufhalten. Dadurch sei die Tätigkeit als Bankkauffrau nicht mehr wettbewerbsfähig auszuführen. In Betracht
komme vielleicht eine Umschulung zur Ergotherapeutin. Es sei ein Grad der Behinderung von 30 anerkannt. Ein Lungenfacharzt
habe ein Asthma bronchiale mit schwerer bronchialer Hyperreagibilität festgestellt. Aus dem vorgelegten Bescheid des Versorgungsamtes
B-Stadt vom 12. März 2012 gehen als Gesundheitsstörungen ein generalisiertes Schmerz- und Erschöpfungssyndrom (Einzel-GdB
30) sowie eine Allergie (Einzel-GdB 10) hervor.
Die Beklagte zog diverse Befundberichte und eine ärztliche Stellungnahme von Dr. P. für die VBG bei. Nach dieser Stellungnahme
vom 6. Juli 2010 liegen bei der Klägerin unspezifische Symptome mehrerer Organsysteme vor. Eine Exposition gegenüber Tonerstaub
habe nicht bestanden, eine Gefährdung im Rahmen der angegebenen Tätigkeit sowie ein Zusammenhang zwischen den gemeldeten Symptomen
und Befunden und Tonerstaub im Sinne einer Berufskrankheit seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen.
Aus einem ebenfalls beigezogenen Bescheid vom 4. November 2010 geht hervor, dass die VBG die Anerkennung einer Berufskrankheit
abgelehnt hat.
Vom 12. Juni 2013 bis 17. Juli 2013 nahm die Klägerin an Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation auf psychosomatischer/psychotherapeutischer
Grundlage teil. Ausweislich des Entlassungsberichts vom 18. Juli 2013 wurden dort bei der Klägerin ein Asthma bronchiale,
vorwiegend intrinsisch mit teilweiser exogener Induktion, eine Cervicobrachialgie und eine Idiosynkrasie mit grippeartigen
Symptomen bei Exposition, derzeit erscheinungsfrei, diagnostiziert. Die Klägerin sei noch in der Lage, auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt sowie als Bankkauffrau 6 Stunden und mehr täglich Arbeiten zu verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit
inhalativer Belastung sowie das Heben, Tragen und Bewegen überwiegend schwerer Lasten ohne technische Hilfsmittel.
Der Widerspruch wurde daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2014 zurückgewiesen. Die Klägerin könne noch die Tätigkeit
als Bankkauffrau ohne erhebliche Gefährdung oder Minderung ihrer Erwerbsfähigkeit ausüben.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben und vorgetragen, die Tätigkeit als Bankkauffrau könne von ihr nicht mehr ausgeübt werden. Dies ergebe sich aus der
bewiesenen entzündlichen Überempfindlichkeitsreaktion gegenüber dem durch Laserdrucker im bisherigen Arbeitsumfeld emittierten,
hochtoxischen Tonerstaub. Dieser habe nachgewiesenermaßen nachteiligen Einfluss auf ihre gesundheitliche Situation.
Nach Beiziehung weiterer Befundberichte hat das SG von Amts wegen Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Internisten, Lungenarztes und Allergologen Dr. C ... Dr.
C. hat in seinem Gutachten vom 18. August 2014 bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: 1. Gemischtförmiges
Asthma bronchiale, überwiegend intrinsisch, derzeit medikamentös gut kontrolliert 2. Verdacht auf eine Allergie auf Birkenpollen,
Penicillium notatum (serologisch) 3. Anamnestisch Laktoseintoleranz 4. HWS-Syndrom, Verdacht auf weitere Erkrankung des Halte-
und Stützapparates.
Eine wesentliche, bereits bestehende Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Beruf als Bankkauffrau/Kreditsachbearbeiterin
bestehe nicht. Es sei unsicher, ob eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben die Teilhabe der Klägerin auf Dauer sichern
könne. Die Einholung eines Gutachtens auf psychiatrischem/psychologischem, psychosomatischem Fachgebiet sei erforderlich.
Die Klägerin hat hierzu erklärt, das Gutachten sei aus verschiedenen Gründen nicht überzeugend. Dr. C. gelange insbesondere
zu der unzutreffenden Aussage, dass eine objektivierbare Beeinträchtigung der Klägerin durch Tonerstaub nicht vorliege. Entgegen
der ebenfalls unzutreffenden Annahme des gerichtlichen Sachverständigen sei eine nervenärztliche Begutachtung nicht veranlasst.
Das SG hat daraufhin mit Urteil vom 11. März 2015 die Klage insbesondere unter Berufung auf das Gutachten von Dr. C. und die arbeitsmedizinische
Stellungnahme des Dr. P. vom 6. Juli 2010 abgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und vorgetragen, Dr. C. habe sie nicht auf
Typ IV-Allergien getestet. Die wissenschaftlich fundierten Äußerungen der Ärzte Dr. E. und Dr. G. belegten, dass die Einschätzung
von Dr. C. unzutreffend sei, wonach die Tonerstaub-Allergie für die von ihr geklagten Beschwerden nicht ursächlich sei. Die
Einschätzung des SG, dass eine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit in der Tätigkeit als Bankkauffrau nicht beweisbar sei, sei unzutreffend, da die
geklagten, die konkrete Berufstätigkeit ausschließenden Gründe nach den Gesetzen der Logik so oder so pathologischer Art sein
müssten. Auch sei keine Einschätzung des Reha-Fachdienstes eingeholt worden.
Nach Beiziehung weiterer Befundberichte hat das Gericht unter Beifügung eines Auszugs aus dem berufenet der Bundesagentur
für Arbeit (Bankkaufmann) zunächst eine ergänzende Stellungnahme nach Aktenlage von Dr. C. eingeholt. Unter dem 17. Juni 2015
hat der Sachverständige erklärt, er halte an seiner bisherigen sozialmedizinischen Beurteilung fest. Es bestehe nach wie vor
der Verdacht auf eine psychosomatische Ätiologie.
Die Klägerin hat dargelegt, es habe Mängel bei der Befunderhebung von Dr. C. gegeben. Es bestehe eine T-Zell-Sensibilisierung
auf Toner-Farbstoffe. Schließlich sei auch bei Bäckern eine Mehlstauballergie anerkannt. Es müsse auch die individuelle Unverträglichkeit
auf geringe Mengen zählen. Dr. C. solle zur mündlichen Verhandlung geladen werden, um ihm Fragen stellen zu können. Die gerichtliche
Bitte, Fragen vorzulegen, die Dr. C. zur Beantwortung übersandt werden können, blieb unbeantwortet.
Der Senat hat sodann ein nervenärztliches Gutachten von Dr. D. vom 22. November 2016 eingeholt, der bei der Klägerin auf neuropsychiatrischem
Fachgebiet keine Gesundheitsstörungen festgestellt und im Übrigen auf das Gutachten von Dr. C. verwiesen hat. Die Erwerbsfähigkeit
der Klägerin in der Tätigkeit als Bankkauffrau/ Kreditsachbearbeiterin sei aus neuropsychiatrischer Sicht nicht gefährdet
oder gemindert. Weitere Gutachten seien nicht erforderlich.
Hierzu hat die Klägerin erklärt, das Gutachten von Dr. D. sei nicht sehr hilfreich.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 11. März 2015 sowie des Bescheids vom 15. Februar
2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Januar 2014 zu verurteilen, der Klägerin Leistungen zur Teilhabe am
Arbeitsleben entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 15. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 16. Januar 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat als zuständiger Rehabilitationsträger
(vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 5 Nr. 2; §§
14 Abs.
1 S. 1, 2, Abs.
2 S. 1-3
SGB IX) zu Recht die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgelehnt.
Nach §
10 Abs.
1 S. 1
SGB VI haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe erfüllt, 1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit
oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich
a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit zur Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
abgewendet werden kann, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich
gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, c) bei teilweiser
Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe
am Arbeitsleben erhalten werden kann.
Die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe werden von der Klägerin nicht erfüllt, da ihre Erwerbsfähigkeit
wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung nicht erheblich gefährdet oder gemindert ist.
Eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit liegt vor, wenn nach ärztlicher Feststellung durch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen
und die damit verbundenen Funktionseinschränkungen in absehbarer Zeit mit einer Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben
zu rechnen ist. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit ist jede länger dauernde, nicht unwesentliche Einschränkung der vollen
Leistungsfähigkeit. Hierbei ist auf die gesamte berufliche Qualifikation abzustellen, also auf das Berufsbild in voller Breite
und nicht lediglich auf die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit in der Ausgestaltung des konkreten Arbeitsplatzes. Dabei
sind auch berufliche Tätigkeiten der letzten Jahre mit einzubeziehen, wenn sie nicht allzu lange zurückliegen; vgl. BSG in BSGE 49, 263. Erwerbsfähigkeit ist also die Fähigkeit zur möglichst dauernden Ausübung der bisherigen beruflichen Tätigkeit im normalen
Umfang. Eine geminderte Erwerbsfähigkeit liegt nicht nur vor, wenn eine Erwerbsminderung i. S. des § 43 gegeben ist, sondern
bereits dann, wenn die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben nicht unwesentlich eingeschränkt ist und der Versicherte daher nicht
in der Lage ist, seinen Beruf normal auszuüben (KassKomm,
SGB VI, §
10 Rn. 6).
Nach den überzeugenden Feststellungen der Sachverständigen Dr. C. und Dr. D. ist die Erwerbsfähigkeit der Klägerin in dem
maßgeblichen Beruf der Kreditsachbearbeiterin/Bankkauffrau weder gemindert noch erheblich gefährdet.
Die Klägerin war bei der Untersuchung durch Dr. C. in einem guten Allgemein- und normalen bis mageren Ernährungszustand. Zeichen
der zentralen oder peripheren Sauerstoffuntersättigung ergaben sich nicht. Die oberen Atemwege waren ebenso unauffällig wie
die Auskultation von Lunge und Herz, Puls- und Reflexstatus waren regelrecht. Unauffällige Befunde ergaben sich auch bei der
Laboruntersuchung, der Bestimmung der Diffusionskapazität, der exhalativen NO-Bestimmung, der Blutgase in Ruhe und zum Ende
einer Belastung auf dem Fahrradergometer, der Ergometrie selbst und der Röntgenuntersuchung des Thorax.
Die Lungenfunktionsprüfung ergab eine nur geringgradige Überblähung. Eine Obstruktion oder eine Restriktion der Atemwege waren
nicht nachweisbar. Insgesamt fanden sich Hinweise auf eine geringgradig ausgeprägte bronchiale Überempfindlichkeit im Sinne
eines medikamentös gut kontrollierten Asthmas.
Diese objektivierten Gesundheitsstörungen der Klägerin stehen einer Tätigkeit als Bankkauffrau nicht entgegen. Hieraus lassen
sich nachvollziehbar nur qualitative Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit der Klägerin dahingehend ableiten, dass Berufe nicht
mehr zumutbar sind, die mit der Exposition gegenüber Staub, Rauch, Gas, Kälte und anderen Irritantien verbunden sind. Derartige
Einflüsse sind mit einer Tätigkeit als Bankkauffrau nicht verbunden. Die von der Klägerin geltend gemachte Belastung durch
"Tonerstaub" ist damit nicht vergleichbar.
In Bezug auf die von der Klägerin geltend gemachten vielfältigen Beschwerden in Form von Müdigkeit, Erschöpfung, Schwindel,
Benommenheit, Konzentrationsunfähigkeit, Kraftlosigkeit, grippeartigen Symptomen (Brennen in der Nase, Anschwellen der Nasenschleimhaut,
Reizhusten beim Sprechen), Magen-Darmbeschwerden und Blasenstechen, die sie auf die Exposition gegenüber Tonerstäuben des
am Arbeitsplatz aufgestellten Druckers und der Laserdrucker am Gesamtarbeitsplatz zurückführt, hat Dr. C. für den Senat nachvollziehbar
ausgeführt, dass die Frage nach einem Zusammenhang zwischen Expositionen gegenüber druckerspezifischen Emissionen und Gesundheitsbeschwerden
bzw. -schäden aus wissenschaftlicher Sicht derzeit nicht befriedigend beantwortet werden kann.
Diese Einschätzung steht auch im Einklang mit einer einschlägigen Gefährdungsbeurteilung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz
und Arbeitsmedizin vom Juli 2015. Danach resultieren aus den mit Laserdruckern verbundenen Emissionen keine relevanten Risiken,
die für eine Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz zu berücksichtigen wären. Die Staubgrenzwerte werden an Büroarbeitsplätzen
weit unterschritten (etwa Faktor 100). Zwar ist bei solch niedriger Exposition am ehesten denkbar, dass Personen, die bereits
eine Haut- oder Atemwegssensibilisierung gegenüber bestimmten Stoffen besitzen, allergisch gegen bestimmte stoffliche Komponenten
in den Emissionen reagieren könnten. In der wissenschaftlichen Literatur veröffentliche Erfahrungen bei Menschen belegen aber
bisher keine stofflich bedingten Erkrankungen durch Emissionen aus Laserdruckern und Kopiergeräten. Klare Hinweise aus Feld-
oder Fallstudien liegen weder für die Entstehung einer Sensibilisierung noch für die Auslösung einer allergischen Reaktion
bei bereits sensibilisierten Personen vor.
Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die medizinische Beweiserhebung in einer vom Bayerischen Landessozialgericht rechtskräftig
entschiedenen Unfallstreitsache. Auch nach den Erkenntnissen des dort beauftragten medizinischen Sachverständigen Prof. Dr.
D. liegen derzeit noch keine ausreichend gesicherten Erkenntnisse in der medizinischen Wissenschaft und Lehre vor, dass spezifische
gesundheitliche Probleme wie ein Asthma bronchiale durch Emissionen von Tonerstaub (Laserdrucker) verursacht werden (vgl.
Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 24. Mai 2016, Az. L 3 U 385/14, in [...] Rn. 34). In dem dortigen Verfahren hat der dortige Sachverständige sich zur Stützung dieser Auffassung sowohl auf
internationale (D'Alesandro, Bai, Kitamoro u.a.) als auch auf eigene Untersuchungen gestützt. So habe sich in Untersuchungen
mit etwa 600-800 Arbeitnehmern vor allem in Japan kein relevanter Zusammenhang zwischen einer Tonerexposition und Lungenfunktionseinschränkungen
nachweisen lassen. Auch in einer Fallstudie mit 69 Personen an der Universität Gießen haben sich keine Hinweise auf entzündliche
Reaktionen der Atemwege, eine systemische Entzündung oder eine erhöhte Allergieneigung bei Arbeitnehmern mit arbeitsplatzbezogenen
Beschwerden ergeben.
Hinzu kommt bei der Klägerin, dass diese nicht nur Beschwerden der oberen und unteren Atemwege im Sinne einer Reizung derselben
auf die Belastung mit Tonerstaub zurückführt, sondern eine Allgemeinsymptomatik mit bis heute anhaltender Erschöpfung, Müdigkeit,
Schwindel und einer Vielzahl anderer unspezifischer Symptome wie etwa Störungen des Magen-Darmtrakts in diesem Zusammenhang
geltend macht. Selbst unter Karenz der angeschuldigten Tonerstäube hat die Klägerin entgegen aller medizinischen Erwartungen
keine Beschwerdefreiheit, sondern eine bloße Besserung erreicht. Ein Zusammenhang derartiger, nicht atemwegsassoziierten Beschwerden
mit Tonerstäuben, die darüber hinaus auch nicht vergehen, wenn die Belastung beendet wird, liegt fern. Darüber hinaus hat
die Reha-Klinik S. selbst dann keine Unverträglichkeitsreaktionen beobachten können, wenn sich die Klägerin - was häufig vorkam
- im Rahmen der Reha-Maßnahme in Räumen aufhielt, welche mit Druckern ausgestattet waren.
Schließlich ist auch keine Vergleichbarkeit mit der von der Klägerin angeführten Mehlstauballergie bei Bäckern gegeben. In
diesem Fall sind die Zusammenhänge von Mehlstaub und allergischen Reaktionen wissenschaftlich erwiesen. Hiervon kann bei Tonerstaub
keine Rede sein. Die bloße Möglichkeit eines solchen Zusammenhangs reicht nicht aus, um dem Senat die volle Überzeugung zu
verschaffen, dass durch Tonerstäube derartige Beschwerden der Klägerin tatsächlich ausgelöst werden.
Dr. C. hat für den Senat nachvollziehbar zusammenfassend ausgeführt, dass sich aus objektiv vorliegenden Befunden in somatischer
Hinsicht eine geminderte oder auch nur gefährdete Erwerbsfähigkeit im Beruf einer Bankkauffrau nicht belegen lässt. Die von
der Klägerin geschilderte Symptomatik ist nicht objektivierbar. An dieser Einschätzung ändert sich auch nichts durch die im
Berufungsverfahren vorgelegten weiteren Befundberichte und hierbei insbesondere des Befundberichts von Dr. E. vom 9. Mai 2016,
wonach bei der Klägerin eine T-Zell gesicherte Intoleranz gegenüber Büromaterialen bestehe. Dr. C. hat insoweit zu Recht darauf
hingewiesen, dass laut Dr. E. die Erhöhung des TNF-alpha-Wertes auf Exposition gegenüber Tonerproben nur möglicherweise für
eine entzündliche Überempfindlichkeitsreaktion gegenüber Bestandteilen der positiv getesteten Tonerproben spreche. Ein sicherer
Nachweis ist damit zur Überzeugung des Senats nicht gegeben. Darüber hinaus teilt der Senat gerade angesichts der Ausführungen
der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Bezug auf die fehlenden studienbasierten Nachweise für Zusammenhänge
zwischen Gesundheitsstörungen und Tonerstaub die Zweifel des SG, dass es sich bei dem durchgeführten labortechnischen Verfahren der Firma I. wirklich um ein wissenschaftlich anerkanntes
Testverfahren zum Nachweis einer Allergie auf Tonerstaub handelt.
Der von Dr. C. in den Raum gestellte Verdacht einer psychosomatischen Genese der Beschwerden hat sich nicht bestätigt. Nach
den überzeugenden Ausführungen von Dr. D. gibt es auch aus nervenärztlicher Sicht keinen Grund für die Annahme, die Erwerbsfähigkeit
der Klägerin in der Tätigkeit als Bankkauffrau sei gefährdet oder gemindert. Dr. D. konnte nicht einmal ansatzweise einen
subjektiven Leidensdruck der Klägerin feststellen, von dem Dr. C. noch ausgegangen war. Die Klägerin habe sich, so Dr. D.,
bei einem relativ umfangreichen Aktivitätenspektrum in eine relativ unproblematische und in gewisser Weise behagliche Lebenssituation
zurückgezogen. Die Klägerin war bei der Untersuchung in einer ausgeglichenen Grundstimmung bei ungestörter affektiver Schwingungsfähigkeit.
Es ergaben sich keine nennenswerten kognitiven, mnestischen oder rezeptiven Defizite, der psychopathologische Befund war insgesamt
komplett unauffällig. Auch bei der neurologischen Untersuchung fanden sich keine Gesundheitsstörungen von Krankheitswert.
Schließlich liegt bei der Klägerin auch keine Fibromyalgie vor, die von ihr als Ursache für die geklagten Beschwerden benannt
wurde. Bei der Untersuchung durch Dr. D. waren sämtliche Tenderpoints unauffällig. Auch die Reha-Klinik hat ausgeführt, dass
von einer Fibromyalgie nicht ausgegangen werden könne.
Damit steht nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit fest, dass die Erwerbsfähigkeit der
Klägerin im maßgeblichen Beruf der Bankkauffrau wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich
gefährdet oder gemindert ist. Damit besteht mangels Erfüllung der persönlichen Voraussetzungen i.S.d. §
10 SGB VI kein Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen. Die Beklagte als zweitangegangene Trägerin
ist verpflichtet, Leistungen aufgrund aller Rechtsgrundlagen zu erbringen, die in dieser Bedarfssituation für behinderte Menschen
vorgesehen sind. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin ist jedoch weder gefährdet noch gemindert. Damit sind auch keine Leistungen
zur Teilhabe im Sinne des §
112 SGB III erforderlich, um die Erwerbsfähigkeit der Klägerin zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wieder herzustellen und
ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Leistungen nach dem
SGB VII scheiden von vornherein aus, da die Gesundheitsstörungen der Klägerin keine entschädigungspflichtige Berufskrankheit im Sinne
der Nummer 4302 der Anlage 1 zu
Berufskrankheitenverordnung sowie keine sog. Wie-Berufskrankheit darstellen (vgl. BayLSG, Urteil vom 24. Mai 2016, L 3 U 385/14, in [...] Rn. 23, 38).
Zu weiteren Ermittlungen sah sich der Senat nicht veranlasst. Insbesondere gab es keinen Anlass, Dr. C. zum Termin zu laden.
Von Seiten der Klägerin wurde trotz Nachfrage des Senats nicht verdeutlicht, in welcher Hinsicht dessen Gutachten unklar oder
sonst ergänzungsbedürftig ist. Das Thema der Befragung wurde nicht einmal ansatzweise umrissen (vgl. insoweit Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, §
118 Rn. 12 d, f).
Die Berufung war damit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§§
183,
193 SGG) berücksichtigt, dass die Klägerin auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. §
160 Abs.
2 SGG), liegen nicht vor.