Tatbestand:
Die 1958 geborene Klägerin begehrt von der Beklagten Witwenrente aus der Versicherung ihres 1930 geborenen und am 19.07.2003
verstorbenen Ehemanns N. A ...
Der Versicherte N. A. war nach den vorliegenden Unterlagen ab 1962 in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig
beschäftigt. In seinem Versicherungsverlauf finden sich Pflichtbeitragszeiten für die Ausübung einer Beschäftigung bzw. Zeiten
der Arbeitslosigkeit bis einschließlich März 1995. Mit Bescheid vom 09.05.1995 bewilligte die Landesversicherungsanstalt Hessen
ihm Regelaltersrente ab 01.04.1995. Zumindest seit Februar 2001 hielt er sich auf Dauer in der Türkei auf.
Am 18.12.2003 stellte die Klägerin über den türkischen Sozialversicherungsträger Antrag auf Gewährung von Witwenrente aus
der Versicherung ihres verstorbenen Ehemanns N. A ... Darin hat die Klägerin angegeben, sie habe den Versicherten N. A. am
09.07.2003 geheiratet. Auf Nachfrage der Beklagten vom 10.02.2004 teilte die Klägerin in einem Telefongespräch vom 11.02.2004
einem Übersetzer der Beklagten, Herrn H. K., mit, dass sie ihren verstorbenen Ehemann bis zu 3 Jahren vor der Heirat versorgt
und gepflegt habe. Sie habe bei ihm zuerst als Dienstmädchen zu seiner Pflege angefangen zu arbeiten. Einige Tage vor seinem
Tod sei er im türkischen Hamam in Y gewesen. Dort solle er alkoholische Getränke zu sich genommen haben. Dann sei er in der
Küche in Ohnmacht gefallen. Vor der Heirat und bei der Heirat und auch danach sei ihr nicht ersichtlich gewesen, dass sein
Tod nahe gewesen wäre. Die Ehe sei zur Sicherung der Betreuung und Pflege des Ehemannes gewesen. Sein Tod sei überhaupt nicht
zu erwarten und plötzlich gewesen, weil er sich bis dahin relativ gesund gefühlt habe. Er habe gern Alkohol zu sich genommen.
Wahrscheinlich habe die Verbindung mit dem heißen Bad im türkischen Hamam und Alkohol zu einem erneuten Gehirn/Schlaganfall
geführt, was infolgedessen tödlich gewesen sei. Mit Schriftsatz vom 11.02.2004 teilte die Klägerin mit, dass ihr verstorbener
Ehemann einen Herzschrittmacher gehabt habe. Deswegen habe er Sehverlust an einem Auge bekommen. Er habe einen hohen Blutdruck
gehabt. Sie habe, so gut es gegangen sei, aufgepasst, dass er nicht trinke. Aber er habe geheim immer wieder getrunken. Am
15. Juli sei er zum türkischen Bad gegangen. Es sei sehr heiß gewesen und er soll viel Whisky getrunken haben. Er soll dann
mit dem Taxi heimgekommen sein. Sie sei nicht zuhause gewesen, sondern bei der Arbeit. Am Abend hätten sie sich um 8.30 Uhr
am Telefon unterhalten. Sie habe verstanden, dass er alkoholisiert gewesen sei und ihm gesagt, dass er sich ins Bett legen
solle. Am nächsten Morgen habe die Polizei ihn in der Küche gefunden und ins Krankenhaus gebracht, in dem er nach 3 Tagen
gestorben sei. Auf Nachfragen der Beklagten vom 10.02.2004 und 13.03.2004 übersandte die Klägerin eine Verlaufsbeobachtung
Notaufnahme vom (ohne Datum), den Arztbrief des Radiologen Dr.M. vom 17.07.2003 sowie die Bescheinigung über die Leichenfreigabe,
in der als Todesursache "Gehirnblutung" angegeben ist ... Mit Schriftsätzen vom 14.06.2004 und 06.08.2004 bat die Beklagte
die Klägerin - erfolglos - erneut um Übersendung sämtlicher der Klägerin vorliegender ärztlicher Unterlagen aus der Zeit vor
dem Tode ihres verstorbenen Ehemannes. Anschließend lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15.09.2004 die beantragte Witwenrente
wegen mangelnder Mitwirkung gemäß §§
60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) ab. Nachdem die Antragstellerin ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei, sei die Aufklärung der Anspruchsvoraussetzungen
nicht möglich. Die angesprochene Entscheidung wurde der Klägerin mit Bescheid vom 21.01.2005 erneut übersandt. Den hiergegen
am 15.02.2005 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2005 zurück. Nach den Grundsätzen
der objektiven Beweislast habe der hinterbliebene Ehegatte die "besonderen Umstände" für die Widerlegung der gesetzlichen
Vermutung, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung
zu begründen, darzulegen und zu beweisen. Um die gesetzliche Vermutung zu widerlegen, sei die Klägerin mehrfach aufgefordert
worden, ärztliche Unterlagen des Versicherten aus der Zeit vor dessen Tod vorzulegen bzw. falls eine Übersendung nicht möglich
sein sollte, der Beklagten die Namen der behandelnden Ärzte mitzuteilen. Eine Antwort sei hierzu jedoch nicht eingegangen.
Die Unterstellung des Vorliegens einer Versorgungsehe sei daher nicht widerlegt worden. Nach den eigenen Angaben habe die
Klägerin den Verstorbenen bereits seit Jahren gepflegt und gewusst, dass ein Herz-/Kreislaufleiden vorgelegen habe. Nach alledem
sei zumindest von einem überwiegenden Zweck der Heirat, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen, auszugehen.
Hiergegen hat die Klägerin durch ein Schreiben an die Beklagte ohne Datum, das am 08.06.2005 beim Sozialgericht Bayreuth (SG) eingegangen ist, Klage erhoben. Dass ihr verstorbener Ehemann krank gewesen sei, sei ihr nicht bekannt gewesen. Ihr verstorbener
Ehemann habe sich in Deutschland einer Bypass-Operation unterzogen. Weiterhin sei bei ihm ein Herzschrittmacher eingesetzt
worden. Später sei ihm wieder in Deutschland ein Auge operativ entfernt worden. In der Türkei sei er im Krankenhaus der medizinischen
Fakultät I. (Internistische Abteilung und Kardiologie) am 30.01.2003 beobachtet worden. Ihren Mann habe sie vor seinem Todestag
in die Notaufnahme des Krankenhauses S. bringen lassen. Sie hätten dort zunächst die sofortigen Maßnahmen eingeleitet. Anschließend
hätten sie sie zusammen mit ihrem Mann wieder nach Hause geschickt, da dem Patienten nicht mehr zu helfen sei. Am nächsten
Tag, den 17.07.2003, sei er gestorben. Aus dem von der Klägerin in diesem Zusammenhang übersandten Dokument der Klinik für
Kardiologie der Universität I. ist ersichtlich, dass offensichtlich am 30.01.2003 eine Überprüfung der Funktionsfähigkeit
des Herzschrittmachers vorgenommen worden ist.
Mit Urteil vom 06.09.2007 gemäß §
124 Abs
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) hat das SG die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage sei nicht begründet. Nachdem die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten N. A. nur
11 Tage und somit weniger als 1 Jahr gedauert habe, greife die Rechtsvermutung des §
46 Abs
2a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) ein, wonach von einer Versorgungsehe ausgegangen werde. Bei Würdigung des Vorbringens der Klägerin und der vorgelegten Unterlagen
könne die Rechtsvermutung einer Versorgungsehe nicht als widerlegt angesehen werden. Die Klägerin habe zwar geltend gemacht,
der Tod ihres verstorbenen Ehemannes sei plötzlich und unvorhersehbar eingetreten. Demgegenüber sei aus den wiederholten Mitteilungen
der Klägerin im Verwaltungsverfahren zu ersehen, dass beim Ehemann der Klägerin offensichtlich erhebliche Vorerkrankungen
vorgelegen hätten. So sei er offenbar herzkrank gewesen und habe einen Schrittmacher gehabt; die Klägerin habe auch wiederholt
angegeben, dass ihr Ehemann an Bluthochdruck gelitten habe. Darüber hinaus seien dem ersten telefonischen Gespräch mit der
Klägerin am 11.02.2004 Anhaltspunkte zu entnehmen, dass der Ehemann der Klägerin u.U. bereits früher einen Schlaganfall erlitten
habe. Die Klägerin habe auch angegeben, dass sie ihren späteren Ehemann bereits mehrere Jahre vor der Hochzeit versorgt und
gepflegt habe. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte sei die Klägerin sowohl von der Beklagten als auch vom Gericht
wiederholt aufgefordert worden, medizinische Unterlagen über den Gesundheitszustand ihres Ehemannes in den letzten Jahren
beizubringen oder die Namen der behandelnden Ärzte und Kliniken aus dem letzten Zeitraum vor dem Tode ihres Ehemanns mitzuteilen.
Trotz dieser wiederholten Aufforderung habe die Klägerin lediglich ein Dokument über eine Kontrolle des Herzschrittmachers
im Jahr 2003 vorgelegt. Bei dieser Sachlage sei somit keine Prüfung möglich, welche Erkrankungen bzw. welcher Schweregrad
der Erkrankungen beim Ehemann der Klägerin vorgelegen hätten, welche letztlich zu seinem Tod geführt haben könnten. Damit
habe die Rechtsvermutung des Vorliegens einer Versorgungsehe nicht widerlegt werden können, wofür die Klägerin letztlich die
objektive Beweislast trage.
Hiergegen richtet sich die beim SG am 30.01.2008 und beim Bayer. Landessozialgericht am 14.02.2008 eingegangene Berufung der Klägerin. Wenn sie gewollt hätte,
hätten sie bereits vor 3 Jahren geheiratet. Aber die Ehe sei für sie nicht wichtig gewesen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 06.09.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 11.05.2005 aufzuheben und
die Beklagte zu verurteilen, ihr Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemanns N. A. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 06.09.2007 zurückzuweisen.
In Übereinstimmung mit dem Erstgericht sei davon auszugehen, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Witwenrente aus der Versicherung
des N. A. habe, da die Ehe weniger als 1 Jahr gedauert habe und die Klägerin die Rechtsvermutung des §
46 Abs
2a SGB VI nicht habe widerlegen können. Die Berufungsbegründung vom 04.01.2008 weise keine neuen Gesichtspunkte auf, die zu einer Änderung
gegenüber der bisherigen Beurteilung führen könnten.
Mit Schriftsatz vom 31.03.2008 hat das Gericht der Klägerin aufgegeben, ärztliche Unterlagen über Untersuchungen und Behandlungen
ihres verstorbenen Mannes vorzulegen oder die Adressen der Ärzte mitzuteilen, die ihren verstorbenen Mann in den Jahren vor
seinem Tod behandelt haben. Eine Reaktion seitens der Klägerin ist nicht erfolgt.
Das Gericht hat die Akte der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das SG durfte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß §
124 Abs
2 SGG entscheiden, denn die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 09.05.2007 und 29.05.2007 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung
ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig (§§
143,
144,
151 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 06.09.2007 die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 21.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 11.05.2005 abgewiesen.
Der Klägerin steht kein Anspruch auf Gewährung von Witwenrente gemäß §
46 SGB VI gegen die Beklagte aus der Versicherung ihres am 14.07.2003 verstorbenen Ehemannes, N. A., zu. Denn die Rechtsvermutung des
§
46 Abs
2a SGB VI, wonach von einer Versorgungsehe auszugehen ist, wenn die Ehe nicht mindestens 1 Jahr gedauert hat, ist nicht als widerlegt
anzusehen.
Streitgegenstand ist die Ablehnung der Gewährung von Witwenrente wegen nicht widerlegter Rechtsvermutung der Versorgungsehe
nach §
46 Abs
2a SGB VI und nicht die Versagung der begehrten Witwenrente wegen mangelnder Mitwirkung. Zwar hat die Beklagte die beantragte Witwenrente
mit Bescheid vom 15.09.2004 wegen fehlender Mitwirkung gemäß §
66 Abs
1 SGB I abgelehnt. Die Beklagte hatte nämlich die Klägerin mit Schriftsätzen vom 10.02.2004, 14.06.2004 und 06.08.2004 gebeten, unter
Hinweis auf deren Mitwirkungspflichten ärztliche Unterlagen vorzulegen, worauf die Klägerin nicht reagiert hatte. Mit Widerspruchsbescheid
vom 11.05.2005 hat die Beklagte jedoch eine inhaltliche Prüfung des Anspruchs vorgenommen und die beantragte Witwenrente nicht
gemäß §
66 Abs
1 SGB I, sondern aus materiell-rechtlichen Gründen abgelehnt.
Der Witwenrentenanspruch ist gemäß §
46 Abs
2a SGB VI ausgeschlossen, denn die Ehe der Klägerin mit dem verstorbenen Versicherten N. A. hat nur 11 Tage und somit weniger als 1
Jahr gedauert, sodass die Rechtsvermutung des §
46 Abs
2 SGB VI, wonach von einer Versorgungsehe auszugehen ist, greift. Zu Recht hat das SG bei Würdigung des Vorbringens der Klägerin und der vorgelegten Unterlagen die Rechtsvermutung einer Versorgungsehe nicht
als widerlegt angesehen.
Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente
oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens
für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist, §
46 Abs
1 SGB VI.
Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit
erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie
1. ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen,
2. das 45. Lebensjahr vollendet haben oder
3. erwerbsgemindert sind.
Der Erziehung steht die in häuslicher Gemeinschaft ausgeübte Sorge für ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten,
das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, auch nach dessen
vollendetem 18. Lebensjahr gleich (§
46 Abs
2 SGB VI).
Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens 1 Jahr gedauert hat,
es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder
überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen, §
46 Abs
2a SGB VI.
Nach §
46 Abs
2a SGB VI besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Witwenrente, wenn die Ehe nicht mindestens 1 Jahr gedauert hat, da in diesem Falle
das Vorliegen einer Versorgungsehe unterstellt wird. Es handelt sich hierbei um eine Rechtsvermutung, die jedoch im Einzelfall
widerlegt werden kann, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalles gegen eine Versorgungsehe sprechen (z.B. Unfalltod des
Versicherten, s. BT-Drucks 14/4595, S.44). Die Regelung korrespondiert mit entsprechenden Regelungen in der Unfallversicherung
und der Kriegsopferversorgung. Die Rechtsvermutung ist dann als widerlegt anzusehen, wenn nach den besonderen Umständen des
Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch
auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Dies ist etwa der Fall, wenn der Ehegatte durch ein unvorhersehbares Ereignis,
wie z. B. durch einen Verkehrsunfall, plötzlich verstirbt. Auch das Vorhandensein eines gemeinsamen Kindes spricht nach herrschender
Meinung gegen die Annahme einer Versorgungsehe. Das Gleiche gilt, wenn zum Zeitpunkt der Heirat nicht absehbar war, dass eine
vorhandene Krankheit zum Tod führen würde.
Die Widerlegung der Rechtsvermutung erfordert nach §§
202 SGG,
292 Zivilprozessordnung (
ZPO) den vollen Beweis des Gegenteils (BSGE 60, 204 = SozR 3100 §
38 Nr 5). Zunächst ist also bei entsprechend kurzer Ehedauer vom Vorliegen einer Versorgungsehe auszugehen. Ergeben sich anhand
des konkreten Einzelfalles nicht genügend beweiskräftige Anhaltspunkte gegen die Annahme, dass es der alleinige oder überwiegende
Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf eine Hinterbliebenenversorgung zu begründen, verbleibt es bei der Annahme einer Versorgungsehe.
Die Ermittlung der maßgeblichen Umstände obliegt nach dem Amtsermittlungsgrundsatz dem Rentenversicherungsträger, die materielle
Beweislast, also die Folgen eines nicht ausreichenden Beweises, trägt dennoch derjenige, der den Anspruch auf Witwen- bzw.
Witwerrente geltend macht (BSGE 30, 278 = SozR Nr 84 zu §
128 SGG). Besondere Umstände sind alle Umstände des Einzelfalles, die nicht schon von der Vermutung selbst erfasst und auch geeignet
sind, einen Schluss auf den Zweck der Heirat zuzulassen. Dabei sind vor allem solche Umstände von Bedeutung, die auf einen
von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund schließen lassen (BSGE 35, 272 = SozR Nr 2 zu § 594
RVO). Es kommt auf die Motive nicht nur eines, sondern beider Ehegatten an, sodass es grundsätzlich ausreicht, wenn für einen
Ehegatten die Versorgungsabsicht keine Rolle spielte, gleich, ob dies der versicherte oder der überlebende Ehegatte war. Ausnahmen
hiervon sind jedoch möglich, so etwa, wenn der überlebende Ehegatte den Versicherten durch Ausnutzung einer Notlage oder Willensschwäche
veranlasst hat, die Ehe einzugehen (BSGE 60, 204 = SozR 3100 § 38 Nr 5; 35, 272 = SozR Nr 2 zu § 594
RVO). Die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe folgt einer Typisierung und verfolgt auch den Zweck, den Leistungsträger der
Ausforschung im Bereich der Intimsphäre zu entheben. Dies gilt auch für die Widerlegung der Rechtsvermutung, sodass auch hier
die außerhalb der Intimsphäre liegenden objektiven Umstände in einer typisierenden Betrachtungsweise zur Beurteilung herzuziehen
sind. Der dabei bestehende Beurteilungsspielraum unterliegt der richterlichen Kontrolle (BSGE 60, 204 = SozR 3100 § 38 Nr 5).
Die Erwartung eines Versicherten, der fremder Hilfe bedarf, mit der Heirat seine Wartung und Pflege sicherzustellen (Pflegeehe),
ist nicht mit einer Versorgungsehe gleichzusetzen, jedenfalls dann nicht, wenn sein Ableben nach den gesundheitlichen Verhältnissen
z.Zt. der Eheschließung nicht in absehbarer Zeit zu erwarten war und die eheliche Lebensgemeinschaft nach der Heirat auch
tatsächlich eingegangen wurde (BSGE 60, 204 = SozR 3100 § 38 Nr 5).
Im vorliegenden Verfahren ist die Rechtsvermutung nicht als widerlegt anzusehen, denn es liegen keine besonderen Umstände
vor, die die Annahme rechtfertigen, dass es nicht der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf
Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Zwar macht die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend, der Tod ihres verstorbenen Ehemanns sei plötzlich und unvorhersehbar
eingetreten. Dem widerspricht jedoch ihr eigener Vortrag, dass sie ihren späteren Ehemann bereits mehrere Jahre vor der Hochzeit
versorgt und gepflegt hat. Aus den wiederholten Mitteilungen der Klägerin im Verwaltungsverfahren ist - worauf das SG zutreffend hinweist - zu ersehen, dass beim Ehemann der Klägerin offensichtlich erhebliche Vorerkrankungen vorgelegen haben.
Danach war er offenbar herzkrank und hatte einen Schrittmacher; die Klägerin hat auch wiederholt vorgetragen, dass ihr Ehemann
an Bluthochdruck litt. Bereits dem ersten Telefongespräch der Klägerin mit der Beklagten vom 11.02.2004 sind Anhaltspunkte
dafür zu entnehmen, dass der Ehemann der Klägerin u.U. bereits früher einen Schlaganfall erlitten hat.
Trotz der wiederholten Aufforderung des SG, medizinische Unterlagen über den Gesundheitszustand ihres Mannes in den letzten Jahren vor dessen Tod beizubringen oder
die Namen der behandelnden Ärzte und Kliniken aus dem letzten Zeitraum vor dem Tod mitzuteilen, hat die Klägerin lediglich
das Dokument über eine Kontrolle des Herzschrittmachers im Januar 2003 vorgelegt. Auch im Berufungsverfahren wurde die Klägerin
mit Schriftsatz vom 31.03.2008 aufgefordert, entweder ärztliche Unterlagen über Untersuchungen und Behandlungen ihres verstorbenen
Ehemannes vorzulegen oder die Adressen der Ärzte mitzuteilen, die ihren verstorbenen Ehemann in den Jahren vor seinem Tod
behandelt haben. Die Klägerin wurde auch darauf hingewiesen, dass sie bei fehlender Mitteilung die Folgen zu tragen habe,
die sich aus der Nichterweislichkeit von Tatsachen infolge mangelnder Mitwirkung ergeben. Trotz Erinnerungsschreiben vom 17.06.2008
erfolgte von Seiten der Klägerin keine Reaktion. Damit hat die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten, die in §
103 Satz 1 2.HS
SGG normiert sind, verletzt. Auch im Berufungsschriftsatz vom 08.01.2008 hat die Klägerin keine wesentlich neuen Gesichtspunkte
vorgetragen. Sie hat in diesem Zusammenhang lediglich darauf hingewiesen, dass ihr verstorbener Ehemann für sie wie ein Vater
oder älterer Bruder gewesen sei und sie eine Beziehung gehabt hätten. Das einzig im SG-Verfahren von der Klägerin vorgelegte Dokument über eine Kontrolle des Herzschrittmachers im Januar 2003 ist nicht ausreichend,
um zu prüfen, ob bzw. welche Erkrankungen bzw. welcher Schweregrad der Erkrankungen beim Ehemann der Klägerin vor der Heirat
bereits vorgelegen haben, die letztlich zu seinem Tod geführt haben könnten bzw. haben.
Da somit eine Versorgungsehe nicht ausgeschlossen werden kann, trägt die Klägerin letztlich die objektive Beweislast dafür,
dass die Rechtsvermutung des Vorliegens einer Versorgungsehe nicht widerlegt werden kann. Somit steht der Klägerin gemäß §
46 Abs
2a SGB VI kein Anspruch auf Witwenrente zu.
Die Regelung des §
46 Abs
2a SGB VI verstößt nicht gegen den in Art
6 Abs
1 des Grundgesetzes (
GG) garantierten Schutz der Ehe (vgl. BSG vom 23.09.1997, 2 BU 176/97, HVB G-Info 1998, 621 mwN zur Parallel-Vorschrift in der gesetzlichen Unfallversicherung; Löhns in Kreikebohm
SGB VI, §
46 RdNr 20).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür nicht vorliegen, §
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG.