LSG Bayern, Urteil vom 27.07.2010 - 20 R 309/09
Ermessensentscheidung des Leistungsträgers über die Art der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben
Gemäß § 13 SGB VI bestimmt der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit
Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen,
wobei bei den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben die §§ 33 - 38 SGB IX zu beachten sind. Dies bedeutet, dass lediglich die Frage über die Notwendigkeit der Erbringung einer Leistung zur Teilhabe
am Arbeitsleben, also das "Ob" der Leistung eine gebundene, gerichtlich in vollem Umfang zu überprüfende Entscheidung darstellt.
Bei der Frage, welche Leistung zur beruflichen Neuorientierung zu erbringen ist, steht dem Versicherungsträger ein weiter
Ermessensspielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (hier zur Frage, ob aus § 33 Abs. 4 SGB IX die Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers zu entnehmen ist, bei einer beantragten Umschulung unter allen Umständen
die Wahl des Traumberufes zu ermöglichen). [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Vorinstanzen: SG Würzburg 11.02.2009 S 8 R 132/08
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 11.02.2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 25.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 04.02.2008, mit dem die Beklagte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der von der Klägerin ausschließlich gewünschten
Umschulung zur Logopädin abgelehnt hat.
Die 1974 geborene Klägerin hat eine abgeschlossene Ausbildung zur Gärtnerin in der Zeit von 1990 - 1993 absolviert und war
anschließend in diesem Beruf bis zur Entlassung durch den Arbeitgeber im Dezember 2006 auch sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Seither ist sie arbeitslos. Im Jahr 2002 absolvierte sie zusätzlich einen Motorsägenlehrgang, von 2004 - 2006 die Meisterschule
für Gärtner, allerdings ohne Abschluss, und nahm im Jahr 2006 an einem EDV-Kurs teil. Nachdem im Rahmen einer arbeitsamtsärztlichen
Begutachtung vom 27.02.2007 trotz eines diagnostizierten Knorpelschadens im Bereich des linken Kniegelenkes sowie einer chronischen
Sehnenansatzentzündung am linken Ellenbogengelenk noch eine vollschichtige Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen festgestellt, jedoch aufgrund der Erkrankungen und des massiven Übergewichtes
der Klägerin eine berufliche Neuorientierung angeraten worden war, beantragte die Klägerin bei der Beklagten am 21.03.2007
die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. In diesem Antrag wies die Klägerin darauf hin, dass sie sich im
voraus über eine Umschulung zur Logopädin informiert und dass sie nach der Auswertung eines Vorstellungsgesprächs zuzüglich
eines Eignungstests bei der Berufsfachschule für Logopädie in Bad N. die Möglichkeit habe, dort eine Umschulung zur Logopädin
zu machen. Die Beklagte bewilligte nach Einholung eines chirurgisch/sozialme-dizinischen Gutachtens von Dr. G. vom 27.04.2007
mit bestandskräftigem Bescheid vom 07.05.2007 dem Grunde nach die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, woraufhin
die Klägerin vom 11.06.2007 - 26.06.2007 im Berufsförderungswerk (BFW) H. an einer Berufsfindung und Arbeitserprobung teilnahm.
Nach dem Abschlussbericht des BFW H. vom 11.07.2007 bringe die Klägerin gute Voraussetzungen für eine qualifizierte Weiterbildung
mit, so dass sowohl IHK-Ausbildungen als auch Fachschulausbildungen, insbesondere im Sozialbereich unterstützt werden könnten.
Die Klägerin sei sowohl für den Beruf der Logopädin geeignet, Alternativen seien aber auch in anderen Bereichen denkbar, beispielsweise
im Medienbereich, im kaufmännisch-verwaltenden Bereich oder auch im Laborbereich.
Bereits in einem Beratungsgespräch vom 27.04.2007 hatte die Klägerin bei der Beklagten darauf hingewiesen, dass sie unbedingt
eine Qualifizierung zur Logopädin anstrebe und sie sich bereits zum 10.09.2007 an der Berufsfachschule für Logopädie in Bad
N. angemeldet habe. Seitens der Beklagten wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass von der Beklagten grundsätzlich keine
dreijährigen Ausbildungen gefördert würden. Auch im Rahmen der Arbeitserprobung und Berufsfindung wies die Klägerin eindringlich
darauf hin, dass sie lediglich an einer Umschulung zur Logopädin interessiert sei und die übrigen für sie geeigneten Tätigkeiten
für sie nicht in Betracht kämen. Nach Einholung einer Auskunft von der Berufsfachschule für Logopädie Bad N. vom 18.07.2007,
wonach sich die Ausbildungsdauer über 36 Monate erstrecke und monatliche Schulgebühren in Höhe von 695,00 EUR sowie eine Prüfungsgebühr
von 250,00 EUR und eine einmalige Aufnahmegebühr von 100,00 EUR anfielen, lehnte die Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid
vom 25.07.2007 die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe in Form der von der Klägerin gewünschten Umschulung zur Logopädin
ab. Im Rahmen der Berufsfindung/Eignungsabklärung im BFW H. habe sich eine volle Eignung der Klägerin für Laborberufe (medizinisch-technische
Laboratoriumsassistentin -MTA- oder biologisch-technische Assistentin -BTA-) bzw. für sämtliche kaufmännisch-verwaltende Berufe
ergeben, die innerhalb des vorgegebenen Zeitraums von 2 Jahren absolviert werden könnten. Aus diesen Gründen könne einer Kostenübernahme
für die angestrebte dreijährige Qualifizierung zur Logopädin nicht entsprochen werden. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben
vom 31.07.2007, eingegangen bei der Beklagten am 21.08.2007, Widerspruch mit der Begründung ein, dass ihr eine Qualifizierung
zur BTA nicht zugemutet werden könne, weil sie strikt gegen Tierversuche sei. Die Ausbildung zur MTA dauere ebenfalls 3 Jahre.
Sie bestehe auf einer Umschulung zur Logopädin, da sie sich nicht vorstellen könne, dauerhaft in einem der anderen getesteten
Berufe tätig sein zu können. Ferner habe die Berufsfachschule für Logopädie mitgeteilt, dass die Ausbildungskosten pro Monat
um 225,00 EUR gesenkt worden seien und damit rechnerisch für das 3. Jahr keine Schulkosten mehr anfallen würden. Die Kosten
für eine dreijährige Ausbildung zur Logopädin seien somit faktisch einer zweijährigen Ausbildung gleichzusetzen. Außerdem
sei die Stellensituation für Logopäden sehr günstig, das Arbeitsamt habe ihr hier faktisch eine Berufsausübung fast zusichern
können. Die Situation bei den anderen Berufen sei bei weitem nicht so positiv. Die Beklagte wies den Widerspruch gegen den
Bescheid vom 25.07.2007 mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2008 als unbegründet zurück. Die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe
am Arbeitsleben stehe im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, wobei gemäß § 33 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I - Eignung, Neigung und die Wünsche des Versicherten zu berücksichtigen seien, soweit diese angemessen seien. Dem Wunsch der
Klägerin auf Umschulung zur Logopädin im Rahmen einer dreijährigen Qualifizierung stehe jedoch § 37 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IX - entgegen, der grundsätzlich eine Höchstgrenze von zwei Jahren vorsehe. Eine länger dauernde Umschulung dürfe die Beklagte
nicht gewähren, wenn der Versicherte auch durch Weiterbildungsmaßnahmen eingegliedert werden könne, die die Zeitgrenze des
§ 37 SGB IX nicht überstiegen. Eine dreijährige Ausbildung zur Logopädin sei weder durch Art und Schwere der Behinderung der Klägerin
noch durch Lage und Entwicklung am Arbeitsmarkt zu einer voraussichtlich dauerhaften beruflichen Wiedereingliederung notwendig.
Die hiergegen am 29.02.2008 zum Sozialgericht (SG) Würzburg erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 11.02.2009 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass keine Anhaltspunkte für einen fehlerhaften Ermessensgebrauch
der Beklagten vorlägen. Die Beklagte habe die einschlägigen Vorschriften der §§ 10, 13 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - sowie §§ 9, 33 und 37 SGB IX zutreffend angewandt. Der Klägerin stehe lediglich ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung zu, die gerichtlich
nur eingeschränkt überprüfbar sei. Ein Anspruch auf Kostenübernahme für die Umschulung zur Logopädin mit einer Ausbildungsdauer
von 3 Jahren bestehe nicht.
Zur Begründung der hiergegen am 14.04.2009 zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegten Berufung trägt die Klägerin vor,
dass die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe. Durch die Absenkung der Ausbildungskosten ergebe
sich, dass die Kosten der Umschulung zur Logopädin die Kosten für eine anderweitige zweijährige Ausbildung nicht überschreiten
würden. Deshalb müsse auch unter Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit den Wünschen der Klägerin
Rechnung getragen werden. Im Übrigen impliziere bereits der Wortlaut des § 37 Abs. 2 SGB IX, dass es sich bei der Zweijahresgrenze nicht um eine Höchstdauer, sondern um eine Regeldauer handele, die bei Vorliegen sachlicher
Gründe auch überschritten werden könne. Die Interpretation als Höchstdauer durch die Beklagte sei willkürlich und verfassungswidrig.
Die von der Beklagten und dem Erstgericht genannten beruflichen Alternativen entsprächen nicht den Neigungen und auch nicht
den Fähigkeiten der Klägerin und kämen deshalb für sie nicht in Betracht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Würzburg vom 11.02.2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 04.02.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der von ihr
gewünschten Umschulung zur Logopädin zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Würzburg vom 11.02.2009 zurückzuweisen.
Sie verweist auf den gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Ermessensspielraum der vorliegenden Entscheidung. Anhaltspunkte
für eine fehlerhafte Ermessensausübung seien ebenso wenig gegeben wie eine Ermessensreduzierung auf Null. Die Klägerin habe
sich auf eine Umschulung zur Logopädin fixiert und lehne nach wie vor andere berufliche Qualifizierungsmöglichkeiten ab.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ( SGG) erklärt.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten
erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung gegen das Urteil des SG Würzburg vom 11.02.2009 ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), jedoch unbegründet. Das Sozialgericht Würzburg hat zu Recht mit Urteil vom 11.02.2009 die Klage gegen den Bescheid der
Beklagten vom 25.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.02.2008 abgewiesen, denn die Klägerin hat gegen die Beklagte
keinen Rechtsanspruch auf Kostenübernahme für eine dreijährige Umschulung zur Logopädin.
Gemäß § 9 SGB VI erbringen die Träger der Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
sowie ergänzende Leistungen, um den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung
auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit
des Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben
wiedereinzugliedern, sofern die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach §§ 10, 11 SGB VI vorliegen. Nach dem im Verwaltungsverfahren eingeholten chirurgisch/sozialmedizinischem Gutachten von Dr. G. ist davon auszugehen,
dass bei der Klägerin eine Gefährdung ihrer Erwerbsfähigkeit durch Beeinträchtigungen auf orthopädischem Fachgebiet vorliegt,
die insbesondere unter Beachtung der Adipositas auf Dauer keine schweren einseitigen Tätigkeiten mehr erlaubt. Die von der
Klägerin zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Gärtnerin, insbesondere als Friedhofsgärtnerin mit teilweise schweren Tätigkeiten
würde in absehbarer Zeit zu einer Minderung ihrer Erwerbsfähigkeit führen. Insoweit wurde die berufliche Neuorientierung der
Klägerin angeregt. Nachdem die Klägerin auch die notwendigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11 SGB VI erfüllt, hat sich die Beklagte mit Bescheid vom 07.05.2007 dem Grunde nach bereit erklärt, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
zu gewähren. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten und hat damit weiterhin Bestand.
Die Klägerin hat gleichwohl keinen Rechtsanspruch auf Kostenübernahme für die von ihr ausschließlich gewünschte Umschulung
zur Logopädin gegen die Beklagte. Gemäß § 13 SGB VI bestimmt der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit
Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehablilita-tionseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen,
wobei bei den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben die §§ 33 - 38 SGB IX zu beachten sind. Dies bedeutet, dass lediglich die Frage über die Notwendigkeit der Erbringung einer Leistung zur Teilhabe
am Arbeitsleben, also das "Ob" der Leistung eine gebundene, gerichtlich in vollem Umfang zu überprüfende Entscheidung darstellt.
Das "Ob" der Erbringung von Leistungen zur Teilhabe ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Streitig ist lediglich die Frage,
welche Leistung zur beruflichen Neuorientierung der Klägerin von der Beklagten zu erbringen ist. Hierbei steht der Beklagten
ein weiter Ermessensspielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Gemäß § 153 Abs 1 iVm § 54 Abs 2 SGG hat das Gericht behördliche Ermessensentscheidungen nur auf einen Ermessensnichtgebrauch oder auf einen Ermessensfehlgebrauch
hin zu überprüfen (vgl. Schütze, in: v. Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 45 Rdnr. 92 m. w. N.). Anhaltspunkte dafür, dass notwendige Überlegungen nicht in die Ermessensentscheidung der Beklagten mit
eingestellt worden sein könnten, obwohl dies erforderlich gewesen wäre oder dass einzelne Belange offensichtlich fehlerhaft
gewichtet wurden, sind vorliegend nicht gegeben. Auch liegt kein Fall einer Ermessensreduzierung auf Null vor, die nur eine
einzige denkbare Entscheidung der Beklagten zulassen würde, so dass es ausnahmsweise gerechtfertigt wäre, die gerichtliche
Entscheidung anstelle der Entscheidung der Beklagten zu setzen. Die Beklagte geht zu Recht von der Notwendigkeit der beruflichen
Neuorientierung der Klägerin infolge ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen aus. Die von der Beklagten bewilligte Berufsfindung
im BFW H. hat für die Klägerin eine Vielzahl von Umschulungsmöglichkeiten ergeben, die sie weder wissens- und könnensmäßig
noch gesundheitlich überfordern würden. Aus der Vielzahl der betrieblichen oder schulischen Qualifikationsmöglichkeiten kann
die Beklagte unter Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit, aber auch unter Beachtung der Interessen
und Neigungen der Klägerin geeignete Leistungen zur Teilhabe auswählen und der Klägerin bewilligen. Dabei besteht sowohl eine
Eignung der Klägerin für die Tätigkeit als Logopädin, die von der Klägerin auch ausschließlich gewünscht wird, aber auch eine
vielseitige Einsatzfähigkeit in anderen Berufsbereichen, z. B. im Medien-, Labor-, und kaufmännischem Bereich, wobei hier
zu berücksichtigen wäre, dass die Klägerin durch ihren Besuch der Meisterschule für Gärtner von 2004 - 2006 sich auch bereits
entsprechende beruflich weiter zu verwertende Kenntnisse angeeignet haben dürfte. Die Klägerin war und ist jedoch auf eine
Umschulung zur Logopädin fixiert. Sie hatte sich schon vor Reha-Antragstellung bei der Berufsfachschule für Logopädie informiert
und einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen, wenn auch unter dem handschriftlich eingefügten Vorbehalt einer Kostenübernahme
durch den Rentenversicherungsträger. Der Ausbildungsbeginn war für den Monat September 2007 vereinbart. Sie hat im Rahmen
der Berufsfindung und Arbeitserprobung im BFW H. stets den Beruf der Logopädin eindeutig präferiert. Bestimmte Berufsfelder
wurden deshalb erst überhaupt nicht in die Testung miteinbezogen. Ein sachlicher Grund, weshalb die im Rahmen der Berufsfindung
ermittelten Berufe, die innerhalb der Regelförderung von 2 Jahren erlernt werden könnten, von der Klägerin nicht ausgeübt
werden könnten, ist nicht vorgetragen. Die Klägerin gibt lediglich an, sich nicht vorstellen zu können, dauerhaft in diesen
Berufsfeldern tätig sein zu können. Auch wenn nach § 33 Abs 4 SGB IX Eignung und Neigung des Rehabilitanden angemessen berücksichtigt werden sollen, bedeutet diese Regelung nicht die Verpflichtung
der Beklagten, unter allen Umständen die Wahl des Traumberufes zu ermöglichen, sondern gibt lediglich in dem rechtlich zulässigen
Rahmen die Möglichkeit zur Berücksichtigung von Wünschen des Versicherten. § 37 Abs 2 SGB IX begrenzt dabei die Dauer einer beruflichen Neuorientierung auf den Zeitraum von zwei Jahren, es sei denn, dass das Teilhabeziel,
also die Wiedereingliederung der Klägerin in das Berufsleben, nur über eine länger dauernde Leistung erreicht werden kann
oder die Eingliederungsaussichten nur durch eine längere Maßnahme deutlich verbessert werden könnten. Beides ist vorliegend
nicht der Fall. Eine Wiedereingliederung der Klägerin in das Berufsleben ist nach den Ergebnissen des ärztlichen Sachverständigengutachtens
und auch der Ergebnisse der Berufsfindung im BFW H. auch im Rahmen von betrieblichen Qualifikationsmaßnahmen denkbar (z. B.
IHK-Ausbildungen), aber auch durch Fachschulausbildungen möglich. Die gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin sind nicht
so erheblich, dass daraus eine schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung abgeleitet werden könnte, die ausschließlich
die Umschulung zur Logopädin zulassen würde. Auch im Hinblick auf die intellektuellen Möglichkeiten werden der Klägerin überdurchschnittliche
Fähigkeiten bescheinigt. Wegen ihrer Fähigkeit zu geplantem und kreativem Vorgehen wurde z. B. auch eine Weiterbildung zur
Mediengestalterin uneingeschränkt empfohlen, was von der Klägerin aber mit dem Hinweis abgelehnt wurde, sie könne sich im
Medienbereich keine Zukunft vorstellen. Fehlt es aber an besonderen sachlichen Gründen für eine Notwendigkeit der Überschreitung
der in § 37 Abs 2 SGB IX genannten Zweijahresfrist, steht der Beklagten auch kein Ermessensspielraum etwa dahingehend zu, gleichwohl eine längere
Ausbildung oder berufliche Qualifikation zu fördern oder etwa die Leistung auf Teilabschnitte zu beschränken, die einer maximal
zweijährigen Ausbildung entsprächen. Dementsprechend kommt es auch nicht darauf an, ob die Gesamtkosten der Ausbildung infolge
der zwischenzeitlich erfolgten Absenkung der Schulgebühren an der Berufsfachschule für Logopädie höher oder niedriger als
bei einer zweijährigen beruflichen oder schulischen Qualifikation wären. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 37 Abs. 2 SGB IX sowie durch die Anknüpfung an das Erfordernis eines sachlichen Grundes für eine Ausnahme von der Regelförderungsdauer bestehen
unter Berücksichtigung der notwendigerweise vorzunehmenden Abwägung zwischen den Interessen der Versichertengemeinschaft an
der sparsamen Mittelverwendung und den Interessen des einzelnen Versicherten an der Durchsetzung der von ihm gewünschten beruflichen
Qualifizierung auch im Hinblick auf die grundrechtlich geschützte Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs 1 Grundgesetz keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Nach alledem war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
|