Auferlegen eines Ordnungsgeldes im sozialgerichtlichen Verfahren; Ermessenentscheidung des Gerichts zur Bemessung der Höhe
Gründe:
I. Im Verfahren vor dem Sozialgericht Regensburg (SG) zum Az.: S 12 AL 176/08 wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld und gegen die Rückzahlungsforderung
in Höhe von 3.450,48 EUR. Er ist der Ansicht, Arbeitslosengeld stehe ihm zu, weil er arbeitslos gewesen sei und nicht - wie
die Beklagte meine - in einem Beschäftigungsverhältnis von mindestens 15 Stunden wöchentlich gestanden habe.
Das SG beraumte Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage auf den 16.09.2008 an und ordnete das persönliche Erscheinen des
Beschwerdeführers an. Die Ladung wurde dem Beschwerdeführer am 28.08.2008 zugestellt. Auf Folgen bei etwaigem Ausbleiben,
insbesondere, dass Ordnungsgeld verhängt werden könne, wurde hingewiesen.
Im Termin am 16.09.2008 erschien der Beschwerdeführer nicht. Der Kammervorsitzende setzte gegen den Beschwerdeführer 400,00
EUR Ordnungsgeld fest, weil dieser ohne Entschuldigung dem Termin fern geblieben war. Der mit Rechtsmittelbelehrung versehene
Beschluss wurde dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde vom 19.09.2008 zugestellt.
Mit beim SG am 06.10.2008 eingegangenem Schreiben legte der Beschwerdeführer Beschwerde ein. Er habe den Termin vergessen, da seine Tochter
an diesem Tag eingeschult worden sei. Das SG legte die Beschwerde dem Bayer. Landessozialgericht zur Entscheidung vor.
Der Senat wies den Beschwerdeführer darauf hin, dass sein bisheriges Vorbringen keine hinreichende Entschuldigung für sein
Ausbleiben sei und es ihm frei stehe, eventuelle Einwendungen zur Höhe vorzubringen. Der Beschwerdeführer erklärte, er sei
Alleinverdiener, müsse für zwei Kinder sorgen und verfüge nur über einen Nettolohn in Höhe von 1.300,00 EUR. Er bat, das Ordnungsgeld
herabzusetzen. Zur Glaubhaftmachung legte er Einkommensnachweise vor.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 16.09.2008 abzuändern und das gegen ihn festgesetzte Ordnungsgeld in Höhe
von 400,00 EUR herabzusetzen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß §
136 Abs.2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist zulässig (§§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -) und insoweit begründet, als das Ordnungsgeld von 400,00 EUR auf 100,00 EUR herabzusetzen ist. Im Übrigen war die Beschwerde
zurückzuweisen.
Nach §§
111,
202 SGG in Verbindung mit §
141 Zivilprozessordnung (
ZPO) kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung angeordnet werden und derjenige, der der Anordnung
nicht Folge leistet, mit Ordnungsgeld wie ein im Vernehmungstermin nicht erschienener Zeuge belegt werden. Ob der Vorsitzende
eine Anordnung nach §
111 SGG treffen will, steht in seinem Ermessen. Hält er zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor der gesamten Kammer eine
Erörterung und Beweiserhebung für notwendig, so kann er hierzu das persönliche Erscheinen eines Beteiligten anordnen. Im hier
zu entscheidenden Fall lässt sich zwar aus der Ladungsverfügung nicht exakt erkennen, welche Fragen noch klärungsbedürftig
waren. Jedoch ergibt sich im Zusammenhang mit dem vom Beschwerdeführer im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruch,
dass eine Erörterung erforderlich war, um die Frage zu klären, in welchem Umfang er im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich
einer Beschäftigung nachgegangen war. Die Gründe für das Anordnen des persönlichen Erscheinens sind somit zumindest aus dem
Sachzusammenhang ableitbar.
Unbestritten war der Beschwerdeführer im Termin vom 16.09.2008 nicht erschienen, obwohl er hierzu ordnungsgemäß geladen und
auf die Folgen eines unentschuldigten Fernbleibens hingewiesen worden war. Die Voraussetzungen zur Verhängung eines Ordnungsgeldes
gemäß §
111 SGG in Verbindung mit §
141 Abs.3
ZPO, der auf die Vorschriften der Zeugenvernehmung verweist, lagen damit vor. Nach §
380 ZPO sind einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten sowie ein Ordnungsgeld
aufzuerlegen. §
381 ZPO nennt die Gründe, nach denen die Auferlegung eines Ordnungsgeldes zu unterbleiben hat bzw. nachträglich aufzuheben ist. Dies
ist dann der Fall, wenn der Beteiligte sein Ausbleiben genügend entschuldigen kann. Entschuldigt er sein Fernbleiben rechtzeitig,
d.h. so rechtzeitig, dass der Termin aufgehoben und die übrigen Beteiligten hiervon noch unterrichtet werden können, so hat
die Festsetzung eines Ordnungsmittels zu unterbleiben. Erfolgt die Entschuldigung nicht rechtzeitig, so entfällt die Festsetzung
eines Ordnungsmittels nur dann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Betroffenen an der Verspätung der Entschuldigung kein
Verschulden trifft und die Entschuldigung nachvollziehbar ist.
Was als Entschuldigung gilt, entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen und unter Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles.
Für die genügende Entschuldigung müssen Umstände vorliegen, die das Ausbleiben nicht als pflichtwidrig erscheinen lassen.
Bloßes Vergessen des Termins, wie der Beschwerdeführer vorträgt, kann nicht als hinreichende Entschuldigung akzeptiert werden.
Dies scheint dem Beschwerdeführer auch bewusst zu sein. Dem Grunde nach war daher die Festsetzung von Ordnungsgeld dem Beschwerdeführer
gegenüber gerechtfertigt.
Lediglich die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes begegnet Bedenken. Art.6 Abs.1 Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch ist insoweit maßgebend. Danach ist ein Rahmen von 5,00 EUR bis 1.000,00 EUR vorgegeben, innerhalb dessen sich Ordnungsgeld
bewegen kann. Bei der Zumessung hat das Gericht die Umstände, die für oder gegen den Beschwerdeführer sprechen, gegeneinander
abzuwägen. Dabei ist auf das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art des Verstoßes und dessen schuldhafte Auswirkungen, auf die
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers sowie auf sein Verhalten nach dem Ordnungsverstoß abzustellen.
Es ist insoweit eine Ermessensentscheidung zu treffen. In der Regel bedarf es keiner eingehenden Begründung dieser Ermessensentscheidung,
wenn sich das Ordnungsgeld im unteren Mittel des vorgegebenen Rahmens bewegt. Dies ist hier bei der Festsetzung von Ordnungsgeld
in Höhe von 400,00 EUR der Fall.
Der Senat sieht jedoch im Verhalten des Beschwerdeführers nach seiner Säumnis keinen schweren Pflichtverstoß. Seine Entschuldigung,
er habe den Termin schlicht vergessen, ist zwar keine hinreichende Entschuldigung, macht jedoch deutlich, dass er zum einen
zu seiner Pflichtwidrigkeit steht und zum anderen bemüht war, sein Verhalten zu entschuldigen. Darüber hinaus geben die Einkommensverhältnisse
des Beschwerdeführers Anlass, das Ordnungsgeld herabzusetzen. Mit einem Nettoeinkommen von ca. 1.300,00 EUR würde ein Ordnungsgeld
von 400,00 EUR etwa ein Drittel seines Monatseinkommens ausmachen. Dies hält der Senat in Anbetracht des um Entschuldigung
bemühten Beschwerdeführers nicht für angemessen. Infolgedessen sah sich der Senat veranlasst, das Ordnungsgeld auf 100,00
EUR herabzusetzen.
Einen Anspruch auf Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten, etwa gegenüber der Staatskasse, hat der Kläger nicht, weil
erst sein Verhalten nach Erlass des Ordnungsgeldbeschlusses zur Herabsetzung des Ordnungsgeldes führte.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).