Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufunfähigkeit; Verweisbarkeit eines Berufskraftfahrers ohne spezifische
Ausbildung
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei
Berufsunfähigkeit zu bewilligen ist.
Die 1955 geborene, in A-Stadt wohnhafte Klägerin ist serbische Staatsangehörige. Ihr Versicherungsverlauf weist in Deutschland
zurückgelegte Pflicht-Beitragszeiten vom 17.09.1970 bis 28.08.1997 auf. Ab 07.01.1980 war die Klägerin als Omnibusfahrerin
im Liniendienst der B. Verkehrsbetriebe (B.) tätig. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 31.07.1996 einvernehmlich gegen Zahlung
einer Abfindung aufgelöst. Gegen Ende ihrer Tätigkeit verdiente die Klägerin rund DM 6000 brutto pro Monat. Vom 30.08.1996
bis 28.08.1997 bezog sie Arbeitslosengeld, bis 14.10.1997 war sie ohne Leistungsbezug arbeitslos gemeldet. Im Oktober 1997
kehrt die Klägerin in ihre Heimat zurück; beim dortigen Versicherungsträger sind weitere Pflichtbeitragszeiten von Oktober
1997 bis Dezember 2004 vermerkt.
Am 01.04.2004 stellte die Klägerin einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente. Nachdem der serbische Versicherungsträger zunächst
die dortigen Versicherungszeiten nicht meldete, lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 26.03.2004 ab, da die versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Klägerin auf Weiterversicherungszeiten
in der landwirtschaftlichen Versicherung aufgrund ihrer aktuellen Tätigkeit als Landwirtin hin. Nachdem der serbische Versicherungsträger
die entsprechenden Zeiten bestätigt hatte, zog die Beklagte medizinische Unterlagen sowie ein Gutachten der Invalidenkommission
B. vom 14.05.2003 bei. Sie holte zusätzlich ein internistisches Gutachten nach ambulanter Untersuchung ein, welches zu dem
Ergebnis kam, dass der Klägerin leichte bis mittelschweren Arbeiten unter Vermeidung von häufigem Bücken und Heben von Lasten
über 15 kg sowie unter Vermeidung von Zeitdruck vollschichtig zumutbar seien. Die Tätigkeit als Busfahrerin könne die Klägerin
jedoch nicht mehr ausüben.
Die Beklagte forderte daraufhin eine Arbeitgeberauskunft der B. an. Es wurde bestätigt, dass es sich bei der Tätigkeit als
Busfahrerin um eine ungelernte Arbeit mit einer Anlernzeit von weniger als drei Monaten gehandelt hat. Die Klägerin war zuletzt
nach Lohngruppe F1a des Tarifvertrags BMT-G entlohnt worden. Weiter wird angegeben, die Lohnhöhe habe sich zum einen nach
besonderen Erschwernissen wie Nachtarbeit zum anderen nach der mehrjährigen Betriebszugehörigkeit gerichtet. Mit Widerspruchsbescheid
vom 13.01.2006 lehnte die Beklagte eine Rentengewährung nunmehr mit der Begründung ab, die Klägerin verfüge für Tätigkeiten
des allgemeinen Arbeitsmarktes über ein zeitliches Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich. Ein Anspruch auf
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe ebenfalls nicht, da die Tätigkeit als Busfahrerin der
Gruppe der ungelernten Arbeiten zuzuordnen sei.
Gegen diese Entscheidung erhob der Klägerin am 20.02.2006 Klage zum Sozialgericht Landshut. Dieses hat Beweis erhoben durch
Einholung einer weiteren Arbeitgeberauskunft sowie eines internistischen und eines neurologischen Sachverständigengutachtens.
Die Internisten Frau Dr. L. stellte bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen fest:
- Belastungsabhängige Wirbelsäulenbeschwerden bei beginnenden Aufbraucherscheinungen,
- Belastungsschmerz beider Hand- und Kniegelenke,
- Bluthochdruck,
- leichte Dysthymie, vestibulärer Schwindel,
- unklarer Röntgen-Thorax Befund.
Nach Auffassung des Sachverständigen kann die Klägerin leichte bis mittelschweren körperliche Arbeiten ohne dauernde Zwangshaltungen
der Wirbelsäule, ohne übermäßige nervliche Belastung, ohne erhöhte Verletzungs- und Absturzgefahr sowie ohne Akkord- oder
Nachtschichtarbeit im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Omnibusfahrern
sei nicht mehr möglich, die Klägerin könne jedoch als Pförtnerin, Museumsaufseherin, Montiererin, Sortiererin, Verpackerin
von Kleinteile, sowie als Verrichterin (Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen und Bedienen von Maschinen, Zusammensetzen
von Teilen) tätig sein. Die Geh- und Wegefähigkeit sowie die Umstellungsfähigkeit seien nicht eingeschränkt. Der Nervenarzt
Dr. P. stellte im Zusammenhang mit dem Unfalltod des Ehemannes der Klägerin im Jahr 2005 eine leichte Dysthymie mit sozialer
Rückzugsneigung, chronischen Wirbelsäulenschmerz sowie einen nicht-vestibulären Schwindel fest. Die Leistungseinschätzung
von Frau Dr. L. wurde vollumfänglich bestätigt.
Auf Antrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 14.12.2006 wurde ein weiteres Gutachten auf neurologisch/psychiatrischem
Fachgebiet nach §
109 SGG in Auftrag gegeben. Der Sachverständige Dr. H. bescheinigt darin eine mittelgradige depressive Episode sowie eine anhaltende
somatoforme Schmerzstörung. Zum jetzigen Zeitpunkt bestünden erhebliche Leistungseinschränkungen, es liege jedoch ein Behandlungsfall
vor, da die Therapiemöglichkeiten bei weitem nicht ausgeschöpft seien. Das aktuelle Leistungsvermögen liege unter drei Stunden
täglich, die Klägerin sei momentan arbeitsunfähig. Das SG holte daraufhin eine ergänzende Stellungnahme des Dr. P. ein, welcher auf die Diskrepanz der Befunde hinwies und klarstellte,
dass von ihm anlässlich der ambulanten Untersuchung ein völlig regelgerechter psychopathologischer Befund erhoben worden sei,
welcher in Zusammenschau mit den anamnestischen Angaben sowie den Gesichtspunkten der Konsistenzprüfung eine auch nur mittelschwere
depressive Störung nicht begründen könne.
Mit Urteil vom 10.10.2007 wies das SG die Klage als unbegründet ab. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung zu, da die gerichtlichen
Sachverständigen eine maßgebliche Erwerbsminderung nicht hätten feststellen können. Dem Gutachten des Dr. H. sei nicht zu
folgen, da die Diagnosen im Widerspruch zu den Feststellungen der Befunderhebung stünden und die abweichende Leistungseinschätzung
nicht hinreichend begründet sei. Auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe
nicht. Zwar könne die Klägerin ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Omnibusfahrerin nicht mehr verrichten, sie könne jedoch
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen für sie geeigneten Beruf noch vollschichtig ausüben. Sie dürfe auch auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt verwiesen werden, da ihre Tätigkeit der Gruppe der Angelernten im unteren Bereich zuzuordnen sei. Dies ergebe
sich aus der Arbeitgeberauskunft, wonach die Anlernzeit lediglich drei Monate betragen habe.
Am 28.12.2007 legte die Bevollmächtigte der Klägerin Berufung ein. Das Sozialgericht habe sich im Hinblick auf die psychischen
Erkrankungen der Klägerin zu Unrecht auf das Gutachten des Dr. P. gestützt. Dieser habe die antidepressive Medikation der
Klägerin sowie die Auswirkungen des Schmerzsyndroms im täglichen Leben nicht hinreichend berücksichtigt. Zu Unrecht habe das
Sozialgericht auch Berufschutz verneint. Richtig sei, dass die Klägerin keine abgeschlossene Ausbildung besitze, aufgrund
der Qualität ihrer Arbeit wie auch der über Facharbeiterniveau liegenden Höhe ihrer Entlohnung müsse sie jedoch als Facharbeiterin
angesehen werden. Zwar bestünden für den Bereich der B. zwei unterschiedliche Tarifverträge bezüglich der Arbeiter im Fahrdienst
und der sonstigen Arbeiter. Aufgrund des engen Zusammenhangs sei es jedoch unsachgemäß eine strikte Trennung vorzunehmen.
Die tarifliche Gleichstellung der Arbeiter im Fahrdienst mit den sonstigen Facharbeitern ergebe sich insoweit aus einer Gesamtschau
des Tarifgefüges. Da die Klägerin damit als Facharbeitern einzustufen sei, müsse eine entsprechende Verweisungstätigkeit im
Bereich einer oberen Anlerntätigkeit benannt werden. Dies sei angesichts der gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin
nicht möglich.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens auf neurologisch/psychiatrischem Fachgebiet. Die Sachverständige
Frau Dr. R. stellt mit Gutachten vom 03.11.2008 bei der Klägerin eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei sensitiver
und dependenter Persönlichkeit, eine leichte Psychopharmaca-Abhängigkeit, eine leichte Klaustrophobie und eine leichte soziale
Phobie sowie Bluthochdruck fest. Die Klägerin könne noch im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich leichte und mittelschwere
Arbeiten in geschlossenen Räumen, vorübergehend auch im Freien, nicht bei Nässe, ohne schweres Heben und Tragen und ohne psychische
Anspannung (ohne Akkord und ohne Arbeiten in Wechsel- oder in Nachtschicht) ausführen. Einschränkungen der Geh- und Wege-
sowie der Umstellungsfähigkeit werden von der Sachverständigen verneint.
Mit Schriftsatz vom 05.01.2009 wandte sich die Bevollmächtigte der Klägerin gegen das Gutachten. Es seien bereits die Angaben
der Sachverständigen bezüglich des Zustandes und des Verhaltens der Klägerin während der Untersuchung unzutreffend. Auch an
der Einschätzung des Leistungsvermögens bestünden Zweifel. Das Gutachten sei nicht nachvollziehbar begründet. Es liege zudem
eine Summierung außergewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. In einer daraufhin eingeholten ergänzenden Stellungnahme unterstrich
die Sachverständige ihre Leistungseinschätzung und ergänzte diese dahingehend, dass die zumutbaren Arbeiten zusätzlich im
Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen zu verrichten seien.
Der Senat holte in der Folge eine Stellungnahme der B. zu der Frage ein, welche Kriterien für die Entlohnung der Arbeiter
im Fahrdienst maßgeblich waren. Diese teilten bezüglich der für die Tätigkeit der Klägerin maßgebenden Tarifverträge mit,
dass die Entlohnung des Verkehrspersonals durch die Tarifvertrags-Parteien unabhängig von den übrigen Lohngruppen separat
vereinbart wurde. Dabei waren qualitätsunabhängige Kriterien (Verantwortung, unregelmäßige Dienste) maßgebend aber auch die
allgemeinen Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt Personal zu rekrutieren.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 10.10.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26.03.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 13.01.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen
teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Leistungseinschätzung von der gerichtlichen Sachverständigen zutreffend vorgenommen
wurde. Die Klägerin könne keinen Berufschutz geltend machen, da sie lediglich eine innerbetriebliche Ausbildung von circa
drei Monaten absolviert habe. Für die Frage der tariflichen Gleichstellung sei zu beachten, dass die für den Zeitraum der
Beschäftigung der Klägerin einschlägigen Tarifverträge das Fachpersonal sowie die übrigen Arbeiter in einer jeweils eigenen
tariflichen Regelung erfassen. Allein das über der Facharbeiterentlohnung liegende Gehalt der Klägerin rechtfertige keine
Gleichstellung, da auch qualitätsfremde Merkmale maßgeblich gewesen seien.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch
auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Ein Anspruch gemäß §
43 SGB VI scheitert daran, dass bei der Klägerin weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung vorliegt. Teilweise erwerbsgemindert
sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§
43 Abs.
1 Satz 2
SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind,
unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§
43 Abs.
2 Satz 2
SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden
täglich erwerbstätig sein kann (§
43 Abs.
3 SGB VI).
Es steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des Gutachtens der Sachverständigen Frau Dr. R. fest, dass die Klägerin unter
gewissen qualitativen Einschränkungen noch leichte bis mittelschwere Arbeitern im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich
ausüben kann. Entgegen den Zweifeln der Klägerbevollmächtigten stellt die Sachverständige im Gutachten vom 03.11.2008 nebst
ergänzender Stellungnahme vom 03.02.2009 überzeugend und nachvollziehbar fest, dass die bei der Klägerin bestehenden psychischen
Gesundheitsstörungen in Form einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer leichten Psychopharmaca-Abhängigkeit, sowie
einer leichten Klaustrophobie und einer leichten sozialen Phobie in ihren funktionellen Auswirkungen keine maßgebliche Minderung
der Erwerbsfähigkeit bedingen. So beschreibt die Sachverständige, dass die Klägerin während der Exploration circa eineinhalb
Stunden ruhig auf ihrem Stuhl saß und danach circa eine Stunde hinter dem Stuhl stand. Sie zeigt hierbei keine Beeinträchtigung
durch Schmerzen. Der Klägerin war im Kontakt zugewandt, lebhaft und affektiv schwingungsfähig. Sie war in ihren Angaben ernst,
zeitweilig besorgt jedoch nicht depressiv, mit den leichten phobischen Ängsten kann die Klägerin umgehen. Die Sachverständige
stellt weiter ausdrücklich fest, dass sich die charakteristischen Symptome einer Depression nicht zeigten. Die aktuelle antidepressive
Medikation beruht nach Auffassung der Sach- verständigen auf einer leichten Abhängigkeit ohne dass hieraus auf die Entwicklung
oder die Intensität der psychischen Störungen geschlossen werden kann.
Das Gericht hat keine Veranlassung an den Ausführungen der erfahrenen gerichtlichen Sachverständigen zu zweifeln. Insbesondere
zeigt der von der Klägerin selbst geschilderte Tagesablauf, im Rahmen dessen sie ihren Haushalt führt (insbesondere putzt,
aufräumt, kocht, Blumen gießt, mit der Mutter auf dem Markt einkauft), Fahrrad fährt, wenn auch weniger als früher, gelegentlich
mit ihrem Hund spazieren geht, Zeitschriften liest, Handarbeiten macht, Nachbarn trifft oder mit ihrer Mutter Karten spielt,
dass die einer mittelgradigen Depression immanente erhebliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit im täglichen
Leben nicht vorliegt. Die Sachverständige bemerkt weiter, dass die Klägerin deutliche Arbeitsspuren der Hände aufwies. So
waren die Finger rau und zeigten viele kleine, dunkel gefärbte Schnitte, wie sie nur nach lang anhaltenden, dauernd wiederholten
Haus- und Gartenarbeiten entstehen können. Auch die von der Klägerin angegebene bedarfsweise durchgeführte Schmerzmedikation
mit Aspirin oder Diclofenac steht in Übereinstimmung mit der anlässlich der Exploration durch die Sachverständige festgestellten
geringen Schmerzbeeinträchtigung. Es handelt sich hierbei um Präparate, die bei leichten ggf. mittelstarken Schmerzen indiziert
sind und die von der Klägerin anlassbezogen eingenommen werden. Eine kontinuierliche Medikation mit stärkeren Schmerzmitteln,
beispielsweise mit Opioiden, im Rahmen einer Schmerztherapie findet nicht statt. Aufgrund der eher geringen krankheitsbedingten
Funktionseinschränkungen der Klägerin erweist sich die Leistungseinschätzung der Sachverständigen, wonach die Klägerin mit
gewissen qualitativen Einschränkungen leichte bis mittelschweren Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich
verrichten kann, auch aus Sicht des Senats als zutreffend.
Dieser Auffassung steht das zeitlich vorgehende, vom Sozialgericht eingeholte Gutachten nach §
109 SGG nicht entgegen. Auch der Sachverständige Dr. H. kann kein organisches Korrelat für die von der Klägerin angegebenen Schmerzen
erkennen. Er beschreibt die Klägerin zwar als depressiv, jammerig, klagsam, mit Störung der Vitalgefühle, sozial zurückgezogen
mit Insuffizienzerleben und mangelnden Zukunftsperspektiven. Gleichzeitig stellt er aber fest, dass die Klägerin in der Lage
ist, der circa einstündigen Exploration gut zu folgen und ohne wesentliche Schmerzäußerungen auf dem Stuhl zu sitzen, ein
unmittelbarer Kontakt ist gut herstellbar. Trotz subjektiver Angabe von Konzentrationsstörungen findet der Sachverständige
im psychiatrischen Untersuchungsbefund keine entsprechenden Hinweise. Die Auffassungsgabe, Konzentrationsfähigkeit wie auch
die Orientierung zu allen Qualitäten ist über den gesamten Untersuchungszeitraum gut erhalten. Der Sachverständige kann keine
Zwangshandlungen, keine Zwangsgedanken, und keine weitergehenden psychischen Störungen finden. Wie er aufgrund dieser Erhebungen
zu der Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode mit einer aktuellen Erwerbsminderung unter drei Stunden täglich kommt,
ist für den Senat nicht nachvollziehbar.
Entgegen der Auffassung der Klägerbevollmächtigten bestehen keine Anhaltspunkte für eine Summierung außergewöhnlicher Leistungseinschränkungen,
welche die Benennung einer Verweisungstätigkeit erforderlich machen würde. Außergewöhnlich im Sinne der Rechtsprechung des
BSG (vgl. Urteil v. 19.08.97, AZ: 13 RJ 1/94; Beschluss vom 14. 12. 1998, AZ: B 5 RJ 184/98 B) sind hierbei nur solche Leistungseinschränkungen, die über das allgemeine Erfordernis, die Arbeit müsse körperlich leicht
sein, wesentlich hinausgehen. Anders ausgedrückt: Gewöhnliche Leistungseinschränkungen sind solche, welche die Fähigkeit,
körperlich leichte Arbeiten zu verrichten nicht zusätzlich erheblich einschränken. Die qualitative Leistungsfähigkeit der
Klägerin ist vorliegend insoweit eingeschränkt, als die Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen und nur vorübergehend
im Freien, nicht bei Nässe, ohne schweres Heben und Tragen (Zwangshaltungen der Wirbelsäule), ohne psychische Anspannung (Akkord,
Wechsel- und Nachtschicht) und ohne erhöhte Verletzung- und Absturzgefahr erfolgen sollen. Dabei handelt es sich jedoch ganz
überwiegend um gewöhnliche Leistungseinschränkungen, denn Einschränkungen wie die Vermeidung von Arbeiten unter dauerhaftem
Witterungseinfluss, von dauerhaften Zwangshaltungen, von schwerem Heben und Tragen, von psychischer Anspannung durch Akkord
oder Schichtarbeit sind bereits dem Begriff der leichten Tätigkeit immanent. Die vorliegend hinzutretende Vermeidung von verletzungs-
und absturzgefährdenden Arbeiten bedingt auch in der Summe keine über das normale Maß hinausgehende erhebliche Einschränkung
der möglichen Arbeitsfelder. Insbesondere bestehen keine Einschränkungen im Bereich des Sensoriums (Hören, Sehen, Fühlen),
der Gliedmaßenbeweglichkeit oder das Herz-Kreislauf-Systems.
Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bei Berufsunfähigkeit nach §
240 SGB VI zu. Berufsunfähig nach dieser Vorschrift sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich
zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen
Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Für die Entscheidung der Frage, ob ein Versicherter
berufsunfähig ist, ist von dem "bisherigen Beruf", also dem in der Regel der zuletzt ausgeübten Beruf aus-zugehen.
Die Klägerin hat keine Berufsausbildung absolviert, insbesondere keine anerkannte Ausbildung zum Berufskraftfahrer gemäß der
Berufskraftfahrer-Ausbildungsordnung vom 26.10.1973. Sie arbeitete zuletzt als Omnibusfahrerin im Einmannbetrieb den für die
B ... Laut Auskunft des Arbeitgebers handelte es sich hierbei um eine Anlerntätigkeit. Die Klägerin wurde am 07.01.1980 zunächst
als Schaffnerin eingestellt, es folgte eine circa dreimonatige innerbetriebliche Ausbildung zu Omnibusfahrerin, die neben
dem Erwerb des erforderlichen Führerscheins auch eine Ausbildung im Bereich Fahrscheinwesen umfasste. Ab 12.04.1980 wurde
die Klägerin als Omnibusfahrern im Linienverkehr eingesetzt. Zu ihren Tätigkeiten gehörten auch der Verkauf von Fahrscheinen,
die Erteilung von Auskünften sowie die Beratung über Beförderungstarife.
Diese Tätigkeit ist danach entsprechend dem Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts (vgl. z.B. BSG SozR 2200 Nr. 140 und
SozR 3-2200 Nr. 27 je zu § 1246
RVO; für Angestellte: BSGE 55, 45; 57, 291) grundsätzlich als angelernte Tätigkeit im unteren Bereich (betriebliche Ausbildung von mindestens 3 bis 12 Monaten) zu qualifizieren.
Eine Zuordnung zur Gruppe der Facharbeiter oder auch der Angelernten im oberen Bereich alleine aufgrund der Ausbildungsdauer
(12-24 Monate bzw. darüber) kommt für Berufskraftfahrer nur in Betracht, soweit sie die vorgeschriebene Ausbildung absolviert
haben (BSG vom 21.07.1987, AZ: 4a RJ 39/86). Bis 31.07.2001 handelte es sich hierbei um eine staatlich anerkannte zweijährige
Ausbildung mit Abschlussprüfung. Erst mit Inkrafttreten der Berufskraftfahrer-Verordnung zum 01.08.2001 wurde die Ausbildung
zum Kraftfahrer als Facharbeiterausbildung mit dreijähriger Dauer geregelt.
Das Kriterium der kurzen Ausbildungsdauer wird vorliegend auch nicht durch hinzutretende Gesichtspunkte überwunden. Es sind
insbesondere keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Klägerin die Tätigkeit eines Berufskraftfahrers vollwertig, dass
heißt in der vollen Breite der damals zweijährigen Ausbildung ausgeübt hat und damit zumindest als Angelernte des oberen Bereichs
angesehen werden könnte (vgl. BSG aaO.). Nach Auskunft der B. erwarb die Klägerin im Rahmen der Ausbildung neben der erforderlichen
Fahrerlaubnis zu Personenbeförderung mit Omnibussen lediglich weiteres Wissen im Bereich des Fahrscheinwesens. Umfassende
zusätzliche Kenntnisse, wie sie die Berufskraftfahrer-Ausbildungsverordnung regelte, wurden nicht vermittelt. Hierbei handelt
es sich u.a. um spezifische technische Kenntnisse der Kraftfahrzeuge einschließlich Mechanik, Hydraulik, Pneumatik, Wärmelehre
und Elektrotechnik, Kenntnis der den Straßenverkehr betreffenden nationalen sowie der wesentlichen internationalen Rechtsvorschriften,
Kenntnis einschlägiger Vorschriften im Bereich des Arbeits- und Sozialrechts, des Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsrechts
sowie der Arbeitshygiene und des Umweltschutzes. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin im Einmann-Liniendienst, d.h.
im Stadtgebiet B. auf festgelegter Streckenführung tätig war, kann nicht davon ausgegangen werden - und ist im übrigen auch
nicht vorgetragen - dass sie diese Kenntnisse im Laufe ihrer beruflichen Tätigkeit in der erforderlichen Breite erworben hat.
Entgegen der Auffassung ihrer Bevollmächtigten war die Klägerin auch im Hinblick auf ihre tarifliche Einstufung nicht einem
Facharbeiter gleichgestellt. Für das Fahrpersonal der B. galt im Zeitraum der Beschäftigung der Klägerin zunächst der inzwischen
außer Kraft getretene Bundesmanteltarifvertrag für Gemeindearbeiter (BMT-G). Aufgrund der Ermächtigungsnorm des § 20 BMT-G
schlossen die für den Bezirk B. zuständigen Tarifpartner den "Zusatztarifvertrag B. Verkehrsbetriebe Nr. 2" in der jeweils
geltenden Fassung, in welchem spezielle Eingruppierungsregelungen getroffen wurden. Während die Eingruppierung der allgemeinen
Arbeiter nicht im Tarifvertrag selbst sondern in den Anlagen 1 und 2 erfolgte, wurde für die Arbeiter im Fahrdienst in § 2
Abs. 2 des Tarifvertrags eine von den Anlagen unabhängige, selbständige Regelung getroffen. Wurden die allgemeinen Arbeiter
in den Anlagen 1 und 2 entsprechend ihrer Qualifikation in Lohngruppen von 1-9 eingeteilt (wobei Facharbeiter mindestens in
Lohngruppe 4 eingestuft wurden), so war für das Verkehrspersonal eine gesonderte Einstufung in die Lohngruppen F, FT und FU
vorgenommen worden. Für die Autobusfahrer war hierbei die Lohngruppe F1 bzw. nach vierjähriger Tätigkeit die Lohngruppe F1a
vorgesehen. Entgegen der Lohngruppeneinteilung für die Arbeiter, welche sich neben der Betriebszugehörigkeit vor allem nach
der Dauer der Ausbildung, der Qualität der erbrachten Leistungen, der Qualifikation und des fachlichen Geschicks richtete,
erfolgte die Einteilung des Verkehrspersonals allein im Hinblick auf die Art der ausgeübten Tätigkeit ohne weitere Kriterien,
insbesondere ohne Berücksichtigung von Ausbildung, Qualität der Arbeit oder weiteren Qualifikationen. Lediglich bei längerer
Betriebszugehörigkeit erfolgte automatisch eine Höherstufung in Gruppe F1a.
Die Höhe der Löhne als solche wurde ebenfalls getrennt geregelt. Während sich die Löhne der Arbeiter aus dem jeweiligen überregional
geltenden "Monatslohn-Tarifvertrag zum BMT-G" mit Anlage ergaben, bestimmte § 6 Abs. 1 dieses Tarifvertrags dass die Monatstabellenlöhne
für die Arbeiter im Fahrdienst der Nahverkehrsbetriebe jeweils auf Bezirksebene gesondert zu vereinbaren waren. Auf Grundlage
dieser Vorschrift schlossen die für den Bezirk B. zuständigen Tarifparteien jeweils gesonderte "Tarifverträge über die Löhne
der Arbeiter im Fahrdienst der B. Verkehrsbetriebe", in deren Anlagen die Monatslöhne unter alleiniger Bezugnahme auf die
Lohngruppen für die Arbeiter im Fahrdienst rechtlich eigenständig ausgewiesen wurden.
Für die Klägerin ist danach festzustellen, dass ihre Tätigkeit als Busfahrerin durch § 2 Abs. 2 des Zusatztarifvertrags B.
Verkehrsbetriebe Nr. 2 i.V.m. dem Tarifvertrag über die Löhne der Arbeiter im Fahrdienst der B. Verkehrsbetriebe tariflich
selbständig geregelt war. Die Klägerin wurde unstreitig nach Lohngruppe F1a und nicht nach einer für allgemeine Arbeiter geltenden
Facharbeiter-Lohngruppe entlohnt. Die Eingruppierungsvorschrift für das Verkehrspersonal enthielt auch keine indirekte Zuordnung
zu Facharbeiterberufen insbes. keine der Arbeitereinstufung vergleichbaren abstrakten Tätigkeitsmerkmale, an welchen gemessen
hätte werden können, welche Qualität eine bestimmte Tätigkeit im Fahrdienst aufweist. Ein Rückgriff auf die von den Tarifparteien
gesondert vereinbarte und damit auf anderen Rechtsgrundlagen beruhende Entlohnung der nicht im Fahrdienst beschäftigten Arbeiter
war und ist aufgrund der eigenständigen Regelung für das Fahrpersonal damit nicht möglich (vgl. hierzu Kassler-Kommentar,
Niesel, Rn. 47 zu §
240 SGB VI; BSGE 73, 159). Allein aufgrund der Tatsache, dass der der Klägerin gezahlte Lohn in seiner Höhe der Entlohnung eines Facharbeiters entsprach
oder zum Teil sogar darüber lag, kann auf eine tarifliche Gleichstellung nicht geschlossen werden (BSGE 51, 135; Kasseler Kommentar, Niesel, Rn. 63 zu § 240 m.w.N.).
Die B. hat in diesem Zusammenhang bestätigt, dass für die Vereinbarung gesonderter Lohngruppen sowie für die im Vergleich
hohe Entlohnung des Personals im Fahrdienst qualitätsunabhängige Merkmale wie die Übernahme von Verantwortung, die unregelmäßigen
Dienste im Schichtbetrieb sowie die allgemeinen Schwierigkeiten, auf dem - westberliner - Arbeitsmarkt Fahrpersonal zu rekrutieren,
ausschlaggebend waren.
Im Ergebnis ist die Klägerin aufgrund der letztlich maßgeblichen Ausbildungsdauer von rund drei Monaten der Berufsgruppe der
Angelernten im unteren Bereich zuzuordnen und damit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt breit zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §193
SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG sind nicht ersichtlich.