LSG Bayern, Urteil vom 16.03.2016 - 12 KA 38/15
Nebenbestimmung in einer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung
Isolierte Aufhebung einer Nebenbestimmung
Teilbarer Verwaltungsakt
1. Ob eine Klage zur isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung führen kann, hängt davon ab, ob der begünstigende Verwaltungsakt
ohne die Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann; dies ist eine Frage der Begründetheit und
nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens (BVerwG, Urteil vom 22.11.2000 - 11 C 2.00 -, [...] Rn. 25, BVerwGE 112, 221-227).
2. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung ist eine isolierte Aufhebung einer angefochtenen Nebenbestimmung nur möglich,
wenn der Haupt-Verwaltungsakt und die Nebenbestimmung teilbar sind und der ohne die Nebenbestimmung verbliebene Verwaltungsakt
seinerseits rechtmäßig ist.
3. Steht die angefochtene Nebenbestimmung mit dem eigentlichen Inhalt des Verwaltungsaktes derart in einem Zusammenhang, dass
sie die mit dem Verwaltungsakt ausgesprochene Rechtsgewährung inhaltlich einschränkt und dass nach der Aufhebung der Nebenbestimmung
der bestehen bleibende Teil des Verwaltungsakts entgegen dem geltenden Recht eine uneingeschränkte Begünstigung enthielte,
so schließt dies materiellrechtlich die isolierte Aufhebung aus, so dass in der Konsequenz die darauf gerichtete Klage abzuweisen
ist.
Normenkette: Ärzte-ZV § 20 Abs. 1 S. 1
Vorinstanzen: SG München 04.02.2015 S 49 KA 129/14
Tenor I.
Auf die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 04.02.2015
aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen eine Nebenbestimmung in ihrer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Sie ist Pathologin
und stand als leitende Oberärztin des Instituts für Pathologie in einem Vollzeit-Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mit der
Universität A-Stadt. Ab 01.10.2015 wurde sie an das Universitätsklinikum B-Stadt versetzt. Vor Inkrafttreten von Zulassungsbeschränkungen
für das Fachgebiet der Pathologie stellte sie am 04.09.2012 einen Antrag auf Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit in
A-Stadt. Mit Beschluss vom 05.06.2013 lehnte der Zulassungsausschuss den Antrag ab. Auch wenn die Klägerin eine Nebentätigkeitsgenehmigung
der Universität A-Stadt im Umfang von 13 Stunden pro Woche vorgelegt habe, stehe deren Vollzeittätigkeit ihrer Eignung für
die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit, auch bei einem hälftigen Versorgungsauftrag, entgegen. Gegen diesen Beschluss
legte die Klägerin mit Schreiben vom 06.08.2013 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde unter anderem vorgetragen, der Dienstherr
habe mit Schreiben vom 08.07.2013 die Nebentätigkeitsgenehmigung dahingehend erweitert, dass diese ohne zeitliche Begrenzung
in einem für die Versorgung notwendigen Umfang erteilt werde, zunächst befristet auf die Dauer von zwei Jahren. In der Sitzung
des Beklagten am 28.11.2013 gab der Bevollmächtigte der Klägerin zu Protokoll, dass er bis längstens 13.12.2013 eine schriftliche
Erklärung der Universität A-Stadt beibringen werde, in welcher diese ihre Genehmigung zur Ausübung der beantragten Nebentätigkeit
ohne zeitliche Befristung erteile. Mit Bescheid vom 09.12.2013 hob der Beklagte den Beschluss des Zulassungsausschusses auf
und ließ die Klägerin als Pathologin mit einem halben Versorgungsauftrag zur vertragsärztlichen Tätigkeit in A-Stadt zu unter
der Bedingung, dass dem Berufungsausschuss bis spätestens 13.12.2013 eine schriftliche Erklärung der Universität A-Stadt vorgelegt
werde, in welcher diese der Widerspruchsführerin die Genehmigung zur Ausübung der beantragten Nebentätigkeit ohne zeitliche
Befristung erteilt. Laut der Begründung des Bescheids kam der Beklagte unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG und der durch das Versorgungsstrukturgesetz vorgenommenen Änderung des § 24 Ärzte-ZV sowie der Tatsache, dass der Dienstherr vorliegend mit Schreiben vom 08.07.2013 schriftlich versichert habe, die bei ihm
beschäftigte Klägerin von ihren dienstrechtlichen Pflichten freizustellen, soweit dies für die Ausübung der Tätigkeit als
Vertragsarzt und die Erfüllung der vertragsärztlichen Pflichten erforderlich sei, zum Ergebnis, die Klägerin habe einen Anspruch
auf hälftige Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit. Allerdings sei die Nebentätigkeitsgenehmigung nur für die Dauer von
zwei Jahren befristet erteilt worden. Die Klägerin habe aber unter der Bedingung als Pathologin in A-Stadt zugelassen werden
können, dass sie dem Beklagten bis spätestens 13.12.2013 eine unbefristete Nebentätigkeitsgenehmigung vorlege. Damit stehe
die Klägerin für die Versorgung der Versicherten persönlich noch im erforderlichen Maße zur Verfügung. Der Beklagte mache
daher zu Gunsten der Klägerin von der Ausnahmevorschrift des § 20 Abs. 3 Ärzte-ZV Gebrauch und erteile die Zulassung unter der in Ziffer 3 festgelegten Bedingung. Mit Schreiben vom 13.12.2013 erhob der Klägerbevollmächtigte
Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 09.12.2013. Mit der Klage gehe es der Klägerin allein um die Rechtmäßigkeit der
Auflage, die die Erteilung der vertragsärztlichen Zulassung von der Vorlage einer zeitlich unbefristeten Nebentätigkeitsgenehmigung
abhängig mache. Der Beklagte habe zunächst zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Klägerin grundsätzlich
vorliegen. Allerdings habe er rechtsfehlerhaft angenommen, dass die zeitliche Befristung der vorgelegten Nebentätigkeitsgenehmigung
der Zulassung entgegenstehe. Die aufschiebende Bedingung sei schon deshalb rechtswidrig, da sie rechtlich Unmögliches verlange.
Es sei zwar zutreffend, dass die Klagepartei selbst in der Sitzung des Beklagten die Vorlage einer unbefristeten Nebentätigkeitsgenehmigung
in Aussicht gestellt habe, dabei sei jedoch die Regelung des Art. 81 Abs. 3 S. 5 BayBG nicht berücksichtigt worden. Danach sei die Erteilung einer unbefristeten Nebentätigkeitsgenehmigung aus Rechtsgründen unmöglich,
da Nebentätigkeitsgenehmigungen auf längstens fünf Jahre zu befristen seien. Betreffend die vertragsärztlichen Vorschriften
stelle die geänderte Vorgabe des § 20 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV jedoch klar, dass die Tätigkeit auch in einer Hochschulklinik im Sinne des § 108 Nr. 1 SGB V, die üblicherweise im Rahmen eines Beamtenverhältnisses ausgeübt werde, mit der Tätigkeit als Vertragsarzt vereinbar sei.
Die angegriffene Nebenbestimmung sei aber zudem auch deshalb rechtswidrig, weil die Frage der Dauer der Nebentätigkeitsgenehmigung
nicht die Frage der Erteilung, sondern allenfalls die Frage eines gegebenenfalls erforderlichen Widerrufs der Zulassung betreffe.
Das Vertragsarztrecht kenne keine Vorschrift, die den Arzt verpflichte, sich für eine bestimmte Dauer zur vertragsärztlichen
Versorgung zu verpflichten. Vielmehr sei sämtlichen Konstellationen des Wegfalls der Voraussetzungen für eine vertragsärztliche
Zulassung durch die Möglichkeit der Entziehung der Zulassung Rechnung zu tragen. Auch hier würden mit Ablauf der Nebentätigkeitsgenehmigung
und ohne neue Erteilung oder Verlängerung gegebenenfalls die Voraussetzungen für die Zulassung entfallen, was in § 95 Abs. 6 S. 1 SGB V ausdrücklich geregelt sei. Zum Zeitpunkt der Erteilung der Zulassung hätten sämtliche Voraussetzungen dafür vorgelegen, die
Klägerin habe eine wirksame und dem Umfang nach ausreichende Nebentätigkeitsgenehmigung vorgelegt. Die Klägerin selbst wolle
dauerhaft tätig werden und habe dafür auch die Zusage, dass - ohne wesentliche Veränderung der Umstände - dies auch jeweils
genehmigt werde. Der Beklagte führte aus, eine Zulassung werde grundsätzlich auf Dauer ausgesprochen. Dem widerspreche eine
von vorneherein nur befristet erteilte Nebentätigkeitsgenehmigung. Insoweit betreffe die Dauer der Nebentätigkeitsgenehmigung
sehr wohl die Frage der Erteilung der Zulassung. Die Verlängerung der Genehmigung sei darüber hinaus ungewiss, da nach Punkt
7 der Nebentätigkeitsgenehmigung auf die Erteilung der Verlängerung ein Rechtsanspruch nur bestehe, soweit sich die Voraussetzungen
hierfür nicht geändert hätten. Der Widerspruch der Klägerin hätte nur deshalb positiv beschieden werden können, weil die Universität
A-Stadt erklärt habe, dass die Klägerin von ihren dienstrechtlichen Pflichten freigestellt werde, soweit dies für die Teilnahme
an der vertragsärztlichen Versorgung erforderlich sei und der Klägerbevollmächtigte in der Sitzung des Beklagten zugesichert
habe, er werde eine zeitlich unbefristete Nebentätigkeitsgenehmigung vorlegen. Wäre die entsprechende Erklärung nicht abgegeben
worden, hätte die Zulassung nicht erteilt werden können, da der Zulassung ein Hinderungsgrund nach § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV entgegengestanden habe. Der Beklagte habe zugunsten der Klägerin von der Ausnahmevorschrift des § 20 Abs. 3 Ärzte-ZV Gebrauch gemacht. Die Beigeladene zu 1) wies ebenfalls darauf hin, dass die Zulassung ein auf Dauer angelegter Teilnahmestatus
sei, womit die Befristung einer Nebentätigkeitsgenehmigung nicht in Einklang zu bringen sei. Das SG gab der Klage mit Gerichtsbescheid vom 04.02.2015 statt. Entgegen der Ansicht der Beklagten könne die streitgegenständliche
Ziffer 3 des Bescheids des Beklagten vom 09.12.2013 nicht auf § 20 Abs. 3 Ärzte-ZV gestützt werden. § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV komme hier nicht in Betracht, weil diese Vorschrift darauf abstelle, ob die vom Arzt ausgeübte ärztliche Tätigkeit ihrem
Wesen nach mit der Tätigkeit als Vertragsarzt am Vertragsarztsitz nicht zu vereinbaren sei. Eine solche Inkompatibilität liege
hier nicht vor und werde auch nicht behauptet. Die Befristung der Nebentätigkeitgenehmigung stelle aber auch keinen Hinderungsgrund
nach § 20 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV dar. Wie sich schon aus dem Wortlaut ergebe, stelle dieser allein auf die zeitliche Inanspruchnahme durch das anderweitige
Beschäftigungsverhältnis ab. Der Beklagte habe aber ausweislich der Begründung seines Beschlusses lediglich die Laufzeit der
vorgelegten Nebentätigkeitsgenehmigung für nicht ausreichend gehalten. Die Klägerin sei deshalb zugelassen worden, allerdings
unter der streitgegenständlichen Bedingung. Die Laufzeit der Nebentätigkeitsgenehmigung sei aber gerade kein Hinderungsgrund
im Sinne des § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV, da diese keinen Einfluss darauf habe, wie viele Stunden und zu welchen Zeiten die Klägerin für die vertragsärztliche Versorgung
persönlich zur Verfügung stehe. Auch die zweite Alternative des § 32 Abs. 1 SGB X sei nicht gegeben. Die streitgegenständliche Bedingung stelle nicht sicher, dass die gesetzlichen Voraussetzungen einer Zulassung
erfüllt würden. Im Zeitpunkt des Genehmigungsantrags liege ja bereits eine Nebentätigkeitsgenehmigung vor, der Beklagte habe
mit der angegriffenen Nebenbestimmung nur eine Regelung für die Zukunft treffen wollen. Der Gesetzgeber habe dieser Konstellation
aber durch § 95 Abs. 6 S. 1 SGB V Rechnung getragen, wonach die Zulassung zu entziehen sei, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorlägen. Gegen
diesen Gerichtsbescheid legten der Beklagte und die zu 1 beigeladene KVB Berufung ein. Der Beklagte legte dar, dass die Klägerin
keinen Anspruch auf eine Zulassung ohne die Bedingung habe. Rechtsgrundlage der hier streitigen Nebenbestimmung sei § 32 Abs. 1 SGB X in Verbindung mit § 20 Abs. 3 Ärzte ZV. Ohne eine unbefristet erteilte Nebentätigkeitsgenehmigung bzw. Freistellungserklärung stehe die Klägerin aufgrund
ihres vollzeitigen Dienstverhältnisses als leitende Oberärztin für die Versorgung der Versicherten persönlich nicht im erforderlichen
Maße zur Verfügung. Die Frage, ob das vollzeitige Beschäftigungsverhältnis der Klägerin einer hälftigen Zulassung grundsätzlich
entgegenstehe, sei der gerichtlichen Prüfung nicht entzogen, weil das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs.
3 Ärzte ZV in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Ärzte ZV zu prüfen gewesen sei. Um den Hinderungsgrund des § 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte
ZV entfallen zu lassen, müsste die Klägerin entweder ihr Vollzeit-Dienstverhältnis reduzieren oder eine unbefristet erteilte
Freistellungserklärung, soweit dies für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit erforderlich sei, vorlegen. Eine lediglich
befristete Freistellungserklärung reiche nicht aus, um den Hinderungsgrund entfallen zu lassen. Eine Zulassung werde grundsätzlich
auf Dauer ausgesprochen. Dem widerspreche eine von vorneherein nur befristet erteilte Nebentätigkeitsgenehmigung. Die zu 1
beigeladene Kassenärztliche Vereinigung führte aus, das Sozialgericht habe verkannt, dass die streitgegenständliche Nebenbestimmung
nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zwar selbstständig anfechtbar sei, aber dennoch nicht
völlig isoliert von der Entscheidung des Beklagten beurteilt werden könne. Die Zulassung hänge davon ab, ob die Erlaubnis
für eine Nebentätigkeit erteilt werde. Da eine Zulassung nicht befristet erteilt werden könne, müsse auch die Nebentätigkeitsgenehmigung
unbefristet sein. Mit Schreiben vom 15.03.2016 teilte der Klägerbevollmächtigte mit, dass die Klägerin nunmehr für die Universität
B-Stadt tätig sei und die vertragsärztliche Tätigkeit demgemäß am Standort der Universität B-Stadt ausüben werde. Beigelegt
war ein Schreiben des Universitätsklinikums B-Stadt vom 14.03.2016, dass die Klägerin im Falle einer Zulassung zur vertragsärztlichen
Versorgung berechtigt sei, die Beamtentätigkeit im erforderlichen Umfang zu reduzieren. Außerdem sicherte das Klinikum verbindlich
zu, für den Fall der Zulassung die technischen, räumlichen und organisatorischen Voraussetzungen für die Ausübung der vertragsärztlichen
Tätigkeit in den Räumen des Universitätsklinikums B-Stadt zu schaffen.
Der Beklagte und die Beigeladene zu 1) stellen den Antrag,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 04.02.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin stellt den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Beklagtenakten sowie die Akten des Zulassungsausschusses und die
Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben und in Ziffer 1 des Gerichtsbescheids vom 04.02.2015 die Ziffer 3 des Beschlusses des
Beklagten vom 28.11.2013 aufgehoben. Deshalb war der Gerichtsbescheid vom 04.02.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Zutreffend ist das Sozialgericht zunächst davon ausgegangen, dass gegen die Nebenbestimmung zum Zulassungsbescheid der Klägerin
eine Anfechtungsklage statthaft ist. Insoweit ist es der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 13.10.2010,
B 6 KA 40/09 R, [...] Rn. 13) sowie der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Anfechtung belastender Nebenbestimmungen
(grundlegend Urteil vom 22.11.2000, 11 C 2/00, [...] Leitsatz 1 und Rn. 25) gefolgt. Das SG hat jedoch verkannt, dass der Hauptantrag auf isolierte Aufhebung der Nebenbestimmung unbegründet ist. Ob eine Klage zur
isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung führen kann - wovon das SG ausgegangen ist -, hängt nämlich davon ab, ob der begünstigende Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßigerweise
bestehen bleiben kann; dies ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens (BVerwG,
Urteil vom 22.11.2000 - 11 C 2/00 -, [...] Rn. 25, BVerwGE 112, 221-227). Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung ist eine isolierte Aufhebung der angefochtenen Nebenbestimmung nur möglich,
wenn der Haupt-Verwaltungsakt und die Nebenbestimmung teilbar sind (Engelmann in: von Wulffen, SGB X, 7. Auflage § 32 Rn. 36) und der ohne die Nebenbestimmung verbliebene Verwaltungsakt seinerseits rechtmäßig ist. Steht die angefochtene Nebenbestimmung
mit dem eigentlichen Inhalt des Verwaltungsaktes derart in einem Zusammenhang, dass sie die mit dem Verwaltungsakt ausgesprochene
Rechtsgewährung inhaltlich einschränkt und dass nach der Aufhebung der Nebenbestimmung der bestehen bleibende Teil des Verwaltungsakts
entgegen dem geltenden Recht eine uneingeschränkte Begünstigung enthielte, so schließt dies materiellrechtlich die isolierte
Aufhebung aus, so dass in der Konsequenz die darauf gerichtete Klage abzuweisen ist. Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze
kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass eine isolierte Aufhebung der Nebenbestimmung nicht möglich und die Klage deshalb im
Hauptantrag abzuweisen ist. Eine Zulassung der Klägerin mit hälftigem Versorgungsauftrag verstößt gegen § 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV, da die Klägerin als in einem Vollzeit-Dienstverhältnis mit der Universität A-Stadt stehende Lebenszeitbeamtin unter Berücksichtigung
der Dauer und der zeitlichen Lage dieser Tätigkeit den Versicherten nicht in dem einem halben Versorgungsauftrag entsprechenden
Umfang persönlich zur Verfügung steht und insbesondere nicht in der Lage ist, Sprechstunden zu den in der vertragsärztlichen
Versorgung üblichen Zeiten anzubieten. Ohne eine Bedingung im Sinne des § 20 Abs. 3 Ärzte ZV, § 32 Abs. 2 Nummer 2 SGB X, die eine dienstliche Freistellung von den beamtenrechtlichen Pflichten für die mindestens notwendigen vertragsärztlichen
Tätigkeiten im Rahmen einer Reduzierung der Arbeitszeit sicherstellt und damit die Eignung des Vertragsarztes im Sinne des
§ 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte ZV herstellt, kann einem Vollzeitbeamten keine hälftige Zulassung als Vertragsarzt erteilt werden.
Die unbedingte Zulassung eines Vollzeitbeamten ist wegen eines Verstoßes gegen § 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte ZV rechtswidrig. Ergänzend weist der Senat auf das Urteil des BSG vom 16.12.2015, B 6 KA 19/15 R, hin, nach dem eine Vollzeittätigkeit einer auch hälftigen Zulassung grundsätzlich entgegensteht. Die Versetzung der Klägerin
an das Universitätsklinikum B-Stadt ändert an diesem Ergebnis nichts. Die Klägerin ist nach wie vor Vollzeitbeamtin, wie sich
auch aus dem Schreiben des Universitätsklinikums B-Stadt vom 14.03.2016 ergibt. Die Möglichkeit einer Reduzierung der Arbeitszeit
ist keine hinreichende Voraussetzung für eine (hälftige) Zulassung. Deshalb kann offen bleiben, ob durch die Versetzung der
Klägerin zum 01.10.2015 eine Erledigung der Hauptsache eingetreten ist oder ob eine Verlegung des Vertragsarztsitzes vor bestandskräftiger
Zulassung durch formlose Mitteilung (vgl. BSG Urteil vom 02.09.2009, B 6 KA 27/08 R) vorlag. Im Ergebnis scheidet eine isolierte Aufhebung der Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheides vom 28.11.2013
aus. Die Klage war deshalb im Hauptantrag abzuweisen. Die von der Klägerin hilfsweise erhobenen Verpflichtungsklagen in Form
von Bescheidungsklagen sind ebenfalls unbegründet, so dass die Klage auch insoweit abzuweisen ist. Ein Anspruch der Klägerin
auf eine neue Entscheidung des Beklagten besteht weder hinsichtlich der Nebenbestimmung, also bezüglich des Hilfsantrags 2,
noch bezüglich der hälftigen Zulassung, d.h. hinsichtlich des Hilfsantrags 3. Nach der insoweit klaren Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts im Urteil vom 16.12.2015 hat die Klägerin unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie
Entscheidung hinsichtlich einer hälftigen Zulassung. Ihre Vollzeittätigkeit schließt eine vertragsärztliche Zulassung aus.
Damit war der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtsfrage im Urteil des Bundessozialgerichts vom 16.12.2015 abschließend geklärt
ist.
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