Gründe
I.
Streitig ist, ob dem Antragsteller für seine in Zusammenhang mit einem Befangenheitsantrag angefertigte Stellungnahme vom
03.12.2015 eine Vergütung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) zusteht.
In dem am Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 19 R 678/12 geführten rentenrechtlichen Verfahren hatte der Antragsteller, der Internist und Arbeitsmediziner ist, im Auftrag des Gerichts
am 23.10.2015 ein Gutachten erstellt.
Der Bevollmächtigte des Klägers nahm mit 5-seitigem Schreiben vom 10.11.2015 zu diesem Gutachten Stellung. Dabei lehnte er
auf Seite 2 dieses Schreibens zunächst den Antragsteller wegen Besorgnis der Befangenheit ab, da sich dieser zu einer aus
Sicht des Bevollmächtigten nicht gestellten und nicht verfahrensbedeutsamen Frage geäußert habe. Anschließend zog er auf den
Seiten 3 bis 5 mit ausführlichen Begründungen die Richtigkeit der sachlichen Feststellungen des Antragstellers in Zweifel.
Den Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 10.11.2015 leitete der Hauptsachesenat, nunmehr unter dem Aktenzeichen des Verfahrens
wegen des Befangenheitsantrags (L 19 SF 326/15 AB), mit Schreiben vom 18.11.2015 dem Antragsteller mit folgenden Worten zu:
"Sehr geehrter Herr Dr. A.,
in dem Rechtsstreit ...
erhalten Sie beiliegend eine Abschrift des Schriftsatzes vom 10.11.2015 zur Kenntnis und Stellungnahme (2-fach).
Mit freundlichen Grüßen"
Nach Rücksprache mit seinem Mandanten erhob der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 19.11.2015 weitere inhaltliche
Einwendungen gegen das Gutachten des Antragstellers.
Den Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 19.11.2015 leitete der Hauptsachesenat, wiederum unter dem Aktenzeichen des Verfahrens
wegen des Befangenheitsantrags, mit Schreiben vom 23.11.2015 dem Antragsteller mit folgenden Worten zu:
"Sehr geehrter Herr Dr. A.,
in dem Rechtsstreit ...
erhalten Sie beiliegend eine Abschrift des Schriftsatzes vom 19.11.2015 zur Kenntnis und Stellungnahme (2-fach).
Mit freundlichen Grüßen"
Die Akten des Hauptsacheverfahrens wurden dem Antragsteller nicht nochmals zur Verfügung gestellt.
Unter dem Datum des 03.12.2015 äußerte sich der Antragsteller auf etwas über drei Seiten zu den vom Bevollmächtigten des Klägers
erhobenen fachlichen Einwänden gegen sein Gutachten. Den gegen ihn gerichteten Befangenheitsantrag hat er in seiner Stellungnahme
nicht explizit erwähnt.
Zusammen mit der Stellungnahme vom 03.12.2015 legte der Antragsteller eine Rechnung für die von ihm angefertigte Stellungnahme
über einen Arbeitsaufwand von drei Stunden vor, wobei er die Honorargruppe M 2 der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG zu Grunde legte und Umsatzsteuer ansetzte (daraus sich errechnender Betrag: 267,75 EUR).
Am 07.12.2015 verfügte der Hauptsacherichter auf dem dafür vorgesehenen Formblatt, dass gegen eine Vergütung des Sachverständigen
Dr. A. für die Stellungnahme vom 03.12.2015 dem Grunde nach keine Bedenken bestünden.
Die Kostenbeamtin des LSG lehnte mit Schreiben vom 10.12.2015 eine Vergütung des Antragstellers für seine Stellungnahme vom
03.12.2015 ab, da diese im Rahmen des Ablehnungsgesuchs des Klägers gegen die Person des Antragstellers abgegeben worden sei.
Die Stellungnahme sei damit nicht Teil einer geforderten Sachverständigenleistung, sondern lediglich eine "anlässlich der
Gutachtertätigkeit" ausgeführte Maßnahme, für die das JVEG keine Vergütung vorsehe ...
Dagegen hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom 15.12.2015 gewandt und die gerichtliche Festsetzung der Vergütung beantragt.
Er trägt vor, dass die Anfertigung der Stellungnahme vom 03.12.2015 wegen einer abweichenden Meinung des Bevollmächtigten
des Klägers erforderlich gewesen sei. Dies habe eine erneute Einarbeitung in die Aufzeichnungen zu der Aktenlage und seinen
Ausführungen im Gutachten vom Oktober erfordert. Die Stellungnahme vom 03.12.2015 sei somit eine neu geforderte Sachverständigenleistung,
die eine eigene Rechnungsstellung rechtfertige.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 24.02.2016 hat der Kostensenat mit ausführlichen Erläuterungen dem Bezirksrevisor die Abgabe
eines Anerkenntnisses nahe gelegt.
Dieser hat mit Schreiben vom 25.02.2016 auf den Beschluss des Senats vom 09.02.2009, Az.: L 18 SB 112/00.Ko, verwiesen, wonach bei Stellungnahmen zu einem Befangenheitsgesuch eine Vergütung als Leistung des Sachverständigen grundsätzlich
nicht in Betracht komme, und um eine gerichtliche Entscheidung gebeten.
II.
Die Festsetzung der Vergütung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom 15.12.2015 die gerichtliche Festsetzung beantragt.
Die Vergütung für die ergänzende Stellungnahme vom 03.12.2015 ist antragsgemäß auf 267,75 EUR festzusetzen. Einer Vergütung
steht vorliegend nicht entgegen, dass die Stellungnahme im Zusammenhang mit einem gegen den Antragsteller gerichteten Befangenheitsantrag
angefertigt worden ist.
1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist
eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich
vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung
vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis
gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen,
ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung
oder Vergütung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der
reformatio in peius gilt nicht (h.M., vgl. z.B. Beschluss des Senats vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m.w.N.).
2. Ob der Vergütung
Der Vergütung steht nicht entgegen, dass die Stellungnahme im Zusammenhang mit einem gegen den Antragsteller gerichteten Befangenheitsantrag
erstellt worden ist. Denn es handelt sich nicht um eine Stellungnahme im Rahmen der Anhörung zu einem Befangenheitsantrag,
sondern um eine Stellungnahme zu den inhaltlichen Einwendungen des Bevollmächtigten des Klägers gegen das Gutachten des Antragstellers
und damit um eine nach dem JVEG zu vergütende Leistung.
2.1. Allgemeines
Eine Vergütung nach dem JVEG ist dann zu gewähren, wenn ein Antragsteller als Sachverständiger vom Gericht herangezogen wird (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JVEG). Dies bedeutet, dass ein (auch) als Sachverständiger Tätiger jedenfalls dann eine Vergütung nach dem JVEG erhält, wenn er eine Leistung im Sinn des JVEG erbracht hat. Eine Leistung in diesem Sinn liegt vor, wenn der Sachverständige sich in seiner Eigenschaft als Sachverständiger
im Rahmen eines gerichtlichen Auftrags geäußert hat. Hat sich der Sachverständige ausschließlich zu einem Befangenheitsgesuch
im Rahmen seiner Anhörung dazu (vgl. zu dem Erfordernis einer Anhörung: Keller, in: Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer,
SGG, 11. Aufl. 2014, § 118, Rdnr. 12 m) geäußert, steht ihm eine Vergütung nach dem JVEG nicht zu.
Dies entspricht der überwiegenden Rechtsprechung, wie es beispielsweise das Oberlandesgericht Celle in seinem Beschluss vom
28.06.2012, Az.: 2 W 171/12, wie folgt erläutert hat:
"In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob ein Sachverständiger für eine Stellungnahme zum Ablehnungsantrag einer
Partei eine Entschädigung erhält. Während die wohl herrschende Meinung dem Sachverständigen für seinen Aufwand einer solchen
Stellungnahme grundsätzlich keine Vergütung zubilligt (OLG München, MDR 1994, 1050; OLG Düsseldorf MDR 1994, 1050; OLG Köln, VersR 1995, 1508; OLG Koblenz, MDR 2000, 416; KG MDR 2010, 719; Zöller-&8203;Greger,
ZPO, 29. Aufl., Rdnrn. 12a zu §
406 und 1 zu § 413; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., Rdnr. 12 zu § JVEG; Meyer/Höver/Bach, JVEG, 25. Auflage, Rdnr. 8.39 zu § 8), wird mit unterschiedlichen Begründungen und unter unterschiedlichen Voraussetzungen auch vertreten, dass dem Sachverständigen
dafür eine Entschädigung zustehen kann (OLG Frankfurt, MDR 1993, 474; OLG Stuttgart MDR 2007, 1456; LSG Chemnitz, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - L 2 U 77/06 -, [...]; LSG Stuttgart, Beschluss vom 17. Februar 2004 - L 12 RA 1624/03 KO-&8203;A-, [...]; Musielak-&8203;Huber,
ZPO, 8. Aufl., Rdnr. 1 zu §
413). Der Senat erachtet die erstgenannte Auffassung für richtig ... Eine Vergütung für seine Leistung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG i.V.m. §§ 9 bis 11 JVEG kann der Sachverständige (entgegen der Auffassung des OLG Frankfurt a.a.O., das einen Vergütungsanspruch ohne weitere Voraussetzungen
annimmt) nicht verlangen, weil seine Stellungnahme keine Leistung im Sinne des JVEG ist. Gemeint ist damit seine Leistung als Sachverständiger, mithin der besondere Sachverstand, auf dem die erbrachte Leistung
gründet. Das zeigt sich bereits in der Struktur der Vorschrift des § 9 JVEG, der die Höhe der Vergütung von einer Zuordnung gerade dieser Leistung (nicht der grundsätzlichen Qualifikation des Sachverständigen)
zu einer nach Sachgebieten zu bestimmenden Honorargruppe abhängig macht. Umgekehrt formuliert bedeutet das, dass eine Leistung
im Sinne der Vorschrift nur das ist, was auf einem bestimmten Sachgebiet erbracht wird (so auch ausdrücklich der Wortlaut
des § 9 Abs. 1 S. 3 JVEG: ... Die Stellungnahme zu einem Befangenheitsgesuch ist aber gerade keine auf irgendeinem Sachgebiet erbrachte Leistung,
sie setzt nicht den für die Erstellung des Gutachtens gebotenen Sachverstand voraus."
Der Ausschluss einer Vergütung kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn vom Sachverständigen eine Äußerung zum Befangenheitsantrag
verlangt und auch nur eine solche gegeben und anschließend vom Gericht verwertet worden ist. Es ist daher im Einzelfall zu
prüfen, ob sich der Sachverständige zum Befangenheitsantrag oder zum inhaltlichen Vorbringen oder zu beiden Gesichtspunkten
geäußert hat. Diese in der Rechtsprechung geforderte Differenzierung hat beispielsweise das LSG Berlin-Brandenburg im Beschluss
vom 25.06.2015, Az.: L 2 SF 211/14 B E, näher erläutert.
Die Beantwortung der Frage des Ob und gegebenenfalls auch des Umfangs der Vergütung hat sich daher im Wesentlichen daran zu
orientieren, ob die Stellungnahme des Sachverständigen ausschließlich zum Befangenheitsgesuch angefordert worden und ergangen
ist - dann kommt eine Vergütung nach dem JVEG nicht infrage, da sich der zuvor als Sachverständige Tätige lediglich in seiner Eigenschaft als wegen Besorgnis der Befangenheit
Abgelehnter geäußert hat - oder ob sie (auch) in der Sache und damit vom Gutachter (auch) in der Eigenschaft als Sachverständiger
abgegeben worden ist.
2.2. Kriterien für die Differenzierung, in welcher Eigenschaft die Äußerung erfolgt ist
Die Rechtsprechung des Kostensenats ist seit Jahren von dem Leitgedanken der durch das Gebot der Praktikabilität und Verwaltungsökonomie
der Kostensachbearbeitung begründeten geringen Prüfpflichten der Kostenbeamten und Kostenrichter geprägt (vgl. z.B. Grundsatzbeschlüsse
vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11, vom 22.06.2012, Az.: L 15 SF 136/11, vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, vom 08.04.2013, Az.: L 15 SF 305/10, vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B, vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11, vom 17.12.2013, Az.: L 15 SF 275/13, vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12, vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E, vom 03.11.2014, Az.: L 15 SF 254/12, vom 04.11.2014, Az.: L 15 SF 198/14, vom 14.01.2015, Az.: L 15 SF 239/12 B, vom 10.03.2015, Az.: L 15 RF 5/15, vom 11.05.2015, Az.: L 15 RF 14/15, vom 08.06.2015, Az.: L 15 SF 255/14 E, und vom 08.03.2016, Az.: L 15 SF 209/15).
Dieser Leitgedanke ist auch bei der Festlegung von Kriterien dafür zu beachten, wie eine - nach dem JVEG zu vergütende - sachverständige Äußerung von einer - nicht nach dem JVEG zu vergütenden - Stellungnahme des Sachverständigen im Rahmen der Anhörung zu einem gegen ihn gerichteten Befangenheitsgesuch
zu unterscheiden ist. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass, wie auch der hier vorliegende Fall zeigt, nicht selten
zusammen mit einem Befangenheitsantrag auch inhaltliche Einwendungen gegen eine gutachterliche Äußerung vorgebracht werden,
so dass nicht auf den ersten Blick eindeutig erkennbar ist, in welcher Eigenschaft sich der Sachverständige in der Folge geäußert
hat.
Bei den im Folgenden dargestellten Kriterien für eine Unterscheidung hat der Senat im Übrigen in seine Überlegungen einbezogen,
dass sich der Charakter der Äußerung des Sachverständigen im Regelfall aus der Anforderung des Hauptsacherichters ergibt und
bei der Auslegung derartiger gerichtlicher Schreiben die gleichen Maßstäbe zu Grunde zu legen sind, wie sie auch für die Auslegung
von Prozesserklärungen der Beteiligten gelten. Danach ist Maßstab der Auslegung der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten
(vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 12.12.2013, Az.: B 4 AS 17/13). Dies bedeutet in einem Fall wie hier, dass der Charakter der gerichtlichen Anforderung der Stellungnahme des Sachverständigen
im Zusammenhang mit einem Befangenheitsgesuch aus dem Empfängerhorizont des Gutachters zu beurteilen ist, wobei zu berücksichtigen
ist, dass ein Sachverständiger typischerweise nur in dieser Eigenschaft für ein Gericht tätig wird und er daher bei gerichtlichen
Anforderungen regelmäßig davon ausgehen darf, dass mit diesen eine Tätigkeit als Sachverständiger erbeten wird, sofern nicht
aus dem gerichtlichen Schreiben bzw. den übersandten Unterlagen zweifelsfrei ersichtlich wird, dass er sich in anderer Eigenschaft
äußern soll.
Bei der Unterscheidung zwischen einer Stellungnahme in der Eigenschaft als Sachverständiger und einer solchen im Rahmen einer
Anhörung zu einem Befangenheitsantrag erscheinen dem Senat insbesondere folgende Gesichtspunkte als hilfreich für eine Differenzierung
im Sinn einer verwaltungspraktikablen Lösung:
* Wird in dem Anforderungsschreiben des Gerichts an den Sachverständigen nicht darauf hingewiesen, dass zu einem Befangenheitsantrag
Stellung zu nehmen ist, und enthält das zur Stellungnahme übersandte Schreiben mehr als nur einen Befangenheitsantrag und
die Begründung dafür, so ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Äußerung des Sachverständigen auch in der Eigenschaft als
Sachverständiger erfolgt, es sein denn die Stellungnahme hat offenkundig nur den Befangenheitsantrag zum Gegenstand. * Verfügt
der Hauptsacherichter nach Eingang der Äußerung des Sachverständigen auf dem dafür vorgesehenen Formblatt, dass keine Einwände
gegen eine Vergütung dem Grunde nach bestehen, ist dies ein Beleg dafür, dass sich der Sachverständige als Gutachter geäußert
hat. * Werden die gesamten Akten des Gerichts mitübersandt, darf der Sachverständige regelmäßig davon ausgehen, dass von ihm
auch eine sachverständige Äußerung erwartet wird.
Sollte eine der drei vorgenannten Konstellationen erfüllt sein, kann der Kostenbeamte bzw. der Kostenrichter davon ausgehen,
dass die Äußerung des Sachverständigen auch in dieser Eigenschaft erfolgt ist und daher eine Vergütung nach dem JVEG zu erfolgen hat. Anders ist dies nur dann zu bewerten, wenn es offenkundig auf der Hand liegt, dass sich der Sachverständige
ausschließlich zum Befangenheitsgesuch geäußert hat.
Ist es offensichtlich, dass sich der Sachverständige nicht nur als Sachverständiger, sondern auch zu einem gegen ihn gerichteten
Befangenheitsantrag geäußert hat, ist nur der Anteil der Äußerungen nicht nach dem JVEG zu vergüten, der zweifelsfrei nicht den sachverständigen Äußerungen zuzuschreiben ist. Auch hier ist zu beachten, dass die
Prüfpflichten der Kostenbeamten und Kostenrichter nur gering sind; eine detaillierte und exakte Prüfung jedes einzelnen Satzes
auf seinen Bezug wird nicht erwartet (vgl. auch die ähnlichen - schematischen - Vorgaben für die Ermittlung dessen, was dem
Kernbereich der Beurteilung eines Gutachtens zuzurechnen ist: Beschlüsse des Senats vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, vom 17.12.2013, Az.: L 15 SF 275/13, und vom 10.03.2015, Az.: L 15 RF 5/15).
Nur dann, wenn sich der Sachverständige offenkundig nur zu einem gegen ihn gerichteten Befangenheitsantrag geäußert hat, scheidet
eine Vergütung nach dem JVEG vollständig aus.
Eine Versagung der Vergütung allein deshalb, weil die Stellungnahme des Sachverständigen im Zusammenhang mit einem gegen ihn
gestellten Befangenheitsantrag erfolgt ist und ohne dass es auf die näheren Umstände der gerichtlichen Anforderung und der
Äußerung des Sachverständigen ankäme - dies entspricht dem Beschluss des Senats vom 09.02.2009, Az.: L 18 SB 112/00.Ko, da sich der Sachverständige in dem damaligen Verfahren auch umfassend in der Sache, d.h. nicht nur zum Befangenheitsantrag
geäußert hatte -, hält der Senat nicht länger für angemessen.
2.3. Prüfung im vorliegenden Fall
Die Stellungnahme vom 03.12.2015 ist in vollem Umfang nach dem JVEG zu vergüten. Dies ergibt sich aus folgenden Gesichtspunkten:
* In den Anschreiben des Hauptsachesenats vom 18.11.2015 und vom 23.11.2015, mit denen dem Antragsteller die Schriftsätze
des Bevollmächtigten des Klägers, die auch den Befangenheitsantrag enthielten, zugeleitet worden sind, ist eine Stellungnahme
zum Befangenheitsantrag nicht explizit angefordert worden. Aus der Sicht des Antragstellers ist daher eine Äußerung zum sachlichen
Vorbringen gegen sein Gutachten erwartet worden. * Der Hauptsacherichter hat nach Eingang der Stellungnahme des Antragstellers
vom 03.12.2015 auf dem gerichtlichen Formblatt verfügt, dass dem Grunde nach keine Bedenken gegen eine Vergütung des Antragstellers
für seine Stellungnahme vom 03.12.2015 bestehen. * Bei der gebotenen geringen Prüfpflicht liegen keine Passagen in der Stellungnahme
vom 03.12.2015 offenkundig auf der Hand, in denen sich der Antragsteller (nur) zum Befangenheitsgesuch geäußert hätte. * Ohne
Bedeutung ist es, dass dem Sachverständigen die Hauptsacheakten nicht nochmals übersandt worden sind. Gerade dann, wenn -
wie hier - eine ergänzende Stellungnahme zeitnah nach dem Gutachten angefordert wird, wird der Sachverständige in vielen Fällen
die Akten für seine Stellungnahme nicht nochmals benötigen, was im Übrigen auch durch die nur eingeschränkte Vergütung eines
erneuten Aktenstudiums bei einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme berücksichtigt wird (vgl. Bayer. LSG, Beschlüsse
vom 20.03.1997, Az.: L 10 V 122/92.Ko, vom 12.08.1998, Az.: L 18 V 112/92.Ko, und vom 26.05.2009, Az.: L 16 R 413/03). Ebenso irrelevant ist, dass die Anschreiben des Hauptsachesenats vom 18.11.2015 und vom 23.11.2015 unter dem Aktenzeichen
des Verfahrens wegen des Befangenheitsantrags (" L 19 SF 326/15 AB") ergangen sind. Denn allein aufgrund dieses Aktenzeichens kann aus der objektivierten Sicht des Empfängers, des im Verfahren
beauftragten Gutachters, nicht darauf geschlossen werden, dass von ihm eine Stellungnahme ausschließlich zum Befangenheitsantrag
erwartet würde. Denn aus dem Aktenzeichen ist, sofern die Abweichung vom Aktenzeichen des Hauptsacheverfahrens dem Sachverständigen
überhaupt auffällt, für einen Außenstehenden nicht zwingend ersichtlich, dass es sich um ein Verfahren wegen eines Befangenheitsantrags
handelt.
3. Höhe der Vergütung
Die Stellungnahme vom 03.12.2015 ist antragsgemäß mit 267,75 EUR zu vergüten.
Der vom Antragsteller dem Vergütungsantrag zugrunde gelegte Zeitaufwand von drei Stunden hält einer Nachprüfung unter Beachtung
der vom Senat entwickelten Grundsätze (vgl. insbesondere Beschlüsse vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, und vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11) stand. Für ein Gutachten wegen einer Rente wegen Erwerbsminderung ist die Honorargruppe M 2 zu Grunde zu legen (ständige
Rspr., vgl. z.B. Beschlüsse des Senats vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11, vom 10.03.2015, Az.: L 15 RF 5/15, und vom 01.07.2015, Az.: L 15 SF 180/13; LSG Thüringen, Beschluss vom 02.06.2014, Az.: L 6 SF 1726/13 E; Reyels, in: jurisPR-SozR 18/2010, Anm. 6).
Es errechnet sich damit samt Umsatzsteuer (§ 12 Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG) ein Betrag von insgesamt 267,75 EUR.
Der Kostensenat trifft diese Entscheidung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage der Vergütung einer Stellungnahme
im Zusammenhang mit einem Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen in voller Besetzung. Die Rechtsprechung, wie sie
im Beschluss des Senats vom 09.02.2009, Az.: L 18 SB 112/00.Ko, zum Ausdruck gekommen ist, wird nicht aufrechterhalten.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).