LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08.06.2011 - 25 AS 538/10
Vorinstanzen: SG Berlin 25.02.2010 S 99 AS 16123/07
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 25. Februar 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Einstiegsgeld.
Seit dem 1. Januar 2005 bezieht der 1952 geborene Kläger vom Beklagten durchgängig Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Am 1. März 2007 beantragte er bei dem Beklagten die Gewährung von Einstiegsgeld zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit
für die Zeit vom 1. März 2007 bis zum 29. Februar 2008.
Er gab an, dass die selbständige Tätigkeit hauptberuflichen Charakter habe und beschrieb sie wie folgt: "Vermittlung von Kaufgelegenheiten
(Empfehlungen) auf persönlicher Basis und für einen Internetshop in den Bereichen Auto, Tourismus, Solarenergie und Wellness."
Die Tätigkeit werde er von zuhause aus ausüben. Er erwarte ein Bruttoeinkommen aus der selbständigen Tätigkeit im ersten Jahr
in Höhe von voraussichtlich 12.000,- Euro. Der Kläger fügte seinem Antrag verschiedene Unterlagen bei. Unter anderem legte
er einen Lebenslauf vor, nach dem er nach Besuch der P Oberschule in B - ... - und Militärdienst 1975 einen Abschluss als
Facharbeiter - Berufskraftfahrer - an der Spezialschule für Landtechnik in G erworben habe. 1978 bis 1979 habe er eine Weiterbildungsmaßnahme
zum Fahrlehrer für Führerscheine der Klasse 3 absolviert, 1996 eine solche zum Installateur für "Heizung- Klima- Sanitär".
Neben einer Erste-Hilfe-Ausbildung im Jahr 2001 gab er im Bereich Weiterbildung verschiedene Maßnahmen im Kraftfahrerbereich
an.
Der Kläger beschrieb seinen beruflichen Werdegang seit 1995 wie folgt:
- Vom 9. Oktober 1995 bis zum 4. Oktober 1996 Umschulung zum Heizungs-, Klima-, Sanitärmonteur,
- vom 5. Oktober 1996 bis zum 30. Juni 1998 selbständige Tätigkeit als Makler, privater Arbeitsvermittler, Omnibusfahrer,
Leiter des Stewardessenlagers B-Busreisen,
- vom 1. Juli 1998 bis zum 5. November 2000 Omnibusfahrer und Leiter des Stewardessenlagers im abhängigen Beschäftigungsverhältnis
bei der "B GmbH",
- vom 6. November 2000 bis zum 14. Oktober 2001 abhängig beschäftigter Kraftfahrer von LKW und Tanklastzug bei der K GmbH
& Co KG,
- vom 15. Oktober 2001 bis zum 31. Oktober 2002 abhängig beschäftigter Busfahrer bei der A GmbH,
- seit dem 1. November 2001 arbeitslos.
Der Kläger legte des Weiteren eine Bescheinigung des Arbeitsförderungs- und Bildungszen-trums in T vom 20. Oktober 2006 über
die erfolgreiche Teilnahme an der vom Beklagten geförderten Trainingsmaßnahme "Existenzgründungsvorbereitung/Starthilfe für
potentielle Gründer" (Teilnahme vom 16. bis 20. Oktober 2006), ein fünfseitiges Unternehmenskonzept sowie ein Schreiben der
Dr. BCom - Zweigniederlassung Germany in B - (nachfolgend: Dr. B Com.) vom 29. Januar 2007 vor, in dem darum gebeten wurde,
dem Antrag des Klägers zuzustimmen. In dem offenkundig von der Firma Dr. B Com. erstellten Unternehmenskonzept für den "Direktvertrieb/Produktverkauf
als Internetdienstleistung" wurde das Vorhaben des Klägers wie folgt beschrieben: Geschäftsidee sei die gemeinschaftliche
Zusammenfassung von vier unabhängigen Internetportalen in einem virtuellen Kaufhaus. Bei den vier Portalen handele es sich
um einen "Werbe-Markt" (Vermittlung von Werbung), einen "Reise-Markt" (Vermittlung von Reisen sowie Anbindung von Hotels und
Pensionen), einen "Auto-Markt" (Vermittlung und Verkauf von Autos und Finanzierungen) und einen "Wellness-Markt" (Nahrungsergänzung/Körperpflege/Wellness/Reinigen
ohne Chemie/Wein und Genussmittel). Dieser Grundstamm könne je nach Angebot und Nachfrage durch weitere Portale ergänzt werden.
Unter dem Punkt "Ausbildungsort/Standort/Betriebsräume" heißt es, die Ausbildung des Konzepts finde in den Schulungsräumen
der Dr. B Com. statt. Hierbei werde die betriebliche Anwendung übermittelt und auf die Umsetzung des Konzepts ausgebildet.
Die Erfahrung zeige, dass bei konsequenten Schulungs- und Bildungsmaßnahmen der Teilnehmer vier bis sechs Monate brauche,
um sich von der Leistungsabhängigkeit des Jobcenters lösen zu können. Dies könne vereinzelt auch bis zu acht Monate dauern.
Wichtigstes Ziel sei, dass der Teilnehmer den Status der wirtschaftlichen Unabhängigkeit beibehalten könne. Die Betreuung
umfasse daher den Zeitraum von zwölf Monaten. Sei der notwendige Ausbildungsstand des Teilnehmers erreicht, werde er durch
den Bildungsträger in sein eigenes Unternehmen entlassen. Dies könne dann in einem gesonderten Raum in der Mietwohnung des
Klägers betrieben werden. Da alle Portale im Internet stattfänden, sei dies eine realistische Prognose. Unter dem Punkt "Branche,
Markt, Wettbewerb" heißt es unter anderem, dass hinter allen Portalen eine weit gefächerte Produktpalette liege. Da im Internet
verkaufsträchtiger denn je agiert werde, könnten alle einzelnen Portale ausgenutzt werden. Diese könnten stetig durch neue
Produkte komplettiert werden. Hier setze die Arbeit des Internetdienstleisters im Direktvertrieb ein. Sowohl Geschäfts- als
auch Privatpersonen würden zu den potenziellen Kunden zählen. Die Verdienstmöglichkeiten der Geschäftsidee bewegten sich auf
zwei Ebenen, aktiv und passiv: Aktiv durch den Verkauf von Produkten, was zu einer Erwirtschaftung von Provisionsansprüchen
führe, passiv durch die Gewinnung von Neukunden. Zu diesen Verdienstmöglichkeiten trete zusätzlich ein gesondertes Bonuspunktesystem,
welches sich aus der "Q-Strategie" ergebe. Ziel sei die Motivationssteigerung des Internetdienstleisters. Durch das Bonuspunktesystem
könnten Urlaub, Reisen, Auto oder sonstiges zusätzlich möglich sein. Zu Marketingplänen wird unter anderem ausgeführt, dass
ausschließlich über die Werbeplattformen Interessenten, Käufer, Abnehmer, Handelsvertreter, Franchisenehmer, Kommissionäre,
Eigenhändler oder andere selbständige Geschäftspartner eingebunden werden könnten. Durch den Einstieg von nur sechs Geschäftspartnern
innerhalb eines Jahres könne ein monatliches Gehalt von ca. 1.800,- Euro brutto erwirtschaftet werden. Alle vier Portale,
so heißt es in dem Unternehmenskonzept weiter, befassten sich mit der Vermittlung von Internet-Dienstleistungen nach der Geschäftsform
des Direktvertriebes und des Networkmarketing. Laut einer Studie von Prof. Dr. Z bestehe hier ein großes Wachstumspotential.
Das Risiko bestehe in den ersten vier bis sechs Monaten, solange bis ein Kundenkreis aufgebaut sei. Hierbei sei zu beachten,
dass der Teilnehmer in dieser Zeit unterstützt und betreut werde. Dies vereinfache die Umsetzung, da stetig auf ein Potential
der Q GmbH i. G. zurückgegriffen werden könne. Je ein Drittel Verantwortung des Risikos entfalle dabei auf den Teilnehmer
als eigener Unternehmer, das Arbeitsamt oder Jobcenter als Leistungsgeber und die Dr. B Com. zur Unterstützung der Umsetzung.
Mit Bescheid vom 30. April 2007 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers ab, weil sich den Antragsunterlagen entnehmen lasse,
dass es sich bei der vom Kläger beabsichtigten Tätigkeit um keine selbständige Tätigkeit handele.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2007 zurück. Nunmehr begründete
er seine Entscheidung auch damit, dass nach Vorlage der für den Bewilligungszeitraum maßgeblichen Unterlagen nicht davon ausgegangen
werden könne, dass die Bedürftigkeit des Klägers zeitnah beendet werden könne. Die vorgelegten Unterlagen seien weiterhin
mangelhaft und vom Kläger nicht selbst ausgearbeitet. Insbesondere fehle es an einer nachvollziehbaren Darlegung eines marktbezogenen
Bedarfs und einer Analyse der Konkurrenz. Eine tragfähige Strategie zur Werbung für das Unternehmen sei nicht entwickelt worden.
Ein Alleinstellungsmerkmal sei nicht herausgearbeitet, eine Preiskalkulation nicht vorgenommen worden. Auch die Kundenzielgruppe
sei nicht präzise umrissen worden.
Der Kläger bezog auch nach Aufnahme seiner Tätigkeit zum 1. März 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von dem
Beklagten.
Aus aktenkundigen Einnahme-Überschussrechnungen ergeben sich folgende Einnahmen und Ausgaben (in Euro):
Monat
|
Einnahmen
|
Ausgaben
|
Gewinn
|
März 2007
|
0,-
|
240,54
|
-240,54
|
April 2007
|
0,-
|
343,41
|
-343,31
|
Mai 2007
|
0,-
|
237,28
|
-237,28
|
Juni 2007
|
54,-
|
343,82
|
-289,82
|
Juli 2007
|
0,-
|
116,75
|
-116,75
|
August 2007
|
0,-
|
177,75
|
-177,75
|
September 2007
|
199,80
|
231,94
|
-32,14
|
Oktober 2007
|
624,91
|
481,87
|
143,04
|
November 2007
|
390,65
|
340,29
|
50,36
|
Dezember 2007
|
664,18
|
383,38
|
280,80
|
Januar 2008
|
520,03
|
292,22
|
227,81
|
Februar 2008
|
347,-
|
581,26
|
-234,26
|
März 2008
|
363,30
|
299,16
|
64,14
|
April 2008
|
371,10
|
331,01
|
40,09
|
Mai 2008
|
815,20
|
525,44
|
289,76
|
Juni 2008
|
812,55
|
591,61
|
220,94
|
Juli 2008
|
731,28
|
443,95
|
287,33
|
August 2008
|
679,60
|
417,32
|
262,28
|
September 2008
|
263,60
|
471,38
|
-207,78
|
Oktober 2008
|
483,40
|
419,01
|
64,39
|
November 2008
|
860,35
|
270,91
|
589,44
|
Dezember 2008
|
2061,10
|
210,65
|
1850,45
|
Januar 2009
|
459,83
|
179,04
|
280,79
|
Februar 2009
|
0,-
|
250,70
|
-250,70
|
März 2009
|
182,44
|
297,33
|
-114,89
|
April 2009
|
33,62
|
60,45
|
-26,83
|
Mai 2009
|
63,96
|
272,10
|
-208,14
|
Juni 2009
|
107,77
|
178,13
|
-70,36
|
Nach einem Einkommenssteuerbescheid des Finanzamts T vom 17. April 2008 erzielte der Kläger im Jahr 2007 Einkünfte aus Gewerbebetrieb
in Höhe 2.008,- Euro, das zu versteuernde Einkommen belief sich auf 1.972,- Euro, was zur Folge hatte, dass der Kläger keine
Steuern zahlen musste. Zum 16. Juli 2009 meldete der Kläger sein Gewerbe ab.
Am 17. Juli 2007 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 30. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli
2007 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben. Das Sozialgericht hat bei dem von der Industrie- und Handelskammer zu K (IHK
K) öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Beurteilung betriebswirtschaftlicher Beratungsleistungen
für kleine und mittlere Unternehmen F ein Sachverständigengutachten eingeholt, um unter anderem die Fragen zu klären, ob es
sich bei der von dem Kläger aufgenommenen Tätigkeit um eine selbständige Tätigkeit handelt und diese tragfähig ist. In einem
Schreiben an den Sachverständigen vom 29. September 2008 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf Anfrage des Sachverständigen
unter anderem erklärt, der Kläger haben zwischen 1968 und 1971 eine Ausbildung im Postdienst absolviert. Danach sei er als
Kraftfahrer beschäftigt gewesen, ehe er ab 1979 selbständig eine Fahrschule betrieben habe, die er ab 1986 wegen seines Ausreiseantrags
habe aufgeben müssen. Ab 1988 sei der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland als Kraftfahrer beschäftigt gewesen. Gegenstand
seiner selbständigen Tätigkeit zwischen 1996 bis 1998 sei eine private Arbeitsvermittlung gewesen, die er wegen Entzugs der
Zulassung durch die Bundesagentur für Arbeit habe aufgeben müssen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers übermittelte dem
Sachverständigen Einnahme-Überschussrechnungen aus selbständiger Tätigkeit für die Monate Januar bis Juni 2008. Einkünfte
aus "Fahrdiensten" stünden dabei nicht im Zusammenhang mit den Internetportalen.
Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 5. November 2008 ausgeführt, dass im vorliegenden Fall im Wesentlichen von
einer selbständigen Erwerbstätigkeit des Klägers ausgegangen werden könne. Zur Tragfähigkeit der selbständigen Tätigkeit hat
der Sachverständige erklärt, laut Planzahlen würde die geplante Existenzgründung den Kläger in die Lage versetzen, nach einer
Anlaufphase von fünf oder sechs Monaten ein Einkommen zu erzielen, das über seinem monatlichen Bedarf von 550,- Euro liegen
werde. Allerdings bestünden zwischen den im Unternehmenskonzept aufgezeigten Planwerten bezüglich Umsatz, Kosten und Betriebsergebnissen
erhebliche Differenzen zu den tatsächlichen Werten. Allem Anschein nach sei es dem Kläger nicht möglich, das Unternehmenskonzept
erfolgreich umzusetzen. Die Umsätze von März 2007 bis Juni 2008 hätten sich lediglich auf 5.162,77 Euro belaufen. Die Betriebsausgaben
hätten sogar über dem Umsatz gelegen und 5.675,23 Euro betragen. Der Verlust dem genannten Zeitraum betrage damit 512,46 Euro.
Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Werte wäre der Kläger nach Ansicht des Sachverständigen laufend auf die Unterstützung
durch den Beklagten angewiesen gewesen. Selbst bei Bezug eines monatlichen Einstiegsgeldes in Höhe von 347,- Euro hätte der
Kläger im Zeitraum zwischen März 2007 und Juni 2008 unter Berücksichtigung seiner privaten Kosten in Höhe von monatlich 550,-
Euro eine private Unterdeckung von 3.760,51 Euro erwirtschaftet. Auf dieser Basis könne sicherlich nicht von einer so genannten
tragfähigen Vollexistenz ausgegangen werden.
Der Kläger hat in einer Stellungnahme vom 27. November 2008 den Einschätzungen des Sachverständigen widersprochen. Dass sich
die Umsatz- und Gewinnerwartungen tatsächlich nicht in dem möglichen Umfang realisiert hätten, sei bei Antragstellung und
Erlass des Bewilligungsbescheides nicht vorauszusetzen, so dass es nicht auf eine rückwirkende Schau ankommen könne. Zudem
sei der Kläger wegen der fehlenden Fördermittel daran gehindert gewesen, in einem angemessenen Umfang Werbemaßnahmen zu finanzieren,
die zu höheren Umsätzen geführt hätten. Insoweit sei dem Sachverständigen zu widersprechen. Dass der Kläger ohne die Fördermittel
und ohne Eigenkapital trotzdem zu Umsätzen gekommen sei, wenn auch in geringerem Umfang als zu erwarten, spreche eher dafür,
dass die Unternehmung förderungsfähig (gewesen) sei.
Mit Schreiben vom 12. Dezember 2008 hat das Sozialgericht eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen erbeten. In dieser
ergänzenden Stellungnahme vom 9. Februar 2009 hat der Sachverständige ausgeführt, dass insgesamt bezüglich des vom Kläger
vorgelegten Unternehmenskonzeptes nicht von der Umsetzung einer tragfähigen Geschäftsidee ausgegangen werden könne. Dabei
habe er die Bewertung der Tragfähigkeit des Unternehmenskonzeptes auf Basis von so genannten qualitativen und quantitativen
Kriterien vorgenommen. Im Rahmen der qualitativen Kriterien habe sich gezeigt, dass die Erläuterungen im Unternehmenskonzept
des Klägers zum Produktangebot keine klare Nutzenargumentation gegenüber potentiellen Kunden aufzeigen würden. Eine detaillierte
Wettbewerbsanalyse, die auf ein Alleinstellungsmerkmal schließen lasse, sei nicht erkennbar. Damit würden zwei wesentliche
Voraussetzungen fehlen, um die Geschäftsidee erfolgreich am Markt etablieren zu können. Die aufgezeigten Marketing- und Vertriebsmaßnahmen
ließen keine klare individuelle Abstimmung auf das Vorhaben des Klägers erkennen. Es könne daher nur schwer nachvollzogen
werden, wie der Kläger im Rahmen der vorgestellten Maßnahmen Kunden gewinnen soll. Fachliche und branchenspezifische Qualifikationen
könne der Kläger nicht aufweisen. Damit lasse sich die Umsetzung des Vorhabens sicherlich nur schwierig gestalten. Seine Qualitäten
in Bezug auf die Unternehmensführung könne der Kläger weder in Bezug auf eine Ausbildung noch hinsichtlich vorhandener Berufserfahrung
darstellen. Zwar dürften aufgrund der in der Vergangenheit bestandenen und aufgegebenen selbständigen Tätigkeiten gewisse
Qualitäten erworben worden sein. Um diese genauer bewerten zu können, müssten jedoch Informationen über den wirtschaftlichen
Erfolg der Unternehmen offen gelegt werden. Die Qualifikationen des Klägers seien nicht als ideal anzusehen, um das Gründungsvorhaben
erfolgreich umsetzen zu können. Entsprechend des im Unternehmenskonzept dargestellten Kapitalbedarfs verfüge der Kläger über
das notwendige Eigenkapital. Darüber hinausgehende Rücklagen für Unvorhergesehenes, zum Beispiel Liquiditätsengpässe in der
Anlaufphase, seien allerdings nicht vorhanden. Von einer idealen Eigenkapitalsituation sei daher nicht auszugehen. Die Planzahlen,
also die Umsatz-, Kosten- und Ertragsplanung auf Monatsbasis, ließen eine finanzielle Tragfähigkeit des Unternehmens erkennen.
Aus rein finanzieller Sicht könne der Kläger, unter Berücksichtigung des Einstiegsgeldes, eine so genannte tragfähige volle
Existenz aufbauen. Allerdings sei es eine unabdingbare Voraussetzung für die Erreichung der geplanten Umsätze, auf deren Basis
letztendlich die Erträge erzielt werden könnten, dass die qualitativen Kriterien eines Unternehmenskonzeptes durchweg positiv
bewertet werden könnten. Dies sei bei dem vorgelegten Konzept nicht der Fall. Produkt, Wettbewerb, Marketing- und Vertriebsmaßnahmen
und auch die Qualifikation des Gründers ließen deutliche Zweifel aufkommen, dass auf dieser Basis eine erfolgreiche Umsetzung
der Geschäftsidee möglich sei.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht Berlin die Klage durch Gerichtsbescheid vom 25. Februar 2010 abgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der geltend gemachte Anspruch nach den Regelungen der §§ 16b und
16c des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) richte. Die Anwendbarkeit dieses zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Rechts
ergebe sich aus § 66 Abs. 1 Nr. 2 SGB II. Dem Anspruch stehe § 16c Abs. 1 Satz 2 SGB II entgegen, denn der Kläger habe es
unterlassen, die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle zur Beurteilung der Tragfähigkeit seines unternehmerischen Konzepts
vorzulegen. Darauf habe hier auch nicht verzichtet werden können. Im Übrigen habe sich das Gericht auch nicht davon überzeugen
können, dass dem Antrag des Klägers zum einen ein ausreichend tragfähiges unternehmerisches Konzept zu Grunde gelegen habe
und dass die von ihm angestrebte selbständige Tätigkeit mit ausreichender Wahrscheinlichkeit geeignet gewesen sei, seine Hilfebedürftigkeit
zu überwinden. Insoweit werde Bezug genommen auf die Ausführungen des Sachverständigen.
Gegen den ihm am 2. März 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17. März 2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung
trägt der Kläger vor, dass hier die Voraussetzungen für die Bewilligung des Einstiegsgeldes nach den §§ 16 und 29 SGB II in
ihrer alten Fassung zu prüfen gewesen wären. Nach der alten Rechtslage habe auch keine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle
zur Beurteilung der Tragfähigkeit der selbständigen Tätigkeit vorgelegt werden müssen. Insoweit sei auch zu berücksichtigen,
dass er sich das Konzept der unternehmerischen Tätigkeit nicht selbst ausgedacht habe. Vielmehr sei dieses Konzept von der
Unternehmensberaterfirma Dr. B Com. entwickelt worden. Diese Firma habe eine Reihe wissenschaftlicher Kooperationspartner
vorzuweisen. Insoweit habe das Sozialgericht zu Unrecht angenommen, er (der Kläger) hätte keine Stellungnahme einer fachkundigen
Stelle vorgelegt. Zudem habe der Beklagte ihn bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides auch nicht zur Vorlage einer weitergehenden
fachkundigen Stellungnahme aufgefordert. Wirtschaftliche Tragfähigkeit bedeute im Übrigen lediglich, dass der erzielte Gewinn
wenigstens die Betriebskosten decke. Wie viel von dem Gewinn für den Lebensunterhalt verbleibe, sei zunächst nicht von Bedeutung.
Das habe er aber jedenfalls im Nachhinein nachweisen können. Auf die vorgelegten Einnahme- Überschussrechnungen nehme er Bezug.
Nach dem Gutachten des Sachverständigen F sei entgegen der Ansicht des Sozialgerichts auch nicht davon auszugehen, dass das
Konzept des Internetmarketings von vornherein ohne Erfolgsaussicht gewesen sei. Hier sei eine Erfolgsprognose zudem für den
Zeitraum unmittelbar nach Antragstellung maßgeblich gewesen, das heißt spätestens zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung
und nicht erst zwei Jahre später im Laufe des Gerichtsverfahrens und rückblickend. Abgesehen davon benötige eine Unternehmung
in der Regel einen längeren Zeitraum, um wirtschaftlich erfolgreich zu werden. Das Einstiegsgeld sei gerade dafür gedacht,
die schwierige Anfangs- und Aufbauphase zu überstehen. Für ein Unternehmenskonzept, das von Anfang an hohen wirtschaftlichen
Erfolg verspreche, sei solche Hilfe gar nicht notwendig. Er habe die Fördermittel für erweiterte Werbung benötigt, um mehr
Kunden auf sein Internetportal aufmerksam machen zu können. Mangels finanzieller Mittel für ausreichende Werbung habe er seine
Firma nicht genügend bekannt machen können, um einen besseren wirtschaftlichen Erfolg zu erreichen. Der Kläger verweist auch
auf seine unternehmerischen Erfahrungen, seit dem 16. Juli 2009 sei er nicht mehr selbständig tätig.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 25. Februar 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides
vom 30. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2007 zu verurteilen, dem Kläger das beantragte Einstiegsgeld
für den Zeitraum vom 1. März 2007 bis zum 28. Februar 2008 zu bewilligen,
hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Einstiegsgeld unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge
des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die der Berufung zugrunde liegende Klage ist zulässig. Dabei ist in Bezug auf den Hauptantrag eine kombinierte Anfechtungs-
und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, § 56 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]), in Bezug auf den Hilfsantrag eine kombinierte Anfechtungs-
und Verpflichtungsklage die richtige Klageart (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. Mai 2010 - B 7 AL 22/09 R - juris).
Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 30. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
5. Juli 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Einstiegsgeld für
seine zum 1. März 2007 aufgenommene selbständige Tätigkeit.
Dahinstehen kann, welche Anspruchsgrundlage einschlägig ist. In Betracht kommt § 29 Abs. 1 SGB II in seiner bis zum 31. Dezember
2008 geltenden Fassung (a. F.) des Gesetzes zur Neufassung der Freibetragsregelungen für erwerbsfähige Hilfebedürftige (Freibetragsneuregelungsgesetz)
vom 14. August 2005 (BGBl. I S. 2407). Zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit kann nach § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die arbeitslos
sind, bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit ein Einstiegsgeld erbracht werden,
wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist. Das Einstiegsgeld kann auch erbracht werden,
wenn die Hilfebedürftigkeit durch oder nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit entfällt (§ 29 Abs. 1 Satz 2 SGB II a. F.). Zum
1. Januar 2009 ist durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008 (BGBl.
I S. 2917) § 16b Abs. 1 SGB II in Kraft getreten. Zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit kann nach dessen Satz 1 erwerbsfähigen Hilfebedürftigen
[durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.
März 2011 [BGBl. I S. 453] wurde das Wort "Hilfebedürftigen" durch das Wort "Leistungsberechtigten" ersetzt], die arbeitslos
sind, bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit ein Einstiegsgeld erbracht werden,
wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist. Das Einstiegsgeld kann nach § 16b Abs. 1 Satz
2 SGB II auch erbracht werden, wenn die Hilfebedürftigkeit durch oder nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit entfällt. § 16b SGB
II wird durch § 16c SGB II ergänzt. Leistungen zur Eingliederung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die eine selbständige,
hauptberufliche Tätigkeit aufnehmen oder ausüben, können nach § 16c Abs. 1 Satz 1 SGB II nur gewährt werden, wenn zu erwarten
ist, dass die selbständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig ist und die Hilfebedürftigkeit durch die selbständige Tätigkeit
innerhalb eines angemessenen Zeitraums dauerhaft überwunden oder verringert wird. Zur Beurteilung der Tragfähigkeit der selbständigen
Tätigkeit soll nach § 16c Abs. 1 Satz 2 SGB II die Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle verlangen.
Das Sozialgericht meint, wegen § 66 Abs. 1 Nr. 2 SGB II in seiner zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Fassung sei hier
§ 29 SGB II a. F. nicht mehr anzuwenden und die Beurteilung des Rechtsstreits richte sich allein nach den §§ 16b und 16c SGB
II. Ob dies zutrifft, kann offen bleiben. Allerdings merkt der Senat Folgendes an: Gemäß § 66 Abs. 1 SGB II sind, soweit nichts
Abweichendes bestimmt ist, auf Leistungen zur Eingliederung in Arbeit bis zum Ende der Leistungen oder der Maßnahme die Vorschriften
in der vor dem Tag des Inkrafttretens der Änderung geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn vor diesem Tag 1. der Anspruch
entstanden ist, 2. die Leistung zuerkannt worden ist oder 3. die Maßnahme begonnen hat, wenn die Leistung bis zum Beginn der
Maßnahme beantragt worden ist. Vorliegend könnte zwar § 66 Abs. 1 Nr. 2 SGB II maßgebend sein, weil Einstiegsgeld eine Ermessensleistung
ist. Bei Ermessensleistungen ist gemäß § 40 Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch der Zeitpunkt maßgebend, in dem die
Entscheidung über die Leistung bekannt gegeben wird, es sei denn, dass in der Entscheidung ein anderer Zeitpunkt bestimmt
ist. Vorliegend ist eine Leistung noch nicht zuerkannt worden, weshalb erwogen werden könnte, dass wegen § 66 Abs. 1 Nr. 2
SGB II die zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene Rechtslage maßgeblich ist. Hier kommt aber auch in Betracht, dass der Kläger
im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 SGB II eine Maßnahme begonnen hat und die Leistung bis zum Beginn der Maßnahme beantragt worden
ist. Denn der Kläger hatte - anders als der Kläger in dem dem Urteil des Senats vom 17. März 2011 (L 25 AS 2338/08) zugrunde liegenden Sachverhalt - hier die selbständige Tätigkeit zum 1. März 2007 bereits aufgenommen (ob der Antragsteller
in dem dem Beschluss des Landessozialgerichts Sachsen vom 13. Oktober 2009 [L 3 AS 318/09 B ER - juris] zugrunde liegenden Sachverhalt seine selbständige Tätigkeit bereits aufgenommen hatte, wird in dem Beschluss
nicht mitgeteilt). Würde es sich bei der vom Kläger aufgenommenen selbständigen Tätigkeit um eine "Maßnahme" im Sinne des
§ 66 Abs. 1 Nr. 3 SGB II handeln (vgl. zum weiten Maßnahmebe-griff für den gleich gestalteten § 422 Abs. 1 Nr. 3 des Dritten
Buches Sozialgesetzbuch BSG, Urteil vom 1. Juni 2006 - B 7a AL 6/05 R - juris), käme demnach auch in Betracht, dass nur §
29 SGB II a. F. anzuwenden ist.
Welche Vorschrift anzuwenden ist, kann aber dahinstehen. Denn der Kläger hat weder einen Anspruch auf Einstiegsgeld nach §
29 SGB II a. F. noch nach § 16b Abs. 1 SGB II i. V. m. § 16c SGB II in der zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Fassung.
Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. wird Einstiegsgeld zur "Überwindung von Hilfebedürftigkeit" gewährt (vgl. Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Februar 2008 - L 26 B 107/08 AS ER, L 26 B 115/08 AS PKH - juris). Es handelt sich bei dieser Zielvorstellung jedenfalls für § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. um eine echte
Tatbestandsvoraussetzung im Sinne eines unbestimmten Rechtsbegriffs, der einer vollständigen gerichtlichen Kontrolle unterliegt
(vgl. zu § 29 SGB II a. F. Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 29, Rn. 19; BSG, Beschluss vom 3. April
2008 - B 11b AS 15/07 B - juris; auch für § 16b SGB II Hannes in Gagel, § 16b SGB II, Rn. 53; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, K § 16b, Rn. 108; a.
A. für § 16b SGB II Thie in Münder, SGB II, 3. Auflage 2009, § 16b, Rn. 10). Sie bedeutet, dass eine Gewährung von Einstiegsgeld
jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn die angestrebte Tätigkeit keinerlei berechtigte Chancen und Hoffnungen zulässt, dass
sie auf Dauer dazu führen wird, dass der Hilfebedürftige unabhängig von den Leistungen nach SGB II wird leben können (vgl.
zu § 29 SGB II a. F. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. März 2008 - L 25 B 331/08 AS ER - juris, unter Bezugnahme auf Spellbrink, aaO., Rn. 18). Dies bedeutet indes nicht, dass jede noch so geringe Chance
und Hoffnung ausreicht. Ob darüber hinaus damit zu rechnen sein muss, dass sich das Einkommen aus der Erwerbstätigkeit in
absehbarer Zukunft auf so hohem Niveau bewegt, dass kein weiterer Hilfebedarf mehr besteht und weitere Hilfeleistungen nicht
mehr zu erbringen sind (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 8. Februar 2007 - L 9 AS 26/06 - juris), oder ob die Überwindung der Hilfebedürftigkeit zumindest wahrscheinlich sein muss (so Hannes, aaO., Rn. 54 und
56, nach dem es in Anlehnung an § 16b Abs. 2 Satz 1 SGB II wahrscheinlich erscheinen muss, dass der Leistungsempfänger seine
Hilfebedürftigkeit spätestens 24 Monate nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit überwunden hat), was dann der Fall sein soll, wenn
die vom Hilfebedürftigen aufzunehmende Erwerbstätigkeit ihm die Perspektive eröffnet, in absehbarer Zeit auch ohne Leistungen
nach dem SGB II den Lebensunterhalt für sich und die von ihm abhängigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bestreiten zu können
(so die Formulierung bei Lauterbach in Gagel, § 29 SGB II, Rn. 12), kann hier dahinstehen (vgl. auch Hengelhaupt, aaO., nach
dem die hinreichende Aussicht bestehen muss, dass die selbständige Tätigkeit dem Hilfesuchenden nicht nur vorübergehend eine
zumindest die Standards des SGB II erreichende Lebensgrundlage sichert; vgl. auch Marschner in Estelmann, SGB II, § 16b, Rn.
40). Offen bleiben kann auch, ob eine günstige Prognose immer nur gegeben ist, wenn sich eine fachkundige Stelle über die
entsprechende Tragfähigkeit des Vorhabens geäußert hat (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 8. Februar
2007 - L 9 AS 26/06 - juris; Spellbrink, aaO., Rn. 18) und ob hier unter Umständen eine solche Stellungnahme vorliegt. Denn weder war prognostisch
damit zu rechnen, dass die Hilfebedürftigkeit in absehbarer Zeit überwunden werden konnte, noch war dies wahrscheinlich.
Der Senat lässt auch offen, ob die genannten Maßstäbe, die im Zusammenhang mit § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. für das Tatbestandsmerkmal
"zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit" aufgestellt worden sind, für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit auch unter
Geltung der §§ 16b und 16c SGB II in der zum 1. Januar 2009 geltenden Fassung anzuwenden sind. Dagegen könnte indes § 16c
Abs. 1 Satz 1 SGB II sprechen, nach dem Leistungen zur Eingliederung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nur gewährt werden
können, wenn zu erwarten ist, dass die selbständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig ist und die Hilfebedürftigkeit durch
die selbständige Tätigkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraums dauerhaft überwunden oder verringert wird, so dass man anzweifeln
kann, dass neben diesen Kriterien (Tragfähigkeit und Überwindung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit) weitere Maßstäbe
aus der auch in § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II zu findenden Formulierung "zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit" zu gewinnen
sind. Denn hier war nicht im Sinne des § 16c Abs. 1 Satz 1 SGB II zu erwarten, dass die selbständige Tätigkeit wirtschaftlich
tragfähig sein würde und die Hilfebedürftigkeit durch die selbständige Tätigkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraums würde
dauerhaft überwunden oder verringert werden können.
Es war vielmehr von Anfang an, sowohl zum Zeitpunkt der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit zum 1. März 2007 als auch zu
den Zeitpunkten der Verwaltungs- und Widerspruchsentscheidung (30. April 2007 und 5. Juli 2007) unwahrscheinlich, dass der
Kläger Einkommen aus der Erwerbstätigkeit erzielen würde, das sich in absehbarer Zukunft auf so hohem Niveau bewegt, dass
kein weiterer Hilfebedarf mehr bestehen würde und weitere Hilfeleistungen nicht mehr zu erbringen sein würden. Es war auch
nicht zu erwarten, dass die selbständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig sein würde und die Hilfebedürftigkeit durch die
selbständige Tätigkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraums dauerhaft überwunden oder verringert werden könnte. Dabei kann
dahinstehen, wann von wirtschaftlicher Tragfähigkeit auszugehen ist. Während nach einer Ansicht wirtschaftliche Tragfähigkeit
zu bejahen sein soll, wenn der erzielte Gewinn wenigstens die Betriebsausgaben deckt (Thie, aaO., § 16c, Rn. 3, wobei damit
eher gemeint sein dürfte, dass die Betriebseinnahmen die Betriebsaugaben nur decken müssen, was aber im Ergebnis zur Folge
hat, dass kein Gewinn vorliegt; wie Thie auch Voelzke, in Hauck/Noftz, K § 16c, Rn. 16a, der sich damit indes in Widerspruch
zu Hengelhaupt, aaO., Rn. 108 setzt), wird nach anderer Ansicht die deutliche Verringerung der Hilfebedürftigkeit verlangt
(Marschner, aaO., § 16c, Rn. 16). Hier war indes nicht einmal zu erwarten, dass die Einnahmen des Klägers aus der hier streitigen
selbständigen Tätigkeit seine Ausgaben decken würden.
Dies ergibt sich aus den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen F, denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt,
und der unter Berücksichtigung so genannter qualitativer und quantitativer Kriterien überzeugend dargelegt hat, dass auch
prognostisch, also bei Beginn der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit des Klägers, nicht von der Umsetzung einer tragfähigen
Geschäftsidee ausgegangen werden konnte. Der Senat hat zunächst keine Bedenken dagegen, die vom Sachverständigen F aufgestellten
Kriterien der Beurteilung zugrunde zu legen. Denn wie der Sachverständige ausgeführt hat, wenden Banken die gleichen Beurteilungskriterien
an, um über die Finanzierung von Existenzgründungen zu entscheiden. Im Übrigen stellt der Sachverständige schlüssig dar, dass
und warum die einzelnen Kriterien negativ zu bewerten sind. Nach den Ausführungen des Sachverständigen muss in einem Unternehmenskonzept
der Existenzgründer sein Produktangebot detailliert erläutern und zum anderen die Hauptmitbewerber im Detail vorstellen und
bewerten. Wie der Sachverständige zutreffend darlegt, wird aber vorliegend zwar das Produktangebot vorgestellt, eine klare
Erläuterung des Kundennutzens ist jedoch nicht zu erkennen. Zutreffend führt der Sachverständige aus, dass dies wohl damit
zu tun haben dürfte, dass es keine eindeutige Definition der Zielgruppe gibt, vielmehr nur die Rede von privaten und/oder
gewerblichen Kunden ist. Nachvollziehbar legt der Sachverständige dar, dass es nur im Rahmen einer klaren Zielgruppendefinition
möglich sei, das Produktangebot präzise auf den Bedarf potentieller Kunden abzustimmen und auf dieser Basis den Kundennutzen
eindeutig zu definieren. Hierbei handelt es sich nach Darstellung des Sachverständigen auch um eine Grundvoraussetzung für
die erfolgreiche Umsetzung einer Geschäftsidee, die im vorliegenden Fall nicht zu erkennen ist. Des Weiteren wird, worauf
der Sachverständige zu Recht hinweist, im Unternehmenskonzept des Klägers nicht auf die Wettbewerbssituation eingegangen.
Weiter legt der Sachverständige dar, dass wesentliche Elemente einer Erfolg versprechenden Marketing- und Vertriebsstrategie
im Unternehmenskonzept des Klägers fehlen, so dass eine erfolgreiche Kundengewinnung schwierig ist. Hierzu legt der Sachverständige
überzeugend dar, dass im Unternehmenskonzept des Klägers zwar einige Beispiele von Werbeanzeigen aufgezeigt würden, diese
Anzeigen aber nicht individuell auf das geplante Unternehmen des Klägers abstellen. Da es sich eher um die Vermarktung der
Internetseiten des Kooperationspartners handelt, ist mit dem Sachverständigen davon auszugehen, dass nicht erkennbar ist,
wie der Kläger eigene Kunden gewinnen soll. Es fehlt zudem eine detaillierte Darstellung, wann, wie oft und in welchen Medien
diese Anzeigen geschaltet werden sollen. Überzeugend sind auch die Ausführungen des Sachverständigen zur Qualität des Managements,
wo es um die fachliche und branchenspezifische Kompetenz des Gründers sowie die Qualitäten zur Unternehmensführung geht. Nachvollziehbar
legt der Sachverständige hierzu dar, dass dem Lebenslauf des Klägers nicht entnommen werden kann, dass dieser über fachliche
oder branchenspezifische Erfahrungen in der Onlinevermarktung generell und im Speziellen bezogen auf Autos, Tourismus, Solarenergie
und/oder Wellness verfügt. Qualitäten zur Unternehmensführung, die beispielsweise durch Ausbildung oder Berufserfahrung erworben
werden könnten, sind anhand des Lebenslaufes des Klägers nicht zu erkennen. Soweit der Kläger auf den Betrieb einer Fahrschule
und einer privaten Arbeitsvermittlung verwiesen hat, weist der Sachverständige zutreffend darauf hin, dass sich hieraus nicht
ohne weiteres die Qualitäten zur Unternehmensführung entnehmen lassen. Denn insoweit hat der Kläger den wirtschaftlichen Erfolg
dieser Unternehmen nicht dargelegt. Auch die Eigenkapitalsituation des Klägers zur Finanzierung seines Gründungsvorhabens
beschreibt der Sachverständige zu Recht lediglich als befriedigend, nicht aber als ideal. Soweit der Sachverständige ausführt,
dass der Kläger aus rein finanzieller Sicht unter Berücksichtigung des Einstiegsgeldes eine so genannte tragfähige Vollexistenz
hätte aufbauen können, beruht diese Einschätzung allein auf den vom Kläger angegebenen Planzahlen. Insoweit legt der Sachverständige
nachvollziehbar dar, dass es unabdingbare Voraussetzung für die Erreichung der geplanten Umsätze sei, dass die qualitativen
Kriterien eines Unternehmenskonzept durchweg positiv bewertet werden können. Dies ist hier aber gerade nicht der Fall.
Die Berufungsbegründung rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Soweit der Kläger da-rauf verweist, das Einstiegsgeld
benötigt zu haben, um mehr Kunden durch Werbung auf sein Internetportal aufmerksam zu machen, verfängt dieser Hinweis nicht,
weil nach den Ausführungen des Sachverständigen bereits unklar ist, um welche Kunden es sich handeln sollte und welche Maßnahmen
der Werbung hätten ergriffen werden sollen. Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass selbst nach der für den
Kläger günstigsten Auslegung des Begriffes der Tragfähigkeit einer selbständigen Tätigkeit die Betriebseinnahmen wenigstens
die Betriebsausgaben decken müssen. Zu den Betriebsausgaben gehören aber auch Aufwendungen für Werbung, die der Kläger, um
hier eine tragfähige selbständige Tätigkeit annehmen zu können, aus seinen Betriebseinnahmen bestreiten musste.
Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung auf seine unternehmerischen Erfahrungen hinweist, würden diese allein nach den
Darstellungen des Sachverständigen eine Förderung durch Einstiegsgeld nicht rechtfertigen, weil die anderen qualitativen Kriterien
nicht positiv bewertet werden können. Im Übrigen fehlt es auch insoweit an einer Darstellung, welchen unternehmerischen Erfolg
der Kläger jeweils gehabt hat. Die Teilnahme an einer fünftägigen Trainingsmaßnahme vermag die demnach nicht hinreichenden
unternehmerischen Erfahrungen des Klägers nicht zu ersetzen. Gleiches gilt, soweit der Kläger auf seine Mitgliedschaft im
Bundesverband Network Marketing verweist, denn auch insoweit ist nicht erkennbar, dass diese Mitgliedschaft zwingend an etwaige
Fachkunde geknüpft wäre. Auch der Hinweis auf eine ausführliche Schulung der Firma Dr. B Com. lässt nicht erkennen, worin
die Schulungsmaßnahmen bestanden haben sollen.
War demnach von Anfang an nicht damit zu rechnen und war es auch nicht wahrscheinlich, dass der Kläger durch die Aufnahme
seiner selbständigen Tätigkeit seine Hilfebedürftigkeit würde überwinden können und war es des Weiteren auch nicht zu erwarten,
dass die selbständige Tätigkeit tragfähig sein und die Hilfebedürftigkeit durch sie innerhalb eines angemessenen Zeitraums
dauerhaft überwunden oder verringert würde, kann offen bleiben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die tatsächliche Entwicklung
Berücksichtigung finden kann. Der Senat merkt allerdings an, dass die tatsächliche Entwicklung die negative Prognose bestätigt
und die Einnahmen des Klägers im streitigen Zeitraum in nicht unerheblichem Umfang auf seinen Fahrertätigkeiten beruhen, die
nicht im Zusammenhang mit der hier streitbefangenen selbständigen Tätigkeit stehen. Aus der hier in Rede stehenden selbständigen
Tätigkeit hat der Kläger nach den aktenkundigen Einnahme-Überschussrechnungen erstmals im Juni 2007 eine Einnahme von 54,-
Euro erzielt. Die Einnahmen im September (199,80 Euro) und Oktober 2007 (624,91 Euro) beruhen offenbar ausschließlich, die
Einnahmen im November 2007 im Umfang von 200,- Euro (von insgesamt 390,65 Euro) gut zur Hälfte und die Einnahmen im Dezember
2007 in Höhe von 664,18 Euro wieder ausschließlich auf Fahrertätigkeiten, wie sich insbesondere auch aus den zu den Gerichtsakten
gereichten Unterlagen ergibt. Die Einnahmen im Januar und Februar 2008 beruhen ebenfalls ausschließlich auf Fahrertätigkeiten,
wobei der Senat anmerkt, dass es nicht für die Genauigkeit bei der Buchführung spricht, dass die in den Verwaltungsakten befindlichen
Einnahme-Überschussrechnungen etwa für Januar und Februar 2008 nur Einnahmen aus "selbst. Arbeit" bezeichnen, während die
vom Prozessbevollmächtigten an den Sachverständigen übermittelten Einnahme-Überschussrechnungen, die angeblich am selben Tag
ausgestellt worden sein sollen, die Einnahmen ausdrücklich als solche aus "Fahrertätigkeit" bezeichnen.
Da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 29 SGB II a. F. und der §§ 16b und 16c SGB II nicht vorliegen, hat der Kläger
auch keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung des Beklagten, so dass auch der Hilfsantrag keinen Erfolg
hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Grund hierfür gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
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