Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte zu Recht von der Klägerin die Zahlung von 7348,24 EUR verlangt.
Die Klägerin war ab dem 1. November 2000 bei der Firma T. GmbH beschäftigt. Nachdem die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis
am 25. November 2003 fristlos gekündigt hat, beantragte die Klägerin am 27. November 2003 Arbeitslosengeld, das ihr antragsgemäß
für 360 Kalendertage unter Zugrundelegung eines wöchentlichen Bemessungsentgelts in Höhe von 350 EUR, der Leistungsgruppe
C und dem allgemeinen Leistungssatz in Höhe von zunächst 166,18 EUR gewährt wurde. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2003 machte
die Beklagte gegenüber der Arbeitgeberin die auf sie übergegangenen Ansprüche auf Arbeitsentgelt geltend und informierte hierüber
die Klägerin.
Vor dem Arbeitsgericht schloss die Klägerin am 6. April 2005 mit ihrer Arbeitgeberin einen Vergleich, mit dem sich die Arbeitgeberin
verpflichtete, "an die Klägerin für die Monate Dezember 2003 bis Januar 2005 Entgelt in Höhe von jeweils 2.076,29 EUR brutto,
insgesamt also 29.068,09 EUR zu zahlen, unter Berücksichtigung der vom Arbeitsamt gewährten Leistungen und deshalb auf das
Arbeitsamt übergegangenen Ansprüche".
Die Arbeitgeberin übersandte der Beklagten den arbeitsgerichtlichen Vergleich mit der Mitteilung, sie habe die Nachzahlung
in Höhe von 29.068,09 EUR im Mai 2005 an die Klägerin ausgezahlt. Daraufhin hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld
ab dem 27. November 2003 auf und forderte von der Klägerin eine Erstattung in Höhe von 7.443,20 EUR (Bescheid vom 1. September
2005).
Mit Widerspruch vom 5. Oktober 2005 wandte die Klägerin ein, Schuldnerin sei nicht sie, sondern ihre Arbeitgeberin. Die Beklagte
habe ihre Ansprüche daher bei dieser geltend zu machen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2005 änderte die Beklagte den Bescheid vom 1. September 2005 dahingehend ab, dass
eine Aufhebung der Bewilligung nicht erfolgt. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Die Erstattungsforderung beruhe
auf §
143 Abs.
3 SGB III (Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Arbeitslosengeld sei der Klägerin im Wege der Gleichwohlgewährung bewilligt worden. Ihr
sei mitgeteilt worden, dass im Falle der Zuerkennung des Arbeitsentgelts ihr Anspruch in Höhe des gezahlten Arbeitslosengeldes
auf die Agentur für Arbeit übergehe und die Erstattung durch den Arbeitgeber zu erfolgen habe. Zahle der Arbeitgeber das zustehende
Arbeitsentgelt jedoch an den Arbeitslosen aus, so sei dieser zur Erstattung verpflichtet. Die Arbeitgeberin der Klägerin habe
mitgeteilt, die gesamte Gehaltsnachzahlung an die Klägerin ausgezahlt zu haben. Sie habe daher das in der Zeit vom 27. November
2003 bis zum 5. Oktober 2004 gezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von 7.443,20 EUR zu erstatten.
Hiergegen hat die Klägerin am 21. November 2005 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Beklagte habe den Anspruch
auf sich übergeleitet und könne ihn daher nicht von ihr erstattet verlangen. Der Anspruchsübergang sei der Arbeitgeberin auch
bekannt gewesen, so dass keine Leistung mit befreiender Wirkung stattgefunden habe. Sie habe außerdem keine Zahlungen der
Arbeitgeberin erhalten, die das streitige Arbeitslosengeld enthalten. In dem arbeitsgerichtlichen Vergleich habe sich die
Arbeitgeberin lediglich verpflichtet, die Beträge an sie auszuzahlen, die über die Ansprüche der Beklagten hinausgehen. Zudem
habe die Beklagte vor Erlass des Bescheides keine ordnungsgemäße Anhörung durchgeführt.
Auf entsprechende Aufforderung des Sozialgerichts hat die Arbeitgeberin Unterlagen zur Akte gereicht, aus denen sich ergibt,
dass am 26. Mai 2005 insgesamt 19.074,71 EUR an die Klägerin überwiesen wurden. Ferner überreichte sie die Gehaltsabrechnungen,
mit denen sie die Vorgaben aus dem arbeitsgerichtlichen Vergleich umgesetzt hat.
Die Beklagte hat auf einen entsprechenden Hinweis des Sozialgerichts darauf, dass der arbeitsgerichtliche Vergleich keine
Zahlungen für November 2003 vorsehe, die Beklagte aber die Erstattung für die Zeit ab dem 27. November 2003 geltend mache,
ihre Erstattungsforderung auf 7.348,24 EUR reduziert.
Im Rahmen des Erörterungstermins vor dem Sozialgericht am 10. August 2006 erklärte die Beklagte, sie gebe der Klägerin noch
mal Gelegenheit, sich zu äußern. Das Gericht räumte den Beteiligten die Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 31. August 2006
ein und kündigte eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid an.
Mit Gerichtsbescheid vom 14. September 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen,
die Erstattungsforderung der Beklagten sei gemäß §
143 Abs.
3 SGB III begründet. Es bestünden keine Zweifel daran, dass die Arbeitgeberin das Arbeitsentgelt, auch soweit es auf die Beklagte übergegangen
war, an die Klägerin ausgezahlt habe. Die Beklagte habe diese Zahlung zumindest konkludent genehmigt und dadurch die befreiende
Wirkung herbeiführt. Die fehlende Anhörung sei im laufenden Verfahren nachgeholt worden.
Gegen den ihr am 20. September 2006 zugegangenen Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 23. Oktober 2006 Berufung eingelegt.
Zur Begründung vertritt sie die Auffassung, der angefochtene Bescheid sei wegen mangelnder Anhörung rechtswidrig. Dieser Mangel
sei nicht geheilt worden. Zudem sei nicht geklärt worden, ob das an sie ausgezahlte Arbeitsentgelt auch das an sie gezahlte
Arbeitslosengeld umfassen sollte. Sie habe keine Leistungen des Arbeitgebers im Sinne von §
143 SGB III erhalten. Die Arbeitgeberin habe nicht mit befreiender Wirkung gezahlt. Eine Genehmigung der Zahlungen des Arbeitgebers an
sie sei nicht erfolgt.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 14. September 2006 sowie den Bescheid vom 1. September
2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Mit Schriftsatz vom 8. November 2007 hat sie ausdrücklich
die Zahlungen der Arbeitgeberin an die Klägerin genehmigt.
Mit Beschluss vom 20. Januar 2009 hat der Senat die Berufung nach §
153 Abs.
5 SGG (
Sozialgerichtsgesetz) dem Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte und die Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese
Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 28. August 2009 gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in der Besetzung mit der Berichterstatterin und zwei ehrenamtlichen Richtern verhandeln und entscheiden,
weil das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid entschieden hat und der Senat durch Beschluss vom 20. Januar 2009 die Berufung
der Berichterstatterin übertragen hat, die nach §
153 Abs.
5 SGG zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.
Die Berufung ist statthaft (§§
143,
144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§
151 SGG) erhoben. Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Bescheid der Beklagten vom 1. September 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2005 in der Fassung
des Teilanerkenntnisses der Beklagten vom 1. Juni 2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Der Bescheid ist insbesondere nicht wegen fehlender Anhörung rechtswidrig. Diese ist jedenfalls im gerichtlichen Verfahren
gemäß § 41 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 3 SGB X (Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) nachgeholt worden. Die erforderliche Anhörung kann nach der genannten Vorschrift bis zur
letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens, also bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens, nachgeholt
werden. Spätestens dadurch, dass die Beklagte der Klägerin im Erörterungstermin vor dem Sozialgericht am 10. August 2006 die
Möglichkeit zur Äußerung zu der bereits vorliegenden Entscheidung einräumte, um dann formlos darüber zu befinden, ob sie bei
ihrer Entscheidung verbleibt, wozu sie mit Schriftsatz vom 25. August 2006 Stellung genommen hat, ist die fehlende Anhörung
nachgeholt worden (vgl. hierzu Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 6. April 2006 - L 7a AL 64/05 R; Urteil vom 14. Juli
1994 - 7 Rar 104/93; vgl. auch LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17. März 2009 - L 11 AS 8/08).
Die Voraussetzungen gemäß §
143 Abs.
3 S. 2
SGB III für eine Erstattungsforderung der Beklagten liegen vor.
Es liegt objektiv eine Gleichwohlgewährung nach §
143 Abs.
3 S. 1
SGB III vor, denn die Beklagte gewährte Arbeitslosengeld in dem hier betroffenen Zeitraum, obwohl der Anspruch der Klägerin gemäß
§
143 Abs.
1 SGB III während der Zeit, für die sie Arbeitsentgelt zu beanspruchen hat, ruht, weil die Klägerin das Arbeitsentgelt zunächst tatsächlich
nicht von ihrer Arbeitgeberin erhalten hat.
Die Arbeitgeberin der Klägerin zahlte dieser das vollständige Arbeitsentgelt ohne Abzug und daher auch ohne Berücksichtigung
des auf die Beklagte übergegangenen Teils aus. Nach dem arbeitsgerichtlichen Vergleich sollte die Klägerin durchschnittlich
monatlich ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 2.076,29 EUR erhalten, wobei dieser Betrag aus den Durchschnittswerten der
Vergangenheit ermittelt wurde. Für den gesamten Zeitraum von Dezember 2003 bis Januar 2005 ergibt dies eine Bruttoarbeitsentgelt
in Höhe von 29.068,09 EUR. Von diesem Brutto hat die Arbeitgeberin ausweislich der Gehaltsabrechnungen zunächst lediglich
die Sozialversicherungsbeiträge in Abzug gebracht. Auf diese Weise errechnete sie einen monatlichen Zahlungsbetrag vor Steuern
in Hohe von 23.059,96 EUR (vgl. Gehaltsabrechnung für Mai 2005). Bei dem weiteren Abzug in Höhe von 3.985,25 EUR handelt es
sich ausweislich der Gehaltsabrechnung für Mai 2005 um die für den gesamten Zeitraum in Absatz gebrachten steuerlichen Abzüge.
Nach alledem ergibt sich, dass der von der Arbeitgeberin geschuldete Bruttobetrag nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge
und Steuern den überwiesene Nettobetrag in Höhe von 19.094,71 EUR ergibt. Die Arbeitgeberin hat also - entgegen den Bestimmungen
des arbeitsgerichtlichen Vergleichs - keinen Abzug für den auf die Beklagte übergegangen Anteil des Arbeitsentgelts vorgenommen
und der Klägerin das gesamte geschuldete Arbeitsentgelt überwiesen.
Die Arbeitgeberin hat das Arbeitsentgelt auch mit befreiender Wirkung an die Klägerin geleistet, denn die Beklagte kann die
befreiende Wirkung der Zahlung herbeiführen, wenn sie die Zahlung genehmigt (ständige Rechtsprechung des BSG: vgl. u.a. Urteil
vom 16.10.1991 - 11 RAr 137/90, SozR 3 - 4100 § 177 Nr. 7). Die Beklagte hat spätestens mit Schriftsatz vom 8. November 2007 die Zahlung ausdrücklich genehmigt.
Die Klägerin hat daher als Bezieherin des Arbeitslosengeldes den Anteil des Arbeitsentgeltes, der auf die Beklagte gemäß §
115 Abs. 1 SGB X übergegangen ist, zu erstatten. Übergegangen ist der Anspruch der Klägerin auf Arbeitsentgelt bis zur Höhe des erbrachten
Arbeitslosengeldes (§ 115 Abs. 1 SGB X), also jedenfalls in Höhe von 7.348,24 EUR.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder Nr.
2 SGG nicht vorliegen.