Anspruch auf Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren; Mutwilligkeit der Klageerhebung bei Ablehnung einer angebotenen
Ruhendstellung wegen eines beim BVerfG anhängigen Verfahrens
Gründe:
Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zulässig (§§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -), aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe an den Kläger zu Recht abgelehnt, da die
Klageerhebung durch den Kläger als mutwillig erscheint.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt gemäß §
73a SGG, §
114 Zivilprozessordnung (
ZPO) neben der - hier unstreitigen - Bedürftigkeit des Klägers voraus, dass das Begehren hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet
und nicht mutwillig erscheint.
Unter Beachtung des Vorlagebeschlusses des erkennenden Senats vom 29. Oktober 2008 im Verfahren L 6 AS 336/07 kann dem Verfahren des Klägers die erforderliche Aussicht auf Erfolg nicht abgesprochen werden.
Allerdings war die Klageerhebung am 8. Januar 2009, mithin nach Erlass und Veröffentlichung des oben genannten Beschlusses
und vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Vorlage des erkennenden Senats im Hinblick auf das Angebot
des Beklagten, das Widerspruchsverfahren auszusetzen, mutwillig.
Mutwillig ist eine Rechtsverfolgung dann, wenn ein verständiger Beteiligter, der für die Prozesskosten selbst aufzukommen
hätte, seine Rechte nicht in der gleichen Weise geltend machen würde (BSG Beschl. v. 24. Mai 2000 - B 1 KR 4/99 BH -; Meyer-Ladewig,
SGG, 9. Aufl 2008, §
73a RdNr 8; m. w. N.). Das ist insbesondere anzunehmen, wenn der Beteiligte seine Ziele auf andere Weise mit geringerem Kostenaufwand
erreichen könnte (Meyer-Ladewig, aaO.). Dies ist hier der Fall, denn für einen verständigen, auf sein Prozessrisiko und die
damit verbundenen Kosten achtenden Beteiligten drängt es sich geradezu auf, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
hinsichtlich der Höhe der Regelleistungen abzuwarten, bevor in eigener Sache geklagt wird. Dies umso mehr, wenn seitens der
Beklagten im laufenden Widerspruchsverfahren im Hinblick auf die Vorlagebeschlüsse beim Bundesverfassungsgericht die Aussetzung
des Widerspruchsverfahrens angeboten wird.
Insoweit wird zunächst auf die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts Kassel verwiesen.
Ergänzend wird im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Beschwerdeverfahren darauf hingewiesen, dass im vorliegenden
Fall gerade der Vorlagebeschluss des erkennenden Senates vom 29. Oktober 2008 im Verfahren L 6 AS 336/07 ganz konkrete Fragen aufwirft, die auch für das vom Kläger als alleinstehenden erwerbsfähigen Hilfebedürftigen verfolgte
Rechtsschutzbegehren von ausschlaggebender Bedeutung sind. Der erkennende Senat hat in dem oben genannten Beschluss die Methode
der Bemessung der Regelleistungen im SGB II an sich infrage gestellt (vgl. Beschl. v. 29. Oktober 2008 - L 6 AS 336/07 -, "VII. Fazit und Konsequenzen für den Kontrollmaßstab des Senats", S. 47 ff). Sollte das Bundesverfassungsgericht zu dem
Ergebnis kommen, dass die Methode der Bemessung der Regelleistungen insbesondere auch in Bezug auf die Regelleistung für alleinstehende
Hilfebedürftige verfassungswidrig ist, wäre dies für das Verfahren des Klägers von ausschlaggebender Bedeutung. Das gleiche
gilt, wenn das Bundesverfassungsgericht zu der gegenteiligen Auffassung gelangen sollte. In beiden Fällen könnte der Kläger
sein weiteres Vorgehen dann problemlos an der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts orientieren. Dass der Kläger in diesem
Verfahrensstadium auf eine Entscheidung hinsichtlich seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 28. Juli 2008 gedrängt hat,
lässt sich daher aus prozessökonomischen Überlegungen heraus zur Überzeugung des Senats nicht erklären.
Darüber hinaus hätte sich ein verständiger Kläger bei der hier gegebenen Sachlage derzeit auch deshalb von einem Weiterbetreiben
des Widerspruchsverfahrens und der anschließenden Klageerhebung abhalten lassen, weil eine Erledigung schon des Widerspruchsverfahrens
ohne streitige Entscheidung allein durch die Entscheidung des BVerfG zu erwarten ist oder doch zumindest wahrscheinlich erscheint.
Wegen des mit der Erhebung der Klage verbundenen Kostenrisikos für das gerichtliche Verfahren hätte ein verständiger Kläger
dies zunächst zurückgestellt, da das Sozialgericht bei seiner Kostenentscheidung nach §
193 SGG auch das so genannte Veranlassungsprinzip zu beachten hat. Hiernach kann das Gericht bei seiner Ermessensentscheidung im
Rahmen des §
193 SGG auch berücksichtigen, ob Anlass zur Einleitung des Verfahrens gegeben wurde (Meyer - Ladewig, aaO., § 193 Rdz. 12b m. w.
N.). Dies muss wohl im vorliegenden Verfahren aufgrund des Verhaltens der Behörde im Widerspruchsverfahren (Angebot, das Verfahren
ruhend zu stellen) und der damit verbundenen Möglichkeit der Vermeidung eines Klageverfahrens zu einer Versagung der Kostenerstattung
führen.
Letztlich hat der Senat auch Zweifel, ob bei dem hier gegebenen Sachstand die Beiordnung eines Anwalts gemäß §
73a SGG i. V. m. §
121 Abs.
2 ZPO erforderlich erscheint. Denn auch im gerichtlichen Verfahren ist hier nach Auffassung des erkennenden Senates zwingend die
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bezüglich der Höhe der Regelleistungen abwarten, so dass es sich anbietet, das
vorliegende Verfahren bis zu diesem Zeitpunkt ruhend zu stellen. Der Senat hat insoweit erhebliche Zweifel, ob allein für
die Klageerhebung an sich und die Beantragung des Ruhens des Verfahrens ein Anwalt erforderlich ist.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§
177 SGG).