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LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.03.2018 - 7 AS 115/18
SGB-XII-Leistungen Einstweiliger Rechtsschutz Leistungsausschluss für EU-Ausländer Fehlender Ausreisewille
1. Die Anwendung von § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII setzt nicht voraus, dass ein Ausreisewille feststellbar ist; zwar knüpft die Vorschrift an die Regelung über die Überbrückungsleistungen an und soll ausdrücklich eine Anspruchsgrundlage darstellen, "die lediglich bei Vorliegen besonderer Umstände eingreift, um im Einzelfall für einen begrenzten Zeitraum unzumutbare Härten zu vermeiden, nicht um eine Regelung, mit der ein dauerhafter Leistungsbezug ermöglicht wird".
2. Es lässt sich aber nicht feststellen, dass der Gesetzgeber Unionsbürger gerade dann leistungslos lassen wollte, wenn die Verweisung (nur) auf Überbrückungsleistungen sich auch für einen längeren Zeitraum als unzumutbare Härte darstellt, mithin die den Leistungsausschluss begründende Rückkehroption sich gerade nicht ohne Weiteres verwirklichen lässt.
3. Der Senat teilt die in der obergerichtlichen Rechtsprechung nach Inkrafttreten der Neuregelung zu § 23 SGB XII vertretene Auffassung, wonach der Ausschluss von existenzsichernden Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII nur dann verfassungsrechtlich haltbar ist, wenn Betroffenen, bei denen ein individuelles Rückkehrhindernis besteht, das eine Ausreise in den Herkunftsstaat derzeit auch unter Berücksichtigung der Belange der Allgemeinheit als unzumutbar erscheinen lässt, eine fehlende Ausreiseabsicht nicht anspruchshindernd entgegengehalten wird.
4. Dabei berücksichtigt der Senat, dass nach der Rechtsprechung des BSG der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nach der bis zum 28.12.2016 geltenden Rechtslage mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nur vereinbar war, weil existenzsichernde Leistungen durch den Sozialhilfeträger zu bewilligen waren.
Normenkette:
SGB XII § 23 Abs. 3 S. S. 3 und 6
,
SGB II § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
Vorinstanzen: SG Düsseldorf 02.01.2018 S 3 AS 4312/17 ER
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.01.2018 geändert. Die Beigeladene wird verpflichtet, dem Antragsteller Leistungen in Höhe des Regelbedarfs nach Regelbedarfsstufe 1 unter Anrechnung eines monatlichen Einkommens von 100 EUR vom 01.03.2018 bis zum 31.08.2018 zu zahlen. Die Beigeladene hat die Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

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