Tatbestand
Der Kläger begehrt unter Anderem eine Trägerkarte für das Sozialticket mit der Preisstufe B.
Der 1967 geborene Kläger steht seit Jahren im Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) bei der Beklagten.
Mit Schreiben vom 08.06.2016 bat der Kläger die Beklagte um Übersendung einer Trägerkarte für das Sozialticket mit der Preisstufe
B. Er müsse für P und E das Sozialticket nutzen, da seine derzeitige Partnerin in E wohne.
Mit Schreiben vom 28.06.2016 übersandte die Beklagte dem Kläger eine Trägerkarte, die beim Verkehrsunternehmen zum Erwerb
eines Sozialtickets mit der Preisstufe A berechtigt. Sie teilte darüber hinaus mit, dass auch die Möglichkeit bestehe, ein
Ticket für zwei aneinandergrenzende Waben, auch in unterschiedlichen Städten, auszustellen. Allerdings könne dann nicht mehr
für das gesamte P Stadtgebiet ein Sozialticket ausgestellt werden. Der Kläger werde gebeten, mit den Verkehrsbetrieben abzuklären,
ob diese Möglichkeit für ihn in Betracht komme. Sodann würde umgehend ein neues Ticket ausgestellt werden. Des Weiteren wurde
der Kläger aufgefordert, die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2015 sowie die Heizkostenabrechnung für die Zeit vom 01.10.2014
bis 30.09.2015 vorzulegen.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2016 zurück.
Am 31.08.2016 übersandte der Kläger eine E-Mail an das Sozialgericht Duisburg mit dem Betreff "Klage und Erwiderung im laufenden
Verfahren".
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 28.06.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.08.2016 zu verurteilen,
ihm eine Trägerkarte zum Erhalt des Sozialtickets der Preisstufe B auszustellen sowie
den aktuellen Bewilligungsbescheid zu ändern und ihm höhere Leistungen zu gewähren und
sämtliche auch bestandskräftigen Bewilligungsbescheide zu überprüfen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klage sei bereits unzulässig. Weitere Ausführungen zur Begründetheit seien daher obsolet.
Nach erfolgter Anhörung hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13.12.2016 abgewiesen. Die Klage sei bereits
unzulässig, denn der Kläger habe die Klagefrist versäumt. Vorliegend sei der Widerspruchsbescheid vom 02.08.2016 dem Kläger
ausweislich des Rückscheins am 09.08.2016 zugegangen und damit bekanntgegeben worden. Die Frist zur Klageerhebung ende damit
am Freitag, den 09.09.2016. An diesem Tag habe das Gericht keine formgerechte Klage erreicht. Die am 31.08.2016 bei Gericht
eingegangene E-Mail wahre die Klagefrist nicht, denn die E-Mail erfülle nicht die Formvorschriften. Nach §
90 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) sei die Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben. Soweit eine Klageerhebung
per E-Mail erfolgen solle, sei zur Wahrung des Schriftformerfordernisses nach §
65a SGG erforderlich, dass die E-Mail eine qualifizierte elektronische Signatur nach § 2 Nr. 3 des Signaturgesetzes enthalte. Das sei vorliegend nicht der Fall. Entgegen der Mitteilung des Klägers sei dem Gericht darüber hinaus weder innerhalb
noch außerhalb der Klagefrist ein eigenhändig unterschriebener Schriftsatz per Post zugegangen. Eine Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand nach §
67 SGG wegen Versäumung der Klagefrist komme vorliegend nicht in Betracht. Es seien keine Umstände ersichtlich oder vom Kläger vorgetragen
worden, aus denen sich ergebe, dass es ihm nicht möglich gewesen wäre, rechtzeitig Klage zu erheben.
Der Gerichtsbescheid wurde dem Kläger gem. Postzustellungsurkunde am 15.12.2016 zugestellt.
Am 12.01.2017 hat der Kläger sich per E-Mail an das Sozialgericht Duisburg gewendet. Darin heißt es "Rechtsmittel Klage gegen
Ihren Gerichtsbescheid ". Unterschrieben ist die E-Mail mit "MfG D". Zugleich hat der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.
Unter dem 30.01.2017 hat der Senat den Kläger darauf hingewiesen, dass die als E-Mail übersandte Berufung nicht den Formvorschriften
des
SGG entspreche. Zur Wahrung des Schriftformerfordernisses bei Einlegung der Berufung per E-Mail sei nach §
65a SGG eine qualifizierte elektronische Signatur gemäß § 2 Nr. 3 des Gesetzes über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen - Signaturgesetz - (SigG) erforderlich.
Der Kläger hat daraufhin im Wesentlichen geltend gemacht, sämtliche Schreiben auch unterschrieben per Post eingereicht zu
haben.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung, zu dem die Beteiligten mit dem Hinweis geladen worden sind, dass auch im Fall ihres
Nichterscheinens verhandelt und entschieden werden könne, sind die Beteiligten bzw. ihre Vertreter nicht erschienen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 13.12.2016 abzuändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom
28.06.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.08.2016 zu verurteilen, ihm eine Trägerkarte zum Erhalt des Sozialtickets
der Preisstufe B auszustellen sowie
den aktuellen Bewilligungsbescheid zu ändern und ihm höhere Leistungen zu gewähren und
sämtliche auch bestandskräftigen Bewilligungsbescheide zu überprüfen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
Die E-Mail des Klägers vom 12.01.2017 genüge nicht dem Schriftformerfordernis. Die Berufung sei daher bereits unzulässig.
Den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts hat der Senat mit Beschluss
vom 07.02.2017 abgelehnt.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakte
verwiesen; dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl weder der Kläger noch die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung
erschienen sind oder vertreten waren. Die Beteiligten sind in den ihnen ordnungsgemäß bekannt gegebenen Terminsmitteilungen
(Kläger: Postzustellungsurkunde vom 06.03.2017; Beklagte: Empfangsbekenntnis vom 01.03.2017) auf diese verfahrensrechtliche
Möglichkeit hingewiesen worden. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers zur mündlichen Verhandlung diente allein
dem Zweck, mit diesem die Erfolgsaussichten des Berufungsverfahrens zu besprechen. Weiterer Aufklärungsbedarf bestand aus
Sicht des Senats weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht.
Die Berufung ist bereits unzulässig und war daher nach §
158 S. 1
SGG zu verwerfen.
Gemäß §
151 Abs.
1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift
des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist gemäß §
151 Abs.
2 SGG auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten
der Geschäftsstelle eingelegt wird. Hiernach muss die Berufung schriftlich erfolgen, was in aller Regel durch die eigenhändige
Unterschrift des Berechtigten erfolgt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Auflage 2014, §
151 Rn. 3a). Darüber hinaus kann die Einlegung der Berufung telegraphisch und fernschriftlich sowie durch Telefax erfolgen, nicht
ausreichend aber ist eine einfache E-Mail (BSG Beschluss vom 15.11.2010, B 8 SO 71/10 B; BGH Beschluss vom 04.12.2008, IX ZB 41/08; LSG NRW Urteil vom 23.06.2015, L 2 AS 642/15).
Nach §
65a Abs.
1 Sätze 1-3
SGG können die Beteiligten dem Gericht elektronische Dokumente übermitteln, soweit dies für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich
durch Rechtsverordnung der Bundesregierung oder der Landesregierungen zugelassen worden ist.
Für den Zuständigkeitsbereich des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen ist durch Rechtsverordnung die Übermittlung elektronischer
Dokumente nach der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Sozialgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO
SG) grundsätzlich zugelassen. Für Dokumente, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, ist jedoch
gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 ERVVO SG eine qualifizierte elektronische Signatur nach § 2 Nr. 3 SigG vorgeschrieben. Mit einer derartigen elektronischen Signatur war die vom Kläger zur Einlegung einer Berufung versandte E-Mail
nicht versehen.
Der Vortrag des Klägers, er habe alle Schreiben auch unterschrieben per Post übersandt, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Solche Schreiben sind weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren zur Gerichtsakte gelangt.
Der Gerichtsbescheid vom 13.12.2016 ist dem Kläger am 15.12.2016 zugestellt worden. Damit endete die einmonatige Berufungsfrist
nach §
64 Abs.
2 und
3 SGG am 16.01.2017 (Montag). Innerhalb dieser Frist ist aus den vorgenannten Gründen kein formgerechter Berufungsschriftsatz zu
den Gerichtsakten gelangt, weswegen der Kläger die vorgenannte Frist nicht gewahrt hat.
Dem Kläger ist hinsichtlich der Versäumung der Berufungsfrist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Denn eine solche Wiedereinsetzung setzt nach §
67 Abs.
1 SGG voraus, dass der Betreffende ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Solche Gründe
sind vorliegend in keiner Weise ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Revisionszulassungsgründe sind nicht gegeben (§
160 Abs.
2 SGG).