Tatbestand
Der Kläger begehrt höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
Der 1967 geborene Kläger steht seit Jahren im Leistungsbezug der Beklagten.
Mit Bescheid vom 22.06.2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.07.2016 bis 30.06.2017 Leistungen der Grundsicherung
im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII in Höhe von monatlich 285,76 Euro.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, dass eine Mieterhöhung zu berücksichtigen und ein etwaiges Guthaben
an ihn auszuzahlen sei. Das Geld für die Warmwasserbereitung sei ebenfalls nicht berücksichtigt worden.
Mit Bescheid vom 22.07.2016 hob die Beklagte den Bescheid vom 22.06.2016 auf und teilte dem Kläger mit, dass rückwirkend ab
dem 01.07.2016 die auf monatlich 55,00 Euro erhöhten Heizkosten berücksichtigt worden seien. Darüber hinaus werde das Heiz-
und Betriebskostenguthaben in Höhe von 60,91 Euro im Monat August 2016 einmalig angerechnet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.08.2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seinem Widerspruch bereits mit Bescheid vom
22.07.2016 abgeholfen worden sei.
Am 21.09.2016 übersandte der Kläger eine E-Mail an das Sozialgericht Duisburg mit dem Betreff "Klage gegen den Widerspruchsbescheid
der Stadt P vom 09.08.2016". Der E-Mail war eine eingescannte Unterschrift des Klägers beigefügt.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 22.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.08.2016 zu verurteilen,
ihm weitere Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII zu gewähren sowie
hilfsweise
sämtliche auch bereits bestandskräftig gewordenen Bescheide zu überprüfen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klage sei bereits unzulässig. Weitere Ausführungen zur Begründetheit seien daher obsolet.
Nach erfolgter Anhörung hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13.12.2016 abgewiesen. Die Klage sei bereits
unzulässig, denn der Kläger habe die Klagefrist versäumt. Vorliegend sei der Widerspruchsbescheid dem Kläger spätestens am
08.09.2016 zugegangen und damit bekanntgegeben worden. Die Frist zur Klageerhebung ende damit am Montag, den 10.10.2016. An
diesem Tag habe das Sozialgericht keine formgerechte Klage erreicht. Die am 21.09.2016 bei Gericht eingegangene E-Mail wahre
die Klagefrist nicht, denn die E-Mail erfülle nicht die Formvorschriften. Nach §
90 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) sei die Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben. Soweit eine Klageerhebung
per E-Mail erfolgen solle, sei zur Wahrung des Schriftformerfordernisses nach §
65a SGG erforderlich, dass die E-Mail eine qualifizierte elektronische Signatur nach § 2 Nr. 3 des Signaturgesetzes enthalte. Das sei vorliegend nicht der Fall. Zu einem anderen Ergebnis führe auch nicht der Umstand, dass der E-Mail eine
eingescannte Unterschrift des Klägers beigefügt gewesen sei. Vielmehr wäre zur Wahrung der Schriftform eine qualifizierte
elektronische Signatur erforderlich, an der es vorliegend jedoch fehle. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §
67 SGG wegen Versäumung der Klagefrist komme vorliegend nicht in Betracht. Es seien keine Umstände ersichtlich oder vom Kläger vorgetragen
worden, aus denen sich ergebe, dass es ihm nicht möglich gewesen wäre, rechtzeitig Klage zu erheben.
Der Gerichtsbescheid wurde dem Kläger gem. Postzustellungsurkunde am 15.12.2016 zugestellt.
Am 12.01.2017 hat der Kläger sich per E-Mail an das Sozialgericht Duisburg gewendet. Darin heißt es "Rechtsmittel Klage gegen
Ihren Gerichtsbescheid ". Unterschrieben ist die E-Mail mit "MfG D". Zugleich hat der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.
Unter dem 30.01.2017 hat der Senat den Kläger darauf hingewiesen, dass die als E-Mail übersandte Berufung nicht den Formvorschriften
des
SGG entspreche. Zur Wahrung des Schriftformerfordernisses bei Einlegung der Berufung per E-Mail sei nach §
65a SGG eine qualifizierte elektronische Signatur gemäß § 2 Nr. 3 des Gesetzes über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen - Signaturgesetz - (SigG) erforderlich.
Der Kläger hat daraufhin im Wesentlichen geltend gemacht, sämtliche Schreiben auch unterschrieben per Post eingereicht zu
haben.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung, zu dem die Beteiligten mit dem Hinweis geladen worden sind, dass auch im Fall ihres
Nichterscheinens verhandelt und entschieden werden könne, sind die Beteiligten bzw. ihre Vertreter nicht erschienen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 13.12.2016 abzuändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom
22.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.08.2016 zu verurteilen, ihm weitere Grundsicherungsleistungen nach
dem 4. Kapitel des SGB XII zu gewähren sowie
hilfsweise
sämtliche auch bereits bestandskräftig gewordenen Bescheide zu überprüfen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
Die E-Mail des Klägers vom 12.01.2017 genüge nicht dem Schriftformerfordernis. Die Berufung sei daher bereits unzulässig.
Den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts hat der Senat mit Beschluss
vom 07.02.2017 abgelehnt.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakte
verwiesen; dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl weder der Kläger noch die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung
erschienen sind oder vertreten waren. Die Beteiligten sind in den ihnen ordnungsgemäß bekannt gegebenen Terminsmitteilungen
(Kläger: Postzustellungsurkunde vom 06.03.2017; Beklagte: Empfangsbekenntnis vom 01.03.2017) auf diese verfahrensrechtliche
Möglichkeit hingewiesen worden. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers zur mündlichen Verhandlung diente allein
dem Zweck, mit diesem die Erfolgsaussichten des Berufungsverfahrens zu besprechen. Weiterer Aufklärungsbedarf bestand aus
Sicht des Senats weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht.
Die Berufung ist bereits unzulässig und war daher nach §
158 S. 1
SGG zu verwerfen.
Gemäß §
151 Abs.
1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift
des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist gemäß §
151 Abs.
2 SGG auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten
der Geschäftsstelle eingelegt wird. Hiernach muss die Berufung schriftlich erfolgen, was in aller Regel durch die eigenhändige
Unterschrift des Berechtigten erfolgt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Auflage 2014, §
151 Rn. 3a). Darüber hinaus kann die Einlegung der Berufung telegraphisch und fernschriftlich sowie durch Telefax erfolgen, nicht
ausreichend aber ist eine einfache E-Mail (BSG Beschluss vom 15.11.2010, B 8 SO 71/10 B; BGH Beschluss vom 04.12.2008, IX ZB 41/08; LSG NRW Urteil vom 23.06.2015, L 2 AS 642/15).
Nach §
65a Abs.
1 Sätze 1-3
SGG können die Beteiligten dem Gericht elektronische Dokumente übermitteln, soweit dies für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich
durch Rechtsverordnung der Bundesregierung oder der Landesregierungen zugelassen worden ist.
Für den Zuständigkeitsbereich des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen ist durch Rechtsverordnung die Übermittlung elektronischer
Dokumente nach der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Sozialgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO
SG) grundsätzlich zugelassen. Für Dokumente, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, ist jedoch
gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 ERVVO SG eine qualifizierte elektronische Signatur nach § 2 Nr. 3 SigG vorgeschrieben. Mit einer derartigen elektronischen Signatur war die vom Kläger zur Einlegung einer Berufung versandte E-Mail
nicht versehen.
Der Vortrag des Klägers, er habe alle Schreiben auch unterschrieben per Post übersandt, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Solche Schreiben sind weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren zur Gerichtsakte gelangt.
Der Gerichtsbescheid vom 13.12.2016 ist dem Kläger am 15.12.2016 zugestellt worden. Damit endete die einmonatige Berufungsfrist
nach §
64 Abs.
2 und
3 SGG am 16.01.2017 (Montag). Innerhalb dieser Frist ist aus den vorstehenden Gründen kein formgerechter Berufungsschriftsatz zu
den Gerichtsakten gelangt, weswegen der Kläger die vorgenannte Frist nicht gewahrt hat.
Dem Kläger ist hinsichtlich der Versäumung der Berufungsfrist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Denn eine solche Wiedereinsetzung setzt nach §
67 Abs.
1 SGG voraus, dass der Betreffende ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Solche Gründe
sind vorliegend in keiner Weise ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Revisionszulassungsgründe sind nicht gegeben (§
160 Abs.
2 SGG).