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LSG Sachsen, Urteil vom 29.03.2017 - 11 SF 70/16
Entschädigung wegen überlanger Dauer eines Gerichtsverfahrens Beschränkung auf einzelne Verfahrensabschnitte Prüfungsreihenfolge Kriterien zur Bestimmung der Angemessenheit
1. Eine Entschädigungsklage kann in zulässiger Weise auf jede einzelne Instanz des Ausgangsverfahrens und sogar auf einzelne Verfahrensabschnittebeschränkt werden.
2. Nach der Rechtsprechung des BSG erfolgt die Prüfung der (Un-)Angemessenheit der Verfahrensdauer im Sinne des § 198 Abs. 1 GVG in drei Schritten: (1) Ausgangspunkt und erster Schritt bildet die Feststellung der in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definierten Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss, auch wenn dieses über mehrere Instanzen oder bei verschiedenen Gerichten geführt worden ist; kleinste relevante Zeiteinheit ist hierbei der Kalendermonat. (2) In einem zweiten Schritt ist der Ablauf des Verfahrens an den von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG genannten Kriterien zu messen; dabei ist zu beachten, dass die Verfahrensführung des Ausgangsgerichts vom Entschädigungsgericht nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit zu überprüfen ist. (3) Auf dieser Grundlage ergibt erst die wertende Gesamtbetrachtung und Abwägung aller Einzelfallumstände in einem dritten Schritt, ob die Verfahrensdauer die äußerste Grenze des Angemessenen deutlich überschritten und deshalb das Recht auf Rechtsschutz in angemessener Zeit verletzt hat.
3. Dabei billigt das BSG den Ausgangsgerichten eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit von bis zu 12 Monaten je Instanz zu, die für sich genommen noch nicht zu einer unangemessenen Verfahrensdauer führt.
4. § 198 GVG nennt als Kriterien zur Bestimmung der Angemessenheit mit Blick auf die Prozessakteure das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter nur beispielhaft.
5. Darüber hinaus hängt eine Verletzung des Anspruchs auf Rechtsschutz in angemessener Zeit wesentlich davon ab, ob dem Staat zurechenbare Verhaltensweisen des Gerichts zur Überlänge des Verfahrens geführt haben.
Normenkette:
GVG § 198 Abs. 1
,
GVG § 198 Abs. 6 Nr. 1
,
GVG § 198 Abs. 1 S. 2
Vorinstanzen: SG Leipzig S 12 R 1567/12
I. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 700,00 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 2.100,00 EUR festgesetzt.

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