Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung, insbesondere über den Umfang berücksichtigungsfähiger
Beatmungsstunden.
Die Klägerin betreibt ein nach §
108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) zugelassenes Krankenhaus in A ... Darin befand sich die 1939 geborene und bei der beklagten Krankenkasse versicherte Y ...
vom 14.01.2010 bis 21.01.2010 in stationärer Behandlung mit den führenden Diagnosen "dekompensierte respiratorische Globalinsuffizienz
bei akuter Exazerbation einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung, kardiale Insuffizienz bei Verdacht auf koronare Herzerkrankung
neben einem vorbestehenden Diabetes mellitus und einer arteriellen Hypertonie". Die Aufnahme erfolgte am 14.01.2010 als Notfall
aufgrund zunehmender Luftbeschwerden infolge einer chronisch-obstruktiven Bronchitis.
Am 15.01.2010 wurde die Versicherte kurz nach 06:00 Uhr auf die anästhesiologische Intensivstation übernommen, weil sich ihre
respiratorische Situation weiter erheblich und in lebensbedrohlicher Weise verschlechterte. Ab 07:30 Uhr wurde eine nichtinvasive
Beatmungstherapie mittels Maske begonnen, die in insgesamt sechs Beatmungsphasen bis zum 16.01.2010 um 10:00 Uhr fortgeführt
wurde. Die Beatmung erfolgte durch eine nichtinvasive Beatmung mittels Masken-CPAP/ASB (continuous positive airway pressure/assisted
spontaneous breathing - assistierte Spontanatmung) mit PEEP (positive end-expiratory pressure - positiver endexspiratorischer
Druck) nicht dauerhaft, sondern in Phasen mit Unterbrechungen: Am 15.01.2010 von 07:30 Uhr bis 12:30 Uhr, danach von 14:30
Uhr bis 24:00 Uhr intermittierende Beatmungsintervalle von zwei Stunden bis maximal 6,5 Stunden. Am 16.01.2010 erfolgte die
Beatmung von 03:00 Uhr bis 05:00 Uhr und von 08:00 Uhr bis 10:00 Uhr. Die Beatmungstherapie wurde beendet, weil die Versicherte
eine weitere nichtinvasive Beatmung ablehnte.
Unter dem 15.03.2010 stellte die Klägerin der Beklagten den Krankenhausaufenthalt mit insgesamt 7.173,05 EUR in Rechnung,
wobei sie die DRG-Fallpauschale F43C (Beatmung ) 24 Stunden bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems, Alter ) 5
Jahre, ohne äußerst schwere CC) und 27 Beatmungsstunden zugrunde legte. Am 01.04.2010 teilte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung
(MDK) Sachsen der Klägerin mit, dass er von der Beklagten einen Prüfauftrag erhalten habe. In der Sozialmedizinischen Stellungnahme
des MDK vom 22.06.2010 gab die Fachärztin für Innere Medizin X ... an, dass die Beatmungsstunden nicht korrekt abgerechnet
worden seien; es seien nur 18 Stunden Maskenbeatmung dokumentiert. Mit Schreiben vom 01.07.2010 wies die Beklagte die Klägerin
darauf hin, dass durch die Änderung der Beatmungsstunden die DRG-Fallpauschale F46B (Invasive kardiologische Diagnostik außer
bei akutem Myokardinfarkt, mehr als 2 Belegungstage, mit komplexer Diagnose, Alter ) 13 Jahre) zu kodieren sei und bat um
Korrektur der Rechnung. Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 19.08.2010 Widerspruch ein. Eine fortlaufende Beatmung
sei bei der Maskenbeatmung nicht notwendig. Die Versicherte sei infolge der instabilen respiratorischen Situation mit hohem
personellem und Überwachungsaufwand beatmet worden. Bis zum Ende der Beatmung seien auch die beatmungsfreien Intervalle hinzuzurechnen.
In einem weiteren Gutachten vom 30.11.2010 des MDK führte die Fachärztin für Anästhesie/Intensivtherapie Dr. med. W ... aus,
dass der Widerspruchsargumentation nicht gefolgt werden könne und maximal 18 Beatmungsstunden anzuerkennen seien.
Die Beklagte beglich zunächst den vollen Rechnungsbetrag unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Am 24.02.2011 zog sie dann
aber den Gesamtrechnungsbetrag durch Verrechnung mit Forderungen aus unstrittigen Behandlungsfällen der Klägerin vollständig
wieder ein und zahlte am 25.02.2011 einen Teilbetrag in Höhe von 3.040,49 EUR, wobei sie die DRG-Fallpauschale F46B und 18
Beatmungsstunden zugrunde legte.
Am 07.02.2012 hat die Klägerin beim Sozialgericht Chemnitz (SG) wegen des Differenzbetrags von 4.132,56 EUR zur Rechnung vom 15.03.2010 Klage erhoben. Die Beatmungsdauer beginne mit dem
Einsetzen der maschinellen Beatmung. Sodann sei die komplette Zeit bis zum Abbruch der Beatmung als Beatmungszeit zu zählen.
Eine tägliche Mindestbeatmungszeit von sechs Stunden sei nicht nachzuweisen, da hier die Beatmung mittels Masken-CPAP/ASB
mit PEEP zur Anwendung gekommen sei. Dem ist die Beklagte durch ein weiteres Gutachten des MDK vom 29.05.2012 (Fachärztin
für Anästhesie/Intensivtherapie Dr. med. W ...) entgegengetreten. In der aktuellen Fallkonstellation, bei vorbestehender COPD
mit nichtinvasiver Exazerbation und kardialer Dekompression, seien für die intermittierende nichtinvasive Beatmung unter intensivmedizinischen
Verhältnissen vom 15.01.2010 bis 16.01.2010 insgesamt 18 Beatmungsstunden im Sinne der Deutschen Kodierrichtlinien, Version
2010, (DKR) 1001h zu berechnen. Eine andere Berechnung sei auch nicht vor dem Hintergrund der Kriterien der DKR 1001h gegeben,
da bei der primär intermittierenden nichtinvasiven Behandlung unter intensivmedizinischer Versorgung keine Abhängigkeit vom
Beatmungsgerät mit resultierender Weaningsituation bestanden habe und dies auch nach wenigen Stunden durch die zunehmende
Ablehnung der Beatmung durch die Versicherte belegt werde.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 03.09.2014 abgewiesen. Der Klägerin stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf eine weitere
Vergütung für die Behandlung der Versicherten zu. Vorliegend sei die DRG-Pauschale F46B zugrunde zu legen. Die Voraussetzungen
für die von der Klägerin abgerechnete DRG F43C lägen nicht vor. Die Dauer der Beatmung erreiche nicht mehr als 24 Stunden.
Die Berechnung der Dauer der Beatmung beginne im Fall der Maskenbeatmung zu dem Zeitpunkt, an dem die maschinelle Beatmung
einsetze. Sie ende u.a. mit der Beendigung der Beatmung nach einer Periode der Entwöhnung. Die Dauer der Entwöhnung werde
insgesamt (inklusive beatmungsfreier Intervalle während der jeweiligen Entwöhnung) bei der Berechnung der Beatmungsdauer eines
Patienten hinzugezählt. Nach den Deutschen Kodierrichtlinien sei darüber hinaus für den speziellen Fall einer Entwöhnung mit
intermittierenden Phasen der maschinellen Unterstützung der Atmung durch Masken-CPAP im Wechsel mit Spontanatmung geregelt,
dass eine Anrechnung auf die Beatmungszeit nur möglich sei, wenn die Spontanatmung des Patienten insgesamt mindestens sechs
Stunden pro Kalendertag durch Masken-CPAP unterstützt worden sei. Vorliegend seien die Zeiten zwischen den Beatmungen nicht
hinzuzurechnen. Dabei könne dahinstehen, ob die Stunden zwischen den Zeiten der Beatmung mittels Maske als Entwöhnung im Sinne
der Kodierrichtlinien zu bewerten seien. Am 16.01.2010 sei die notwendige Mindestbeatmungszeit von sechs Stunden nicht erreicht
worden. Die Kodierrichtlinien wollten keine Unterscheidung zwischen Masken-CPAP/ASB und Masken-CPAP, sondern lediglich zwischen
CPAP und Masken-CPAP.
Gegen das ihr am 18.09.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.10.2014 beim Sächsischen Landessozialgericht (LSG) Berufung
eingelegt. Sie vertritt weiter die Auffassung, die Dauer der Beatmung übersteige 24 Stunden. Die Einschränkung, dass für den
speziellen Fall der Entwöhnung mit intermittierenden Phasen der maschinellen Unterstützung der Atmung durch Masken-CPAP im
Wechsel mit Spontanatmung eine Anrechnung auf die Beatmungszeit nur möglich sei, wenn die Spontanatmung des Patienten insgesamt
mindestens sechs Stunden pro Kalendertag werde, gelte nicht für die im streitgegenständlichen Fall angewandte Beatmungsform
Masken-CPAP/ASB. Die Stunden zwischen den Beatmungsintervallen seien zur Beatmungszeit hinzuzurechnen.
Die Klägerin beantragt,
das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Beklagte abändernd zu verurteilen, an die Klägerin 4.132,56 EUR zuzüglich Verzugszinsen
in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 25.02.2011 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und die Ausführungen des SG Bezug.
Zur weiteren Sachaufklärung hat der Senat den Facharzt für Anästhesiologie, Prof. Dr. med. habil. C ... mit der Erstattung
eines Sachverständigengutachtens nach Aktenlage beauftragt. In seinem Gutachten vom 31.03.2020 hat dieser bei der Versicherten
27 Beatmungsstunden gezählt, weil er die Situation einer schrittweisen Entwöhnung von der initial notfallmäßig etablierten
Beatmung als gegeben erachte. Eine stabile respiratorische Situation der Versicherten sei aus der Sicht ex post am 16.01.2010
gegen 12:00 Uhr eingetreten. Aus der Sicht ex ante hätte er sich - wie auch geplant - mithilfe weiterer intermittierender
nichtinvasiver Phasen von der anhaltenden Stabilität noch überzeugen müssen. Das Ende der Beatmungspflichtigkeit falle mit
dem tatsächlichen Beatmungsende am 16.01.2010 um 10:00 Uhr zusammen. Die Aussage des MDK: "[Es] wäre - selbst unter Zugrundelegung
der in der DKR 1001h beschriebenen Berechnung der Beatmungsdauer bei Weaning - die Beatmung am 15.01.2010, um 24:00 Uhr beendet,
da die nichtinvasiven Beatmungsphasen am 16.10.2010 weniger als sechs Stunden betrugen und bereits zuvor eine stabile respiratorische
Situation zu verzeichnen war." gehe so aus der DKR 1001h nicht hervor. Die Notwendigkeit einer Beatmungsentwöhnung sei nicht
abhängig von der gewählten Beatmungsform, sondern vom Patientenbefund, der Befundentwicklung und dem zugrunde liegenden Krankheitsbild.
Die Situation der Versicherten habe nach Sinn und Inhalt exakt der Konstellation entsprochenen, in der die Entwöhnung mit
dem Beginn der Beatmung beginne. Soweit der MDK das Vorliegen einer Entwöhnungssituation bestreite und die Beklagte diese
mit dem Lehrbuchzitat: "Eine spezielle Entwöhnung ist zumeist nur bei einer Langzeitbeatmung () 48 h) erforderlich. Hingegen
kann nach einer Kurzzeitbeatmung die maschinelle Beatmung zumeist mit Wiedereinsetzen einer ausreichenden Spontanbeatmung
einfach beendet und der Patient extubiert werden" ablehne, werde das häufig anzutreffende Missverständnis sichtbar, das darin
bestehe, dass in Situationen, wie sie der Lehrbuchtext zum Inhalt habe, das respiratorische System (Lunge, Thorax, Atemregulation)
nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigt sein dürfe (z.B. Beatmung eines ansonsten gesunden Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma,
Kohlenmonoxid-Intoxation u.a.). Inhaltlich nicht erfasst seien die Patienten, bei denen - wie vorliegend - schwere pulmonale
Versagenszustände der Grund seien, im Sinne einer Stabilisierung der gestörten Vitalfunktion Atmung eine Beatmungstherapie
zu beginnen. In diesen Fällen seien die Patienten von Anfang an auf eine Beatmung angewiesen, d.h. davon abhängig. Sobald
die Situation es gestatte, werde der Beatmungsaufwand schrittweise reduziert (Senkung der inspiratorischen O2-Konzentration,
Verringerung der Beatmungsdrücke, Etablierung erster respiratorfreier Intervalle und ggf. deren zeitliche Ausdehnung), all
dies unter sehr strenger Überwachung, um die Therapie bei Bedarf jederzeit wieder eskalieren zu können. Dies seien exemplarisch
typische Schritte einer Beatmungsentwöhnung. Im hohen Überwachungsaufwand gerade auch während der Beatmungspausen liege das
Rational der DKR 1001h begründet, unter den bekannten zeitlichen Vorgaben die respiratorfreien Intervalle zur Beatmungszeit
hinzuzuzählen. Bei der Versicherten sei eine Entwöhnung durchgeführt worden. Sowohl die in den Beatmungsprotokollen nachvollziehbare
schrittweise Reduzierung von inspiratorischer O2-Konzentration, Beatmungsdrücken und PEEP als auch die gewählte nichtinvasive
Beatmungsform machten in der Planung wie in der Durchführung deutlich, dass es das Ziel gewesen sei, die Patientin baldmöglichst
wieder aus der Beatmungspflichtigkeit heraus zu bekommen. Dazu gehöre auch die primär intermittierend gestaltete Beatmung
mit der Möglichkeit auch zur Eskalierung in Abhängigkeit von der Befundentwicklung.
Die Beklagte hat zu dem Gutachten des Prof. Dr. med. habil. C ... ein weiteres Gutachten von Dr. med. W ... vom 11.06.2020
vorgelegt. Bei der primär intermittierenden, diskontinuierlichen nichtinvasiven Beatmung über einen relativen kurzen Zeitraum
mit rascher Zustandskonsolidierung auf eine annehmbares Vorniveau sei bei stets erhaltener Spontanatmung und zunehmender Ablehnung
der nichtinvasiven Beatmung seitens der Versicherten eine Weaningsituation den Beatmungsprotokollen nicht zu entnehmen. Eine
fortlaufende nichtinvasive Beatmung (mindestens über viele Stunden und Tage) bestehe im aktuellen Fall bei der kurzzeitigen,
primär intermittierenden, diskontinuierlichen nichtinvasiven Beatmung nicht. Somit bestehe auch keine Gewöhnung an das Beatmungsgerät
mit dem Erfordernis der Entwöhnung. Bei theoretischer Annahme eines Weaning seien die 2 x 2 Stunden nichtinvasive Beatmung
am 16.01.2010 nicht zu der Gesamtbeatmungsdauer zu addieren, da weniger als insgesamt sechs Stunden Maskenbeatmung vorgelegen
habe.
Die Klägerin hat auf das Gutachten des MDK vom 11.06.2020 erwidert, dass bei der Versicherten während des gesamten Aufenthalts
auf der Intensivstation eine Indikation zur nichtinvasiven Beatmung bestanden habe.
In der mündlichen Verhandlung hat der behandelnde Arzt ausgeführt, dass die Versicherte weiter hätte beatmet werden sollen,
weil ihre respiratorische Situation aus ärztlicher Sicht nicht zufriedenstellend war; sie selbst hat dies aber abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge,
die Patientenakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Denn der Klägerin steht der von ihr im Gleichordnungsverhältnis zulässigerweise mit
der echten Leistungsklage (dazu nur Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 1/07 KR R - juris Rn. 9; Urteil
vom 19.03.2020 - B 1 KR 20/19 R - juris Rn. 9) verfolgte Vergütungsanspruch aus der Behandlung der Versicherten in Höhe von 4.132,56 EUR zu.
Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin gegen die Beklagte für die stationäre Krankenhausbehandlung der Versicherten
in der Zeit vom 14.01.2010 bis 21.01.2010 ist §
109 Abs.
4 Satz 3
SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), § 1 Fallpauschalenvereinbarung 2010 (FPV 2010) sowie Anlage 1 der FPV 2010 (Fallpauschalenkatalog 2010). Das Gesetz regelt in
diesen Vorschriften die Höhe der Vergütung der zugelassenen Krankenhäuser bei stationärer Behandlung gesetzlich Krankenversicherter
und setzt das Bestehen des Vergütungsanspruchs als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht, erforderliche Krankenhausbehandlung
nach §
39 SGB V zu gewähren (§
109 Abs.
4 Satz 2
SGB V), dem Grunde nach als Selbstverständlichkeit voraus (BSG, Urteil vom 19.03.2020 - B 1 KR 20/19 R - juris Rn. 11; vgl. auch Sächsisches LSG, Urteil vom 25.09.2019 - L 1 KR 142/14 - juris Rn. 17).
Der Vergütungsanspruch der Klägerin für die streitige Krankenhausbehandlung ist dem Grunde nach entstanden. Dies ist zwischen
den Beteiligten nicht streitig. Der Vergütungsanspruch für eine Krankenhausbehandlung und dazu korrespondierend die Zahlungsverpflichtung
einer Krankenkasse entstehen unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten
kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von §
39 Abs.
1 Satz 2
SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (BSG, Urteil vom 17.12.2019 - B 1 KR 19/19 R - juris Rn. 10; Urteil vom 19.06.2018 - B 1 KR 39/17 R - juris Rn. 8; Urteil vom 19.12.2017 - B 1 KR 17/17 R - juris Rn. 13; Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 6/16 R - juris Rn. 26; Urteil vom 17.11.2015 - B 1 KR 18/15 R - juris Rn. 9; Urteil vom 27.11.2014 - B 3 KR 1/13 R - juris Rn. 9; Urteil vom 01.07.2014 - B 1 KR 29/13 R - juris Rn. 8; Urteil vom 22.11.2012 - B 3 KR 1/12 R - juris Rn. 10; Urteil vom 08.11.2011 - B 1 KR 8/11 R - juris Rn. 13; Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 1/07 KR R - juris Rn.11). Dies war hier der Fall.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte für die streitige Krankenhausbehandlung ein Vergütungsanspruch nicht nur in Höhe von
3.040,49 EUR, sondern in Höhe von 7.173,05 EUR, mithin von weiteren 4.132,56 EUR, zu. Denn die Klägerin durfte ihrer Abrechnung
die DRG-Fallpauschale F43C und nicht die geringer zu vergütende DRG-Fallpauschale F46B zugrunde legen, weil neben den unstreitigen
Diagnosen und Prozeduren eine Beatmungszeit der Versicherten von mehr als 24 Stunden vorlag, nämlich von 27 Stunden (von 07.30
Uhr am 15.01.2010 bis 10.00 Uhr am 16.01.2010).
Die Höhe des Vergütungsanspruchs bemisst sich im DRG-Vergütungssystem, in welches das Krankenhaus der Klägerin einbezogen
ist, nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung für die stationäre Krankenhausbehandlung
in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich aus §
109 Abs.
4 Satz 3
SGB V i.V.m. § 7 KHEntgG und § 17b KHG. Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normenverträge konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der
Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft
als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog
einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich
zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
KHEntgG Abrechnungsbestimmungen in der FPV.
Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich gemäß § 1 Abs. 6 Satz 1 FPV 2010 rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung
von Daten - insbesondere von Diagnosen und Prozeduren - in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten
Programm basiert (näher dazu BSG, Urteil vom 08.11.2011 - B 1 KR 8/11 R - juris Rn. 19 ff.). Dabei greift das Programm auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms
mit vereinbart sind oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die FPV selbst, aber auch
die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation
und Information (DIMDI - am 26.05.2020 im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte aufgegangen) im Auftrag des
Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (ICD-10-GM - hier in der Version 2010) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag
des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS - hier in der Version 2010). Ebenso gehört zu den einbezogenen
Regelungskomplexen die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den DKR für das Jahr 2010. Die
Verbindlichkeit der in der FPV und den DKR angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in
das vertraglich vereinbarte Fallpauschalensystem und insbesondere in dessen Kern, den Grouper, einbezogen sind (BSG, Urteil vom 19.06.2018 - B 1 KR 39/17 R - juris Rn. 13; Urteil vom 19.12.2017 - B 1 KR 19/17 R - juris Rn. 31; Urteil vom 23.06.2015 - B 1 KR 21/14 R - juris Rn. 13; Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 26/13 R - juris Rn. 12; Urteil vom 08.11.2011 - B 1 KR 8/11 R - juris Rn. 24). Bei Beatmungsfällen bestimmt § 21 Abs. 2 Nr. 2 lit. f KHEntgG zudem ausdrücklich, dass das Krankenhaus der
Krankenkasse die Beatmungszeit in Stunden entsprechend den Kodierregeln nach § 17b Abs. 5 Nr. 1 KHG zu übermitteln hat.
Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich ICD und OPS ist nicht automatisiert und unterliegt
grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen
ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut
orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Denn eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige
Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach
ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie
Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen
Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (BSG, Urteil vom 17.12.2019 - B 1 KR 19/19 R - juris Rn. 13; Urteil vom 30.07.2019 - B 1 KR 13/18 R - juris Rn. 13; Urteil vom 19.12.2017 - B 1 KR 18/17 R - juris Rn. 14; Urteil vom 01.07.2014 - B 1 KR 29/13 R - juris Rn. 12; Urteil vom 17.06.2010 - B 3 KR 4/09 R - juris Rn. 14; Urteil vom 21.02.2002 - B 3 KR 30/01 R - juris Rn. 27). Soweit in solchen Vergütungsregelungen spezifisch medizinische Begriffe verwandt werden - und keine abweichenden
Vorgaben bestehen -, kommt ihnen der Sinngehalt zu, der ihnen im medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch beigemessen
wird (BSG, Beschluss vom 19.07.2012 - B 1 KR 65/11 B - juris Rn. 18; Urteil vom 23.06.2015 - B 1 KR 21/14 R - juris Rn. 18; vgl. auch BSG, Urteil vom 26.09.2017 - B 1 KR 9/17 R - juris Rn.16). Dies gilt sowohl für ICD und OPS als auch für die DKR. Die Voraussetzungen für die Kodierung der Beatmungsstunden
ergeben sich weder aus dem ICD-10-GM noch aus dem OPS, sondern allein aus der DKR 1001h, Version 2010. Dort ist bestimmt:
"Definition Maschinelle Beatmung ("künstliche Beatmung") ist ein Vorgang, bei dem Gase mittels einer mechanischen Vorrichtung
in die Lunge bewegt werden. Die Atmung wird unterstützt durch das Verstärken oder Ersetzen der eigenen Atemleistung des Patienten.
Bei der künstlichen Beatmung ist der Patient in der Regel intubiert oder tracheotomiert und wird fortlaufend beatmet. Bei
intensivmedizinisch versorgten Patienten kann eine maschinelle Beatmung auch über Maskensysteme erfolgen, wenn diese an Stelle
der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt werden. Berechnung der Dauer der Beatmung Bei einer/mehreren Beatmungsperiode(n)
während eines Krankenhausaufenthaltes ist zunächst die Gesamtbeatmungszeit gemäß obigen Regeln zu ermitteln, die Summe ist
zur nächsten ganzen Stunde aufzurunden. Beginn Die Berechnung der Dauer der Beatmung beginnt mit einem der folgenden Ereignisse:
• Maskenbeatmung Die Berechnung der Dauer der künstlichen Beatmung beginnt zu dem Zeitpunkt, an dem die maschinelle Beatmung
einsetzt. Ende Die Berechnung der Dauer der Beatmung endet mit einem der folgenden Ereignisse: • Beendigung der Beatmung nach
einer Periode der Entwöhnung • Entlassung, Tod oder Verlegung eines Patienten, der eine künstliche Beatmung erhält Die Methode
der Entwöhnung (z.B. CPAP, SIMV, PSV) von der künstlichen Beatmung wird nicht kodiert. Die Dauer der Entwöhnung wird insgesamt
(inklusive beatmungsfreier Intervalle während der jeweiligen Entwöhnung) bei der Berechnung der Beatmungsdauer eines Patienten
hinzugezählt. Es kann mehrere Versuche geben, den Patienten vom Beatmungsgerät zu entwöhnen. Das Ende der Entwöhnung kann
nur retrospektiv nach Eintreten einer stabilen respiratorischen Situation festgestellt werden. Eine stabile respiratorische
Situation liegt vor, wenn ein Patient über einen längeren Zeitraum vollständig und ohne maschinelle Unterstützung spontan
atmet. Dieser Zeitraum wird wie folgt definiert: • Für Patienten, die (inklusive Entwöhnung) bis zu 7 Tage beatmet wurden:
24 Stunden Zur Entwöhnung vom Respirator zählt auch die maschinelle Unterstützung der Atmung durch intermittierende Phasen
assistierter nichtinvasiver Beatmung bzw. Atemunterstützung wie z.B. durch Masken-CPAP/ASB oder durch Masken-CPAP jeweils
im Wechsel mit Spontanatmung ohne maschinelle Unterstützung. Im speziellen Fall einer Entwöhnung mit intermittierenden Phasen
der maschinellen Unterstützung der Atmung durch Masken-CPAP im Wechsel mit Spontanatmung ist eine Anrechnung auf die Beatmungszeit
nur möglich, wenn die Spontanatmung des Patienten insgesamt mindestens 6 Stunden pro Kalendertag durch Masken-CPAP unterstützt
wurde. Die Berechnung der Beatmungsdauer endet in diesem Fall nach der letzten Masken-CPAP-Phase an dem Kalendertag, an dem
der Patient zuletzt insgesamt mindestens 6 Stunden durch Masken-CPAP unterstützt wurde."
Nach dem Wortlaut der DKR 1001h sind Spontanatmungsstunden als Beatmungsstunden mitzuzählen, wenn der Wechsel von Beatmung
und Spontanatmung in einer Phase der "Entwöhnung" erfolgt. Hierzu hat das BSG entschieden, dass eine Entwöhnung im Sinne der DKR 1001h nur dann vorliegen soll, wenn sich der Patient zuvor an die maschinelle
Beatmung gewöhnt habe (BSG, Urteil vom 19.12.2017 - B 1 KR 18/17 R - juris Rn. 16; Urteil vom 30.07.2019 - B 1 KR 13/18 R - juris Rn. 25; Urteil vom 30.07.2019 - B 1 KR 11/19 R - juris Rn. 24). Aus Wortlaut und Regelungssystem der DKR 1001h folge, dass Zeiten beatmungsfreier Spontanatmung nur in Phasen
gezielter methodischer Entwöhnung nach Gewöhnung an maschinelle Beatmung einbeziehen seien. Denn schon begrifflich setze eine
Entwöhnung eine zuvor erfolgte Gewöhnung an die maschinelle Beatmung voraus. Die Entwöhnung könne daher nicht bereits mit
dem Beginn der maschinellen Beatmung einsetzen. Die DKR 1001h fingiere an keiner Stelle eine Gewöhnung an die maschinelle
Beatmung, also die erhebliche Einschränkung oder den Verlust der Fähigkeit, über einen längeren Zeitraum vollständig und ohne
maschinelle Unterstützung spontan atmen zu können. Vielmehr setze sie voraus, wenn sie die Zeit einer Entwöhnung in die Beatmungsstunden
einbeziehe, dass das Krankenhaus tatsächlich eine Methode der Entwöhnung anwende, weil eine Gewöhnung eingetreten sei. Nur
dann, wenn sich der Patient an die maschinelle Beatmung gewöhnt habe und dadurch seine Fähigkeit eingeschränkt sei, vollständig
und ohne maschinelle Unterstützung spontan atmen zu können, setze das Krankenhaus eine Methode der Entwöhnung ein und werde
der Patient im Sinne der DKR 1001h entwöhnt (BSG, Urteil vom 19.12.2017 - B 1 KR 18/17 R - juris Rn. 16).
Dieser Auslegung des BSG vermag der Senat nicht zu folgen, weil sie weder in dem Wortlaut der DKR 1001h noch im medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch
eine Grundlage findet. Anders als der Begriff der "Entwöhnung" taucht der Begriff der "Gewöhnung" in der DKR 1001h an keiner
Stelle auf und wird daher dort auch nicht definiert, schon gar nicht als erhebliche Einschränkung oder Verlust der Fähigkeit,
über einen längeren Zeitraum vollständig und ohne maschinelle Unterstützung spontan atmen zu können. Dagegen ist in der DKR
1001h von "Entwöhnung" mehrfach in verschieden Zusammenhängen die Rede, so von "Periode der Entwöhnung", "Methode der Entwöhnung",
"Dauer der Entwöhnung", "Ende der Entwöhnung". Diesen Bestimmungen lässt sich entnehmen, dass die Beatmung im vergütungsrechtlichen
Sinne während der Periode der Entwöhnung noch nicht beendet ist, obwohl diese Periode durch ein Nebeneinander von künstlicher
Beatmung (Atemunterstützung) und beatmungsfreien Intervallen gekennzeichnet ist. Da die Entwöhnung Beatmungsintervalle voraussetzt,
kann sie nach unterschiedlichen Methoden erfolgen. Eine (Mindest-)Dauer der Atemunterstützung ist während der Entwöhnung nur
bei einer Methode, nämlich bei der Masken-CPAP, festgesetzt. Das Ende der Entwöhnung ist mit Eintreten einer stabilen respiratorischen
Situation erreicht. Die im Normtext nicht erwähnte "Gewöhnung" liest das BSG in die DKR 1001h hinein, weil sie "begrifflich" in der "Entwöhnung" mit enthalten sei. Argumentiert wird also mit dem allgemeinen
Sprachgebrauch, dem es entspreche, dass einer Entwöhnung eine Gewöhnung vorauszugehen habe. Die so in die DKR 1001h hineingelesene
Gewöhnung definiert das BSG ersichtlich in Analogie zu Suchterkrankungen als eine über einen längeren Zeitraum erworbene Abhängigkeit, der nur mit einer
Entwöhnungsbehandlung begegnet werden kann (vgl. die Vereinbarung über die Zusammenarbeit der Krankenkassen und Rentenversicherungsträger
bei der Akutbehandlung [Entzugsbehandlung] und der medizinischen Rehabilitation [Entwöhnungsbehandlung] Abhängigkeitskranker
vom 04.05.2001). Außer Betracht bleibt dabei, dass die "Entwöhnung" von der künstlichen Beatmung ein spezifisch medizinischer
Begriff ist, dem der Sinngehalt zukommen muss, der ihm im medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch beigemessen wird.
Im medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch ist die "Entwöhnung" von der Beatmung die deutsche Übersetzung des international
etablierten Begriffs "Weaning". Dabei entspricht das englische Verb "to wean" etymologisch dem deutschen Verb "gewöhnen".
Die Bedeutung des englischen Wortes hat sich allerdings zunächst auf das Abstillen verengt, das freilich nicht allein das
Entwöhnen von der Muttermilch, sondern vor allem das Gewöhnen an feste Nahrung ist; später sind in die Bedeutung auch vergleichbare
Vorgänge einbezogen worden. Bei der künstlichen Beatmung setzt aus medizinischer Sicht weder das Weaning noch die Entwöhnung
eine vorherige Gewöhnung voraus. Weder bei kontinuierlicher noch bei intermittierender Beatmung findet pathophysiologisch
eine Gewöhnung statt. Vielmehr stellen eine akute Gasaustauschstörung und/oder Schwächung bzw. Überlastung der Atemmuskulatur
die initiale Indikation zur Beatmung dar. Die so verursachte Beeinträchtigung der Fähigkeit zu atmen führt zu einer akut einsetzenden
Abhängigkeit von der Beatmungsmaschine, die das Überleben in der respiratorischen Krise sichert. Die Dauer der Beatmung ergibt
sich durch die genannten pathophysiologischen Veränderungen, nicht aber durch eine Gewöhnung an die Beatmung (Geiseler et
al., Pneumologie 2019, 716, 717; S2k-Leitlinie "Prolongiertes Weaning", AMWF-Register Nr. 020/015, S. 11, abrufbar unter https://www.awmf.org/uploads/tx
szleitlinien/020-015l S2k Prolongiertes Weaning 2019 09 1.pdf). Weaning und Entwöhnung beschreiben den Prozess, in dem die
Intensität einer künstlichen Beatmung reduziert wird, bis der Patient respiratorisch ausreichend stabil ist, um aus eigener
Kraft ohne apparative Unterstützung spontan zu atmen können. Ebenso wie das Weaning setzt die Entwöhnung lediglich eine noch
nicht ganz überwundene Abhängigkeit von der künstlichen Beatmung voraus, nicht aber, dass diese Abhängigkeit durch eine wie
auch immer geartete Gewöhnung entstanden ist. Abhängig ist ein Patient von der Beatmung, wenn er ohne sie nicht atmen kann,
also sein Körper nicht ausreichend respiratorisch versorgt ist.
Die gegenteilige Auffassung der Sozialmedizinischen Expertengruppe des MDK in der Kodierempfehlung Nr. 584 (abrufbar unter
https://www.mdk.de/leistungserbringer /kodierempfehlungen/) überzeugt den Senat nicht. Danach soll ein Weaning (Entwöhnung)
gemäß DKR 1001 eine vorherige Gewöhnung durch eine durchgehende Beatmung für mindestens 48 Stunden voraussetzen. Diesbezüglich
beruft sich die Beklagte auf eine Stelle in einem medizinischen Lehrbuch, an der es heißt: "Eine spezielle Entwöhnung ist
zumeist nur nach einer Langzeitbeatmung ()48 h) erforderlich. Hingegen kann nach einer Kurzzeitbeatmung die maschinelle Beatmung
zumeist mit Wiedereinsetzen einer ausreichenden Spontanatmung einfach beendet und der Patient extubiert werden." (Larsen/Ziegenfuß/Mathes,
Beatmung. Indikationen - Techniken - Krankheitsbilder, 6. Aufl., S. 400). Diese Stelle darf indessen - wie der gerichtliche
Sachverständige Prof. Dr. med. habil. C ... in seinem Gutachten dargelegt hat - nicht überbewertet werden. Dieses Zitat besagt
weder, dass Weaning bzw. Entwöhnung eine vorherige Gewöhnung an die künstliche Beatmung voraussetzt, noch dass zwingend eine
Langzeitbeatmung von mehr als 48 Stunden vorausgehen muss. Vielmehr genügt eine wie auch immer entstandene, mithin auch eine
akut einsetzende Abhängigkeit von künstlicher Beatmung.
Aus dem Regelungssystem der DKR 1001h folgt nichts anderes. Das BSG hat sich zwar auf dieses in seinem Urteil vom 19.12.2017 (B 1 KR 18/17 R - juris Rn. 16) berufen, aus ihm aber keine Argumente entwickelt. In systematischer Hinsicht spricht für die Auslegung des
BSG nicht die in der DKR 1001h unter "Berechnung und Dauer der Beatmung" getroffene Regelung, wonach eine maschinelle Beatmung,
die zur Durchführung einer Operation oder während einer Operation begonnen wird, länger als 24 Stunden dauern muss, um zur
Gesamtbeatmungszeit gezählt werden zu können. Aus dieser Regelung lässt sich nicht ableiten, dass einer Entwöhnung mindestens
eine 24-stündige Beatmung vorangegangen sein muss. Vielmehr grenzt diese Regelung lediglich ab, wann eine Beatmung als integraler
Bestandteil eines chirurgischen Eingriffs zu sehen ist (bei einer Beatmungsdauer von weniger als 24 Stunden) und wann die
Beatmung trotz Zusammenhang mit einer Operation zur Gesamtbeatmungszeit zählt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.11.2016
- L 11 KR 4054/15 - juris Rn. 36). Eine ausdehnende Auslegung dieser Regelung käme einer Analogie gleich, die bei Vergütungsbestimmungen indessen
unzulässig ist (vgl. BSG, Beschluss vom 09.12.2015 - B 6 KA 23/15 B - juris Rn. 8 m.w.N.).
Nach einer eng am Wortlaut orientierten und den medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch berücksichtigenden Auslegung
setzt die Entwöhnung im Sinne der DKR 1001h keine vorherige Gewöhnung an die künstliche Beatmung voraus (ebenso Bayerisches
LSG, Urteil vom 26.05.2020 - L 5 KR 273/17 - juris Rn. 33 f.; ähnlich LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.11.2016 - L 11 KR 4054/15 - juris Rn. 37; Hessisches LSG, Urteil vom 05.12.2013 - L 1 KR 300/11 - juris Rn. 34).
Unter Beachtung dieser Grundsätze, der streng dem Wortlaut folgenden Auslegung der DKR 1001h und des Ergebnisses der Beweisaufnahme
steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Versicherte während des hier streitigen Aufenthaltes im Krankenhaus der Klägerin
mehr als 24 Stunden beatmet wurde. Die Klägerin hat die Behandlung der Versicherten zutreffend nach der DRG F43C abgerechnet.
Am 15.01.2010 erfolgte eine nichtinvasive Beatmung mittels Masken-CPAP/ASB von 07:30 Uhr bis 12:30 Uhr. Dem schlossen sich
von 14:30 Uhr bis 24:00 Uhr intermittierende Behandlungsintervalle von zwei Stunden bis maximal 6,5 Stunden an. Am 16.01.2010
erfolgte die nichtinvasive Behandlung von 03:00 Uhr bis 05:00 Uhr und von 08:00 Uhr bis 10:00 Uhr. Da bei der Versicherten
eine Entwöhnung im Sinne der DKR 1001h vorlag, sind auch die Spontanatmungsstunden in dem Zeitraum vom 15.01.2010 um 07:30
Uhr bis 16.01.2010 um 10:00 Uhr in die auf volle Stunden aufzurundende Beatmungsdauer einzubeziehen.
Die Beklagte verkennt, dass auch bei Patienten, wie der Versicherten, bei denen schwere pulmonale Versagenszustände vorliegen,
eine Beatmungstherapie im Sinne einer Stabilisierung der gestörten Vitalfunktion Atmung durchgeführt werden muss. Die Versicherte
wurde am 15.01.2020 aufgrund einer lebensbedrohlichen Störung der Atmung auf die Intensivstation verlegt. Sie war dort von
Beginn an auf eine Beatmung angewiesen, bevor sich ihre respiratorische Situation soweit stabilisierte, dass die Beatmung
ohne Gefahr für ihr Leben beendet werden konnte. Die Notwendigkeit einer Beatmungsentwöhnung ist nicht abhängig von der gewählten
Beatmungsform, sondern von dem Patientenbefund, der Befundentwicklung und dem zugrunde liegendem Krankheitsbild. Sobald die
Situation es gestattete, wurde der Beatmungsaufwand durch die Ärzte der Klägerin unter strenger Überwachung schrittweise durch
die Senkung der inspiratorischen O2-Konzentration, Verringerung der Beatmungsdrücke, Etablierung erster respiratorfreier Intervalle
und ggf. deren zeitliche Ausdehnung reduziert. Diese waren typische Schritte einer Beatmungsentwöhnung, die dem Zweck diente,
bei der Versicherten so schnell wie möglich die maschinelle Unterstützung der Atmung beenden zu können - auch und gerade unter
Beachtung ihrer Vorerkrankungen. Die Klägerin versuchte, die Versicherte durch die nachgewiesene Verkürzung der Beatmungsintervalle
von der Beatmung zu entwöhnen, wobei es für die Kodierfähigkeit der Beatmungsstunden rechtlich unerheblich ist, ob eine vollständige
Entwöhnung erreicht wird (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2019 - B 1 KR 19/19 R - juris Rn. 20).
Das Ende der Beatmungspflichtigkeit fällt vorliegend mit dem tatsächlichen Beatmungsende am 16.01.2010 um 10:00 Uhr zusammen.
Selbst unter Beachtung der eingeschränkten Atemfunktion aufgrund der Ausgangserkrankung COPD (chronic obstructive pulmonary
disease - chronisch-obstruktive Lungenerkrankung) bestand entgegen der Auffassung des MDK und der Beklagten bei der Versicherten
nicht bereits ab dem 15.01.2010, 24:00 Uhr, eine stabile respiratorische Situation. Welche genauen und nachgewiesenen Ausgangs-
und Endparameter diese Einschätzung des MDK begründen sollen, gab Dr. W ... nicht an. Zwar sind bei Patienten mit fortgeschrittenem
COPD häufig die "Normalwerte" einer Blutgasanalyse nicht erreichbar, diese Patienten weisen aber regelmäßig einen erhöhten
Kohlendioxidpartialdruck auf. Durch die Reaktion von Kohlendioxid mit Wassermolekülen besteht eine sog. respiratorische Azidose,
eine durch die Atmung verursachte Übersäuerung des Blutes. Der pH-Wert des Blutes fällt unter 7,35. In der aktuell gültigen
S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD) vom
01.01.2018 (AMWF-Register Nr. 020/006, abrufbar unter https://www.awmf.org/uploads/tx szleitlinien/020-006l S2k COPD chronisch
-obstruktive-Lungenerkrankung 2018-01.pdf) wird im Kapitel 7.0 die Empfehlung Nr. E32 gegeben: "Bei akuter hyperkapnischer
respiratorischer Insuffizienz mit respiratorischer Azidose (pH ( 7,35) soll mittels NIV zusätzlich zur Standardtherapie behandelt
werden."; dabei ist unter NIV eine nichtinvasive Beatmung (von noninvasive ventilation) zu verstehen. Und im Kapitel 7.1.
wird die Indikation "zu einer intensivierten Behandlung bei einer progredienten Hyperkapnie mit respiratorischer Azidose (pH
( 35)" ausgesprochen. Bei der Versicherten lag während der gesamten Beatmung einschließlich der Phasen der Entwöhnung eine
respiratorische Azidose vor. Der pH-Wert betrug bei der Übernahme der Versicherten auf der Intensivstation 7,18 und zuletzt
vor der Verlegung von der Intensivstation 7,30. Danach lag selbst zum Zeitpunkt der Verlegung der Versicherten von der Intensivstation
aus medizinischer Sicht noch keine stabile respiratorische Situation vor, die Beatmung wurde nur auf Wunsch der Versicherten
beendet. Der von der Beklagten gezogene Rückschluss von der fehlenden Tolerierung der Beatmung durch die Versicherte auf eine
stabile respiratorische Situation lässt sich unter Beachtung des zu geringen pH-Werts nicht medizinisch halten.
Soweit der MDK und die Beklagte weiter meinen, dass bei Annahme eines Weanings die Entwöhnung von der Beatmung am 15.01.2010
um 24:00 Uhr beendet war, weil die nichtinvasiven Beatmungsphasen am 16.10.2010 weniger als sechs Stunden betrugen, lässt
sich diese Auslegung nicht mit dem Wortlaut der DKR 1001h begründen (offen gelassen BSG, Urteil vom 17.12.2019 - B 1 KR 19/19 R - juris Rn. 20). Der Senat hat bereits am 26.02.2019 darauf hingewiesen, dass die DKR 1001h nach ihrem eindeutigen Wortlaut
eine Mindestdauer der Atemunterstützung von sechs Stunden nur im speziellen Fall einer Entwöhnung mit intermittierenden Phasen
der maschinellen Unterstützung der Atmung durch Masken-CPAP im Wechsel mit Spontanatmung verlangt, nicht aber für die maschinelle
nichtinvasive Beatmung durch Masken-CPAP/ASB. Vorliegend erfolgte bei der Versicherten zu keinem Zeitpunkt eine maschinelle
Unterstützung der Atmung allein durch CPAP, sondern bis zuletzt eine maschinelle nichtinvasive Beatmung durch Masken-CPAP/ASB.
Die DKR 1001h unterscheidet aber zwischen "assistierter nichtinvasiver Beatmung" (CPAP/ASB) und "Atemunterstützung" (CPAP).
Nur wenn die Entwöhnung mit Unterstützung durch Masken-CPAP erfolgt, gilt die Einschränkung, dass die Spontanatmung zuletzt
mindestens sechs Stunden durch Masken-CPAP unterstützt (und nicht assistiert nichtinvasiv beatmet) wurde. Dies war vorliegend
nicht der Fall.
Dies ergibt sich für den Senat aufgrund sämtlicher vorliegender medizinischer Unterlagen, der Patientenakte sowie unter Berücksichtigung
des im Berufungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. habil. C ... Das Gutachten vom 30.03.2020 ist
hinreichend wissenschaftlich begründet. Die Beweisfragen des Gerichts wurden vollständig und inhaltlich überzeugend beantwortet.
Die gutachterlichen Stellungnahmen des MDK waren nicht geeignet, das vom Senat eingeholte Gutachten zu erschüttern. Sie gehen
vielmehr von einem unzutreffenden, vom Wortlaut der DKR 1001h nicht gestützten Verständnis des Begriffs der Entwöhnung, von
der in der DKR 1001h nicht genannten und medizinisch-wissenschaftlich nicht haltbaren Voraussetzung einer "Gewöhnung" und
von einer unzutreffenden fehlenden Differenzierung zwischen der Entwöhnung mittels Masken-CPAP/ASB und derjenigen mittels
Masken-CPAP aus.
Der Klägerin steht auch der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz zu. Dieser ergibt sich aus §
69 Abs.
1 Satz 3
SGB V i.V.m. §
291,
288 Abs.
1 Satz 2
Bürgerliches Gesetzbuch und §
13 des Landesvertrages gemäß §
112 SGB V vom 01.01.2006.
Der Senat hat die Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
2 SGG wegen Abweichung von der Entscheidung des BSG vom 19.12.2017 - B 1 KR 18/17 R - zugelassen.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
63 Abs.
2 Satz 1, § 52 Abs. 1, 3 Satz 1 und § 47 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz.