Sozialversicherungspflicht der Tätigkeiten von Honorarpflegefachkräften in stationären Pflegeeinrichtungen
Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung
Eingliederung in die Organisations- und Weisungsstruktur der stationären Pflegeeinrichtung im Regelfall
Gründe:
I
Streitig ist die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. in allen Zweigen der Sozialversicherung aufgrund jeweils mehrtägiger
Einsätze bei der Klägerin im Juni und Juli 2013.
Die klagende GmbH betreibt eine zur Versorgung Pflegebedürftiger zugelassene Pflegeeinrichtung mit ganzjährig insgesamt 125
Plätzen für eine vollstationäre Pflege in zwei Wohnbereichen. Da in den streitigen Zeiträumen keine (weiteren) Fachkräfte
zur Festanstellung zu finden waren, bediente sie sich in erheblichem Umfang Leiharbeitnehmern und Honorarkräften (bis zu 85
%). Die Beigeladene zu 1. ist staatlich anerkannte Altenpflegerin und bildete sich zur Beatmungsfachkraft sowie zur inner-
und außerklinischen Fachkraft für Beatmung und Intensivpflege fort. Sie war zunächst als fest angestellte Pflegekraft in verschiedenen
Pflegeeinrichtungen tätig, entschloss sich aber dann, ab 2013 freiberuflich zu arbeiten. Vom 15. bis zum 17.6.2013 war die
beigeladene Fachpflegerin in beiden Wohnbereichen der Pflegeeinrichtung tätig. Der insoweit schriftlich durch Vermittlung
einer Agentur zustande gekommene "Dienstleistungsvertrag" sieht für Tagdienst ein Honorar von 29 Euro/Stunde von Montag bis
Freitag und von 32,20 Euro/Stunde am Wochenende vor. Aufgrund einer mündlichen Vereinbarung war die Beigeladene zu 1. auch
vom 3. bis zum 6.7.2013 für die Klägerin tätig.
Im August 2013 beantragte die Beigeladene zu 1. die Klärung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status. Die Beklagte stellte
nach Anhörung ihr und der Klägerin gegenüber fest, dass während der streitbefangenen Einsatzzeiträume die Tätigkeit als Altenpflegerin
im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei und in allen Zweigen der Sozialversicherung Versicherungspflicht
bestanden habe (Bescheide vom 19.12.2013, Widerspruchsbescheide vom 19.8.2014).
Das SG Konstanz hat die an die Klägerin gerichteten Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass aufgrund der Tätigkeit der
Beigeladenen zu 1. keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- (GRV), Kranken- (GKV) und sozialen Pflegeversicherung
(sPV) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe (Gerichtsbescheid vom 22.11.2016). Das LSG Baden-Württemberg
hat die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. Unter Abwägung aller rechtlichen und tatsächlichen
Umstände sei die beigeladene Fachpflegerin abhängig beschäftigt gewesen. Sie habe kein Unternehmerrisiko getragen. Die Höhe
des Honorars relativiere sich angesichts des Personalnotstands. Das fachliche Weisungsrecht der Klägerin ergebe sich aus den
Vorgaben des
SGB XI und sei auch durch die Organisation der Pflegeeinrichtung umgesetzt worden. Der gesamte Pflegeprozess müsse fachlich überwacht,
bei Defiziten müsse durch Weisungen eingeschritten werden. Die Einrichtung sei unter Beachtung dieser Vorgaben geführt worden.
Ob zur Erteilung von Weisungen im Einzelfall Anlass bestanden habe, sei unerheblich. Die beigeladene Fachpflegerin sei an
die Pflegeplanung der Klägerin gebunden gewesen. Dass sie nicht an Dienstbesprechungen, Fortbildungen und sonstigen Veranstaltungen
habe teilnehmen müssen, sei schon durch den zeitlich begrenzten Einsatz bedingt. Eine gewisse Eingliederung folge aus den
täglichen Arbeitszeiten, die zwar nicht den geltenden Schichtzeiten, aber der betrieblichen Organisation folgten. Auch habe
die Beigeladene zu 1. auf die personellen Betriebsmittel der Klägerin zurückgreifen können. Ihre und die Tätigkeit der anderen
Mitarbeiter seien verwoben gewesen. Eine Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der zu versorgenden Bewohner komme schon angesichts
des Anteils der Honorarkräfte von 55 % nicht wesentlich zum Tragen (Urteil vom 27.9.2017).
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des §
7 Abs
1 S 1
SGB IV. Das LSG habe die maßgeblichen Umstände nicht zutreffend ermittelt und gewürdigt. Der im Dienstleistungsvertrag zum Ausdruck
kommende Willen der Vertragsparteien, eine selbstständige Tätigkeit zu vereinbaren, sei auch tatsächlich gelebt worden. Sie
sei nicht an Weisungen hinsichtlich Art und Zeit der Tätigkeit gebunden gewesen. Ihre Einsatzzeiten, den Wohnbereich und die
zu pflegenden Personen habe sie selbst bestimmen können. Eine Pflicht, über die unmittelbaren Pflegeleistungen hinausgehende
Begleittätigkeiten zu verrichten, habe ebenso wenig bestanden, wie zur Teilnahme an Dienstbesprechungen und betrieblichen
Veranstaltungen. Sie sei auch nicht zur persönlichen Auftragserfüllung verpflichtet gewesen, sondern habe eine gleich qualifizierte
Ersatzkraft stellen können. Anspruch auf Krankenbezüge, Erholungsurlaub oder sonstige bezahlte Freistellung habe nicht bestanden.
Ein fachliches Weisungsrecht ergebe sich nicht aus dem Leistungserbringerrecht des
SGB XI. Vielmehr mache die Regelung des §
2 S 1 Nr 2
SGB VI deutlich, dass die Tätigkeit als Altenpfleger sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses
ausgeübt werden könne. Auch eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin liege nicht vor. Honorarpflegekräfte seien in einem
gewissen Ausmaß notwendigerweise in den Arbeitsprozess und Dienstzeitplan der Pflegeeinrichtung eingebunden. Ihre Tätigkeiten
seien nicht identisch mit denjenigen fest angestellter Pflegekräfte gewesen. Zudem habe sie ein Unternehmerrisiko getragen.
Sie habe ihre Arbeitskraft mit einem Verlustrisiko eingesetzt, Zeit für Auftragsakquise sowie Rechnungslegung aufwenden müssen
und durch die Gestaltung ihrer Einsätze die Verdienstchancen erhöhen können. Ferner seien ihr Kosten für Aus- und Fortbildung,
die Anschaffung von Arbeitskleidung und Materialien sowie die Anstellung eines Kindermädchens entstanden. Sie habe eigene
Betriebsmittel verwendet und nicht von einer Haftungsbeschränkung wie bei Arbeitnehmern profitiert. Auch sei sie für andere
Auftraggeber tätig gewesen. Schließlich habe die mehr als doppelt so hohe Vergütung gegenüber fest angestellten Pflegefachkräften
eine Eigenvorsorge ermöglicht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. September 2017 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 22. November 2016 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet (§
170 Abs
1 S 1
SGG). Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten zu Recht den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 19.12.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 19.8.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die beigeladene Pflegefachkraft war in ihrer
Tätigkeit für die Klägerin vom 15. bis zum 17.6.2013 und vom 3. bis zum 6.7.2013 gegen Arbeitsentgelt abhängig beschäftigt
und deshalb in der GRV, GKV und sPV sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig.
Ein Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. ist nicht schon deshalb anzunehmen, weil es
sich bei der Vermittlung der Beigeladenen zu 1. um unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung handeln würde (hierzu I.). Das LSG ist
mit §
7 Abs
1 SGB IV und den durch die Rechtsprechung des BSG hierzu aufgestellten Grundsätzen vom richtigen Maßstab zur Beurteilung des Vorliegens von Beschäftigung ausgegangen (hierzu
II.). Für die Beurteilung einer Tätigkeit als Pflegefachkraft gelten keine abweichenden Maßstäbe (hierzu III.). Aufgrund seiner
nicht mit Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen ist das LSG zu Recht zu dem Schluss gelangt, dass die Beigeladene zu
1. bei der Klägerin in den streitigen Zeiträumen versicherungspflichtig beschäftigt war (hierzu IV.). Ein etwaiger Fachkräftemangel
im Gesundheitswesen ändert nichts an dem gefundenen Ergebnis (hierzu V.). Die maßgeblichen Vorschriften des Versicherungs-
und Beitragsrechts verletzen auch keine Grundrechte der Beteiligten (hierzu VI.).
I. Ein Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. wird nicht schon aufgrund § 10 Abs 1 S 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) fingiert. Danach gilt bei unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer
zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen.
Wären die Voraussetzungen der gesetzlichen Fiktion erfüllt, würde die Klägerin als Arbeitgeber gelten, der nach §
28e Abs
1 S 1
SGB IV (in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710) zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags verpflichtet
gewesen wäre. Vorliegend sind die Voraussetzungen einer Überlassung zur Arbeitsleistung iS von § 1 Abs 1 S 1 AÜG (in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Änderung des AÜG - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung vom 28.4.2011, BGBl I 642) nicht gegeben. Nach dem vom LSG in Bezug
genommenen "Vermittlungsvertrag" schuldete die Vermittlungsagentur der klagenden Pflegeeinrichtung nicht die Zurverfügungstellung
eines eigenen Arbeitnehmers. Sie war lediglich beauftragt, "passende Auftragnehmer" vorzuschlagen, um die Klägerin in die
Lage zu versetzen, "konkrete Vertragsverhandlungen mit den genannten Auftragnehmern zu führen". Auch bestehen keine Anhaltspunkte
für ein zwischen der Vermittlungsagentur und der Beigeladenen zu 1. zustande gekommenes Arbeitsverhältnis, aufgrund dessen
diese der Klägerin zur Arbeitsleistung nach deren Weisungen überlassen wurde. Vielmehr hatten die Klägerin und die Beigeladene
zu 1. ihre gegenseitigen Hauptleistungspflichten direkt vereinbart, ohne dass insoweit die Vermittlungsagentur eingebunden
war.
II. In den streitigen Zeiträumen unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht
in der GRV, GKV und sPV sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§
1 S 1 Nr
1 SGB VI und §
20 Abs
1 S 2 Nr
1 SGB XI, jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24.4.2006, BGBl I 926; §
5 Abs
1 Nr
1 SGB V; §
25 Abs
1 S 1
SGB III). Beschäftigung ist gemäß §
7 Abs
1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (S 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind
eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (S 2). Nach der ständigen
Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich
bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild
der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31, RdNr 17 [Kreishandwerksmeister]; BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - BSGE 123, 50 = SozR 4-2400 § 7 Nr 30, RdNr 21 [Erziehungsbeistand]; BSG Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit
vgl BVerfG [Kammer] Beschluss vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder
selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt,
in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar,
dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG Urteil vom 23.5.2017 - B 12 KR 9/16 R - BSGE 123, 180 = SozR 4-2400 § 26 Nr 4, RdNr 24 [Taxifahrer]).
Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den
die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit
mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit
der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt
der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit
vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung
notwendig machen (BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 17 mwN).
III. Für die Statuszuordnung einer - hier ausschließlich zu beurteilenden - Tätigkeit als sogenannte Honorarpflegefachkraft
in einer stationären Pflegeeinrichtung gelten keine abweichenden Maßstäbe. Derzeit nicht vom Senat zu entscheiden sind andere
Ausprägungen der Tätigkeit als Honorarpflegefachkraft, etwa im Rahmen stationärer Krankenhausbehandlung als Intensiv- oder
Anästhesiepfleger oder im Rahmen ambulanter Pflege.
1. Es spielt keine Rolle, ob nach der Verkehrsanschauung anerkannt ist, dass Honorarkräfte im Gesundheitswesen selbstständig
tätig sind oder sein können. Die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit erfolgt nicht abstrakt für bestimmte
Berufs- und Tätigkeitsbilder. Es ist daher möglich, dass ein und derselbe Beruf - je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen
Grundlagen in ihrer gelebten Praxis - entweder in Form der Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird.
Maßgebend sind stets die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts (vgl dazu BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 32 mwN [Rackjobbing II]; ferner bereits zB BSG Urteil vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 14 RdNr 11 mwN [Tagesmutter]; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 30 [Hauswirtschaftliche Pflegerin]; BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 10-13 [Arzt als pharmazeutisch-wissenschaftlicher Fachreferent]; BSG Urteil vom 24.3.2016 - B 12 KR 20/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 29 RdNr 25 [Physiotherapeutin]).
2. §
2 S 1 Nr 2
SGB VI lässt sich keine prinzipielle "Anerkennung" selbstständiger Pflegekräfte durch den Gesetzgeber in dem Sinne entnehmen, dass
diese Berufsgruppe generell selbstständig tätig wäre. Diese Vorschrift begründet über die Beschäftigtenpflichtversicherung
nach §
1 S 1 Nr 1
SGB VI hinaus eine Versicherungspflicht (auch) für selbstständig tätige Pflegepersonen in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- und
Kinderpflege, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen.
Altenpfleger wie die Beigeladene zu 1. sind bereits vom Wortlaut der Vorschrift nicht umfasst. Die Auswahl der rentenversicherungspflichtigen
Personen in §
2 S 1 Nr 1 bis 8
SGB VI beruht auf einer typisierenden Betrachtungsweise ihrer sozialen Schutzbedürftigkeit, da die bezeichneten Berufsgruppen weitgehend
ohne wirtschaftlich bedeutendes eigenes Betriebsvermögen arbeiten und überwiegend auf den Einsatz der eigenen Arbeitskraft
angewiesen sind (Fichte in Hauck/Noftz,
SGB VI, Stand Mai 2019, §
2 RdNr 5). Der Begriff der Pflegepersonen in Nr 2 geht davon aus, dass es sich grundsätzlich um weisungsabhängige (und insoweit
arbeitnehmerähnliche) Tätigkeiten handelt, da sie aufgrund ärztlicher Verordnung verrichtet werden (vgl BT-Drucks 11/4124
S 149; BSG Urteil vom 30.1.1997 - 12 RK 31/96 - SozR 3-2600 § 2 Nr 2). Die Vorschrift setzt es als möglich voraus, dass die erfassten Pflegepersonen selbstständig tätig sein können, fingiert
oder vermutet dies aber nicht allein aufgrund der ausgeführten Tätigkeiten.
IV. Das LSG hat ausgehend von den Maßstäben zur Beurteilung des Vorliegens von Beschäftigung eine zutreffende Gesamtwürdigung
vorgenommen. Dabei ist für die Beurteilung auf die jeweiligen Einzeleinsätze abzustellen, die nach den bindenden Feststellungen
des LSG (§
163 SGG) separat vertraglich vereinbart wurden. Eine Rahmenvereinbarung, unter Umständen mit einer verpflichtenden Abrufmöglichkeit
und -bereitschaft, bestand nicht.
1. Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung ist der im Vertrag zum Ausdruck kommende Wille der Parteien.
Vertraglich haben die klagende Pflegeeinrichtung als "Auftraggeber" und die beigeladene Pflegefachkraft als "Auftragnehmer"
zwar einen "Dienstleistungsvertrag" vereinbart. Wenn aber wie vorliegend Divergenzen zwischen der Vertragsdurchführung und
der Vereinbarung bestehen, geht die gelebte Praxis der formellen Vereinbarung grundsätzlich vor (vgl BSG Urteil vom 29.1.1981 - 12 RK 63/79 - BSGE 51, 164, 168 = SozR 2400 § 2 Nr 16 S 20; BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 28 [telefonische Gesprächspartnerin]).
2. Bei der Gewichtung der Indizien ist zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit von Pflegefachkräften in stationären Pflegeeinrichtungen
Besonderheiten aufweist. Deshalb können einzelne Gesichtspunkte, die sonst eine Tätigkeit als abhängig oder selbstständig
kennzeichnen, von vornherein nicht als ausschlaggebende Abgrenzungsmerkmale herangezogen werden. Pflegefachkräfte, die eine
staatlich anerkannte Abschlussprüfung an einer Pflegefachschule absolviert haben, arbeiten weitgehend eigenverantwortlich.
Sie haben auch die Möglichkeit, in gewissem Umfang flexibel auf Wünsche und Bedürfnisse der zu pflegenden Personen zu reagieren.
Daraus kann aber nicht ohne Weiteres auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden. Die Berufsausbildung zum Altenpfleger
befähigt zur selbstständigen und eigenverantwortlichen Pflege alter Menschen (vgl §3 Abs 1 Altenpflegegesetz in der Fassung des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes vom 28.5.2008 - BGBl I 874). Dieses Merkmal kennzeichnet Fachkräfte
gegenüber Pflegehilfskräften (Dickmann, Heimrecht, 11. Aufl 2014, Abschn G RdNr 15) und prägt das Berufsbild unabhängig von
ihrem sozialversicherungsrechtlichen Status. Umgekehrt kann nicht allein wegen der Benutzung von Einrichtungen und Betriebsmitteln
des Pflegeheimes eine abhängige Beschäftigung angenommen werden.
Der Versorgungsauftrag einer stationären Pflegeeinrichtung sowie die Regelungen über die Erbringung stationärer Pflegeleistungen
nach dem
SGB XI und dem Heimrecht des jeweiligen Landes haben zwar keine zwingende, übergeordnete und determinierende Wirkung hinsichtlich
des sozialversicherungsrechtlichen Status von in stationären Einrichtungen tätigen Pflegefachkräften. Entsprechendes hat der
Senat für ein Zulassungserfordernis in der ambulanten Versorgung und für die entsprechenden Vorgaben für Leistungserbringung
und -abrechnung im Krankenhaus bereits entschieden. Regulatorische Vorgaben sind jedoch bei der Gewichtung der Indizien zur
Statusbeurteilung zu berücksichtigen (BSG Urteil vom 24.3.2016 - B 12 KR 20/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 29 [Physiotherapeutin]; BSG Urteil vom 4.9.2018 - B 12 KR 11/17 R - SozR 4-2400 § 7a Nr 10, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - [Honorarärzte], zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
Die Zulassung einer stationären Pflegeeinrichtung erfolgt durch Abschluss eines Versorgungsvertrages, der den Versorgungsauftrag
konkret bestimmt (§
72 SGB XI in der Fassung des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes vom 23.10.2012, BGBl I 2246; §
73 SGB XI in der Fassung des Ersten
SGB XI-Änderungsgesetzes vom 14.6.1996, BGBl I 830). Nach §
71 Abs
2 Nr
1 SGB XI muss bei stationären Pflegeheimen - wie nach §
71 Abs
1 SGB XI bei ambulanten Pflegediensten - die Pflege unter ständiger Verantwortung einer Pflegefachkraft stehen. Dies bedeutet, dass
eine entsprechend qualifizierte Pflegefachkraft die Gesamtverantwortung für die pflegerische Versorgung tragen und auch wirksam
wahrnehmen können muss. Das ist der Fall, wenn die verantwortliche Pflegefachkraft die Pflegeleistungen für jeden betreuten
Pflegebedürftigen zumindest in den Grundzügen selbst festlegt, ihre Durchführung organisiert und ihre Umsetzung angemessen
kontrolliert. Notwendig ist eine Steuerung, Anleitung, Koordination und Kontrolle der Pflegeleistungen auf der Grundlage eines
in jedem Einzelfall gesondert zu erhebenden Bedarfs. Diese pflegerische Gesamtverantwortung muss von der Pflegefachkraft ständig
wahrgenommen werden (BSG Urteil vom 22.4.2009 - B 3 P 14/07 R - BSGE 103, 78 = SozR 4-3300 § 71 Nr 1, RdNr 14, 19). Der Senat muss nicht entscheiden, ob eine verantwortliche Pflegefachkraft ihre pflegerische
Gesamtverantwortung nur dann effektiv wahrnehmen kann, wenn ihr eine Weisungsbefugnis gegenüber den einzelnen Pflegekräften
bei der Ausübung von deren Pflegetätigkeiten zusteht und ob dies stets ein Beschäftigungsverhältnis zwischen Pflegekräften
und Pflegedienst voraussetzt (so für einen ambulanten Pflegedienst BSG Beschluss vom 17.3.2015 - B 3 P 1/15 S ua - Juris RdNr 11; Wahl in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB XI, 2. Aufl 2017, §
71 RdNr 25 und 16; Schmidt in Kasseler Komm,
SGB XI, Stand Dezember 2016, §
71 RdNr 15; Dickmann, Heimrecht, 11. Aufl 2014, Abschn H
SGB XI, §
71 RdNr 5; kritisch Weber/Philipp, NZS 2016, 931 ff). Jedenfalls setzt das
SGB XI einen hohen Organisationsgrad zur Qualitätssicherung voraus. Auch das Heimrecht sieht in § 6 des während der streitigen Zeiträume noch anwendbaren
Heimgesetzes für Baden-Württemberg (vom 10.6.2008 - GBl 169; seit 31.5.2014 vgl § 10 des Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetzes Baden-Württemberg
vom 20.5.2014 - GBl 241) für den Betrieb einer stationären Einrichtung strenge Vorgaben hinsichtlich der Kontrolle und Verantwortlichkeit
des Betreibers für Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität vor, die durch die Heimaufsicht kontrolliert werden. Diese regulatorischen
Rahmenbedingungen haben im Regelfall die Eingliederung von Pflegefachkräften in die Organisations- und Weisungsstruktur der
stationären Pflegeeinrichtung zur Folge. Für eine nur ausnahmsweise in Betracht kommende selbstständige Tätigkeit im sozialversicherungsrechtlichen
Sinne müssen daher gewichtige Indizien bestehen.
3. Die beigeladene Pflegefachkraft unterlag einem Weisungsrecht der klagenden Pflegeeinrichtung und war darüber hinaus in
einer ihre Tätigkeit prägenden Weise in deren Betriebsablauf eingegliedert.
Eine Eingliederung geht nicht zwingend mit einem umfassenden Weisungsrecht einher. Die in §
7 Abs
1 S 2
SGB IV genannten Merkmale der Weisungsgebundenheit und Eingliederung stehen nicht in einem Rangverhältnis zueinander und müssen
nicht kumulativ vorliegen. Sie sind schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur "Anhaltspunkte" für eine persönliche Abhängigkeit,
also im Regelfall typische Merkmale einer Beschäftigung und keine abschließenden Bewertungskriterien (vgl auch BT-Drucks 14/1855
S 6). So hat der Senat bereits 1962 im Anschluss an die Rechtsprechung des BAG zu Chefärzten (Urteil vom 27.7.1961 - 2 AZR 255/60 - BAGE 11, 225) ausgeführt, dass das Weisungsrecht insbesondere bei sog Diensten höherer Art - heute würde man von Hochqualifizierten oder
Spezialisten sprechen - aufs Stärkste eingeschränkt sein kann. Dennoch kann die Dienstleistung in solchen Fällen fremdbestimmt
sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wird. Die Weisungsgebundenheit
des Arbeitnehmers verfeinert sich in solchen Fällen "zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" (BSG Urteil vom 29.3.1962 - 3 RK 74/57 - BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165
RVO [Prediger]). Diese Grundsätze können auch auf ausgebildete Fachkräfte in verantwortungsvollen und von Eigenverantwortlichkeit
geprägten Tätigkeiten wie der Pflege zur Anwendung kommen. Der Gesetzgeber hat das vom Senat entwickelte Kriterium der Weisungsgebundenheit
wie das der Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers in §
7 Abs
1 S 2
SGB IV ausdrücklich aufgegriffen.
Die Weisungsgebundenheit der Beigeladenen zu 1. während der übernommenen Dienstzeiten war nach den nicht angegriffenen und
damit den Senat bindenden Feststellungen (§
163 SGG) des LSG möglicherweise eingeschränkt, aber nicht entfallen. Ergeben sich etwa Arbeitsort und/oder Arbeitszeit bereits aus
vertraglichen Vereinbarungen oder mit einer Tätigkeit verbundenen Notwendigkeiten, kommt es darauf an, ob nach den konkreten
Vereinbarungen ein Weisungsrecht hinsichtlich aller Modalitäten der zu erbringenden Tätigkeit besteht oder aber ausgeschlossen
ist, und sich - anders als hier - die Fremdbestimmtheit der Arbeit auch nicht über eine funktionsgerecht dienende Teilhabe
am Arbeitsprozess innerhalb einer fremden Arbeitsorganisation vermittelt (BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 30 [Rackjobbing II]). Der konkrete Inhalt der von der Beigeladenen zu 1. geschuldeten fachgerechten
Pflege bedurfte der näheren Konkretisierung zumindest insoweit, als sie ihre Arbeitsleistung im Wesentlichen nach Maßgabe
der Pflegeplanung und im arbeitsteiligen Zusammenwirken mit anderen Mitarbeitern erbringen musste.
Ihre Pflegeleistungen hat die Beigeladene zu 1. nicht frei verrichten können. Zu einer Delegation der geschuldeten Pflegemaßnahmen
ist es nicht gekommen. Ihre Tätigkeit unterschied sich nicht wesentlich von derjenigen angestellter Pflegefachkräfte. Abweichungen
gegenüber angestellten Mitarbeitern beruhten nicht auf individuellen Gestaltungsfreiheiten der beigeladenen Pflegefachkraft,
sondern auf der von der klagenden Pflegeeinrichtung vorgegebenen arbeitsteiligen Aufgabenverteilung. Die Beigeladene zu 1.
übernahm die von der Klägerin zu erbringenden und in einem von fest angestellten Pflegefachkräften für jeden einzelnen Heimbewohner
individuell erstellten Plan vorgesehenen Pflege- und Behandlungsleistungen. Lediglich komplizierte Maßnahmen der Behandlungspflege
und das Vorbereiten der Medikamente oblag fest angestellten Pflegefachkräften. Zudem war zur Überwachung einer ordnungsgemäßen
Pflege und Behandlung eine Pflegefachkraft eingesetzt, die durch Visiten, Qualitätschecks, Rundgänge und Einblick in die jeweilige
Pflegedokumentation zur Sicherstellung der notwendigen Pflegequalität verpflichtet war. Schließlich waren die Schichtzeiten
der Beigeladenen zu 1. durch nach Einteilung der fest angestellten Pflegefachkräfte entstandene Arbeitslücken bedingt. Sie
war damit in fachlicher und zeitlicher Hinsicht von Weisungen der Pflegeeinrichtung abhängig und konnte die Arbeit nicht zu
jedem beliebigen Zeitpunkt abbrechen.
Die beigeladene Pflegefachkraft war auch in die Arbeitsabläufe der klagenden Pflegeeinrichtung eingebunden. Jedenfalls, wenn
eine Pflegefachkraft eine von der stationären Pflegeeinrichtung geschuldete (Teil-)Leistung innerhalb der von diesem vorgegebenen
Organisationsabläufe erbringt, die Betriebsmittel des Pflegeheimes nutzt und arbeitsteilig mit dem übrigen Personal in den
vorgegebenen Strukturen zusammenarbeitet, ist sie in der Regel in einer ihre Tätigkeit prägenden Art und Weise fremdbestimmt
in den Betrieb der Pflegeeinrichtung eingegliedert. Die Beigeladene zu 1. hat die Bewohner des Pflegeheimes gepflegt, wobei
der gesamte organisatorische Rahmen vom Erstkontakt über die arbeitsteilige Pflege und Betreuung bis zur Abrechnung der erbrachten
Leistungen in der Hand der Klägerin lag und von dieser vorgegeben wurde. Der Betriebsablauf folgte einem von den Einsatzzeiten
fest angestellter Pflegefachkräfte abhängigen Dienstplan mit Schichtzeiten, in die sich die beigeladene Pflegefachkraft einordnete.
Dass ein Dienstplan Einsatzzeiten ausschließlich für Honorarkräfte vorsieht und längere Dienste ermöglicht, steht der Einbeziehung
in die betriebliche Organisation nicht entgegen. Innerhalb ihres Schichtdienstes war die Beigeladene zu 1. in die strukturierten
Betriebsabläufe eingegliedert. Die Arbeits- und Verbrauchsmittel wurden ihr im Wesentlichen gestellt. Zur Überwachung und
Sicherstellung der Pflegequalität war - wie bereits ausgeführt wurde - eine verantwortliche Pflegefachkraft eingesetzt. Die
Beigeladene zu 1. dokumentierte ihre Tätigkeit in der von der Klägerin geführten Pflegedokumentation, nahm an zu Beginn ihrer
Dienstzeit stattfindenden Dienstübergaben teil und war in die Organisation einer Folgebetreuung bei einem Wechsel der Pflegekräfte
zum Ende der Dienstzeit eingebunden. Sie hat im Rahmen dieser Betriebsstruktur - nicht anders als bei der Klägerin angestellte
Pflegefachkräfte - ihre Arbeitskraft eingesetzt. Innerhalb der betrieblich vorgegebenen Ordnung hatte sie - verglichen mit
angestellten Pflegefachkräften - keine ins Gewicht fallende Freiheit hinsichtlich Gestaltung und Umfang der Arbeitsleistung
innerhalb des einzelnen Dienstes.
4. Das LSG hat auch keine für Selbstständigkeit sprechenden Anhaltspunkte festgestellt, die ein derartiges Gewicht hätten,
dass sie die Weisungsgebundenheit und Eingliederung der Beigeladenen zu 1. auch nur annähernd hätten auf- oder überwiegen
können. Insbesondere war sie nicht einem nennenswerten Unternehmerrisiko ausgesetzt. Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches
Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg
des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist (BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 36 mwN [Rackjobbing II]). Daran fehlt es hier. Die beigeladene Pflegefachkraft erhielt einen
festen Lohn für geleistete Stunden und hatte keinen Verdienstausfall zu befürchten. Für sie bestand auch nicht die Chance,
durch unternehmerisches Geschick ihre Arbeit so effizient zu gestalten, dass sie das Verhältnis von Aufwand und Ertrag zu
ihren Gunsten entscheidend hätte beeinflussen können. Da es lediglich auf eine Betrachtung der konkreten Tätigkeit ankommt,
ist das einzig in Betracht kommende Risiko der Beigeladenen zu 1., von der Klägerin keine weiteren Folgeaufträge zu erhalten,
für die Frage ihres Status in der konkreten Tätigkeit irrelevant. Die Beigeladene zu 1. setzte auch lediglich in geringem
Umfang mit Arbeitskleidung und -materialien sowie Bürokosten eigene Betriebsmittel ein. Nach den bindenden Feststellungen
des LSG (§
163 SGG) sind die geltend gemachten Aus- und Fortbildungskosten gerade nicht im Hinblick auf die ausgeübte Tätigkeit entstanden.
Ein Selbstständigkeit indizierendes Verlustrisiko im beschriebenen Sinne wird auch nicht durch die Anschaffung eines Pkw begründet
(vgl BSG aaO RdNr 37). Ein speziell für selbstständige Tätigkeit sprechendes Merkmal ist ferner weder der Abschluss einer Haftpflichtversicherung
(vgl BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - Juris RdNr 24) noch die Anstellung eines Kindermädchens. Es spielt auch keine entscheidende Rolle, dass die Beigeladene
zu 1. durch Arbeitskleidung und Namensschild als freiberufliche Pflegekraft auftrat und sich so vorstellte. Die Wahrnehmung
der Tätigkeit durch Dritte ist für die rechtliche Bewertung der Eingliederung ohne Belang (BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 23 [hauswirtschaftliche Pflegerin]).
5. Für die Abgrenzung ist es nicht von Bedeutung, ob die Pflegetätigkeit als Haupterwerbsquelle oder im Nebenerwerb ausgeübt
wird und ob es sich um kurzfristige und seltene Arbeitseinsätze oder um eine verstetigte Geschäftsbeziehung handelt. Eine
versicherungspflichtige Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Dazu gehört
nicht eine wirtschaftliche Abhängigkeit (BSG Urteil vom 24.10.1978 - 12 RK 58/76 - SozR 2200 § 1227 Nr 19 [Propagandistin]; BSG Urteil vom 30.6.2009 - B 2 U 3/08 R - Juris RdNr 19 [Profirennreiter]). Eine wirtschaftliche Abhängigkeit steht auch einem objektiven Weisungsrecht nicht gleich
(BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - BSGE 123, 50 = SozR 4-2400 § 7 Nr 30, RdNr 35 [Erziehungsbeistand]). Das Sozialversicherungsrecht ordnet Versicherungspflicht nicht nur
für unbefristete Dauerbeschäftigungen an. Vielmehr sind - sofern die Geringfügigkeitsgrenzen überschritten sind - auch zeitlich
befristete Arbeitseinsätze der Sozialversicherungs- und Beitragspflicht unterworfen. Für unständig Beschäftigte sieht das
Sozialversicherungsrecht ebenfalls spezielle Regelungen vor, ohne generell Versicherungsfreiheit anzuordnen (vgl für das Recht
der Arbeitsförderung und die GRV §
27 Abs
3 Nr
1 SGB III, §
163 Abs
1 SGB VI). Eine zusätzlich hauptberuflich ausgeübte selbstständige Tätigkeit hat lediglich für die GKV und sPV Bedeutung (§
5 Abs
5 SGB V, §
20 Abs
1 S 1
SGB XI).
6. Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil die Beigeladene zu 1. für mehrere Auftraggeber tätig war oder hierzu grundsätzlich
bereit war. Eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber erhält erst in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer
selbstständigen Tätigkeit Gewicht, wie zB einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen (BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 28). Solche Umstände hat das LSG nicht festgestellt. Zwar hat der Senat entschieden, dass eine
Tätigkeit für andere Auftraggeber ein Indiz für eine ganz erhebliche Dispositionsfreiheit in Bezug auf die zu beurteilende
Tätigkeit sein kann, wenn sie in relevantem Umfang oder sogar schwerpunktmäßig stattfindet, weil sie dann die zeitliche Verfügbarkeit
des Auftragnehmers erheblich einschränkt (BSG Urteil vom 4.9.2018 - B 12 KR 11/17 R - SozR 4-2400 § 7a Nr 10 RdNr 23, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Das gilt aber nicht, wenn - wie hier - die
Dispositionsfreiheit des Auftragnehmers schon insoweit berücksichtigt wird, als für die Beurteilung auf den jeweiligen Einzelauftrag
abgestellt wird.
7. Auch die Höhe der erzielten Vergütung schließt die abhängige Beschäftigung nicht aus. Sie ist nur eines von vielen in der
Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien (vgl BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - BSGE 123, 50 = SozR 4-2400 § 7 Nr 30, RdNr 50 [Erziehungsbeistand]) und vorliegend als Ausdruck des Parteiwillens nicht ausschlaggebend.
Dem Willen der Vertragsparteien kommt nach der Rechtsprechung des Senats generell nur dann eine potentielle Bedeutung zu,
wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch
weitere Aspekte gestützt wird bzw die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen
(vgl BSG Urteil vom 13.7.1978 - 12 RK 14/78 - SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 38 f; zur Situation eines non-liquet BSG Urteil vom 14.3.2018 - B 12 R 3/17 R - BSGE 125, 177 = SozR 4-2400 § 7 Nr 36, RdNr 13 [Musiklehrer]; Schlegel in Küttner, Personalbuch, 26. Aufl 2019, Arbeitnehmer [Begriff]
RdNr 82). Nur unter diesen Voraussetzungen ist der in einem Vertrag dokumentierte Parteiwille überhaupt als ein auf Selbstständigkeit
deutendes Indiz in die Gesamtabwägung einzustellen; hierdurch wird eine Selbstständigkeit jedoch nicht vorfestgelegt. Dabei
ist das Gewicht des Indizes umso geringer, je weniger eindeutig die Vertragsgestaltung ist und je stärker die Widersprüche
zu den tatsächlichen Verhältnissen sind. Zugleich schwächt es die potentielle Bedeutung ab, wenn wegen eines erheblichen Ungleichgewichts
der Verhandlungspositionen nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass alle Vertragsparteien in gleicher Weise
die Möglichkeit hatten, ihre Wünsche bzgl der Ausgestaltung des sozialversicherungsrechtlichen Status durchzusetzen (vgl BAG
Urteil vom 9.6.2010 - 5 AZR 332/09 - AP Nr 121 zu §
611 BGB Abhängigkeit = Juris RdNr 33; BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 26 [Rackjobbing II]).
Diese Einschränkung der indiziellen Bedeutung der Honorarhöhe ergibt sich daraus, dass die Sozialversicherung auch dem Schutz
der Interessen der Mitglieder von in Pflichtversicherungssystemen zusammengeschlossenen Solidargemeinschaften verpflichtet
ist. Den Beteiligten steht keine Dispositionsfreiheit in dem Sinne zu, dass sich der Auftraggeber durch die Vereinbarung eines
Zuschlages zu einem üblichen Stundenlohn eines vergleichbaren abhängig Beschäftigten von der Sozialversicherungspflicht "freikaufen"
kann. Ebenso führt eine überlegene Verhandlungsposition von Auftragnehmern schon aus Gleichbehandlungsgründen für sich genommen
nicht dazu, dass sie aufgrund möglicher Eigenvorsorge aus den Pflichtversicherungssystemen entlassen wären. Das Recht der
Sozialversicherung wird beherrscht vom Grundsatz der Solidarität aller abhängig Beschäftigten. Dieser Grundsatz schließt es
aus, die Versicherungspflicht über die gesetzlich geregelten Tatbestände hinaus von einem individuellen Schutzbedürfnis abhängig
zu machen, zumal dieses Schutzbedürfnis sich beim Einzelnen im Laufe der Zeit wandeln kann. Wenn die Versicherungspflicht
solchen Wandlungen folgen würde, wäre die Gefahr einer negativen Risikoauslese gegeben (BSG Urteil vom 10.9.1975 - 3/12 RK 6/74 - BSGE 40, 208, 209 = SozR 2200 § 169 Nr 1 S 2; vgl auch BSG Urteil vom 12.10.2000 - B 12 RA 2/99 R - SozR 3-2600 § 2 Nr 5 S 32; Schlegel in Küttner, Personalbuch, 26. Aufl 2019, Arbeitnehmer [Begriff] RdNr 57).
V. Ein etwaiger Fachkräftemangel im Gesundheitswesen ändert nichts an dem gefundenen Ergebnis. Für Unternehmer bestehende
Schwierigkeiten, qualifizierte Beschäftigte zu gewinnen, und Erfordernisse einer Kostenoptimierung sind für die sozialversicherungsrechtliche
Einordnung einer Tätigkeit nicht relevant (vgl auch Berchtold, 26. Sozialrechtliche Jahresarbeitstagung 2014, 241, 254). Dies
gilt selbst für etwaige Versorgungsprobleme im Gesundheitswesen. Entsprechende Tatsachen sind ungeachtet dessen weder vom
LSG festgestellt worden noch sind sie offenkundig. Da der Senat in einer Vielzahl ähnlich gelagerter Verfahren über die Abgrenzung
zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung und in der Folge Versicherungspflicht bei verschiedenen Gesundheitsberufen
zu entscheiden hatte, hat er rein informatorisch zur Sammlung von Prozessstoff eine Befragung und Anhörung von Verbänden und
Kostenträgern durchgeführt. Daraus haben sich keine eindeutigen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der flexible Einsatz von
Honorarkräften im Gesundheitswesen für die Aufrechterhaltung der Versorgung unerlässlich wäre. Finden Einrichtungen der Daseinsvorsorge
wie Pflegeeinrichtungen nicht genügend Personal, das bereit ist, ein Arbeitsverhältnis einzugehen, weil die Arbeitsbedingungen
als nicht attraktiv angesehen werden (Bezahlung, Arbeitszeiten, Schicht- und sonstige Dienste), können Pflegeheime und Pflegekräfte
die insoweit bestehenden Probleme nicht dadurch lösen, dass sie einen Honorarvertrag vereinbaren. Zwingende Regelungen des
Sozialversicherungsrechts können nicht dadurch außer Kraft gesetzt werden, dass Arbeitsverhältnisse als Honorartätigkeit bezeichnet
werden.
VI. Die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des Versicherungs- und Beitragsrechts verletzen keine Grundrechte der Klägerin
und der Beigeladenen zu 1.
1. Der Schutzbereich der Berufsfreiheit in Art
12 Abs
1 GG wird durch die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und der daraus folgenden Sozialversicherungspflicht nicht
berührt.
Für Steuer- und Abgabevorschriften ist seit langem anerkannt, dass sie nur dann an Art
12 Abs
1 GG zu messen sind, wenn sie in einem engen Zusammenhang zur Ausübung eines Berufes stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz
erkennen lassen. Hat eine Vorschrift hingegen keine Berufs-, sondern Beitragspflichten zum Gegenstand, steuert der Gesetzgeber
insoweit weder die Wahl noch die Ausübung des Berufes (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 3.6.2013 - 1 BvR 131/13 ua - BVerfGK 20, 327, 331 f = Juris RdNr 18; BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 26.6.2007 - 1 BvR 2204/00 - SozR 4-2600 §
2 Nr
10 RdNr
27). §
7 Abs
1 S 1
SGB IV regelt keine Berufspflichten, sondern allgemein die Merkmale der Beschäftigung als Grundlage der Versicherungs- und Beitragspflicht.
Selbst wenn nach den Umständen des Einzelfalls manche Dienstleistungen praktisch nur in Form einer abhängigen Beschäftigung
verrichtet werden können, wird Art
12 GG dadurch nicht verletzt (BSG Beschluss vom 11.5.1993 - 12 BK 62/91 - Juris RdNr 3).
Auch die grundrechtlich geschützte Vertragsfreiheit wird durch die sozialversicherungsrechtliche Einordnung einer konkreten
Tätigkeit nicht beschnitten. Maßstab ist auch insoweit Art
12 Abs
1 GG; das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art
2 Abs
1 GG tritt im Bereich beruflicher Betätigung als Prüfungsmaßstab zurück (BVerfG Beschluss vom 23.10.2013 - 1 BvR 1842/11 ua - BVerfGE 134, 204 RdNr 67). Welchen vertraglichen Inhalt ein Arbeitsverhältnis haben soll, wird durch die Frage nach der Beitragspflichtigkeit
der vereinbarten und praktizierten Tätigkeit jedoch nicht berührt.
2. Die gesetzliche Anordnung der Zwangsmitgliedschaft und damit verbundener Beitragspflichten ist zwar ein Eingriff in den
Schutzbereich des Art
2 Abs
1 GG (vgl BVerfG Beschluss vom 18.2.1998 - 1 BvR 1318/86 ua - BVerfGE 97, 271, 286 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1 S 7; BVerfG Beschluss vom 9.9.2003 - 1 BvR 558/99 - BVerfGE 109, 96, 111 = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 38). Beschränkungen des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit sind jedoch im Rahmen
der verfassungsmäßigen Ordnung zulässig. Im Spannungsverhältnis zwischen der individuellen Freiheit und den Anforderungen
einer sozialstaatlichen Ordnung verfügt der Gesetzgeber über einen weiten Gestaltungsspielraum (vgl BVerfGE 29, 221, 235 = SozR Nr 7 zu Art
2 GG; BVerfGE 44, 70, 89 = SozR 5420 § 94 Nr 2 S 1 f). Die Sozialversicherungspflicht dient dabei einem legitimen Zweck und ist geeignet, angemessen und verhältnismäßig
im engeren Sinne. Sie schützt - wie bereits ausgeführt - neben den Betroffenen selbst auch die Allgemeinheit vor einer übermäßigen
Inanspruchnahme der staatlichen Gemeinschaft (vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 26.6.2007 - 1 BvR 2204/00 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 29). Der Gesetzgeber darf dabei einen generalisierenden Maßstab anlegen und davon ausgehen,
dass diejenigen Personen, die ihre Arbeitskraft in den Dienst anderer stellen, im Allgemeinen auf diese Beschäftigung zur
Erlangung ihres Lebensunterhalts angewiesen und daher sozial schutzbedürftig sind (vgl BVerfGE 18, 257, 270 f = SozR Nr 55 zu Art
3 GG; BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 945/95 - SozR 4-2600 § 7 Nr 2 RdNr 13 = Juris RdNr 12).
VII. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 S 1 Teils 3
SGG iVm §
154 Abs
2, §
162 Abs
3 VwGO.
VIII. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §
197a Abs
1 S 1 Teils 1
SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 GKG.