Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Darlegung eines weiteren oder erneuten Klärungsbedarfs einer Rechtsfrage
Abweichende Rechtsauffassung kein hinreichendes Kriterium für Klärungsbedürftigkeit
Gründe:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 Satz 2
SGG).
Nach §
160 Abs
2 Nr
1 SGG ist die Revision ua zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Diesen hier allein geltend gemachten Zulassungsgrund
hat der Kläger in der Begründung der Beschwerde nicht schlüssig dargelegt (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage,
der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für
die Revisionszulassung nach §
160 Abs
2 Nr
1 SGG prüfen zu können (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 181). Eine grundsätzliche
Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand
erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen
Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder
Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl
Krasney/Udsching, aaO, IX. Kap, RdNr 65 f). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse
erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16). Hierfür ist eine substantielle Auseinandersetzung mit den einschlägigen oberstgerichtlichen Entscheidungen ebenso
erforderlich wie die Darlegung, dass sich aus diesen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen
Rechtsfrage ergeben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8).
Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet sie
die Fragen:
"1. Ist § 12a i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II mit Art.
1 Abs.
1 GG vereinbar?
2. Ist § 12a i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II mit Art.
3 Abs.
1 GG vereinbar?
3. Ist § 12a i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II mit Art.
14 Abs.
1 GG vereinbar?
4. Ist § 12a i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II mit Art.
20 Abs.
3 GG (Rechtsstaatsprinzip - Verhältnismäßigkeitsgrundsatz) vereinbar?
5. Handelt es sich bei den in den §§ 2 ff. Unbilligkeits-V aufgeführten Tatbeständen um Beispielsfälle mit der Möglichkeit,
dass es sich sodann bei § 1 Unbilligkeits-V um einen Auffangtatbestand handelt oder sind die in § 2 ff. Unbilligkeits-V aufgeführten
Beispiele abschließend?
6. Ist § 1 Unbilligkeits-V in verfassungskonformer Weise dergestalt auszulegen als dass diese Norm einen Auffangtatbestand
darstellt und §§ 2 - 5 der Unbilligkeits-V in der bis zum 31.12.2016 bzw. §§ 2 - 6 Unbilligkeits-V in der seit dem 01.01.2017
geltenden Fassung lediglich Regelbeispiele wiedergeben?"
Diese Fragen sind durch die Rechtsprechung des Senats geklärt; über sie hat der Senat teils ausdrücklich entschieden, teils
lassen sich diesen Entscheidungen ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der Fragen entnehmen (grundlegend BSG vom 19.08.2015 - B 14 AS 1/15 R - BSGE 119, 271 = SozR 4-4200 § 12a Nr 1; vgl auch BSG vom 9.3.2016 - B 14 AS 3/15 R; BSG vom 23.6.2016 - B 14 AS 46/15 R; zuletzt BSG vom 9.8.2018 - B 14 AS 1/18 R - SozR 4-4200 § 12a Nr 2). Die Beschwerdebegründung, die diese Rechtsprechung erwähnt, legt nicht schlüssig dar, dass und
warum es weiterer oder erneuter Klärungen durch das BSG bedarf.
Hierfür genügt nicht der wiederholte Hinweis, dass der Auffassung des Senats in seinen Urteilen nicht gefolgt werden könne.
Dass der Kläger die Auffassung des Senats nicht teilt, begründet keine weitere Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen.
Auch dass diese erneut klärungsbedürftig geworden sein könnten, ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Hierfür genügt
nicht der Hinweis auf die Einfügung des § 6 UnbilligkeitsV mit Wirkung zum 1.1.2017. Die Beschwerdebegründung lässt nicht
hinreichend erkennen, dass mit dieser Rechtsänderung die bisherige Rechtsprechung des Senats in Zweifel gezogen und eine Neubewertung
angezeigt sein könnte. Zudem ist ihr nicht zu entnehmen, dass es auf diese Rechtsänderung entscheidungserheblich ankommen
könnte, obwohl die angefochtene Aufforderung zur Rentenantragstellung ausweislich des Beschwerdevorbringens in 2014 erfolgte.
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des §
169 Satz 3
SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§
183,
193 SGG.