Gründe:
I
Im Streit sind Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
Der 1967 geborene, voll erwerbsgeminderte Kläger begehrt von der Beklagten, die ihm für den Monat Mai 2012 Hilfe zum Lebensunterhalt
bewilligt hat (Bescheid vom 8.5.2012; Widerspruchsbescheid vom 6.11.2012), höhere Leistungen und macht dabei insbesondere
höhere Kosten der Unterkunft geltend. Die Klage ist ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 13.8.2014).
Im Berufungsverfahren vor dem Thüringer Landessozialgericht (LSG) hat der Vorsitzende Termin zur mündlichen Verhandlung auf
den 30.3.2016 bestimmt. Der Kläger hat am 29.3.2016 unter Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung seines behandelnden
Arztes vom selben Tag, mit der eine Arbeitsunfähigkeit unter Bezugnahme auf den Diagnoseschlüssel ICD-10-GM 2016 B34.9 G (Virusinfektion,
nicht näher bezeichnet) bis einschließlich 1.4.2016 attestiert worden ist, eine Verlegung des Termins beantragt. Der Vorsitzende
hat den Termin auf den 6.4.2016 verlegt und dem Kläger zugleich mitgeteilt, für den Fall einer erneuten Erkrankung sei ein
Attest wie das vorgelegte nicht ausreichend. Maßgeblich sei die Verhandlungsunfähigkeit; aus einem Attest müsse sich nachvollziehbar
ergeben, warum er - der Kläger - nicht verhandlungsfähig sei. Dazu reiche ein einfacher Infekt nicht aus. Am 4.4.2016 der
Kläger erneut die Verlegung beantragt und auf ein Attest des Arztes verwiesen, der bereits das erste Attest ausgestellt hatte,
wonach er, der Kläger, seit dem 29.3. bis zum 15.4.2016 verhandlungsunfähig aufgrund verordneter Bettruhe sei. Der Vorsitzende
hat mitgeteilt, die Verhandlung werde nicht verlegt, weil keine Diagnose mitgeteilt worden sei, die eine Bettruhe erforderlich
mache. Eine Viruserkrankung begründe keine Verhandlungsunfähigkeit. Soweit der Kläger weiterhin auf einer Verhandlungsunfähigkeit
bestehe, werde nur ein Nachweis mittels amtsärztlicher Bescheinigung akzeptiert (Schreiben vom 5.4.2016). Im Termin zur mündlichen
Verhandlung ist der Kläger nicht erschienen. Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 6.4.2016).
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger Verfahrensfehler geltend. Das LSG habe gegen
seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verstoßen, indem es dem Antrag auf erneute Verlegung nicht nachgekommen sei. Er habe
am 4.4.2016 ein Attest vorgelegt, das seine Verhandlungsunfähigkeit ausreichend im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG) glaubhaft gemacht habe. Das LSG habe die entsprechenden Anforderungen überspitzt, weil es nunmehr nur noch ein amtsärztliches
Attest habe akzeptieren wollen. Ein solches sei objektiv einen Tag vor dem Termin (bei Übergabe des Schreibens am Nachmittag
des 5.4.2016 durch Boten) nicht mehr zu erlangen gewesen. Im Übrigen sei er nicht (lediglich) verhandlungsunfähig gewesen,
sondern (weiterhin) prozessunfähig wegen psychischer Erkrankungen (multiple Somatisierungsstörung, hypochondrisch depressive
Fehlentwicklung mit histrionischen Zügen und einer schizoid strukturierten Persönlichkeit mit erheblichen sozialen Anpassungsstörungen).
Daneben sei auch die Ablehnung der Prozesskostenhilfe (PKH) im LSG-Verfahren verfahrensfehlerhaft gewesen.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig; sie genügt hinsichtlich des geltend gemachten Verfahrensfehlers (Verletzung des
Anspruchs auf rechtliches Gehör, §
62 Sozialgerichtsgesetz [SGG], Art
103 Grundgesetz [GG]) den Bezeichnungserfordernissen des §
160a Abs 2 Satz 3 iVm §
160 Abs
2 Nr
3 SGG. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl nur BSG SozR 4-1750 § 227 Nr 1 mwN; SozR 3-1750 § 227 Nr 1 mwN; BSG, Urteil vom 25.3.2003 - B 7 AL 76/02 R) erübrigen sich bei diesem Verfahrensmangel regelmäßig Ausführungen dazu, welches inhaltliche Vorbringen im Einzelnen infolge
der Ablehnung des Verlegungsantrags durch das LSG verhindert worden ist, wenn ein Verfahrensbeteiligter gehindert war, an
der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Gründe, die ausnahmsweise die Ursächlichkeit des gerügten Verfahrensmangels der Verletzung
des rechtlichen Gehörs für das angefochtene Urteil ausschließen könnten (dazu: BSG SozR 3-1500 §
160 Nr 33 S 56; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
160a RdNr 16d mwN), sind nicht ersichtlich.
Der gerügte Verfahrensmangel liegt vor. Das LSG ist dem Antrag des Klägers auf Aufhebung des Termins am 6.4.2016 nicht nachgekommen,
obwohl "erhebliche" Gründe iS des §
227 Abs
1 Satz 1
Zivilprozessordnung (
ZPO) hierfür vorgelegen haben.
Gemäß §
62 1. Halbsatz
SGG, Art
103 Abs
1 GG ist den Beteiligten vor jeder Entscheidung des Gerichts rechtliches Gehör zu gewähren. Bei einer Entscheidung aufgrund mündlicher
Verhandlung muss den Beteiligten unabhängig davon, ob sie die Möglichkeit zur schriftlichen Äußerung und Vorbereitung des
Verfahrens genutzt haben oder nicht, Gelegenheit gegeben werden, sich zur Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung
selbst zu äußern. Ein ordnungsgemäß gestellter Verlegungsantrag mit einem hinreichend substanziiert geltend gemachten Terminsverlegungsgrund
begründet grundsätzlich eine entsprechende Pflicht des Gerichts zur Terminsverlegung (BSG SozR 3-1750 § 227 Nr 1 Satz 2; BSG, Urteil vom 28.4.1999 - B 6 KA 40/98 R - RdNr 16 und BSG, Urteil vom 12.2.2003 - B 9 SB 5/02 R - RdNr 11).
Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Zutreffend ist das LSG zunächst davon ausgegangen, dass bei einem anwaltlich nicht vertretenen
Kläger das Gericht auf besondere Anforderungen, die es an die Glaubhaftmachung eines Grundes für einen Verlegungsantrag stellen
wird, hinweisen muss (vgl auch §
227 Abs
2 ZPO). Das anschließend vorgelegte Attest verbunden mit dem weiteren Verlegungsantrag durfte der Kläger aber nach diesen Hinweisen
als ausreichend ansehen. Die ärztliche Einschätzung, die diagnostizierte Infektion erfordere im vorliegenden Fall über 14
Tage Bettruhe, daraus folge Verhandlungsunfähigkeit, genügt den vom LSG selbst aufgestellten Anforderungen; dass es sich insoweit
um ein einheitliches Krankheitsgeschehen gehandelt hat, wird aus den aufeinander folgenden Attesten desselben Arztes auch
ohne Wiederholung der Diagnose im zweiten Attest erkennbar. Die Auffassung des LSG, aus ärztlich angeordneter Bettruhe folge
keine Verhandlungsunfähigkeit, ist so nicht nachvollziehbar; ebenso wenig die Auffassung, aus einer diagnostizierten Virusinfektion
könne Bettruhe über etwas mehr als zwei Wochen nicht folgen. Inhaltliche Bedenken, die das LSG wegen der Richtigkeit der ärztlichen
Einschätzung hatte, durften aber nicht zu Lasten des Klägers gehen. Die Anforderung, die Verhandlungsunfähigkeit sei nun amtsärztlich
zu attestieren, konnte der Kläger einen Tag vor dem Termin nicht mehr erfüllen, ebenso wie eigene Nachforschungen des Gerichts
ausgeschlossen waren. Aus den Akten ergibt sich auch kein Anhalt dafür, die Anträge könnten in Verschleppungsabsicht gestellt
worden sein; die Mitteilung über die Verlegung hat den Kläger an einem Donnerstag erreicht, sein weiterer Antrag ist am darauf
folgenden Montag eingegangen. Das LSG musste dem erneuten Verlegungsantrag damit nachkommen.
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, das Urteil des LSG gemäß §
160a Abs
5 SGG wegen des festgestellten Verfahrensmangels aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht
zurückzuverweisen. Der Senat war auf den Vortrag des Klägers nicht gehalten, selbst wegen der behaupteten Prozessunfähigkeit
zu ermitteln; dies mag das LSG überprüfen. Ggf bestehende (partielle) Prozessunfähigkeit des Klägers stellt jedenfalls kein
Verfahrenshindernis für die vorliegende Beschwerde dar. Ein Rechtsmittel, in welchem sich ein Beteiligter auf seine Prozessunfähigkeit
beruft, ist zunächst ohne Rücksicht darauf zulässig, ob die für die Prozessfähigkeit erforderlichen Voraussetzungen festgestellt
werden; entsprechend ist auch die zur Einlegung des Rechtsmittels erteilte Prozessvollmacht wirksam. Die Prozessfähigkeit
ist dann grundsätzlich solange zu unterstellen, bis darüber rechtskräftig entschieden ist (vgl nur BSGE 91, 146 ff RdNr 6 = SozR 4-1500 § 72 Nr 1). Im vorliegenden Verfahren ist dem Anliegen, dass ein ggf Prozessunfähiger im Verfahren
durch einen Prozessfähigen handeln kann, jedenfalls dadurch Rechnung getragen, dass der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten
vertreten und der Rechtsstreit wegen eines von ihm gerügten Verfahrensmangels ohnehin an das Berufungsgericht zurückzuverweisen
war (BSG, aaO, RdNr 24; BSG SozR 4-1500 § 72 Nr 4 RdNr 7). Auch ob ein weiterer Verfahrensmangel durch die Versagung von PKH hinreichend dargelegt ist und auch tatsächlich
vorliegt, konnte offen bleiben.
Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.