Gründe:
I
Der Kläger begehrt in der Hauptsache Leistungen nach dem
Opferentschädigungsgesetz (
OEG) in Form einer Beschädigtenrente auf der Grundlage eines Grades der Schädigung von mindestens 50. Im Juli 2014 beantragte
der im Februar 1960 geborene Kläger erstmals Beschädigtenversorgung nach dem
OEG wegen sexuellen Missbrauchs und körperlicher Übergriffe während seiner Heim-Zwangsunterbringung zwischen den Jahren 1968
und 1978 durch B. (Geschäftsführer, damals Vormund des Klägers) und S. (Erzieher). Er leide unter schweren gesundheitlichen
Folgeerkrankungen in Form einer starken posttraumatischen Belastungsstörung, Aggressionen sowie Schlaf- und Traumapsychosen.
Das LSG hat einen Anspruch des Klägers verneint, weil ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS von §
1 Abs
1 S 1
OEG nicht im Vollbeweis nachgewiesen sei. Weder aus den schriftlichen Aussagen noch aus den Aussagen der in der mündlichen Verhandlung
vernommenen Zeugen ergebe sich eine Bestätigung der vom Kläger genannten Ereignisse. Die Zeugen S. und B. hätten jegliche
sexuellen Übergriffe abgestritten. Dabei komme dem Kläger auch die Beweiserleichterung des § 15 S 1 des Gesetzes über das
Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOV-VfG) nicht zu Gute, da die Beweisnot des Klägers nicht unverschuldet gewesen
sei. Bei entsprechender Anlegung der Maßstäbe des §
2 Abs
2 OEG sei es für den Kläger nicht unzumutbar gewesen, nach Erreichen der Volljährigkeit und Beendigung der Heimunterbringung wesentlich
früher Strafanzeige zu erstatten. Aber selbst bei der Anwendung des Beweismaßstabes des "Glaubhafterscheinen" iS des § 15
S 1 KOV-VfG komme es nicht zu einem anderen Ergebnis, weil nicht die gute Möglichkeit bestanden habe, dass sich die vom Kläger
geschilderten Vorgänge abgespielt hätten. Angesichts der bestehenden Ungereimtheiten in den Angaben des Klägers zu dem gravierendsten
Tatkomplex der Vergewaltigung durch den Zeugen S. spreche nicht viel dafür, dass die vom Kläger erhobenen Vorwürfe zuträfen.
Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag auf Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens sei nicht zu
entsprechen gewesen. Zwar komme die Einholung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens ausnahmsweise in Betracht, wenn die betreffenden
Angaben des Klägers das einzige das fragliche Geschehen belegende Beweismittel seien und Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass
sie durch eine psychische Erkrankung der Auskunftsperson und deren Behandlung beeinflusst werden könnten. Ein derartiger Fall
sei hier jedoch nicht gegeben, da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass die Angaben durch eine psychische Erkrankung
oder deren Behandlung beeinflusst worden seien. Dies sei vom Kläger selbst schon nicht geltend gemacht worden. Derartiges
lasse sich auch weder aus den vorliegenden Befundberichten noch aus den Gutachten ableiten. Es liege keine Ausnahme vor, sondern
der Regelfall, bei dem die Beurteilung der Glaubwürdigkeit sowohl des Klägers als auch der Zeugen einer der Kernaufgaben der
richterlichen Tätigkeit sei, die nicht einem Sachverständigen überlassen werden könne (Urteil vom 3.7.2018).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt. Das LSG habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt und Verfahrensfehler begangen.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung vom 27.12.2018 genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen,
weil weder eine grundsätzliche Bedeutung (1.) noch der behauptete Verfahrensmangel (2.) ordnungsgemäß dargetan worden sind
(vgl §
160a Abs
2 S 3
SGG).
1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS von §
160 Abs
2 Nr
1 SGG, wenn sei eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des
Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren
Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch
nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts
erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss daher,
um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit
(Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog
Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl Senatsbeschluss vom 30.11.2017 - B 9 V 35/17 B - Juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 2.5.2017 - B 5 R 401/16 B - Juris RdNr 6 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger meint, der Rechtsstreit werfe die Frage auf, "ob - und wenn ja, inwieweit - die Anwendbarkeit des § 15 KOV-VfG durch die Grundsätze des §
2 Abs
2 OEG eingeschränkt wird". Ob der Kläger mit dieser Frage überhaupt eine Rechtsfrage gestellt hat, die auf die Auslegung und Anwendung
eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals abzielt, oder ob er damit lediglich die insoweit unbeachtliche Feststellung und Würdigung
von Tatsachen sowie ihre Subsumtion unter die Anspruchsvoraussetzungen des §
2 Abs
2 OEG geltend macht, kann hier dahinstehen. Denn der Kläger hat bereits die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragestellung
nicht aufgezeigt. Er versäumt es, sich inhaltlich mit den in Bezug genommenen Gesetzestexten von § 15 KOV-VfG und §
2 Abs
2 OEG auseinanderzusetzen und die hierzu ergangene Rechtsprechung des BSG darzustellen, um nachzuvollziehen, ob sich hieraus nicht bereits hinreichende Anhaltspunkte für die Beantwortung der von
ihm bezeichneten Frage ergeben.
Darüber hinaus hat der Kläger die Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) der aufgeworfenen Frage nicht dargelegt.
Das LSG verneint einen Anspruch des Klägers nicht nur, weil der Beweismaßstab des Vollbeweises nicht erbracht sei, sondern
hat neben der grundsätzlichen Nichtanwendbarkeit von § 15 KOV-VfG entsprechend §
2 Abs
2 OEG tragend entschieden, dass sämtliche vom Kläger erhobenen Anschuldigungen auch nicht glaubhaft iS des § 15 KOV-VfG seien.
Somit beruht die Entscheidung des LSG auf mehreren, voneinander unabhängigen Begründungen zur Frage der Glaubhaftmachung,
sodass sich die Beschwerde auch mit diesen jeweiligen Begründungen hätte auseinandersetzen müssen (zu diesem Erfordernis vgl
BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - Juris RdNr 14 mwN). Dies ist jedoch nicht erfolgt. Selbst wenn also die von dem
Kläger aufgeworfene Frage eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wäre, so kommt es für den hier vorliegenden Einzelfall
nicht darauf an, da das LSG auch die Glaubhaftmachung des Vorbringens des Klägers iS des § 15 S 1 KOV-VfG verneint hat.
2. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde - wie hier - darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung
erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen
kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Der Kläger rügt, das LSG habe zu Unrecht seinen in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gestellten Antrag, "ein aussagepsychologisches
Sachverständigengutachten einzuholen, dass die vom Kläger gemachten Angaben zu den Tathergängen, insbesondere zum Tathergang
im Herbst/Winter 1976 in hohem Maße wahrscheinlich glaubhaft oder wenigstens mit relativer Wahrscheinlichkeit glaubhaft zu
beurteilen sind", abgelehnt. Aus den im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen ergäben sich Anhaltspunkte für eine
psychische Erkrankung, welche die Angaben des Klägers ggf beeinflussen könnten und welche daher die Einholung eines aussagepsychologischen
Sachverständigengutachtens erforderlich gemacht hätten, anstatt den Vortrag des Klägers pauschal als unglaubhaft einzustufen.
Es sei nicht ersichtlich, dass das LSG die aussagepsychologische Kompetenz besitze, die Aussagen eines Traumapatienten hinreichend
zu beurteilen.
Auch mit diesem Vortrag hat der Kläger keinen Verfahrensmangel hinreichend benannt. Denn die Entscheidungserheblichkeit dieses
Antrags auf Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens ist nicht hinreichend dargelegt. Dafür wäre aufzuzeigen gewesen,
welche Tatumstände den Beweisantrag betreffen, welches Ergebnis die beantragte Beweiserhebung erbracht hätte, und das dieses
Beweisergebnis - ausgehend vom Rechtsstandpunkt des LSG - eine Entscheidung zugunsten des Beschwerdeführers hätte möglich
machen können (vgl Senatsbeschluss vom 28.9.2015 - B 9 SB 41/15 B - Juris RdNr 8 mwN). Nur solche Darlegungen lassen erkennen, weshalb das Berufungsgericht sich zu der beantragten weiteren
Beweiserhebung hätte gedrängt sehen müssen und weshalb die Entscheidung des Berufungsgerichts auf diesem Verfahrensmangel
beruhen soll (Senatsbeschluss vom 7.6.2018 - B 9 V 69/17 B - Juris RdNr 8). An entsprechenden substantiierten Darlegungen des Klägers fehlt es.
Gegenstand eines aussagepsychologischen Gutachtens ist die Beurteilung, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen,
dh einem tatsächlichen Erleben der untersuchten Person entsprechen, und nicht die Erlangung inhaltlich zutreffender Angaben.
Da eine solche Beurteilung an sich zu den ureigensten Aufgaben eines Tatrichters zählt, kommt die Einholung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens
nur ausnahmsweise in Betracht, insbesondere dann, wenn die betreffenden Angaben das einzige das fragliche Geschehen belegende
Beweismittel sind und Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie durch eine psychische Erkrankung der Auskunftsperson und deren
Behandlung beeinflusst sein könnten (vgl hier zB Senatsurteil vom 15.12.2016 - B 9 V 3/15 R - BSGE 122, 218 = SozR 4-3800 § 1 Nr 23, RdNr 41 mwN). Welche konkreten Anhaltspunkte in diesem Sinne bei dem Kläger vorliegen, trägt die
Beschwerde nicht vor. Hinweise etwa auf Fremd- und Autosuggestion oder auf Zweifel an der Aussagetüchtigkeit werden nicht
benannt. Damit hat der Kläger nicht dargelegt, dass das LSG seinem Beweisantrag auf Einholung eines aussagepsychologischen
Gutachtens ohne hinreichende Begründung, dh ohne hinreichenden Grund nicht gefolgt ist (vgl Senatsbeschluss vom 24.5.2012
- B 9 V 4/12 B - SozR 4-1500 § 103 Nr 9 RdNr 20 mwN). Die Darstellung der eigenen Rechtsansicht genügt hier nicht. Ebensowenig reicht der
Versuch aus, entsprechende Ausführungen im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren "nachzuholen" (vgl BSG Beschluss vom 10.10.2017 - B 13 R 65/15 B - Juris RdNr 7).
Sofern die Beschwerde schließlich noch einen Verstoß gegen §
118 SGG (Durchführung der Beweisaufnahme) rügt, weil das LSG die bestehende Beweisnot als iS von §
2 Abs
2 OEG vom Kläger verschuldet angesehen habe, so ist dieses Vorbringen ebenfalls nicht entscheidungserheblich (s oben unter 1.).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2, §
169 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.