Keine Kostenerstattung der gesetzlichen Krankenversicherung für eine Immuntherapie mit BG-Mun und die Frequenztherapie nach
Dr. Rife auch bei einer Erkrankung an einer Amyotrophen Lateralsklerose - ALS
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Versorgung mit einer Immuntherapie mit BG-Mun sowie
einer Frequenztherapie.
Der 1971 geborene Antragsteller ist bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert. Bei ihm wurde am 24.11.2017 eine
Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) diagnostiziert. Als Standardtherapie erhält er Pharmakotherapie mit Riluzol. Seit 21.08.2018
ist Pflegegrad 2 anerkannt, seit 01.03.2019 Pflegegrad 3.
Am 12.12.2018 beantragte der Antragsteller - ohne Beifügung ärztlicher Unterlagen bzw medizinischer Befunde - bei der Antragsgegnerin
eine Immuntherapie mit BG-Mun und eine Frequenztherapie nach Dr. Rife, welche ihm von seinem behandelnden Arzt Dr. K. nahegelegt
worden seien. Mit Schreiben vom 13.12.2018 bat die Antragsgegnerin um weitere Angaben zu Umfang, Dauer, Frequenz, Erfolgsaussicht
und Kosten der jeweiligen Therapie sowie Darlegung der bisher aufgrund der Erkrankung erfolgten Therapien. Aufgrund der fehlenden
ärztlichen Angaben sei der Leistungsantrag unvollständig, so dass die Frist zur Entscheidung erst mit den ergänzten Angaben
zu laufen beginne. Am 20.12.2018 legte der Antragsteller eine Bescheinigung von Dr. K. vom 17.12.2018 sowie ein Infoblatt
zur Therapie mit BG-Mun vor. Danach schlägt Dr. K. die Behandlung mit BG-Mun als individuellen Heilversuch vor. Nach seiner
Erfahrung sei es zumindest bei anderen Autoimmunerkrankungen bei seinen Patienten durch BG-Mun zu einer Immunregulation und
einem Stillstand der Erkrankung gekommen. Nach seiner Erfahrung würden autoimmune entzündliche Prozesses häufig durch chronische
virale oder bakterielle Entzündungen und toxische Belastung mit bestimmten Metallen getriggert. Zur Beseitigung pathogener
Keime werde eine Frequenztherapie mit elektromagnetischen Frequenzen vorgeschlagen. Es handele sich um ein experimentelles
Verfahren aus der Forschung. Nach dem Infoblatt "Immuntherapie mit BG-Mun" besteht BG-Mun aus einem Proteinkomplex sowie Zytoplasma
aus Stammzellen tierischen Ursprungs. Zugelassen ist es aktuell in der EU als "funktionelles Lebensmittel zur Unterstützung
des Immunsystems". Hersteller ist die Firma "Breiter Group Ltd". Die Kosten einer Therapie mit 10 Ampullen (jeweils 3 ml)
BG-Mun liegen bei 5.900 €. Der Vertrieb erfolgt über die Firma "V. & F.", Prof. R. G. in S..
Die Antragsgegnerin beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) mit einer Begutachtung
und teilte dies dem Kläger unter dem 21.12.2018 mit unter Hinweis auf das Fristende für die Entscheidung am 24.01.2019. Der
MDK äußerte sich mit Gutachten vom 02.01.2019 (Dr. P.) zunächst nur zur Therapie mit BG-Mun und verwies darauf, dass es sich
um ein Lebensmittel handele, das nach § 18 Arzneimittelrichtlinie (AM-RL) von der Versorgung ausgeschlossen sei. Mit weiterem
Gutachten vom 11.01.2019 (Dr. K.) führte der MDK aus, es handele sich bei der Frequenztherapie um eine neue Untersuchungs-
und Behandlungsmethode. Ein Tatbestand des §
2 Abs
1a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) liege nicht vor. Zwar handele es sich bei ALS um eine perspektivisch tödlich verlaufende Erkrankung. Ob die beabsichtigte
Stärkung des Immunsystems durch die Therapie einen positiven Einfluss auf die ALS habe, müsse offenbleiben. Medizinische Veröffentlichungen
über die Frequenztherapie nach Rife hätten nicht gefunden werden können. Es handele sich um eine nicht evidenzbasierte, komplementärmedizinische
Methode.
Mit Bescheid vom 15.01.2019 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab. BG-Mun sei ein funktionelles Lebensmittel und als solches
nach §§
6,
18 AM-RL von der Versorgung nach §
27 SGB V ausgeschlossen. Die Ausführungen von Dr. K. zur Pathogenese der ALS seien laut MDK nicht nachvollziehbar. Die Kriterien für
eine ausnahmsweise Übernahme der Kosten für die neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode der Frequenztherapie nach Dr. Rife
seien nicht erfüllt.
Mit seinem Widerspruch machte der Antragsteller geltend, BG-Mun unterliege dem Anspruchsregime der GKV für arzneimittelähnliche
Medizinprodukte, weil es sich bei der verwendeten Zellsuspension um ein Ausgangsmaterial für einen Wirkstoff zur Arzneimittelherstellung
handele. Ferner werde dem Präparat eine pharmakologische Wirkung iSv § 2 Abs 1 Nr 1 Arzneimittelgesetz (AMG) zuerkannt. Anspruchsgrundlage sei somit §
31 SGB V. Als nicht verordnungsfähiges Medizinprodukt unterfalle BG-Mun nicht dem Leistungskatalog der GKV, könne jedoch nach Maßgabe
des §
2 Abs
1a SGB V beansprucht werden. BG-Mun diene der Regulation und nicht der Stärkung des Immunsystems, was bei einer Autoimmunerkrankung
kontraproduktiv wäre. Derzeit lägen noch keine Studien vor. Da bei anderen Patienten bereits ein Stillstand der Erkrankung
habe erreicht werden können, gebe es positive Behandlungserfolge. Dies sei auch beim Antragsteller zu erwarten. Die Frequenztherapie
solle über gezielte Frequenzen Krankheitserreger (Viren, Bakterien) aus dem Körper beseitigen. Es sei zu vermuten, dass ein
Teil des Krankheitsprozesses bei ALS durch Erreger im Nervensystem verursacht oder zumindest getriggert werde. Es werde davon
ausgegangen, dass die jeweiligen Krankheitserreger durch bestimmte elektromagnetische Frequenzen zerstört werden könnten,
weil diese Frequenzen mit der DNA des jeweiligen Erregers in Resonanz gingen und ihn dadurch zerstörten, ähnlich wie beim
Zerspringen von Glas durch das Treffen der exakten Eigenresonanz mit einem Ton. Mit speziellen Frequenzgeneratoren würden
bei unklaren Erkrankungen über einen Frequenz-Durchlauf alle bekannten Erregerfrequenzen nacheinander erzeugt. Die Therapiekosten
seien zeitabhängig (25 € für 10 Minuten, 50 € für 20 Minuten etc). Bei chronischen Infektionen brauche man idR 5 bis 10 Behandlungen
mit einer Dauer von 30 bis 60 Minuten.
Die Antragsgegnerin schaltete erneut den MDK ein (Gutachten vom 05.03.2019, Dr. P.). Darin wird ua ausgeführt, dass die Frequenztherapie
nach den vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen auf laborexperimentell ermittelten Todes-Frequenzen für fast alle pathogenen
Erreger beruhe, es sich bei ALS jedoch nicht um eine Erkrankung handele, die durch nachgewiesen Erreger verursacht werde.
Das postulierte Wirkprinzip sei bei der Erkrankung daher nicht anwendbar. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.04.2019 wies die
Antragsgegnerin den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Antragsteller am 12.04.2019 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben (S 6 KR 1309/19) und zugleich Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt (S 6 KR 1310/19 ER). Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren.
Die Antragsgegnerin verweist darauf, dass sich die Begründung Dr. K. für die Gabe von BG-Mun ausschließlich auf von ihm nicht
näher konkretisierte andere Fälle stütze, allerdings keine bei Patienten mit ALS. Die positiven Verläufe seien nur behauptet
worden, nachprüfbare Belege existierten nicht. Dass ALS durch eine Immunreaktion verursacht werde und mittels Regulation des
Immunsystems gestoppt werden könne, sei ebenfalls nicht bekannt. Vielmehr gebe es Hinweise, dass der wichtigste Neurotransmitter
im ZNS eine Rolle beim Zelluntergang bei dieser Erkrankung spiele. BG-Mun sei nicht als Arzneimittel zugelassen, dies sei
vom Hersteller auch nicht beantragt worden. Die Grundsätze des Off-Label-Use seien daher nicht anwendbar. Nach Angabe der
Bevollmächtigten des Antragstellers sei die Behandlung bereits mit gutem Erfolg begonnen worden. Dies könne nicht nachvollzogen
werden angesichts der Erhöhung des Pflegegrades und des geschilderten raschen Fortschreitens der Erkrankung.
Mit Beschluss vom 24.04.2019 hat das SG den Antrag abgelehnt. Die Immuntherapie mit BG-Mun sei als nicht anerkannte Behandlungsmethode nicht Gegenstand der vertragsärztlichen
Versorgung. Eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode bei ALS habe der Gemeinsame
Bundesausschuss (GBA) nicht getroffen. Der Antragsteller könne sich nicht auf die Genehmigungsfiktion nach §
13 Abs
3a SGB V stützen, da die Antragsgegnerin die maßgeblichen Fristen eingehalten habe. Es liege auch kein Ausnahmefall nach §
2 Abs
1a SGB V vor. Die Voraussetzung, dass eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder spürbare Besserung des Krankheitsverlaufs
bestehen müsse, sei nicht erfüllt. Die Gutachten des MDK sowie die Angaben des behandelnden Arztes Dr. K. ergäben keine ausreichenden
Indizien hierfür. Dr. K. treffe gerade keine Aussage zur Frage der Wirkung auf den Verlauf der beim Antragsteller bestehenden
ALS.
Gegen den seiner Bevollmächtigten am 29.04.2019 zugestellten Beschluss richtet sich die am 24.05.2019 eingelegte Beschwerde
des Antragstellers. Der Antragsteller könne angesichts der bestehenden lebensbedrohlichen Erkrankung, bei welcher eine allgemein
anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung stehe, auch von §
2 Abs
1 Satz 3
SGB V abweichende Leistungen beanspruchen. Da begründete Aussicht auf einen Behandlungserfolg bestehe, sei der Anspruch gegeben,
was das SG verkannt habe. Insoweit werde auch auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 30.06.2008 (1 BvR 1665/07) verwiesen, mit welcher sich das SG nicht auseinandergesetzt habe. Der Antragsteller wäre auch mit einer zeitlich befristeten Kostenübernahme einverstanden.
Auch auf die zu einem ähnlichen Sachverhalt ergangene Entscheidung des Sozialgerichts Kiel (S 3 KR 72/11) werde nochmals hingewiesen.
Die Antragsgegnerin führt aus, weder zu der allgemeinen Aussage der Erzielung positiver Ergebnisse bei wissenschaftlichen
Behandlungsmethoden für ALS, noch für den Stopp der entzündlichen Prozesse bei Behandlung von Autoimmunerkrankungen seien
prüfbare oder zumindest nachvollziehbare Unterlagen vorgelegt worden. Allein auf die Aussage von Dr. K. könne eine Aussicht
auf Behandlungserfolg beim Antragsteller nicht gestützt werden. Zur zitierten Entscheidung des BVerfG sei anzumerken, dass
die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen worden sei. Auch im dortigen Fall hätten keine wissenschaftlichen
Forschungsergebnisse vorgelegen, die eine hinreichende Erfolgsaussicht begründeten. Zudem sei es um die Beurteilung eines
Präparates im Off-Label-Use gegangen, also um ein zugelassenes Arzneimittel. Im vom SG Kiel entschiedenen Fall sei es unter
der dortigen Therapie mit Melatoninzäpfchen, Antioxidantien und Ölpräparaten sogar zu einer temporären Besserung gekommen,
was hier gerade nicht so sei. Zudem werde auf die Stern TV Sendung vom 19.05.2019 hingewiesen, in der Prof. G. ua Aussagen
zu den Inhaltsstoffen in BG-Mun und deren Wirksamkeit mache. In der Sendung werde dargestellt, wie eine Heilpraktikerin aus
S. mit BG-Mun eine Krebspatientin "abgezockt" habe. Die Aussagen des Prof. G. deckten sich in keiner Weise mit den von der
Vertreterin des Antragstellers gemachten Angaben, die sich offensichtlich auf die Angaben der Herstellerfirma stützten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider
Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
Der Senat entscheidet durch Beschluss (§
176 SGG). Eine mündliche Verhandlung wird nicht für erforderlich gehalten (§§
153 Abs
1,
124 Abs
3 SGG). Die form- und fristgerecht (§
173 SGG) und auch ansonsten nach §
172 SGG statthafte Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerde ist jedoch in der Sache nicht begründet. Das SG hat den Antrag zu Recht abgelehnt. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf vorläufige Übernahme der Kosten für die begehrte
Behandlung mit BG-Mun oder für die Frequenztherapie im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
Nach §
86b Abs
2 Satz 1
SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand
treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des
Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen
Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile
nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend begehrt der Antragsteller die Kostenübernahme einer Therapie mit BG-Mun und einer Frequenztherapie
nach Dr. Rife. Damit richtet sich die Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes auf den Erlass einer Regelungsanordnung nach
§
86b Abs
2 Satz 2
SGG. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten
in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs
(Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen
(§
86 b Abs
2 Satz 4
SGG iVm §
920 Abs
2 der
Zivilprozessordnung).
Bei der Prüfung des Anordnungsanspruches begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte
bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (vgl BVerfG [Kammer], 02.05.2005,
1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237, 242). Je schwerer jedoch die Belastungen des Betroffenen wiegen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes
verbunden sind, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition
zurückgestellt werden. Art
19 Abs
4 GG verlangt auch bei Vornahmesachen jedenfalls dann vorläufigen Rechtsschutz, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders
nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in
der Lage wäre. Die Gerichte sind, wenn sie ihre Entscheidung nicht an einer Abwägung der widerstreitenden Interessen, sondern
an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientieren, in solchen Fällen gemäß Art
19 Abs
4 Satz 1
GG gehalten, die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes auf eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu stützen. Ist dem
Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung
zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen.
Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (BVerfG [Kammer] 25.02.2009, 1 BvR 120/09, NZS 2009, 674: Elektrorollstuhl; vgl auch BVerfG [Kammer], 29.07.2003, 2 BvR 311/03, BVerfGK 1, 292, 296; 22.11.2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, 1236 f; BVerfG [Kammer], 02.05.2005, aaO, mwN).
Der Antragsteller hat nicht hinreichend glaubhaft gemacht, einen Anordnungsanspruch zu haben. Bislang durchgeführt hat er
nach seinem letzten Schriftsatz fünf Mal Frequenztherapie zu je 60 Minuten. Hierfür sind jedoch nach der vorliegenden Email
von Dr. K. an die Bevollmächtigte des Antragstellers vom 24.06.2019 keine Kosten entstanden, denn dieser gibt an, den Antragsteller
fünf Mal 60 Minuten kostenfrei behandelt zu haben. Ein Kostenerstattungsanspruch steht damit nicht im Raum. Der Antragsteller
hat auch keinen Anspruch auf Versorgung mit den streitigen Therapien für die Zukunft. Zu Recht hat das SG den Antrag abgelehnt.
Zunächst gilt die Leistung nicht nach §
13 Abs
3a Satz 6
SGB V als genehmigt, denn die maßgeblichen Fristen hat die Antragsgegnerin eingehalten. Es gilt die 5-Wochenfrist, da ein Gutachten
des MDK eingeholt wurde und die Antragsgegnerin den Antragsteller hierüber rechtzeitig informiert hatte. Der am 12.12.2018
bei der Antragsgegnerin eingegangene Antrag des Antragstellers war für den Beginn der Entscheidungsfrist nicht maßgebend.
Er betraf keine Leistungen, die der Antragsteller für erforderlich halten durfte (zu dieser gesetzlich nicht ausdrücklich
bestimmten Einschränkung vgl ua BSG 06.11.2018, B 1 KR 30/18 R). Der Antrag war nicht befundgestützt, dh ihm war keine ärztliche Stellungnahme beigefügt, in der die beantragten Leistungen
fachlich befürwortet wurden. Ob der am 12.12.2018 gestellte Antrag auch deshalb nicht fiktionsfähig war, weil er nicht hinreichend
bestimmt war, lässt der Senat offen. Selbst wenn jedoch die Frist bereits am 12.12.2018 begonnen hätte, wäre mit Schreiben
der Antragsgegnerin vom 21.12.2018 das Fristende im Hinblick auf die erst mit den zusätzlichen Angaben mögliche Beauftragung
des MDK verschoben worden auf den 24.01.2019 und damit auf den Tag genau bestimmt (§
13 Abs
3a Satz 5
SGB V). Der Antrag wurde sodann mit Bescheid vom 15.01.2019 abgelehnt, abgesandt laut Aktenvermerk am gleichen Tag. Damit ist die
Frist von fünf Wochen jedenfalls eingehalten.
Versicherte haben nach §
27 Abs
1 Satz 1
SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu
verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst neben der ärztlichen Behandlung auch die Versorgung
der Versicherten mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln (§
27 Abs
1 Satz 3 Nr
3 SGB V). Der Senat lässt offen, ob es sich bei BG-Mun um ein Arzneimittel, Medizinprodukt zur Anwendung im menschlichen Körper oder
Lebensmittel handelt, denn in keinem Fall besteht Anspruch des Antragstellers auf Versorgung hiermit. Ob eine Versorgung mit
BG-Mun überhaupt noch möglich wäre und sich der Rechtsstreit insoweit ggf ohnehin erledigt hätte, lässt der Senat ebenfalls
offen. Offenbar infolge der von der Antragsgegnerin erwähnten Fernsehreportage ist ein großer Teil der Internet-Seiten, auf
denen BG-Mun angeboten wurde, nicht mehr erreichbar. Dr. K. führt in der bereits genannten Email aus, dass das Produkt bislang
nicht eingesetzt worden sei und in Zukunft nicht mehr erhältlich sein werde. Selbst wenn eine Versorgung noch möglich wäre,
bestünde jedenfalls kein Anspruch.
Versicherte können die Versorgung mit einem verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel nach §
31 Abs
1 Satz 1
SGB V zu Lasten der GKV nur beanspruchen, wenn eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Indikationsgebiet besteht, in dem
es angewendet werden soll. Fertigarzneimittel sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§§
2 Abs
1 Satz 3,
12 Abs
1 SGB V) dagegen nicht von der Leistungspflicht der GKV nach §
27 Abs
1 S 2 Nr
1 und
3, §
31 Abs
1 S 1
SGB V umfasst, wenn ihnen die erforderliche arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt (stRspr, vgl BSG 13.12.2016, B 1 KR 10/16 R, SozR 4-2500 § 2 Nr 6). Sie kann sich grundsätzlich aus nationalem Recht (§ 21 Abs 1 AMG) oder aus dem Recht der Europäischen Union ergeben, nicht aber aus ausländischem Recht. Für BG-Mun gibt es keine arzneimittelrechtliche
Zulassung für irgendeine Indikation, eine solche wurde laut Herstellerangaben auch nicht beantragt.
Auch wenn man die Grundsätze des Off-Label-Use hier heranzieht, liegen die Voraussetzungen nicht vor. Dazu müsste es 1. um
die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden)
Erkrankung gehen, 2. dürfte keine andere Therapie verfügbar sein und 3. müsste aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht
bestehen, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (BSG 08.11.2011, B 1 KR 19/10 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 19). Jedenfalls an einer aufgrund der Datenlage begründeten Erfolgsaussicht fehlt es. Von hinreichenden Erfolgsaussichten
im dargelegten Sinne ist nur dann auszugehen, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das betroffene
Arzneimittel für die relevante Indikation zugelassen werden kann. Es müssen also Erkenntnisse in der Qualität einer kontrollierten
klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht sein (BSG 08.11.2011, aaO). Derartige Studien für die Behandlung von ALS mit BG-Mun liegen nicht vor.
BG-Mun ist auch kein arzneimittelähnliches Medizinprodukt iS des §
31 Abs
1 Satz 2
SGB V. Es ist nicht in der Anlage V zum Abschnitt J der auf der Grundlage von §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
6 SGB V erlassenen Arzneimittel-Richtlinie - Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte - enthalten und daher in der GKV nicht
verordnungsfähig.
BG-Mun ist - wie vom Hersteller bezeichnet - ein funktionelles Lebensmittel. Es gehört auch nicht als Bestandteil einer bilanzierten
Diät zur enteralen Ernährung unter den Voraussetzungen des §
31 Abs
5 SGB V zum Leistungsumfang der GKV. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte es bei dem Grundsatz bleiben, dass die Versorgung mit
Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln, sog Krankenkost und anderen diätetischen Lebensmitteln nicht zu den Aufgaben der
gesetzlichen Krankenversicherung gehört, auch wenn therapeutische Effekte behauptet werden (BT-Drs 16/10609, 51). Der Gemeinsame
Bundesausschuss hat gemäß §
31 Abs
5 Satz 2
SGB V in den §§
18 ff AM-RL die Voraussetzungen festgelegt, unter denen bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung vom Vertragsarzt verordnet
werden können. Danach ist BG-Mun nicht verordnungsfähig; es geht vorliegend schon gar nicht um enterale Ernährung. Die nach
§
31 Abs
5 SGB V gesetzlich nur eingeschränkte Öffnung des Leistungskatalogs der GKV für Nahrungsmittel beruht auf sachgerechten Gründen,
ohne dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art
3 Abs
1 GG zu widersprechen (BSG 08.11.2011, B 1 KR 20/10 R, BSGE 109, 218).
Soweit der Antragsteller die Frequenztherapie nach Dr. Rife begeht, handelt es sich um einen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode,
die ohne Empfehlung des GBA nicht zum Leistungskatalog der GKV gehört. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung erfasst
nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten
Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen
Versorgung nach §
135 Abs
1 Satz 1
SGB V (ambulante Versorgung) nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien
nach §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
5 iVm §
135 Abs
1 SGB V wird nämlich nach der ständigen Rechtsprechung nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen
Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkasse erbringen
und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten
ambulanten Leistung verbindlich festgelegt (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12).
Die Behandlung mit Frequenztherapie nach Dr. Rife stellt eine solche neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode dar. Ärztliche
bzw ärztlich verordnete Behandlungsmethoden iS der gesetzlichen Krankenversicherung sind medizinische Vorgehensweisen, denen
ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und
das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. "Neu" ist eine Methode, wenn
sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im EBM-Ä enthalten ist (BSG 27.09.2005, B 1 KR 28/03 R, juris). So liegt der Fall hier. Es handelt sich um eine rein formale Abgrenzung. Eine Empfehlung des GBA zur Frequenztherapie
nach Dr. Rife liegt nicht vor, es wurde bislang auch kein entsprechender Antrag zur Bewertung dieser Behandlungsmethode gestellt
(www.g-ba.de).
Es liegt auch kein Ausnahmefall vor, in dem es keiner Empfehlung des GBA bedarf. Ein sogenanntes Systemversagen unter dem
Aspekt, dass der GBA zu der fraglichen Methode noch keine Empfehlung abgegeben hat und das vorgesehene Anerkennungsverfahren
für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden trotz Anhaltspunkten für eine therapeutische Zweckmäßigkeit der Methode aus
willkürlichen oder sachfremden Erwägungen heraus nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführt wurde bzw eine Aktualisierung der
Richtlinien unterblieben ist (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12; BSG 10.05.2012, B 1 KR 78/11 B, SozR 4-2500 § 140f Nr 1), liegt nicht vor. Dass die anderen Behandlungsmethoden aus Sicht der Versicherten eventuell nicht optimal sein könnten,
bleibt ohne Belang. Denn die gesetzlichen Krankenkassen sind von Verfassungs wegen nicht gehalten, alles zu leisten, was an
Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit überhaupt verfügbar ist. Dem Gesetzgeber ist es nicht verwehrt,
neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zunächst auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie auf ihre medizinische
Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu prüfen, um die Anwendung
dieser Methoden zu Lasten der Krankenkasse auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen.
Schließlich kommt auch ein Leistungsanspruch auf Behandlung mit BG-Mun oder Frequenztherapie nach Dr. Rife auf der Grundlage
von §
2 Abs la
SGB V nicht in Betracht. Zwar leidet der Antragsteller an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, für die
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung gerichtet auf Heilung nicht zur Verfügung steht.
Die Standardtherapie mit Riluzol dient der Verlängerung der Lebenserwartung sowie dem Hinausschieben der Zeit bis zum Einsatz
der mechanischen Beatmung. In späten Stadien der Erkrankung ist nach dem eigenen Vorbringen der Antragsgegnerin eine Wirksamkeit
nicht nachgewiesen. Es fehlt jedoch an der dritten Voraussetzung, dass durch die Behandlung eine nicht ganz fernliegende Aussicht
auf Erfolg oder wenigstens spürbar positive Entwicklung auf den Krankheitsverlauf erreicht werden kann. Zu BG-Mun gibt es
keinerlei wissenschaftliche Veröffentlichungen, wie sich aus den Gutachten des MDK ergibt. Dr. K. argumentiert allein damit,
dass bei anderen Patienten mit Autoimmunerkrankungen (zB rheumatoide Arthritis) eine Besserung eingetreten sei bis zum Stillstand
der Erkrankung. Abgesehen davon, dass auch diese Behauptung in keiner Weise nachprüfbar ist, da weder Behandlungsfälle genannt
noch sonstige medizinische Unterlagen vorgelegt werden, betrifft die Behauptung eines Behandlungserfolgs gerade keine Patienten
mit ALS. Soweit es um die Frequenztherapie nach Dr. Rife geht, fehlt es ebenfalls an medizinischen Veröffentlichungen. Der
MDK verweist überzeugend darauf, dass schon das behauptete Wirkprinzip der Methode - Vernichtung pathogener Erreger - auf
ALS nicht anwendbar ist, denn diese Erkrankung wird nicht durch nachgewiesene Erreger verursacht. Auch eine tatsächlich eingetretene
Besserung durch eine bereits erfolgte Behandlung ist nicht ersichtlich. Die rein subjektive Sicht eines einzelnen Arztes allein
reicht zur Annahme einer Erfolgsaussicht jedenfalls nicht aus.
Ergänzend kommt hinzu, dass der Antragsteller auch nicht glaubhaft gemacht hat, die Kosten bis zu einer Entscheidung in der
Hauptsache vorläufig nicht selbst tragen zu können. Er hat weder Angaben zu seinen Einkommens-, noch zu seinen Vermögensverhältnissen
gemacht. Ein Anordnungsgrund ist damit nicht glaubhaft gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).