Kostenerstattung der gesetzlichen Krankenversicherung für Upright-Magnetresonanztomographien (MRT)
Keine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Kostenerstattung für vier durchgeführten Upright-Magnetresonanztomographien (MRT) nebst Fahrkosten
und Übernachtungskosten.
Bei einer Upright-MRT können durch die vertikale Anordnung der Magnete Untersuchungen in aufrechter Körperposition, im Stehen
oder Sitzen unter natürlicher Gewichtsbelastung durchgeführt werden.
Der 1954 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Er leidet an Encephalomyelitis disseminata mit
ausgeprägter Paraspastik und ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Er hat einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen
"aG"; Pflegegrad 3 ist anerkannt. Am 21.06.2016 beantragte er unter Vorlage eines Kostenvoranschlags der Privatpraxis Dr.
F. in M. die Übernahme von Kosten für Upright-MRT der LWS, BWS, HWS und des Schädels zuzüglich Fahrkosten und Kosten für Hotelübernachtung.
Zur Begründung machte der Kläger geltend, sein Gesundheitszustand habe sich seit Februar 2016 innerhalb von vier Wochen drastisch
verschlechtert (vom Fußgänger zum Pflegefall). Ohne aussagekräftige Bilder sei eine weitere Diagnostik der MS-Entwicklung
nicht möglich. Unter großen Schmerzen seien in F. drei MRT gescheitert, da aufgrund der Beugespastik die Beine nicht mehr
gestreckt werden könnten. Ein offenes MRT sei nicht möglich, da auch dort der Durchgang nur max 70 cm groß sei. Ergänzend
legte er eine formularmäßige Begründung für die Notwendigkeit einer Upright-MRT des Neurologen und Psychiaters Dr. K. sowie
einen Arztbrief der Universitätsklinik F. vom 13.05.2016 vor.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 08.07.2016 mit, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK)
zur Beurteilung eingeschaltet werde. Dr. S. führte für den MDK mit Gutachten vom 14.07.2016 aus, der HTA-Bericht (2006) komme
zu dem Ergebnis, dass MRT Untersuchungen in stehender Position noch experimentell und der klinischen Forschung zuzurechnen
seien, da keine Evidenz zur Genauigkeit und zum Nutzen vorlägen. Weitere Studien hätten sich nicht finden lassen. Es existierten
vertragsärztliche Alternativen mit Funktionsaufnahmen der LWS (in der charakteristischen Schmerzsituation), CT, ggf mit Myelographie.
Eine außervertragliche Kostenübernahme für die Methode könne nicht empfohlen werden. Mit Bescheid vom 21.07.2016 lehnte die
Beklagte daraufhin die Kostenübernahme ab.
Auf den Widerspruch des Klägers schaltete die Beklagte erneut den MDK ein. Dieser blieb mit Gutachten vom 13.09.2016 bei seiner
früheren Beurteilung. Der Kläger legte ein Attest von Dr. K. vom 13.10.2016 vor, wonach bisherige Versuche, die Untersuchung
in liegender Position durchzuführen, mehrfach gescheitert seien, da der Kläger seine Beine nicht ausstrecken könne. Eine Untersuchung
in Narkose sei einerseits nicht zumutbar und biete andererseits auch keine Gewähr dafür, dass eine Untersuchung im Liegen
möglich sei. Eine Upright-MRT sei daher das Mittel der Wahl. Es handele sich nicht um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode,
sondern eine Variante der seit Jahren etablierten MRT-Technologie. Dr. K. verordnete am gleichen Tag eine Upright-MRT des
Schädels, der HWS, BWS und LWS. Diese Untersuchungen wurden Ende Oktober 2016 durchgeführt. Dr. F. berechnete hierfür insgesamt
2.617,78 EUR. Der Kläger machte darüber hinaus Übernachtungskosten für fünf Übernachtungen mit Begleitperson iHv 695 EUR sowie
Fahrkosten geltend. Der MDK blieb nach erneuter Befassung mit Gutachten vom 30.11.2016 bei seiner Auffassung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.06.2017 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Die Erstattung
der Vertragssätze (196,59 EUR) sei angeboten worden. Dr. F. sei nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und dürfe
daher Patienten nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung behandeln. Auch liege kein Notfall vor. Der MDK habe
klargestellt, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nicht erfüllt seien.
Hiergegen richtet sich die am 22.06.2017 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage. Der Kläger hat Belege für die entstandenen Aufwendungen vorgelegt (Fahrkosten iHv 200 EUR).
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen befragt. Dr. S.-P., Universitätsklinik F., hat unter dem
23.11.2017 geäußert, die MRT-Diagnostik in einem offenen Gerät sei nicht möglich, da der Kläger die Beine nicht ausstrecken
und nicht liegen könne. Die Durchführung in Vollnarkose sei denkbar, könne allerdings nicht ambulant durchgeführt werden.
Bei einer Myelographie handele es sich um eine invasive Maßnahme mit entsprechender Komplikationsrate. Auch hinsichtlich der
Ergebnisse sei der Durchführung einer MRT absolut der Vorzug zu geben gewesen. Ergänzend befragt hat Dr. S.-P. angegeben,
für ein MRT in Kurznarkose werde Midazolam verwendet. Im Rahmen einer Kurznarkose hätten die lagerungsbedingt verstärkten
Schmerzen möglicherweise gelindert werden können. Die Beugespastik werde durch Midazolam aber nicht gelöst. Hier würde eine
zusätzliche relaxierende Substanz benötigt, die im Rahmen einer Kurznarkose keine Anwendung finden könne. Somit bleibe doch
sehr offen, ob durch die Analgosedierung ein ausreichender Effekt auf die Problematik zu erreichen gewesen wäre, um auch ein
aussagekräftiges MRT zu erhalten. Dr. K. hat unter dem 09.04.2018 erklärt, eine Untersuchung in Narkose sei nach seiner Einschätzung
nicht zumutbar, zumal hierdurch keine Gewähr für eine sachgerechte Untersuchung in liegender Position gegeben sei. Eine Myelographie
sei eine massiv invasive Untersuchung, die zudem keine sachgerechte Beurteilung des Rückenmarks selbst ermögliche.
Mit Urteil vom 05.12.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kostenerstattungsanspruch aus §
13 Abs
3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) reiche nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Der Anspruch des Klägers umfasse nur solche Leistungen,
die zweckmäßig und wirtschaftlich seien und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen
Erkenntnisse entsprächen. Dies sei bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nur der Fall, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss
(GBA) in Richtlinien eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben habe.
Als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode sei das durchgeführte MRT nicht von den Richtlinien umfasst. Die Behandlung
sei auch außerhalb der vertragsärztlichen Regelungen privatärztlich durchgeführt worden. Ein Fall des §
2 Abs
1a Satz 1
SGB V mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung liege nicht vor. Außerdem habe eine Untersuchungsmöglichkeit
innerhalb der Leistungen der GKV bestanden. So hätte der Kläger eine MRT in Vollnarkose zumindest versuchen können. Dies wäre
ihm auch zumutbar gewesen. Mit der Reise nach M. habe er ebenfalls erhebliche Belastungen auf sich genommen. Eine unaufschiebbare
Leistung habe nicht vorgelegen.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 07.12.2018 zugestellte Urteil richtet sich die am 18.12.2018 eingelegte Berufung des
Klägers. Angesichts der sachverständigen Zeugenauskünfte der Dr. S.-P. und des Dr. K. sei weiterhin davon auszugehen, dass
die vom SG angenommene Alternative einer stationären Untersuchung mit Vollnarkose nicht möglich gewesen sei. Dem Schriftsatz der Beklagten
vom 06.07.2018 sei im Übrigen zu entnehmen, dass eine stationäre Aufnahme allein für die Durchführung einer MRT regelmäßig
nicht notwendig sein dürfte. Insoweit müsse davon ausgegangen werden, dass die vom SG erörterte alternative Untersuchung nicht möglich gewesen wäre. Im Übrigen könnten gemäß §
65 Absatz
2 Nr
1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (
SGB I) Untersuchungen, bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben und der Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen
werden könne, abgelehnt werden. Ein derart hoher Wahrscheinlichkeitsgrad für den Ausschluss einer Gesundheitsgefahr ergebe
sich weder aus den MDK-Gutachten noch aus den sachverständigen Zeugenauskünften. Dem Kläger stünden daher die geltend gemachten
Kosten zu.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 05.12.2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21.07.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 08.06.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Kosten für 4 Upright-MRT-Untersuchungen iHv insgesamt
2.817,78 EUR sowie die in diesem Zusammenhang erforderlich gewordenen Fahrt- und Übernachtungskosten iHv 895 EUR für ihn und
eine notwendige Begleitperson zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Ansicht des SG, es handele sich bei der Upright-MRT um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode werde nicht geteilt. Es handele sich
um ein offenes MRT-Gerät mit einer besonderen Bauart, in dem Untersuchungen in verschiedenen Körperhaltungen (im Sitzen, Stehen
oder unter Belastung) möglich seien. Die Abrechnung könne nach EBM erfolgen, wenn das Gerät die Qualitätsanforderungen der
Kernspintomographievereinbarung erfülle und eine Zulassung bestehe. Die Leistung sei grundsätzlich im vertraglichen System
erbringbar. Voraussetzung sei, dass die persönlichen und apparativen Anforderungen der Kernspintomographie-Vereinbarung (Anlage
1 KernspinQSVbg) erfüllt seien und der Arzt von der Kassenärztlichen Vereinigung für die MRT zugelassen sei. Dies sei bei
dem von dem Kläger gewählten Leistungserbringer nicht der Fall gewesen. Da die Beklagte in Wohnortnähe des Klägers keinen
Vertragsarzt habe benennen können, der die Upright-MRT gesetzlich abrechnen könne, sei der MDK mit der Frage nach der medizinischen
Notwendigkeit um Stellungnahme gebeten worden. Denn insoweit sehe die Beklagte eine Pflicht zur vollen Kostenübernahme bei
einem Privatarzt nur dann, soweit die Untersuchung im Upright-MRT aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sei. Die
zwingende medizinische Notwendigkeit für eine Upright-MRT sei, wenn ein Versicherter zwar aufgrund von Schmerzen nicht lange
genug ruhig liegen, jedoch sediert/narkotisiert werden könne, nicht gegeben. Dementsprechend komme eine volle Kostenübernahme
nicht in Betracht, da ausweislich der im erstinstanzlichen Verfahren beigebrachten ärztlichen Stellungnahme vom 17.09.2018
kein gesteigertes Narkoserisiko bestehe. Die Tatsache, dass aufgrund der (wohl) nicht vorhandenen Krankenhausbedürftigkeit
die stationäre MRT nicht wirklich zur Verfügung gestanden habe, führe zu keinem anderen Ergebnis. Maßgeblich sei, dass die
Narkose - bis auf die allgemeinen Risiken - für den Kläger eine Option dargestellt hätte. Narkotisiert hätte er in einem handelsüblichen
MRT bei einem Vertragsarzt untersucht werden können.
Dem schriftlichen Vergleichsvorschlag des Senats auf Übernahme der vollen Behandlungskosten ohne Fahr- und Übernachtungskosten
hat der Kläger zugestimmt. Die Beklagte hat ein Gegenangebot zur Übernahme von Kosten iHv 1.309 EUR gemacht, welches der Kläger
abgelehnt hat, ebenso wie ein weiteres Vergleichsangebot in der mündlichen Verhandlung über insgesamt 1.600 EUR.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider
Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers hat überwiegend Erfolg.
Die nach den §§
143,
144,
151 Abs
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, zulässig und in der Sache überwiegend begründet. Zu
Unrecht hat das SG die Klage abgewiesen hinsichtlich der Kostenerstattung für Untersuchungs- und Fahrkosten iHv insgesamt 2.817,78 EUR. Der
angefochtene Bescheid der Beklagten vom 21.07.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2017 ist insoweit rechtswidrig
und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dagegen hat der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung von Übernachtungskosten.
Insoweit wird die Berufung zurückgewiesen.
Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs kommt allein §
13 Abs
3 Satz 1
SGB V in Betracht. Eine Genehmigungsfiktion nach §
13 Abs
3a SGB V ist nicht eingetreten, denn die Beklagte hat die nach Hinweis auf die Einholung eines Gutachtens beim MDK maßgebende Frist
von fünf Wochen eingehalten. Der Antrag ist am 21.06.2016 eingegangen, die Frist von fünf Wochen daher am 26.07.2016 abgelaufen.
Zwar ist der Ablehnungsbescheid vom 21.07.2016 dem Kläger nach dessen Angaben erst am 30.07.2016 zugegangen. Eine frühere
Bekanntgabe lässt sich nicht feststellen, denn ein Absendevermerk ist in der Akte nicht enthalten. Nach einem Aktenvermerk
ist der Kläger jedoch am 25.07.2016 telefonisch über die Ablehnung unterrichtet worden; die Einlegung eines Widerspruchs wurde
in dem Telefonat bereits angekündigt.
Nach §
13 Abs
3 Satz 1
SGB V hat die Krankenkasse dem Versicherten Kosten einer selbstbeschafften Leistung zu erstatten, die dadurch entstanden sind,
dass sie eine unaufschiebbare Leistung entweder nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alt) oder eine Leistung zu Unrecht
abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig
war (2. Alt). Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach §
2 Abs
2 Satz 1
SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen
kann (Bundessozialgericht (BSG) 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch
bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten.
Vorliegend sind die Rechnungen beglichen, so dass ein Kostenerstattungsanspruch im Raum steht.
Eine unaufschiebbare Leistung lag nicht vor. Eine besondere Eilbedürftigkeit in dem Sinne, dass eine Entscheidung der Beklagten
nicht mehr abgewartet werden konnte, bestand nicht. Die Untersuchungen wurden tatsächlich erst Ende Oktober 2016 und damit
mehrere Monate nach Antragstellung durchgeführt.
Jedoch liegen die Voraussetzungen der 2. Alternative des §
13 Abs
3 SGB V hinsichtlich der Untersuchungs- und Fahrkosten vor. Der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der Ablehnung der Leistung
durch die Beklagte und der Selbstbeschaffung besteht, denn der Kläger hat sich die Leistung erst nach Ablehnung durch die
Beklagte selbst verschafft. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass - unabhängig davon, wie eine Entscheidung der Krankenkasse
ausfällt - der Kläger etwa von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung bei einem nicht zugelassenen Leistungserbringer
festgelegt gewesen wäre (vgl BSG 16. 12. 2008, B 1 KR 2/08 R, juris). Hätte die Beklagte einen vertragsärztlichen Leistungserbringer für die Durchführung der Upright-MRT benennen können,
wären die Untersuchungen dort möglich gewesen.
Der Kostenerstattungsanspruch nach §
13 Abs
3 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus,
dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder
Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris). Die streitgegenständlichen Untersuchungen durch Upright-MRT gehören entgegen der Auffassung des SG grundsätzlich zu den von der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringenden Leistungen. Es handelt sich nicht um eine neue
Untersuchungs- und Behandlungsmethode.
Nach §
27 Abs
1 Satz 1
SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre
Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung unterliegt
nach §
27 Abs
1 Satz 2 Nr
1 SGB V den sich aus §
2 Abs
1 und §
12 Abs
1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er erfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und
Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist bei neuen Untersuchungs-
und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung nach §
135 Abs
1 Satz 1
SGB V (ambulante Versorgung) nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien
nach §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
5 iVm §
135 Abs
1 SGB V wird nämlich nach der ständigen Rechtsprechung nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen
Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkasse erbringen
und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten
ambulanten Leistung verbindlich festgelegt (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12).
Bei den hier streitigen Upright-MRT handelt es sich nicht um neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Ärztliche bzw ärztlich
verordnete Behandlungsmethoden iS der gesetzlichen Krankenversicherung sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes
theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische
Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. "Neu" ist eine Methode, wenn sie zum Zeitpunkt der
Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im EBM-Ä enthalten ist (BSG 27.09.2005, B 1 KR 28/03 R, juris). Es handelt sich um eine rein formale Abgrenzung. Bei Upright-MRT handelt es sich jedoch um nach dem EBM-Ä abrechenbare
Leistungen. Davon geht auch die Beklagte zutreffend aus. Die Problematik besteht allein darin, dass es in Deutschland bislang
noch nicht viele Praxen mit einer entsprechenden Geräteausstattung gibt; es handelt sich dabei in der Regel um Privatpraxen
ohne vertragsärztliche Zulassung. Versicherte, denen ihre Krankenkasse rechtswidrig Leistungen verwehrt, sind jedoch nicht
prinzipiell auf die Selbstbeschaffung der Leistungen bei zugelassenen Leistungserbringern verwiesen. Sie müssen sich nur eine
der vorenthaltenen Naturalleistung entsprechende Leistung verschaffen, dies aber von vornherein privatärztlich außerhalb des
Leistungssystems (BSG 11.09.2012, B 1 KR 3712 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 23). Erst recht gilt dies, wenn die Krankenkasse sich außerstande sieht, die streitige Leistung innerhalb des Systems
der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung zu stellen. Gerade derartige Fälle des Systemversagens hat §
13 Abs
3 SGB V vor Augen.
Die streitigen MRT waren zur weiteren Diagnostik und Therapieplanung erforderlich und damit notwendig iSv §
27 SGB V. Eine Myelographie hätte nach übereinstimmender Auffassung der behandelnden Ärzte Dr. S.-P. und Dr. K. keine vergleichbaren
Ergebnisse erwarten lassen. Zur Überzeugung des Senats ist diese Untersuchungsmethode im konkreten Fall daher nicht in gleicher
Weise geeignet, so dass es auf die Frage der Zumutbarkeit dieser invasiven Untersuchung nicht ankommt. Entgegen der Auffassung
der Beklagten kann der Kläger nicht darauf verwiesen werden, er hätte vor der Inanspruchnahme der Upright-MRT zumindest die
Durchführung eines MRT im Liegen unter Vollnarkose versuchen müssen. Mehrfach gescheitert waren Versuche von MRT im Liegen,
da der Kläger aufgrund einer extrem schmerzhaften Beugespastik die Beine nicht soweit ausstrecken kann, dass selbst bei einer
Unterpolsterung der Knie eine adäquate Lagerung möglich gewesen wäre. Wie Dr. S.-P. im Schreiben an das SG vom 23.11.2017 ausgeführt hat, wäre eine MRT in Vollnarkose nur unter stationären Bedingungen in Betracht gekommen wegen
der anschließend notwendigen Überwachung der Vitalparameter. Ob dadurch eine ausreichende Muskelrelaxation hätte herbeigeführt
werden können, die eine Untersuchung im Liegen erst ermöglichte, wird von Dr. K. (Bericht vom 13.10.2016) und Dr. T. (Bericht
vom 29.08.2016, zitiert im MDK-Gutachten vom 13.09.2016) bezweifelt. Dr. S.-P. hat in der vom SG angeforderten ergänzenden Stellungnahme vom 16.08.2018 hierzu ausdrücklich geäußert, dass in der Universitätsklinik F. für
ein MRT in Kurznarkose das Präparat Midazolam verwendet werde, welches zwar die lagerungsbedingten Schmerzen möglicherweise
hätte lindern können, die Beugespastik per se hierdurch jedoch nicht gelöst werde. Eine zusätzliche relaxierende Substanz
könne im Rahmen einer Kurznarkose jedoch keine Anwendung finden. Die vorliegenden MDK-Gutachten setzen sich mit dieser Problematik
in keiner Weise auseinander; behauptet wird ohne weitere Begründung, nach wie vor existiere "die Möglichkeit der Diagnostik
im herkömmlichen Rahmen". Dabei hat der MDK in sämtlichen Gutachten nach den - hier nicht relevanten - für eine neue Untersuchungs-
und Behandlungsmethode geltenden Maßstäben geprüft. Nach den vorliegenden Aussagen der behandelnden Ärzte steht dagegen für
den Senat fest, dass die Möglichkeit der erfolgreichen Durchführung eines MRT im Liegen auch im Rahmen einer Vollnarkose keineswegs
gesichert war. Bei einer derart ungewissen Erfolgsaussicht sind die mit einer Vollnarkose stets verbundenen Risiken dem Kläger
nicht zumutbar. Kann das MRT im Sitzen ambulant erbracht werden, ist es dem Kläger nicht zumutbar, die Untersuchung stationär
in Vollnarkose - mit ungewissem Erfolg - im Liegen durchführen zu lassen, nur weil die Beklagte keinen zugelassenen Leistungserbringer
für die Untersuchung im Upright-MRT benennen kann. Da der Anspruch als Sachleistungsanspruch bestand, sind auch die insoweit
durch privatärztliche Inanspruchnahme entstandenen Kosten iHv 2.617,78 EUR zu erstatten.
Ebenso besteht ein Anspruch auf Übernahme der Fahrkosten iHv 200 EUR, die hier durch die Inanspruchnahme eines Rollstuhlbusses
innerhalb M. zur/von der Praxis Dr. F. entstanden sind. Die Krankenkasse übernimmt gem §
60 Abs
1 Satz 3
SGB V (idF vom 16.07.2015, BGBl I 1211) Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung nur in besonderen Ausnahmefällen, die der GBA
in den Richtlinien nach §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
12 SGB V festgelegt hat. Die Übernahme von Fahrkosten nach Satz 3 für Fahrten zur ambulanten Behandlung erfolgt nur nach vorheriger
Genehmigung durch die Krankenkasse. Für Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung gilt die Genehmigung als erteilt, wenn -
wie hier - ein Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen "aG" vorliegt (§
60 Abs
1 Satz 5 Nr
1 SGB V).
Ein Ausnahmefall iSd Krankentransport-Richtlinien (KtR) ist gegeben. Nach § 8 Abs 3 KtR kann die Fahrt zur ambulanten Behandlung
genehmigt werden für Versicherte, die einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen "aG", "Bl" oder "H" oder einen Einstufungsbescheid
nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch in den Pflegegrad 3, 4 oder 5 bei der Verordnung vorlegen und bei Einstufung in den
Pflegegrad 3 wegen dauerhafter Beeinträchtigung ihrer Mobilität einer Beförderung bedürfen oder bis 31.12.2016 in Pflegestufe
2 und seit 01.01.2017 mindestens in Pflegegrad 3 eingestuft sind. Diese Voraussetzungen liegen vor, denn sowohl das Merkzeichen
"aG" als auch Pflegegrad 3 mit dauerhafter Beeinträchtigung der Mobilität liegen vor. Ambulante Behandlung umfasst auch diagnostische
Leistungen. Die Beklagte hat rechtswidrig (auch) die beantragten Fahrkosten mit dem Bescheid vom 21.07.2016 abgelehnt. Insoweit
lag auch eine Ermessensreduzierung auf Null vor, da der Kläger keine andere Möglichkeit hatte, zu den notwendigen Untersuchungen
die Praxis von Dr. F. in A./D. bei M. von seinem Hotel aus aufzusuchen als mit dem Taxibus. Die insoweit an den zwei Untersuchungstagen
erforderlichen Fahrten morgens und abends iHv jeweils 50 EUR sind daher zu erstatten.
Auf die Erstattung der Übernachtungskosten besteht dagegen kein Anspruch. Hotelübernachtungskosten sind dem Kläger mit Begleitperson
in Höhe von 695 EUR entstanden (Rechnung vom 31.10.2016, Blatt 20 SG-Akte). Für die Übernahme derartiger Kosten im Zusammenhang mit einer ambulanten Behandlung besteht keine Rechtsgrundlage.
Übernachtungskosten sind als Reisekosten ggf im Rahmen einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation nach §
60 Abs
5 SGB V zu übernehmen, nicht jedoch bei der hier durchgeführten ambulanten Diagnostik.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Nr 1 und 2
SGG).