Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Pflicht des beklagten privaten Versicherungsunternehmens, mit dem Kläger einen Pflegeversicherungsvertrag
zu den für sogenannte Altversicherte geltenden Bedingungen abzuschließen.
Der am 1956 geborene Kläger ist seit dem 1. Januar 1983 bei dem beklagten Versicherungsunternehmen gegen das Risiko der Krankheit
mit Anspruch auf allgemeine Krankenhausleistungen versichert. Bis zum 20. Mai 2010 lebte der Kläger in Frankreich. Nach seiner
Rückkehr nach Deutschland stellte er unter dem 11. August 2010 bei der Beklagten einen Antrag auf Abschluss einer privaten
Pflegeversicherung rückwirkend zum 20. Mai 2010. Der monatliche Beitrag in der privaten Pflegeversicherung, Tarif PV, Tarifstufe
PVN betrug dabei für das Jahr 2010 für einen 56-jährigen Mann € 44,60. Die Beklagte bot dem Kläger jedoch auf Grund seiner
angegebenen Vorerkrankungen eine Pflegeversicherung lediglich unter Berücksichtigung einer Wartezeit und eines Risikozuschlags
in Höhe von € 28,52 monatlich an.
Mit Schreiben vom 16. November 2010 forderte der Kläger die Beklagte auf, mit ihm einen privaten Pflegeversicherungsvertrag
ohne Risikozuschlag und ohne Wartezeit abzuschließen. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 13. Dezember 2010 mit der
Begründung ab, es handele sich bei dem Vertrag um ein Neugeschäft im Sinne des §
110 Absatz
3 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB XI). Der Kläger sei nicht mit Inkrafttreten des Pflegeversicherungsgesetzes (PflegeVG) am 1. Januar 1995 der Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung unterfallen, sondern diese Verpflichtung sei erst mit
seinem Umzug im Jahr 2010 entstanden. Die "Altbestandskonditionen" gälten lediglich für Personen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens
des PflegeVG am 1. Januar 1995 nach §
23 Abs.
3 SGB XI verpflichtet gewesen seien, eine private Pflegeversicherung abzuschließen. Zu diesem Personenkreis gehöre der Kläger jedoch
nicht, da er bis Mai 2010 keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt habe. Im Übrigen sei die Vereinbarung
einer Wartezeit in der privaten Pflegepflichtversicherung generell zulässig und entspreche derjenigen der sozialen Pflegeversicherung
nach §
33 Abs.
2 SGB XI.
Erneute Anträge des Klägers auf Versicherung ohne Wartezeit und ohne Risikozuschlag, in denen er auf eine europarechtliche
Diskriminierung hinwies, lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 9. Februar und 16. März 2011 erneut unter Wiederholung ihrer
Rechtsauffassung ab. Auch das Bundessozialgericht (BSG) habe in seiner Entscheidung vom 2. September 2009 (B 12 P 2/08 R, in [...]) ausdrücklich klargestellt, dass Versicherungsunternehmen nicht verpflichtet seien, solchen Personen, die erst
nach dem 1. Januar 1995 der Versicherungsplicht unterfielen, die günstigeren Bedingungen für Altbestandskunden anzubieten.
Vielmehr habe der Personenkreis, der aus dem Ausland einreise und damit erstmals der Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung
unterfalle, ausschließlich Anspruch auf Vertragsabschluss zu "Neubestandskonditionen". Auch sei kein Verstoß gegen europarechtliche
Vorschriften erkennbar. Dies ergebe sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 3. April 2001 (1 BvR 81/98, in [...]).
Gegen diese Ablehnung richtete sich die am 7. Oktober 2011 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage. Es sei unrichtig, das Entstehen der Versicherungspflicht (in der Pflegeversicherung) zum 1. Januar 1995
als zweite Voraussetzung neben der Mitgliedschaft in der privaten Krankenversicherung zu fordern. Dies finde im Wortlaut des
Gesetzes keine Stütze. Es würde auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift widersprechen. Diese sei geschaffen worden um Unbilligkeiten
für diejenigen Personen zu vermeiden, die bereits am 1. Januar 1995 privat krankenversichert gewesen seien und deshalb nicht
damit rechnen konnten, eine private Pflegversicherung abschließen zu müssen. Dasselbe müsse jedoch für diejenigen Personen
gelten, die auf Grund eines Wohnsitzwechsels erstmalig im Inland der Pflegversicherungspflicht unterfielen. Denn zu diesem
Zeitpunkt hätten auch diese keine Gelegenheit mehr, sich im Hinblick auf die Kosten gegen den Wechsel in die private Krankenversicherung
zu entscheiden. Der vom BSG entschiedene Fall sei nicht mit dem vorliegenden vergleichbar, da sich der dortige Kläger mit der Wohnsitznahme im Ausland
bewusst gegen die Fortsetzung seiner Pflegepflichtversicherung entschieden habe. Er hingegen habe keine Gelegenheit für eine
bewusste Entscheidung gehabt und sich einen günstigeren Versicherungsschutz nicht sichern können. Es verstoße gegen das Diskriminierungsverbot
diejenigen, die später aus dem Ausland zuzögen, mit höheren Beiträgen zu belasten. Denn dies könnte Anlass geben, aus dem
Ausland wegzuziehen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Unter Vertiefung ihres Vortrags führte sie aus, der Kläger gehöre nicht zum einschlägigen
Personenkreis. Nach der o.g. Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 2. September 2009 - B 12 P 2/08 R -, a.a.O.) habe der Kläger keinen Anspruch auf Abschluss einer Pflegepflichtversicherung ohne Risikozuschlag. Dies entspreche
auch dem Willen des Gesetzgebers. Dieser habe Personen, die erst später versicherungspflichtig würden, als weniger schutzbedürftig
angesehen, weil diese sich auf die gegebene Situation hätten einstellen können. Auch habe sich das BSG zur vorliegenden Fallkonstellation geäußert und ausdrücklich klargestellt, dass Personen, die nach dem 1. Januar 1995 nach
Deutschland einreisten und erstmals der Pflegeversicherungspflicht unterlägen, ausschließlich Anspruch auf Abschluss eines
Vertrags nach Neubestandskonditionen hätten. Es verstoße auch nicht gegen europarechtliche und verfassungsrechtliche Vorgaben,
den Kläger nach den Konditionen für das Neugeschäft zu versichern. Insbesondere sei die vom Kläger begehrte Gleichstellung
mit Personen, die seit 1. Januar 1995 der Versicherungsplicht unterlägen und seit über 17 Jahren Beiträge entrichtet hätten,
nicht gerechtfertigt. Mit diesem Personenkreis sei der Kläger nicht vergleichbar.
Mit Urteil vom 27. Juni 2012 verurteilte das SG die Beklagte, mit dem Kläger ab 20. Mai 2010 einen Vertrag über eine private Pflegeversicherung nach Maßgabe des §
110 Abs.
1,
2 SGB XI abzuschließen. Der Kläger gehöre ab dem 20. Mai 2010 zum schutzbedürftigen Personenkreis, da für ihn ab diesem Zeitpunkt
gemäß §
23 Abs.
1 SGB XI eine Vorsorgepflicht bestanden habe, als Person, die gegen das Risiko Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen
mit Anspruch auf allgemeine Krankenhausleistungen versichert gewesen sei, einen entsprechenden Versicherungsvertrag abzuschließen.
Die Vorsorgepflicht des Klägers nach §
23 Abs.
1 SGB XI habe erst ab der Begründung seines Wohnsitzes im Bundesgebiet am 20. Mai 2011 bestanden. Abweichende Regelungen des über-
oder zwischenstaatlichen Rechts i.S. des §
30 Abs.
2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) hätten für die Dauer des gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers in den "USA" (gemeint wohl Frankreich) nicht bestanden. Ebenso
wenig enthalte das
SGB XI eine Sonderregelung, die die Geltung des §
23 SGB XI für den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland anordne. Die Regelungen des §
3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV) über den persönlichen und räumlichen Geltungsbereich der Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung
gälten nach §
1 SGB IV nur für die soziale Pflegeversicherung. Der Kläger gehöre bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift zu der Personengruppe
des §
110 Abs.
2 Satz 1
SGB XI, weil er zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des
SGB XI bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert gewesen sei. §
110 Abs.
2 Satz 1
SGB XI sei im vorliegenden Fall auch nicht einschränkend auszulegen. Der Grund dafür, diese günstigen Bedingungen vorzuschreiben,
sei ein angenommenes besonderes Schutzbedürfnis für die bei erstmaligem Eintritt der Vorsorgepflicht nicht in der sozialen
Pflegeversicherung Versicherten bei Inkrafttreten des
SGB XI gewesen. Dieses Schutzbedürfnis sei bei einem späteren Eintritt der Vorsorgepflicht nicht in dem Maße angenommen worden,
dass eine solch weitgehende Belastung der Versicherungsunternehmen bei späterem Eintritt der Vorsorgepflicht gerechtfertigt
sei (vgl. Bundestags-Drucksache 12/5262, S. 154). Für den Kläger bestehe dieses Schutzbedürfnis, da er zum Zeitpunkt des Inkrafttretens
des PflegeVG seinen ständigen Wohnsitz nicht in der Bundesrepublik gehabt und es ihm nicht oblegen habe, sich in Kenntnis der Bedingungen
für die private Krankenversicherung und damit auch für die private Pflegeversicherung zu entscheiden. Die Entscheidung für
eine private Krankenkasse habe er bereits im Jahr 1983 und damit viele Jahre vor Einführung des
SGB XI getroffen. Anderes ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des BSG vom 2. September 2009 (B 12 P 2/08 R, a.a.O.), denn der vom BSG entschiedene Fall beruhe auf einem gänzlich anderen Sachverhalt. Der dortige Kläger habe sich bei seinem Wegzug ins Ausland
bewusst gegen die Fortführung des bereits bei Eintritt der Versicherungspflicht zum 1. Januar 1995 abgeschlossenen Pflegeversicherungsvertrags
entschieden. Das BSG habe deshalb überzeugend dargelegt, dass in einem solchen Fall das mit §
110 Abs.
2 Satz 1
SGB XI verfolgte Schutzbedürfnis nicht gegeben sei. Die Ausführungen des BSG (a.a.O., RdNr. 17) bezögen sich lediglich auf den Fall, dass sich ein Versicherter bewusst gegen die Fortsetzung seiner Pflegepflichtversicherung
während seines Auslandaufenthalts entschieden habe. Der zitierten Entscheidung sei entgegen der Auffassung der Beklagten keine
ausdrückliche Äußerung zu der hier vorliegenden Konstellation zu entnehmen. Für eine generelle Anwendung der o.g. Rechtsprechung
des BSG bzw. das zusätzliche Erfordernis eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland bei Eintreten der Versicherungspflicht
verbleibe kein Raum.
Gegen das der Beklagten am 12. Juli 2012 zugestellte Urteil hat diese am 2. August 2012 Berufung beim Landessozialgericht
Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Der Kläger habe ausschließlich Anspruch auf Abschluss eines Vertrags nach den in §
110 Abs.
3 SGB XI aufgeführten Bedingungen. Das BSG habe ausdrücklich ausgeführt, dass für das Eingreifen der Altbestandskonditionen die Vorsorgepflicht am 1. Januar 1995 bestanden
habe. Daher sei über den Wortlaut des §
110 SGB XI und des §
23 SGB XI hinaus Voraussetzung, dass am 1. Januar 1995 auch Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland gegeben gewesen seien.
Diese Voraussetzung ergebe sich aus den allgemeinen Vorschriften für die Sozialversicherung, deren Grundgedanken in der privaten
Pflegeversicherung anwendbar seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Juni 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend und bewertet sich als zum Personenkreis des §
110 Abs.
1 i.V.m. Abs.
2 SGB XI gehörend. Das kumulative Vorliegen von Versicherungspflicht und Wohnsitz in Deutschland am 1. Januar 1995 könne unter keinem
rechtlichen Gesichtspunkt gefordert werden. Er habe niemals beabsichtigt, wieder nach Deutschland zurückzukehren und keine
Kenntnis davon gehabt, dass 1995 eine Pflegepflichtversicherung eingeführt worden sei. Auch die Beklagte habe ihn nicht darüber
unterrichtet.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 28. Februar 2013, in dem der Kläger klargestellt hat, die Erfüllung der Wartezeit
sei nicht mehr streitgegenständlich, da er nunmehr die maßgebliche Wartezeit erfüllt habe, hat die Beklagte ein Musterschreiben
vom 14. November 1994 vorgelegt, in dem sie ihre Versicherungsnehmer, die bei ihr eine private Krankenversicherung mit Anspruch
auf allgemeine Krankenhausleistungen unterhalten haben, über die Einführung der Pflegeversicherung zum 1. Januar 1995 informiert
hat. Einen diesem Schreiben beigefügten Antwortbogen sollten die benachrichtigten Personen gegebenenfalls zurücksenden. Weiter
hat die Beklagte ein Schreiben des Klägers vorgelegt, in dem dieser unter dem 14. Dezember 1994 auf seinen Wohnsitz in Frankreich
hingewiesen hat, den Antwortbogen zu seiner Entlastung zurücksende und von "ihrem", wohl der Beklagten, Angebot keinen Gebrauch
mache. Als Betreff ist die Einführung der Pflegeversicherung genannt. Der Kläger hat insoweit behauptet, sich nur an ein Telefonat
mit einer Sachbearbeiterin der Beklagten zum Thema Pflegeversicherung erinnern zu können, in welchem diese ihm erläutert habe,
dass wegen der nicht beabsichtigten Rückkehr nach Deutschland eine solche Versicherung für ihn keinen Sinn mache.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1.
Die nach §§
143,
151 Abs.
1 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des §
144 Abs.
1 Satz 1
SGG; denn die Klage betrifft weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt.
2.
Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abschluss eines Pflegeversicherungsvertrages mit
der Beklagten unter Zugrundelegung der Bedingungen nach §
110 Abs.
1 i.V.m. Abs.
2 SGB XI statt derjenigen nach §
110 Abs.
3 SGB XI.
Um sicherzustellen, dass die Belange der Personen, die nach §
23 SGB XI zum Abschluss eines Pflegeversicherungsvertrages bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen verpflichtet sind, ausreichend
gewahrt werden und dass die Verträge auf Dauer erfüllbar bleiben, ohne die Interessen der Versicherten anderer Tarife zu vernachlässigen,
werden die im Geltungsbereich des
SGB XI zum Betrieb der Pflegeversicherung befugten privaten Krankenversicherungsunternehmen nach §
110 Abs.
1 Nr.
1 SGB XI verpflichtet, mit allen in §
22 und §
23 Abs.
1,
3 und
4 SGB XI genannten versicherungspflichtigen Personen auf Antrag einen Versicherungsvertrag abzuschließen, der einen Versicherungsschutz
in dem in §
23 Abs.
1 und
3 SGB XI festgelegten Umfang vorsieht (Kontrahierungszwang); dies gilt auch für das nach §
23 Abs.
2 SGB XI gewählte Versicherungsunternehmen. § 110 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d SGB X verbietet in solchen Verträgen keine Staffelung der Prämien nach Geschlecht und Gesundheitszustand der Versicherten. Die
in Absatz
1 genannten Bedingungen gelten nach §
110 Abs.
2 Satz 1
SGB XI u.a. für Versicherungsverträge, die mit Personen abgeschlossen werden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des
SGB XI Mitglied bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen mit Anspruch auf allgemeine Krankenhausleistungen sind.
Für Versicherungsverträge, die mit Personen abgeschlossen werden, die erst nach Inkrafttreten des
SGB XI Mitglied eines privaten Krankenversicherungsunternehmens mit Anspruch auf allgemeine Krankenhausleistungen werden oder die
der Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) genügen, gelten nach §
110 Abs.
3 SGB XI, sofern sie in Erfüllung der Vorsorgepflicht nach §
22 Abs.
1 und §
23 Abs.
1,
3 und
4 SGB XI geschlossen werden und Vertragsleistungen in dem in §
23 Abs.
1 und
3 SGB XI festgelegten Umfang vorsehen, folgende Bedingungen:
1. Kontrahierungszwang,
2. kein Ausschluss von Vorerkrankungen der Versicherten,
3. keine Staffelung der Prämien nach Geschlecht,
4. keine längeren Wartezeiten als in der sozialen Pflegeversicherung,
5. für Versicherungsnehmer, die über eine Vorversicherungszeit von mindestens fünf Jahren in ihrer privaten Pflegeversicherung
oder privaten Krankenversicherung verfügen, keine Prämienhöhe, die den Höchstbeitrag der sozialen Pflegeversicherung übersteigt,
6. beitragsfreie Mitversicherung der Kinder des Versicherungsnehmers unter denselben Voraussetzungen, wie in §
25 SGB XI festgelegt.
Der Kläger gehörte seit der Verlegung seines Wohnsitzes am 20. Mai 2010 zum von der Regelung des §
110 SGB XI erfassten Personenkreis, da für ihn ab diesem Zeitpunkt als Person, die gegen das Risiko Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen
mit Anspruch auf allgemeine Krankenhausleistungen nach §
23 Abs.
1 SGB XI eine Vorsorgepflicht bestand, einen entsprechenden Versicherungsvertrag zu schließen (dazu a). Die für den ab 20. Mai 2010
abzuschließenden Vertrag von der Beklagten anzubietenden Versicherungsbedingungen ergeben sich jedoch entgegen der Auffassung
des Klägers aus §
110 Abs.
3 SGB XI (dazu b).
a)
Nach §
23 Abs.
1 SGB XI 1 sind Personen, die gegen das Risiko Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen mit Anspruch auf allgemeine
Krankenhausleistungen oder im Rahmen von Versicherungsverträgen, die der Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 VVG genügen, versichert sind, vorbehaltlich des Absatzes 2 - hier nicht einschlägig - verpflichtet, bei diesem Unternehmen zur
Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit einen Versicherungsvertrag abzuschließen und aufrechtzuerhalten. Diese in
§
23 Abs.
1 SGB XI normierte Vorsorgepflicht bestand für den Kläger vor dem 20. Mai 2010 nicht, da er vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des PflegeVG zum 1. Januar 1995 (Art. 68 Abs. 1 PflegeVG) bis zu diesem Tag seinen Wohnsitz und ständigen Aufenthalt in Frankreich hatte. Denn nach §
30 Abs.
1 SGB I gelten die Vorschriften des Sozialgesetzbuches nur für die Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem
Geltungsbereich haben. Abweichende Regelungen des über- oder zwischenstaatlichen Rechts i.S. des §
30 Abs.
2 SGB I bestanden für die Dauer des gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers in Frankreich nicht. Ebenso wenig enthält das
SGB XI eine Sonderregelung, die die Geltung des §
23 SGB XI für den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland anordnet. Die Regelungen des §
3 SGB IV über den persönlichen und räumlichen Geltungsbereich der Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung
gelten nach §
1 SGB IV nur für die soziale Pflegeversicherung. Erst seit dem 20. Mai 2010 besteht aufgrund Begründung des Wohnsitzes des Klägers
im Bundesgebiet nach §
23 Abs.
1 SGB XI daher die Vorsorgepflicht (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2009 - B 12 P 2/08 R -, in [...]).
b)
Die Beklagte ist nur zum Abschluss eines privaten Pflegeversicherungsvertrages zu den in §
110 Abs.
3 SGB XI genannten Versicherungsbedingungen verpflichtet. Demgegenüber ist §
110 Abs.
1 Nr.
2 i.V.m. Abs.
2 SGB XI auf den abzuschließenden Versicherungsvertrag mit der Beklagten nicht anzuwenden.
Nach §
110 Abs.
2 Satz 1
SGB XI gelten die in §
110 Abs.
1 Nr.
2 SGB XI aufgezählten Bedingungen für Versicherungsverträge, die mit Personen abgeschlossen werden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens
des
SGB XI Mitglied bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen mit Anspruch auf allgemeine Krankenhausleistungen waren. Demgegenüber
sieht §
110 Abs.
3 SGB XI abweichende - ungünstigere - Mindestbedingungen für Verträge vor, die mit Personen abgeschlossen werden, die erst nach Inkrafttreten
dieses Gesetzes Mitglied eines privaten Krankenversicherungsunternehmens mit Anspruch auf allgemeine Krankenhausleistungen
werden, sofern sie in Erfüllung der Vorsorgepflicht nach §
22 Abs.
1 und §
23 Abs.
1,
3 und
4 SGB XI abgeschlossen werden.
Zwar gehört nach dem Wortlaut der Vorschriften der Kläger zu der Personengruppe des §
110 Abs.
2 Satz 1
SGB XI, denn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des
SGB XI am 1. Januar 1995 war er bei der Beklagten versichert. §
110 Abs.
2 Satz 1
SGB XI ist jedoch einschränkend dahin auszulegen, dass die Vorschrift dann nicht gilt, wenn die Vorsorgepflicht erstmals nach dem
Inkrafttreten des
SGB XI entstanden ist. Wird in Erfüllung einer erstmals nach §
23 Abs.
1 SGB XI entstandenen Vorsorgepflicht ein Pflegeversicherungsvertrag abgeschlossen, ist dann §
110 Abs.
3 SGB XI anzuwenden, auch wenn ein privater Krankenversicherungsvertrag bereits am 1. Januar 1995 bestand. Diese Auslegung von §
110 Abs.
2 und
3 SGB XI ist ebenso wie im vom BSG (Urteil vom 2. September 2009 a.a.O.) entschiedenen Fall geboten, weil die Regelung insgesamt lückenhaft ist. In beiden Absätzen
ist nicht der Fall geregelt, dass zunächst am 1. Januar 1995 keine Vorsorgepflicht bestand und diese erst zu einem wesentlich
späteren Zeitpunkt eintrat, obwohl durchgängig ein Versicherungsvertrag über die Gewährung von Krankenhausleistungen bestand.
In diesem Fall ist hinsichtlich der Bedingungen für den Pflegeversicherungsvertrag weder der Wortlaut des §
110 Abs.
2 SGB XI noch der des §
110 Abs.
3 SGB XI erfüllt, denn es bestand am 1. Januar 1995 keine Vorsorgepflicht i.S. des §
110 Abs.
2 Satz 1
SGB XI i.V.m. §
23 Abs.
1 SGB XI und der Betreffende ist nicht erst nach Inkrafttreten des
SGB XI Mitglied eines privaten Krankenversicherungsunternehmens mit Anspruch auf allgemeine Krankenhausleistungen i.S. des §
110 Abs.
3 SGB XI geworden. Es besteht in diesem Fall keine Rechtfertigung dafür, für den neuen Vertrag die günstigeren Bedingungen des §
110 Abs.
1 Nr.
2 i.V.m. Abs.
2 SGB XI anzunehmen.
Anlass für die in §
110 Abs.
1 Nr.
2 i.V.m. Abs.
2 SGB XI normierte Privilegierung, war ein angenommenes besonderes Schutzbedürfnis für die bei erstmaligem Eintritt der Vorsorgepflicht
nicht in der sozialen Pflegeversicherung Versicherten bei Inkrafttreten des
SGB XI. Dieses Schutzbedürfnis wurde bei einem späteren Eintritt der Vorsorgepflicht nicht in dem Maße angenommen, dass eine solch
weitgehende Belastung der Versicherungsunternehmen bei späterem Eintritt der Vorsorgepflicht gerechtfertigt wäre (vgl. Bundestags-Drucksache
12/5262, S. 154).
Dem Schutzbedürfnis eines bei Inkrafttreten des
SGB XI bereits privat Krankenversicherten wird Genüge getan, wenn der private Pflegeversicherungsvertrag, wenn auch gegen Zahlung
von Prämien und ohne Leistungserbringung ins Ausland, begründet oder fortgeführt werden kann (vgl. BSG, a.a.O. zur Frage des Schutzbedürfnisses bei Möglichkeit der Fortführung eines privaten Pflegeversicherungsvertrags). Diese
Möglichkeit wurde dem Kläger durch die Beklagte eingeräumt. Dass der Kläger hiervon Kenntnis hatte, entnimmt der Senat seinem
Schreiben vom 14. Dezember 1994 an die Beklagte, in dem er mitteilte, von dem "Angebot" des Abschlusses eines Pflegeversicherungsvertrags
keinen Gebrauch machen zu wollen und den ihm zuvor übermittelten "Antwortbogen" zu seiner Entlastung zurücksende. Ihm war
somit die Möglichkeit eingeräumt worden, die günstigen Bedingungen des §
110 Abs.
1 SGB XI für seinen (neu abzuschließenden) Pflegeversicherungsvertrag zu erhalten und damit nicht anders behandelt zu werden als die
Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung. Auch diese können sich bei Beendigung der Versicherungspflicht in der sozialen
Pflegeversicherung wegen Verlegung des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes ins Ausland nach §
26 Abs.
2 SGB XI weiterversichern, ohne einen aktuellen Versicherungsschutz zu haben. Nimmt ein privat Krankenversicherter diese Möglichkeit
der Anspruchsbegründung oder -erhaltung nicht in Anspruch - wenn auch nur deshalb, weil seine Lebensplanung nicht auf eine
Rückkehr ins Bundesgebiet ausgerichtet ist -, ist deshalb allein die Anwendung des §
110 Abs.
3 SGB XI für die Bedingungen des Pflegeversicherungsvertrages gerechtfertigt. Anderenfalls würde dieser Personenkreis im Vergleich
zu erstmals privat Krankenversicherten begünstigt und das Versicherungsunternehmen mit Risiken belastet, ohne dass ein Ausgleich
durch die Fortzahlung von Beiträgen erfolgte.
So liegt der Fall hier. Die Mitgliedschaft des Klägers bei einem Krankenversicherungsunternehmen hat zwar durchgehend seit
dem 1. Januar 1995 bestanden, nicht jedoch die Vorsorgepflicht, da der Kläger in Ermangelung eines Wohnsitzes im Bundesgebiet
nicht vor dem 20. Mai 2010 der Vorsorgepflicht des §
23 Abs.
1 SGB XI unterfiel (vgl. unter a) und in diesem Zeitraum auch der Pflegeversicherungsvertrag in Form einer Anwartschaftsversicherung
nicht geführt wurde.
So hat auch das BSG (a.a.O.) ausgeführt, der Gesetzgeber gehe in §
110 Abs.
2 und Abs.
3 SGB XI erkennbar davon aus, dass bei einer bestehenden Mitgliedschaft in einem Krankenversicherungsunternehmen mit Anspruch auf
Krankenhausleistungen stets eine Vorsorgepflicht nach §
23 Abs.
1,
3 und
4 SGB XI besteht. Der Fall, dass trotz bestehender Mitgliedschaft bei einem Krankenversicherungsunternehmen eine solche Vorsorgepflicht
nicht besteht, weil §
23 SGB XI keine Anwendung findet, sei nicht geregelt. Da in §
110 Abs.
2 und Abs.
3 SGB XI die Bedingungen für den Pflegeversicherungsvertrag bei Bestehen der Vorsorgepflicht am 1. Januar 1995 einerseits und bei
späterem Entstehen der Vorsorgepflicht andererseits geregelt seien, sei §
110 Abs.
3 SGB XI jedenfalls immer dann anzuwenden, wenn nach dem 1. Januar 1995 eine Vorsorgepflicht neu entstehe (vgl. BSG a.a.O.).
Eine unzumutbare Belastungssituation entsteht für den erst zu einem späteren Zeitpunkt Vorsorgeverpflichteten dadurch nicht.
Will er die für ihn ungünstigeren Versicherungsbedingungen vermeiden, kann er während des Auslandsaufenthaltes Beiträge zahlen
und Leistungen bei Rückkehr ins Inland in Anspruch nehmen. Andernfalls wird er wie jeder aus dem Ausland Einreisende, der
nunmehr erstmals der Vorsorgepflicht unterliegt, behandelt und unterliegt den im Regelfall und auch in der Zukunft grundsätzlich
für alle Vorsorgeverpflichteten geltenden Versicherungsbedingungen. Die im Hinblick auf die zulässigen Risikozuschläge sowie
Wegfall der Prämienbegrenzung bei Ehegatten und Lebenspartnern ungünstigeren Versicherungsbedingungen schränken ihn nicht
in dem Umfang ein, dass eine weitere nur als Ausnahme vorgesehene Belastung der Versicherungsunternehmen gerechtfertigt wäre
(BSG a.a.O.).
Entgegen der Annahme des Klägers begegnet die Anwendung des §
110 Abs.
3 SGB XI auch keinen europarechtlichen Bedenken. Insbesondere knüpft die unterschiedliche Behandlung von Altbestands- und Neugeschäftskunden
in der privaten Pflegeversicherung nicht an die Staatsangehörigkeit an; vielmehr werden In- und Ausländer gleich behandelt.
Maßgeblich ist dabei lediglich, ob am 1. Januar 1995 Versicherungspflicht bestand.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG sind nicht ersichtlich.